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GEGENWIND/730: Fracking - und wie wir unser Wasser davor schützen können


Gegenwind Nr. 348 - September 2017
Politik und Kultur in Schleswig-Holstein

Demokratie
Fracking - und wie wir unser Wasser davor schützen können

Von Reinhard Knof


Fracking ist das Aufbrechen von Gestein durch das Verpressen von Flüssigkeiten unter hohem Druck, mit dem insbesondere Erdöl und Erdgas gefördert werden soll. In den letzten Jahren sind hunderte wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht worden, die die dramatischen Auswirkungen von Fracking auf Umwelt, Klima und insbesondere Gesundheit und Wasser belegen.


Im Sommer 2016 hat der Bundestag Fracking über das Wasserrecht geregelt. Dabei wurde Fracking in Ton-, Schiefer-, Mergel- und Kohleflözgestein verboten. Damit ist Fracking ausdrücklich in den für Schleswig-Holstein vorherrschenden Sandstein- und Zechsteinkarbonatgesteinen erlaubt. In Schleswig-Holstein kam bereits früher bei der Erdölförderung regelmäßig Fracking zum Einsatz, so z. B. im Feld Schwedeneck-See in der Eckernförder Bucht in jeder der 26 Bohrungen. Bisher sind 98 Altschäden durch die bisherige Erdölförderung bekannt geworden sowie Dutzende altlastenverdächtige Bohrschlammgruben, einige davon ohne Genehmigung errichtet. Ohne Fracking scheint eine Ölförderung in vielen Gebieten Schleswig-Holsteins nicht wirtschaftlich möglich zu sein. Darauf weisen auch die Antragsunterlagen zu den 12 im Jahr 2013 im Auftrag von Minister Habeck vergebenen Lizenzen auf rund einem Drittel der Landesfläche von Schleswig-Holstein hin. Diese Lizenzen konnten zwar in enger Zusammenarbeit zwischen Bürgerinitiativen, Verbänden und Gemeinden abgewehrt werden. Doch das Interesse der Industrie an den Vorkommen besteht weiterhin. Mit dem europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen CETA würde den Bergbauunternehmen zudem eine Klagemöglichkeit eröffnet, wenn sie hier unter Einsatz von Fracking Erdöl fördern möchten. Nur ein rechtzeitiges Verbot von Fracking über das Landeswasserrecht kann das noch verhindern, da auf Bundesebene keine vollständiges Frackingverbot zu erwarten ist.

Unterschriftensammlung der Volksinitiative

In Schleswig-Holstein werden für die Volksinitiative zum Schutz des Wassers Unterschriften gesammelt. Die Volksinitiative umfasst insbesondere ein Verbot von Fracking in Schleswig-Holstein, die Haftung von Bergbauunternehmen für Schäden und eine Einschränkung der Geheimhaltung ihrer Anträge und Vorhaben, damit auch Gesundheitsämter, Feuerwehren, Rettungsdienste und andere mit den Folgen von Unfällen der Bergbauindustrie Betroffene ein Informationsrecht erhalten.

Alle wahlberechtigten Schleswig-Holsteiner können sich jetzt unter www.vi-wasser.de informieren, die Unterschriftenlisten beidseitig ausdrucken und unterschriebene Listen an die Initiatoren der Volksinitiative schicken, um Fracking bei uns zu verhindern. Ein aktuelles Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages hat folgendes Fazit:

"Die Rechtsprechung hat sich mit der Frage der Abweichungskompetenz der Länder bezüglich der Regelungen zur Fracking-Technologie im WHG (Wassergesetz) bislang noch nicht befasst. In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird diese Frage uneinheitlich beantwortet, wobei keine herrschende Meinung erkennbar ist."

Der wissenschaftliche Dienst des Landtages kam zum gleichen Ergebnis. Damit sehen es die Initiatoren als geboten an, diese Frage politisch zu klären.

Warum wurde diese Volksinitiative gestartet?

Im Jahr 2013 wurden in Schleswig-Holstein 12 bergrechtliche Lizenzen erteilt, um Erdöl zu fördern oder Erdölvorkommen zu suchen.

Für die erteilten Lizenzen gilt, dass mit dem Einsatz der Frackingtechnik zu rechnen war, weil:

  • bei den vorhandenen geologischen Untergründen Fracking erforderlich ist,
  • in den Gebieten bereits mehrfach gefrackt wurde - im alten Feld Schwedeneck-See in der Eckernförder Bucht sogar bei jeder einzelnen der 26 bekannten Bohrungen jeweils mindestens ein Mal,
  • die konventionelle Technik nicht ertragreich wäre,
  • oder der Einsatz von Fracking im Antragsverfahren ausdrücklich genannt war.

Deshalb müssen wir Fracking in Schleswig-Holstein über das Landeswasserrecht verbieten. Dazu muss die Verantwortung der Unternehmen und das Vorgehen bei Störfällen geregelt werden.

Ein Frackingverbot ist für Schleswig-Holstein zum Schutz des Grundwassers erforderlich und schließlich sollen betroffene Behörden, Rettungsdienste, Feuerwehren und Bürger Zugang zu Informationen erhalten, die eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen.

Daher wird eine Änderung folgender Gesetze gefordert:

Neufassung § 1 Abs. 1 LWG
Das Landeswassergesetz (LWG) regelt nicht ordnungsgemäß, wo dieses Gesetz gelten soll. Es trägt dem geltenden Wasserhaushaltsgesetz des Bundes noch keine Rechnung.

Fazit: Diese Neufassung ist überfällig.

Einführung eines § 7a LWG
Schleswig-Holstein darf Fracking im Landeswasserrecht verbieten.

Die Gesetzgebungskompetenz des Landes ergibt sich aus Artikel 72 Absatz 3 Nummer 5 des Grundgesetzes.

Fazit: Die Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers hinsichtlich eines Frackingverbots ist nach Meinung der Initiatoren dieser Volksinitiative verfassungrechtlich möglich.

Einfügung § 7 Abs. 2-5 LWG
Diese Regelungen präzisieren geltendes Recht im Landeswassergesetz (LWG). Die Erfahrung mit dem falsch geregelten Geltungsbereich im LWG zeigt, dass in allen Bereichen des LWG klare Regelungen erforderlich sind und ein Verweis auf das Bundesrecht (WHG) nicht ausreicht.

§ 88a LVwG Geheimhaltung
Auch die Landesregierung erkennt die Zulässigkeit dieser Regelung in der Unterrichtung des Landtages zu dieser Volksinitiative ausdrücklich an. Es darf in öffentlichen Angelegenheiten keine Geheimhaltung geben. Das öffentliche Interesse an sauberen Lebensgrundlagen muss in jedem Fall Vorrang vor Unternehmensinteressen haben. Bisher werden die Pläne von Erdölkonzernen vielfach der Öffentlichkeit und selbst den Gesundheitsämtern der Kreise vorenthalten, um "Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse" der Unternehmen zu schützen. Eine Offenlegung der Arbeitsvorgänge und der verwendeten chemischen Stoffe muss Vorrang vor Betriebsgeheimnissen und Gewinnerwartungen einzelner eingeräumt werden.

Gemeinsam können wir es schaffen, unser Wasser und unsere Gesundheit vor den Gefahren des Fracking zu schützen. Bitte unterstützen Sie diese Volksinitiative mit Ihrer Unterschrift und verbreiten Sie sie weiter.


Dr. Reinhard Knof

Am Holm 17, 24326 Nehmten

Weitere Informationen:
www.vi-wasser.de

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Quelle:
Gegenwind Nr. 348 - September 2017, Seite 36 - 37
Herausgeber: Gesellschaft für politische Bildung e.V.
Schweffelstr. 6, 24118 Kiel
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. September 2017

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