Schattenblick → INFOPOOL → MEDIEN → ALTERNATIV-PRESSE


CORREOS/197: Argentinien - Medien-Monopol putscht gegen Cristina Fernández de Kirchner


Correos de las Américas - Nr. 181, 15. Mai 2015

Medien-Monopol putscht gegen CFK

Das Arsenal an Putsch-Strategien ist nicht ausgeschöpft: In Argentinien versuchen alte Seilschaften und ein Medienkonzern die Regierung Kirchner auszuhebeln.

von René Lechleiter


Das Jahr 2015 begann in Argentinien mit einem Paukenschlag: Kaum hatte die Regierung Kirchner durch eine geschickte Politik den massiven Angriff der Geier-Fonds auf die Staatsfinanzen abgewehrt und in ein ruhigeres Fahrwasser zu lenken vermocht, wurde sie seitens eines Staatsanwaltes angeschuldigt, statt den Terrorismus, der angeblich von Iran ausgeht, zu bekämpfen, mit diesem Schurkenstaat einen Pakt geschlossen zu haben und mit ihm unter einer Decke zu stecken.

Diese Nachricht platzte wie eine Bombe in die noch von den Süd- Sommerferien geprägte Politlandschaft, die gekennzeichnet ist von einem unschönen Gerangel um mögliche Kandidaten und Allianzen im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen vom kommenden Herbst. Da Cristina Fernández de Kirchner (CFK) nach zwei Amtsperioden nicht mehr antreten kann, geht es im zweitgrössten südamerikanischen Land darum, ob der integrationistische und moderat soziale Kurs, der unter Néstor Kirchner im Mai 2003 begonnen wurde, weitergeführt wird oder nicht.


Vom Tell zum Bauernopfer

Die Anschuldigungen, die der sonderermittelnde Staatsanwalt Alberto Nisman erhob, sind auf den ersten Blick happig, mobilisierten die Oppositionspolitiker sämtlicher Couleur und stellten einen Steilpass dar für die Medien im Sommerloch, insbesondere für die mächtige Gruppe Clarín, die führende Stimme im Halali gegegen CFK.

Nisman fordert, es seien die Präsidentin, Aussenminister Timermann sowie weitere Funktionäre der Regierung einer Vernehmung zu unterziehen, da diese die Straflosigkeit jener neun Iraner ausgehandelt hätten, welche wegen der Sabotage und des blutigen Attentates auf das jüdische Sozial- und Gemeindezentrum AMIA im Jahre 1994 angeschuldigt sind.

Sechs Tage, nachdem er damit einen politisches Erdbeben ausgelöst hatte, und am Vorabend jenes Tages, an dem er auf Betreiben der oppositioneller Politiker seine Erkenntnisse vor dem Parlament mit einer genaueren Beweisführung hätte darlegen müssen, fand man Alberto Nisman mit einem Kopfschuss getötet im Bad seines Luxusapartements eines Hochhauses im mondänen Puerto Madero Viertel.

Ob Alberto Nisman in den Selbstmord getrieben oder ob er ermordet wurde, ist zwar nach wie vor Gegenstand von heftigen Spekulationen, im Kern aber nicht entscheidend. Er ist ein weiteres Bauernopfer, das man über den Tod hinaus der Regierung anlasten kann. Justizpersonal, Oppositionelle und Medien haben rasch eine Grossdemonstration organisiert mit Forderungen nach «Gerechtigkeit», «Rücktritt» und Tafeln mit «Ich bin Nisman». Die letztlich nicht haltbaren, weil mehrfach widerlegten Anschuldigungen sind auch in allen grösseren ausländischen Presseerzeugnissen wiedergekaut worden.


Die Morde

Tatsache ist jedoch, dass sich hinter diesem Tod ein ganzer Rattenschwanz von Ungereimtheiten, langjährige und wiederholte Schlampereien der Untersuchungsbehörden, verschwundene Beweisstücke und eine Kette von seltsamen und unaufgeklärten Todesfällen verbergen - insbesondere jedoch ein ausufernder Geheimdienst-Sumpf und eine Medienmacht, welche kräftig in der Politik mitmischen, die Präsidenten kürt, oder eben abzusetzen versucht...

Um das Ausmass der Problematik zu erfassen, muss in die 90er Jahre und damit in die Zeit nach der Militärdiktatur (1976 bis 1983) zurückgeblendet werden:

  • In Argentinien lebt die grösste jüdische Gemeinschaft Südamerikas. Sie verfügt über eine weitreichende Infrastruktur. Am 18. Juli 1994 explodierte vor dem jüdischen Kulturzentrum AMIA ein Transporter, der - so die offizielle Version - mit 300 kg Amonal-Sprengstoff beladen war. Saldo der gewaltigen Detonation: 85 Tote und 200 zum Teil schwer Verletzte.
  • Bereits zwei Jahre zuvor, am 17. März 1992 ist nach ähnlichem Muster vor der israelischen Botschaft in Buenos Aires ein Coche-Bomba explodiert und hat 26 Menschen in den Tod gerissen, 242 verletzt sowie das ganze Gebäude zerstört. Sofort machte die Version die Runde, damit habe der Konflikt im Mittleren Osten definitiv auf Südamerika übergegriffen.
  • Beide Attentate fanden unter der Regierung von Carlos Menem (1989 bis 1999) statt. Beide sind bis heute unaufgeklärt. Bei beiden wurde seither keine andere Piste verfolgt ausser jene mit dem Feindbild Iran. Eine solch einseitig aufgestellte Schuldzuschreibung entsprach nicht nur den geopolitischen Interessen Israels und der USA, sondern auch jenen von Menem, der aus familiären Gründen kein Interesse daran hatte, dass auch Syrien in den Fokus der Untersuchung gelangen könnte.

CIA - Mossad und die Ungereimtheiten

Der öffentliche Druck für eine rasche, lückenlose Aufklärung der Attentate und eine Verurteilung der Täter und Hintermänner war schon damals riesig. In krassem Gegensatz dazu steht der Verlauf der amtlichen Untersuchung.

  • Es begann damit, dass sich innerhalb von nur 24 Stunden die beiden mächtigsten Geheimdienste der Welt, der amerikanische CIA und der israelische Mossad wie selbstverständlich in die Untersuchung einschalteten.
  • Von allem Anfang an wurden die Urheber - ohne Vorliegen irgendwelcher Beweise - nur in einer einzigen Richtung gesehen, der islamischen Republik Iran als geistiger Urheberin und der libanesischen Hizbollah als Ausführende. Weder eine lokale Urheberschaft (Faschos) noch die theoretisch denkbare syrische Variante wurden ins Auge gefasst.
  • Auch für die offizielle These, es sei (in beiden Fällen) ein Auto-Bomben-Anschlag gewesen, gibt es keine glaubwürdigen Beweise.
  • CIA und Mossad präsentierten dem damals zuständigen Sonderstaatsanwalt Juan José Galeano alsbald einen Kronzeugen, einen ehemaligen iranischen Funktionär, der 1993 aus dem Iran nach Venezuela geflüchtet war. Dieser wurde im Zeitraum von 1994 bis 1997 fünf Mal durch Galeano im Ausland einvernommen, zuletzt in den USA, wo er den Zeugenschutz-Status innehatte. Zehn Jahre später gab er zu, alles erfunden zu haben...
  • Auch ein weiterer Zeuge, ein Iraner, den die CIA in Deutschland präsentierte, erwies sich bei genauerem Hinsehen als Pleite.
  • Im Verlaufe dieser ersten Etappe der Untersuchung verschwanden aus dem Fundus 65 Tonbandkassetten mit den Aufzeichnungen von abgehörten Telefongesprächen. Zehn Jahre später tauchten dann 45 davon wieder auf.
  • In Ermangelung von wirklichen Resultaten liess sich Galeano schliesslich dazu hinreissen, einen Ganoven, der mit gestohlenen Autos handelte und beschuldigt wurde, die beiden Furgons den Tätern verkauft zu haben, mit 400.000 Dollar zu bestechen, damit er iranische Diplomaten und argentinische Polizisten, die bereits seit fünf Jahren in Untersuchungshaft sassen, schwer belaste. Das Geld hatte der Präsident der Argentinisch-Israelitischen Vereinigung (DAIA) geliefert. Die Sache flog auf, Galeano musste entlassen, die Gefangenen freigelassen und die Untersuchung wieder bei Null begonnen werden!

Washington-Connection

Alberto Nisman, der ab 1997 zur Equipe von Galeano gehört hatte, blieb nicht nur ungeschoren, sondern wurde wenig später zum neuen Staatsanwalt mit Sondergebiet AMIA ernannt. Ihm stand eine grosse Gruppe von Assistenten und weiteren Sonderermittlern zur Seite. In ihrer zehnjährigen Tätigkeit wurde kein einziges neues Element bezüglich der Autorenschaft des Attentates beschafft, aber ein schier unübersehbarer Berg von Dossiers, Telefonabhörprotokollen und weiteren Daten angehäuft, alles mit der einzigen Zielscheibe Iran.

Washington, das heisst die Regierung in den USA war - wie man inzwischen aus den WikiLeacks-Unterlagen herausgelesen hat -immer bestens über den Stand der Dinge unterrichtet; Nisman wird in der US- Botschaft in Buenos Aires als der gute Junge behandelt, der hie und da einen Besuch abstattet. Washington war immer sehr interessiert an Informationen zu Iran, stand man doch zusammen mit Israel im Kampf gegen dessen Atomprogramm.

So ist es nicht verwunderlich, dass sich Nisman ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr auf die AMIA-Untersuchung konzentrierte, sondern auf die sich anbahnenden diplomatischen Kontakte zwischen Argentinien und Iran, die dann Anfangs 2013 in eine Absichtserklärung (ein 9-Punkte-Memorandum) müdete. Diese zielte darauf ab, die Beziehungen zwischen den Staaten zu verbessern, allenfalls Handel zu betreiben (Erdöl gegen Soja und Weizen), sowie eine neutrale Wahrheitskommission einzusetzen.

Es ist dieses zwei Jahre alte Memorandum, welches jetzt, im Januar 2015, Basis und Vorwand für die schwerwiegenden Anschuldigungen gegen die Präsidentin und deren Equipe lieferte. Mit einer 600-seitigen Schrift (sic) sollte versucht werden, die Präsidentin vor einen Untersuchungsrichter zu zerren. Zentrale Elemente daraus, ebenso wie einzelne herausgegriffene Telefon-Abhörprotokolle wurden gezielt den Medien zugespielt, die damit den politischen Prozess gegen die Regierung orchestrierten. Der Entwurf für die richterliche Vorladung an CFK wurde inzwischen in der Wohnung von Nisman gefunden - hingegen hat ein detailliertes Studium der «Anklageschrift» ergeben, dass da «kein Fleisch am Knochen» ist. Dennoch geht die Absetzungskampagne (wegen angeblicher Verfassungsverletzung) ungebremst weiter.


Inlandgeheimdienst-Sumpf

Die Fäden der Seilschaft CIA-Mossad liefen beim argentinischen Inlandgeheimdienst SIDE (Secretaría de Inteligencia de Estado) zusammen. Eine besonders düstere Rolle kommt deren Chef Stiusso zu. Von dieser Schlüsselfigur existiert nicht einmal ein aktuelles Foto, die Schreibweise seines Nachnamens ist nicht geklärt (ein oder zwei «s»), und auch die Vornamen sind unklar. Vermutlich heisst er Antonio Horacio Stiusso, alias «Jaime».

Dieser Stiusso, heute zirka 62 Jahre alt, arbeitet seit 1972 für den berüchtigten argentinischen Inlandgeheimdienst (Servicio de Inteligencia, SI). Damit ist er Agent, Mitwisser und Drahtzieher sowohl der Zeit der antikommunistischen Triple A als auch der Militärdiktatur, er funktionierte während der Operation Condor, er rettete sich nahtlos in die Zeit der wieder beginnenden Demokratisierung unter Raúl Alfonsin und blühte auf in der zum Teil kriminellen Amtszeit von Carlos Menem.

Zwanzig Jahre lang wirkte er schliesslich als Operationschef an der Spitze des SIDE. In diese Zeit fallen die beiden Attentate, weitere misteriöse Todesfälle und natürlich die enge Zusammenarbeit mit CIA und FBI, Mossad, teilweise auch mit dem britischen MI5 und der französischen Sureté. Er kennt sämtliche Geheimnisse der politischen, wirtschaftlichen, juristischen und publizistischen Elite des Landes, weshalb sich alle Mächtigen vor ihm fürchten.

Offenbar wagte selbst ein Néstor Kirchner nicht, ihn während seiner Präsidentschaft anzutasten; und auch unter Cristina Fernández de Kirchner konnte er weiter sein Unwesen treben - bis im Dezember vergangenen Jahres, als er, im Hinblick auf eine längst überfällige Reorganisation, in den «Ruhestand» geschickt wurde.

Politische Beobachter vermuten, dass dies der Auslöser für die Racheaktion gewesen sein könnte. Alberto Nisman war von Anfang an ein Protegé von Stiusso, manche meinen sogar so etwas wie seine rechte Hand. Nisman selber lobte noch kurz vor seinem Tod in einem langen Fernsehinterview Stiusso in den höchsten Tönen. Der Meister, gegen den offiziell kein Strafbefehl vorliegt, hat sich inzwischen nach Uruguay abgesetzt.

Wer der wirkliche Verfasser des 600-seitigen-Elaborats ist, darüber kann nun spekuliert werden. Tatsache ist, dass Alberto Nisman aufgrund eines geheimnisvollen Anrufes seine Ferien in Madrid am 12. Januar 2015 vorzeitig abbrach, noch mitten in den Gerichtsferien und sehr überstürzt nach Buenos Aires zurückkehrte, dort die Pressekampagne lostrat und sich in das Dossier einarbeitete.

Nisman stand persönliches Sicherheitspersonal zu Verfügung (zwei Equipen à 5 Mann), zudem war der Eingang zum Hochhaus mit den Luxusapartements, wo er im 13 Stock wohnte, ebenfalls streng bewacht. Dennoch konnte sein Chauffeur und Freund ihm auf seinen Anruf hin völlig unbehelligt eine kleine Pistole, Kaliber 22, überbringen. Seltsamerweise war grad niemand vom Sicherheitspersonal zugegen, niemand sah den Boten ein- und ausgehen. Ein Pizza-Kurier, der fast zur selben Zeit eintraf, wurde hingegen nicht vorgelassen.


Israel-Connection

Die Israel-Connection erhärtete sich in den folgenden Tagen auf eigenartige Weise. Es war einem Journalisten namens Daniel Pachter vorbehalten, als erster via Twitter den Tod von Alberto Nisman zu vermelden. Der Text hatte den sehr präzisen Nachsatz, dass man Nisman «im Bad seiner Wohnung» inmitten einer Blutlache aufgefunden habe. Dies twitterte Pachter zu einem Zeitpunkt, wo noch nicht einmal die Sicherheitsbeamten ihre Vorgesetzten informiert hatten, geschweige denn eine Ambulanz gerufen worden wäre.

Woher wusste Pachter so früh Bescheid? Wer hat ihn mit allen Details informiert? Und warum? Auch diese Fragen werden wohl nie geklärt werden. Die grossen Medien erwähnten die Tatsache, aber ohne weiter nachzuhacken. Pachter, der zum Journlisten-Staff des Buenos Aires Herald gehört, schrieb gleichzeitig für die israelische Zeitung Haaretz. Sechs Tage nach dieser verfrühten Todesankündigung setzte sich Pachter in einer Nacht-und-Nebelaktion nach Israel ab, nicht ohne vorher an einer improvisierten Pressekonferenz (Clarín war dabei) darzulegen, er fühle sich verfolgt und er werde in Israel um politisches Asyl nachsuchen.

Als Grund gab er an: «Argentinien hat sich in eine düstere Gegend verwandelt, die von einem korrupten politischen System regiert wird», daher könne er nicht nach Argentinien zurückkehren. Erst nachher stellte sich heraus, dass Pachter längst einen israelischen Pass besitzt...


Medienmacht Clarín

Der wirkliche Leader, das Bindeglied und omnipräsentes Sprachrohr dieser unheimlichen Koalition «alle gegen Cristina» ist zweifelslos die Mediengruppe Clarín. Die Mediengruppe Clarín, deren Aufstieg eng verbandelt ist mit der Militärdiktatur der Jahre 1976 bis 1983, wuchs unter der neoliberalen Politik von Carlos Menem zu einem wahren Informationsgiganten. Die Gruppe Clarín hat so viel Einfluss, dass sie das politische Geschehen nicht nur in Argentinien, sondern in der gesamten spanischsprachigen Welt Südamerikas massgeblich beeinflussen kann.

Dieses Medien-Oligopol befindet sich seit 40 Jahren in den Händen einer kleinen rechtskonservativen «Familie», macht einen jährlichen Umsatz von über 10 Milliarden Dollar, war mit Goldman Sachs eng verbandelt und seine Entscheidungen sind jeglicher demokratischen Kontrolle entzogen.

Zur Gruppe Clarín gehört als «Flaggschiff» die auflagenstärkste Tageszeitung im spanischsprachigen Subkontinent, ebenso wie weitere Tageszeitungen von grosser nationaler und regionaler Bedeutung; ausserdem verfügt sie mit Canal 13 über einen landesweiten TV-Sender sowie mehrere Pay-TV-Kanäle, natürlich auch Radiosender (über 130 Lizenzen), eine eigene Nachrichtenagentur, Grafik-Studios und nicht zuletzt Druckereien sowie die grösste Zeitungs-Papierfabrik.

Zur Papierfabrik Papel Prensa SA kam sie im März 1977 durch ein schmutzig-blutiges Manöver seitens des Junta-General Emilio Eduardo Massera. Dem Besitzer, David Graiver, wurde eine - nie nachgewiesene - Verbindung zu den peronistischen Montoneros nachgesagt, dieser floh kurz nach dem Putsch nach Mexico, wo er alsbald bei einem der inzwischen berüchtigten Flugzeugabstürze ums Leben kam. Ein Jahr später wurden sodann sämtliche Angehörigen der erbenden Familien, insgesamt 16 Personen, festgenommen, in geheime Folterzentren verschleppt, gefoltert, die meisten getötet und ihre Leichen zum Verschwinden gebracht, die wenigen, die frei kamen, starben kurz darauf an den Folgen der Folter.

Die Besitzer-Aktien von Papel Prensa SA gelangten daraufhin auf irreguläre Weise und für ein Butterbrot in die Hände der Gruppe Clarín; die Junta hatte damit ihr Ziel erreicht, eine totale Kontrolle und Komplizenschaft der einflussreichen Presse. An dieser makabren Allianz und der Geisteshaltung, die dahintersteckt, hat sich bis heute nichts geändert. Dass in diesem Denken eine Menschenrechts- und Sozialpolitik wie sie die Kirchners vorangetrieben haben, ein rotes Tuch ist, versteht sich von alleine. Warum aber diese grosse Eile, dieses Kesseltreiben im Verbund mit den düsteren Gestalten der Geheimdienste und den proamerikanischen Oppositionspolitikern, wenn sich doch CFK spätestens im kommenden Herbst vom Regierungsgeschäft verabschieden wird?

Die Rachsucht leitet sich ab aus dem -bis jetzt verlorenen - Kampf der Gruppe Clarín gegen ein neues Gesetz, mit welchem die audiovisuelle Kommunikation völlig neu geregelt und besser strukturiert wird. Im Kern ist es ein Anti-Monopolgesetz, das bereits 2009 vom Parlament gutgeheissen wurde. Mit ihm sollen die bestehenden Verflechtungen aufgebrochen werden, nicht mehr hunderte von Sende-Konzessionen in einer einzigen Hand konzentriert werden können. Es bedeutet mehr Transparenz und eine Demokratisierung dieses wichtigen Meinungsbildungssektors.

Seither bekämpfen die Inhaber der Gruppe mit einem Heer von Juristen, mit viel Geld, Propaganda («die Pressefreiheit ist in Gefahr») und unter Zuhilfenahme von sämtlichen erdenklichen juristischen und medialen Tricks die Inkraftsetzung dieses Gesetzes. Ende des letzten Jahres erlitten sie eine weitere Niederlage vor dem Obersten Gerichtshof. Damit sind nun alle legalen Mittel ausgeschöpft, und Clarín-Besitzer befürchten nun, dass Cristina Fernández de Kirchner dieses Gesetz doch noch zur Anwendung zu bringen vermag.

Ein gigantischer Machtkampf, den man durch eine Schwächung oder eben vorzeitige Absetzung der Regierung doch noch gewinnen könnte. Jedenfalls ist sie arg in die Defensive gedrängt worden. Nach der Affaire Nisman (lebendig oder tod) erscheint es so, als ob CFK nichts mehr im Griff habe, ja sogar als Schuldige dastehe - und nicht die Hintermänner, die daraus ihren Profit ziehen.

*

Quelle:
Correos de las Américas, Nr. 181, 15. Mai 2015, S. 3-5
Herausgeber: Zentralamerika-Sekretariat, Zürich
Redaktion: Postfach, 8031 Zürich, Schweiz
Tel.: 0041-(0)44/271 57 30
E-Mail: zas11@sunrise.ch
 
Correos erscheint viermal jährlich.
Abonnement: 45,-- CHF


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang