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GLEICHHEIT/3914: Wachsender Unmut über staatliche Unterdrückung der Anti-Wall-Street-Proteste


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Wachsender Unmut über staatliche Unterdrückung der Anti-Wall-Street-Proteste

Von Bill Van Auken
1. November 2011


Der beinahe tödlich verlaufene Angriff der Polizei von Oakland, Kalifornien, auf einen jungen Kriegsveteranen bei einem Anti-Wall-Street-Protest ist Teil einer staatlichen Repressionswelle. Zunehmende Angriffe auf demokratische Rechte führen landesweit zu zornigen Protesten.

In Oakland, New York City und anderen Städten strömten Menschen auf die Straße, um gegen den brutalen Angriff auf Scott Olsen, 24, zu protestieren, der zwei Einsatzperioden im Irak überlebt hat, um dann zu Hause von der Polizei niedergestreckt zu werden.

Olsen wurde am Kopf von einem angeblich nicht-tödlichen Polizeiprojektil getroffen, das direkt gezielt auf ihn abgefeuert wurde. Der Angriff ereignete sich im Verlauf einer brutalen Polizeiaktion. Dienstagnacht hatte es Protestaktionen gegeben gegen die Vertreibung und Massenfestnahme von Occupy-Oakland-Demonstranten durch die Polizei aus ihrem Lager auf dem Frank-Ogawa-Platz. Als andere Demonstranten Olsen zu Hilfe kommen wollten, wurden auch sie mit Tränengas attackiert.

Olsen wurde in kritischem Zustand in das Highland Krankenhaus von Oakland eingeliefert, wo ein Schädelbruch festgestellt wurde. Er befand sich im Koma und musste künstlich beatmet werden. Am Donnerstag wurde sein Zustand als stabil beschrieben. Sein Zimmergenosse, Keith Shannon, sagte der World Socialist Web Site, Scott sei vom Beatmungsgerät abgehängt worden, sei aber immer noch ruhiggestellt. Seine Eltern flogen aus Wisconsin ein und sind jetzt bei ihm.

Shannon war zusammen mit Olsen im Irak gewesen. Er berichtete, dass Olsen tagsüber in einer Softwarefirma in San Francisco gearbeitet habe und sich nachts an den Anti-Wall-Street-Protesten beteiligt und in den Lagern in San Francisco und Oakland übernachtet habe.

"Er verließ die Arbeit, ging dort hin, schlief dort und ging am nächsten Tag wieder arbeiten", berichtete Shannon der WSWS. "Scott hat an Occupy San Francisco teilgenommen, weil er nicht damit einverstanden ist, dass niemand aus den Banken und Konzernen für seine Rolle in der Wirtschaftskrise zur Verantwortung gezogen worden ist. Stattdessen arbeiten die Politiker Hand in Hand mit ihnen zusammen und machen neue Gesetze, die den Reichen nützen, statt den Abertausenden Menschen zu helfen, die ihre Arbeit, ihre Krankenversicherung verloren haben und wirklich Hilfe benötigten."

"Shannon sagte, dass Scotts Haltung zur Occupy-Wall-Street-Bewegung seinen Ansichten zum Irakkrieg entspreche. 2006 habe er sich bei den Marines eingeschrieben, sich aber nach seinen zwei Einsatzperioden im Irak gegen den Krieg gewandt. "Er war einfach der Meinung, dass wir nicht dort sein sollten", sagte Shannon. "Er war der Meinung, dass es weder für das irakische Volk noch für das amerikanische Volk gut sei. Es war nur für die Vertreter der Wirtschaft gut."

Bei der Unterdrückung in Oakland waren Polizisten aus achtzehn verschiedenen Einheiten in Kampfmontur aufgezogen. Aber dieser Einsatz war nur das extremste Beispiel für die scharfe Unterdrückung, die überall in den Vereinigten Staaten begonnen hat....

Die Bürgermeister der meisten Städte, in denen es zu harten Polizeieinsätzen kommt, gehören der Demokratischen Partei an. Diese Partei verfolgt gegenüber den Anti-Wall-Street-Protesten eine Doppelstrategie. Auf der einen Seite benutzt sie die Gewerkschaften und kleinbürgerlichen Protestgruppen, um die weitgehend spontane Bewegung zu vereinnahmen und vor den Karren des Präsidentschaftswahlkampfs von Obama im nächsten Jahr zu spannen. Die andere Schiene ist der Einsatz von Schlagstöcken, Tränengas, Pfefferspray und Polizeigewalt, was Scott Olsen in Oakland beinahe das Leben kostete. Im Kern sind die Demokraten, genau wie die Republikaner, dieser Bewegung zutiefst feindlich gesonnen. Sie kommt ihren eigenen engen Beziehungen zur Wall Street in die Quere.

Die Obama-Regierung billigt die Festnahmen stillschweigend und hat sich nicht gegen die Polizeigewalt ausgesprochen. Am Donnerstag wurde der Pressesprecher des Weißen Hauses, Jay Carney nach der Gewalt in Oakland gefragt. Er machte die Demonstranten mit dafür verantwortlich: "Was die Gewalt angeht, so sind wir natürlich der Meinung, dass sich alle gesetzestreu verhalten müssen, auch wenn sie berechtigte Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen."

Die Demokratische Senatorin aus Kalifornien, Dianne Feinstein, meinte unmittelbar nach den gewalttätigen Polizeiangriffen in Oakland, sie glaube nicht, dass die "Demonstranten das Recht haben, dort dauerhaft zu campieren" und fügte hinzu: "Ich glaube zum Beispiel nicht, dass Leute wochenlang in einem Park schlafen können. Da muss auch etwas Ordnung herrschen."

Sie stellte auch den Sinn der Proteste in Frage: "Da gibt es alle möglichen Absichten und es ist ziemlich schwierig zu erkennen, was die Leute eigentlich wollen."

Zweifellos ist eines der Hindernisse, warum Feinstein Schwierigkeiten hat zu verstehen, was die Demonstranten wollen, die Tatsache, dass sie zu den zehn reichsten Personen auf dem Kapitol gehört. Sie verfügt zurückhaltend geschätzt über ein persönliches Vermögen von über 50 Millionen Dollar und ist mit einem Investmentbanker verheiratet.

Es ist keineswegs ein Geheimnis, was die Demonstranten wollen. Sie werfen die Frage auf, die das gesamte wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Leben Amerikas durchdringt: die Ungleichheit, die gewaltige gesellschaftliche Kluft zwischen dem obersten Prozent der Gesellschaft und der arbeitenden Bevölkerung, der riesigen Mehrheit der Bevölkerung. Sie fordern Gleichheit, anständige Arbeitsplätze und Einkommen und eine Ende der Zwangsräumungen und der Sklavenarbeit aufgrund gigantischer Ausbildungsschulden.

Ihre Einschätzung der gesellschaftlichen Realität in Amerika wurde von einer europäischen Studie erneut bestätigt, die herausfand, dass die ungleiche Verteilung des Reichtums in den Vereinigten Staaten zur größten in allen sogenannten entwickelten Ländern gehört.

Die Untersuchung der OECD ordnete die USA unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit fast am Ende der 31 OECD Länder ein. Der Bericht fand heraus, dass die USA keineswegs das "Land der unbegrenzten Möglichkeiten sind, sondern zu den Ländern gehören, in denen es am schwersten ist, von einer Generation zur anderen die soziale Leiter emporzuklettern. Was das alarmierende Ausmaß der Armut angeht, wurden die USA an drittschlechtester Stelle eingestuft. Nur Chile und Mexiko kommen noch danach.

Um diese Bedingungen zu ändern, braucht es weit mehr als Demonstrationen. Die Occupy-Demonstranten sind wie die Masse der arbeitenden Bevölkerung, die mit ihnen sympathisiert, damit konfrontiert, dass der Kapitalismus gescheitert ist und die Banken und Konzerne sowie die ihnen hörigen Parteien gnadenlos versuchen, die Arbeiterklasse für diese Krise bezahlen zu lassen.

Die Demonstranten in Oakland haben für den 2. November einen Generalstreik ausgerufen und fordern die Arbeiter auf, nicht zur Arbeit zu gehen. Die Studenten sollen ihre Lehrveranstaltungen boykottieren. In der Occupy-Gruppe in New York soll ein ähnlicher Aufruf diskutiert werden.

Für diejenigen, die wirklich nach einem Weg für den Kampf suchen, ist der Aufruf zu einem Generalstreik sicher ein Versuch, sich der Macht der Arbeiterklasse zuzuwenden. Die pseudo-linken Organisationen erheben eine solche Forderung jedoch nur, um Illusionen in die Gewerkschaften zu schüren.

Wenn diese Forderung an die bestehenden Gewerkschaften gerichtet wird, dann wird daraus bestenfalls ein weiterer wirkungsloser Protest. Die Gewerkschaften ordnen sich völlig der Demokratischen Partei unter und repräsentieren die Interessen des Managements und ihrer privilegierten Funktionäre, nicht die der eigenen Mitglieder.

Ein wirklicher Generalstreik erfordert eine Mobilisierung der Arbeiterklasse und der Jugend, die unabhängig von der Demokratischen Partei und den Gewerkschaften stattfindet. Ein solcher Kampf muss mit der Bildung von Basiskomitees in Betrieben und Verwaltungen, Schulen und Stadtteilen beginnen. Die Besetzung der Wall Street muss auf die Besetzung der Fabriken ausgedehnt werden. Jeder Betrieb muss in ein Zentrum des Widerstands gegen die Angriffe auf die arbeitende Bevölkerung verwandelt werden.

Der Kampf für Arbeitsplätze, einen anständigen Lebensstandard, das Recht auf Ausbildung, Rente und andere soziale Bedürfnisse ist nur durch einen revolutionären Kampf der Arbeiterklasse zu gewinnen. Sein Ziel muss sein, dem einen Prozent die wirtschaftliche und politische Kontrolle zu entreißen und die politische Macht in die eigenen Hände zu nehmen. Nur so kann das Wirtschaftsleben sozialistisch gestaltet werden, damit es den Bedürfnissen der Menschen dient und nicht den Profitinteressen und dem Reichtum der Finanzelite.

Das ist ein politischer Kampf, der international geführt werden muss. Für diese fundamentale revolutionäre Umwälzung der Gesellschaft auf der Grundlage eines sozialistischen und internationalistischen Programms ist der Aufbau einer neuen Partei und Führung erforderlich. Wir fordern alle Arbeiter und Jugendlichen auf, unser Programm zu studieren, der SEP beizutreten und den Kampf für den Sozialismus aufzunehmen.


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Quelle:
World Socialist Web Site, 01.11.2011
Wachsender Unmut über staatliche Unterdrückung der Anti-Wall-Street-Proteste
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. November 2011