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GLEICHHEIT/2502: Kriegsverbrechen in Sri Lanka - Zivilisten von Armee niedergemetzelt


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Kriegsverbrechen in Sri Lanka: Zivilisten von Armee niedergemetzelt

Von Bill Van Auken
15. Mai 2009
aus dem Englischen (11. Mai 2009)


Mit einer schonungslosen Bombardierung der so genannten kampffreien Zone durch die Armee in einem kleinen Streifen Land an der nordöstlichen Küste, hat die Regierung Sri Lankas ein offensichtliches Kriegsverbrechen begangen. Am Wochenende wurden Tausende von tamilischen Zivilisten getötet und verwundet.

Einem staatlich angestellten Arzt im Mullaivaikal-Feldlazarett zufolge, das sich in dieser Zone befindet, wurden bis Sonntag 15 Uhr 378 Leichen in das Lazarett gebracht und 1122 Verwundete kamen, um sich medizinisch betreuen zu lassen. Es ist das letzte Gebiet, das noch von den separatistischen Befreiungstigern von Tamil Eelam (LTTE) gehalten wird.

Der Bericht wurde vom Vertreter der Vereinten Nationen in Sri Lanka bestätigt. "Es scheint unumstritten, dass Hunderte von Zivilisten in der letzten Nacht getötet wurden, darunter mehr als 100 Kinder", erklärte UN-Sprecher Gordon Weiss. Die UN ist weiterhin beunruhigt über den Einsatz schwerer Waffen gegen diesen kleinen Streifen Land."

Wenn in dieses eine Krankenhaus fast 400 Leichen gebracht wurden, dann liegt die Gesamtzahl an Toten viel höher. Die mit der LTTE sympathisierende Internetseite tamilnet.com berichtete, dass Mitarbeiter von humanitären Organisationen am Sonntag in der Zone 1.200 Tote gezählt hätten und dass mindestens 2000 Zivilisten von der Armee Sri Lankas unter Einsatz von Streubomben, Raketenwerfern und schwerer Artillerie hingemetzelt wurden. Die Internetseite zeigt Fotos von verstümmelten Leichen, die in Reihen auf Matten im Dreck liegen. Viele weitere Leichen wurden Berichten zufolge von ihren Familien sofort nach dem Angriff begraben.

Zusätzlich zum Artilleriefeuer flogen Kampfjets der srilankischen Luftwaffe am Sonntag zwei Bombenangriffe gegen die Zone, berichtet tamilnet.com.

Dr. V. Shanmugarajah, der staatlich angestellte Arzt, erklärte gegenüber Associated Press, das Blutbad, das durch die Bomben der srilankischen Armee angerichtet worden sei, sei das schlimmste, das er bisher während der Offensive der Armee gesehen habe; es überfordere sein Lazarett völlig.

"Wir leisten so schnell wir können erste Hilfe und führen einige Operationen aus", erklärt der Doktor. "Wir tun, was möglich ist. Die Situation ist erdrückend; wir haben nichts mehr unter Kontrolle." Viele der Krankenhausmitarbeiter konnten nicht zur Arbeit kommen, weil ihre eigenen Häuser von Granaten getroffen wurden.

Die ersten Granaten gingen Samstagnacht in diesem Gebiet nieder, kurz nachdem ein Rot-Kreuz-Schiff, das Verletzte evakuierte, das Gebiet verlassen hatte. Das Trommelfeuer hielt die ganze Nacht lang an und zwang Tausende sich in behelfsmäßigen Bunkern zusammenzudrängen, berichtet Dr. Shanmugarajah.

Die Regierung Sri Lankas unter Präsident Mahinda Rajapakse nannte ihr militärisches Gemetzel an tamilischen Zivilisten eine "humanitäre Operation" und die "weltgrößte Geiselrettungs-Mission".

Entgegen allen unabhängigen Berichten und vorliegenden Beweisen, behauptet die Regierung, die Tamil Tigers selbst hätten ihre schweren Waffen gegen die tamilischen Zivilisten gerichtet, um die Regierung zu diskreditieren und internationale Sympathie zu gewinnen.

"Die LTTE macht Folgendes: Sie feuert wahllos auf Zivilisten und beschuldigt dann die Armee", erklärte der Militärsprecher Brigadegeneral Udaya Nanayakkara.

Das Verteidigungsministerium bestätigte jedoch, dass die Armee am Samstag eine Offensive durchgeführt habe. Die Truppen, die der mobilen Luftbrigade angehören, drangen weiter in die 'kampffreie Zone' vor und eroberten gestern LTTE-Stellungen im Gebiet von Karaiyamullivaikal", berichtete die Internet Seite der Regierung am Sonntag.

Während die Regierung angibt, es seien nur 10.000 bis 20.000 Zivilisten in der von der LTTE kontrollierten Enklave eingeschlossen, geben Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und ausländische Diplomaten ihre Zahl mit mehr als 120.000 an. Die offizielle Schätzung der UN liegt bei mehr als 50.000. Zusätzlich zu den mörderischen Angriffen der srilankischen Armee leiden sie unter Mangel an Nahrungsmitteln, trinkbarem Wasser und Medizin. Die meisten leben in Zelten.

Die Regierung Sri Lankas hat schon mehrfach behauptet, sie habe bei ihrer Kampagne zur Ausmerzung der LTTE und zur Besetzung des letzten Streifen Lands, das sie kontrolliert, den Einsatz schwerer Waffen eingestellt. Diese Behauptung hat sich immer wieder als Lüge herausgestellt; sowohl die Vereinten Nationen als auch Washington beschuldigen die Armee, das Gebiet unter Artilleriebeschuss genommen und aus der Luft angegriffen zu haben.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch veröffentlichte am Samstag einen Bericht, in dem wiederholte Beschießungen von Krankenhäusern durch die Armee Sri Lankas dokumentiert sind.

Der Bericht führt "30 Angriffe auf feste und provisorische Krankenhäuser in der Kampfzone seit Dezember 2008 auf". Er fügt hinzu: "Einer der tödlichsten Angriffe fand am 2. Mai statt, als Artillerie-Granaten das Mullaivaikal-Krankenhaus in der von der Regierung zur 'kampffrei' erklärten 'Zone' trafen und 68 Personen töteten sowie 87 verletzten."

Der Bericht hebt hervor, dass diese Angriffe auf medizinische Einrichtungen vorsätzlich erfolgten und dass die Ärzte in diesem Gebiet jedes Mal die GPS-Koordinaten an das srilankische Militär durchgaben, sobald sie ein neues Feldlazarett aufgebaut hatten, damit sie nicht angegriffen werden. Statt dessen jedoch, "erklärte das medizinische Personal, gab es mehrmals Angriffe am Tag, nachdem die Koordinaten übermittelt worden waren." Krankenhausmitarbeiter erklärten, die Lazarette wurden angegriffen, obwohl sie deutlich mit einem roten Kreuz als medizinische Einrichtung gekennzeichnet waren.

Der Bericht hebt hervor, dass Krankenhäuser von der Genfer Konvention besonders geschützt sind. "Die wiederholten srilankischen Artillerieangriffe auf bekannte Lazarette sind ein Beweis für Kriegsverbrechen", erklärte Brad Adams, der Leiter der asiatischen Sektion von Human Rights Watch.

Unterdessen hat die Rajapakse-Regierung am Sonntag ein britisches Fernsehteam aus dem Land gewiesen, um ihre Verbrechen zu verheimlichen. Die willkürliche Abschiebung war die Vergeltung für einen Bericht in den Nachrichten auf ITV's Channel 4 am 5. Mai, in dem die entsetzlichen Bedingungen gezeigt wurden, denen 100.000 Tamilen ausgesetzt sind, die im Norden in der Stadt Vavuniya in Internierungslagern hinter Stacheldraht untergebracht sind.

Nick Paton Walsh von Channel 4 berichtete, dass in den Lagern "tagelang Leichen herumlagen, Kinder beim Gerangel um Lebensmittel erdrückt, Frauen sexuell missbraucht wurden und Menschen verschwanden". Der im Fernsehen übertragene Bericht enthielt auch Interviews mit Mitarbeitern von Hilfsorganisationen, die die Bedingungen anprangerten.

Die srilankische Regierung behauptet der "offensichtliche Zweck" des Berichts "ist es, die Sicherheitskräfte in Verruf zu bringen und ihren Vormarsch mit allen Mitteln zu verhindern".

Die US-Regierung hat ein Ende der Angriffe auf Zivilisten gefordert, während sie gleichzeitig die LTTE verurteilt, weil sie die tamilische Bevölkerung als "Schutzschild" missbrauche. Im letzten Monat trat das Außenministerium für "ein Abkommen über eine Machtteilung ein, damit ein dauerhafter Frieden und eine Aussöhnung erzielt werden können".

Besorgte Äußerungen Washingtons und der Europäischen Union sind völlig heuchlerisch. Beide brandmarken die LTTE als "Terrororganisation" und haben Colombo sowohl Unterstützung wie auch direkte Hilfe gewährt, um seine militärische Offensive im Namen des "Kriegs gegen den Terrorismus" führen zu können.

Die Rajapakse-Regierung, die den Krieg im Jahr 2006 wieder aufnahm, ist entschlossen, ihren militärischen Feldzug solange zu führen, bis sie die LTTE ausgelöscht und eine bedingungslose Kapitulation erzwungen hat, gleichgültig wie hoch die Opfer unter der Zivilbevölkerung sind.

Hinter dem Krieg stehen in Wirklichkeit die politischen Motive der singhalesischen herrschenden Elite, die entschlossen ist, ihre Macht und ihre Privilegien durch die Unterdrückung nicht nur der tamilischen Minderheit, sondern der srilankischen Arbeiterklasse insgesamt aufrechtzuerhalten.

Der ethnische Konflikt brach als Ergebnis von Jahrzehnten anti-tamilischer Diskriminierung aus und wurde ganz speziell durch die anti-tamilischen Pogrome von 1983 ausgelöst.

Das national-separatistische Programm der LTTE, das sich auf den bewaffneten Kampf gründet und darauf, die Unterstützung der einen oder anderen Großmacht für den Aufbau eines unabhängigen kapitalistischen Staats zu gewinnen, sorgte dafür, dass der Konflikt sich vertiefte.

Hinter dem Drängen der USA und Europas auf eine politische Einigung zwischen den singhalesischen und tamilischen Eliten steht die Befürchtung, dass die Politik der Regierung, Krieg bis zum völligen Sieg zu führen, zu einer politischen Instabilität führt, die ihre eigenen geostrategischen Interessen durchkreuzt, nicht nur in Sri Lanka, sondern auch in Indien mit seinem großen tamilischen Bevölkerungsanteil.

Ihr Beweggrund ist sicher nicht die Abscheu vor den Kriegsverbrechen der Rajapakse-Regierung - sie verüben ihre eigenen in Afghanistan, im Irak und anderswo.

Siehe auch:
Stoppt die Kriegsverbrechen in Sri Lanka
(24. April 2009)

Versammlung in Paris legt sozialistisches Programm
gegen Krieg in Sri Lanka vor (25. März 2009)


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Quelle:
World Socialist Web Site, 15.05.2009
Kriegsverbrechen in Sri Lanka: Zivilisten von Armee niedergemetzelt
http://wsws.org/de/2009/mai2009/sril-m15.shtml
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Mai 2009