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GLEICHHEIT/4516: "Freunde Syriens" fordern Assad zur Machtübergabe an Islamisten auf


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

"Freunde Syriens" fordern Assad zur Machtübergabe an Islamisten auf

Von Alex Lantier
14. Dezember 2012



Vertreter von 130 Regierungen unter der Führung Washingtons und seiner europäischen und arabischen Verbündeten nahmen am Mittwoch an einem Treffen der "Freunde Syriens" in Marakesch in Marokko teil. Wie der marokkanische Außenminister Saad Eddine El Othmani sagte, haben sie sich darauf geeinigt, die Nationale Koalition der Syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte als alleinige Vertretung des syrischen Volkes anzuerkennen.

Am Tag zuvor hatte US-Präsident Barack Obama die Nationale Koalition offiziell anerkannt. Das amerikanische Außenministerium hatte die islamistisch dominierte Koalition zuvor selbst ins Leben gerufen. Sie vertritt die bewaffneten Oppositionsgruppen, die mit Unterstützung der Nato den Stellvertreterkrieg gegen das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad führen.

Auf dem Treffen in Marakesch wurde ein Erklärungsentwurf präsentiert, in dem es heißt: "Die Teilnehmer anerkennen die Nationale Koalition als legitime Vertreterin des syrischen Volkes und als Sammelgruppe der syrischen Opposition. (...) Baschar al-Assad hat jede Legitimität verloren und sollte abtreten und einen nachhaltigen politischen Übergang ermöglichen."

Länder, die Assad noch unterstützen, wie Russland, China und der Iran, nahmen an dem Treffen in Marakesch nicht teil. Der russische Außenminister Sergei Lawrow sagte über das Treffen: "Die Vereinigten Staaten setzen alles auf einen bewaffneten Sieg der Nationalen Koalition."

Das Treffen beleuchtete den kriminellen und reaktionären Charakter des Stellvertreterkriegs der Nato gegen Syrien, bei dem arabische Verbündete der USA Milizen mit Verbindungen zu al-Qaida bewaffnen, damit sie eine Terrorkampagne mit verheerenden Folgen für die syrische Bevölkerung führen können.

Der stellvertretende Vorsitzende der Muslimbruderschaft Faruk Tayfur deutete an, dass die Kräfte der Nationalen Koalition Assad ermorden würden, wenn sie nur die Gelegenheit bekämen. Er verglich das Assad zugedachte Schicksal mit dem des libyschen Staatschefs Oberst Muammar Gaddafi, dessen Regierung vor einem Jahr durch einen Krieg der Nato gestürzt wurde. Gaddafi war am Ende von US-freundlichen Guerillas gefoltert und gelyncht worden. Davor war sein Konvoi, mit dem er aus seiner Heimatstadt Sirte zu fliehen versuchte, von Nato-Kampfflugzeugen bombardiert worden.

Tayfur sagte: "Assad befindet sich unter Belagerung. Er wird wie Gaddafi enden. Hat Baschar nicht gesagt: 'Ich bin in Syrien geboren und werde in Syrien sterben'? Das hat Gaddafi auch gesagt. Und wir wissen ja, was daraus geworden ist."

Die islamistischen Stellvertreter der Washingtoner Regierung kritisieren die Entscheidung des amerikanischen Außenministeriums vom Dienstag, die al-Qaida-Gruppe Nusra Front als Terrorgruppe einzustufen. Die Sprecherin des Außenministeriums warf der Nusra Front vor, im letzten Jahr fast 600 Anschläge verübt zu haben, bei denen "zahllose unschuldige syrische Zivilisten umgekommen sind".

Der Chef der Nationalen Koalition Muaz al-Chatib bat Washington, seine Einordnung der Nusra-Front als Terrorgruppe zu überprüfen. Er sagte: "Wir mögen ideologische und politische Differenzen mit bestimmten Gruppierungen haben, aber die Revolutionäre verfolgen alle das gleiche Ziel: den Sturz von Assads kriminellem Regime."

Vertreter der Muslimbruderschaft sagten AFP, die Einschätzung der amerikanischen Regierung der Nusra Front als Terrorgruppe sei "falsch": "Der einzige Terrorist in Syrien ist Assad".

Offenbar sind große Teile der syrischen Opposition kaum von al-Qaida zu unterscheiden. Die New York Times schrieb: "Einige Gruppen der Freien Syrischen Armee haben eine ähnliche Ideologie, folgen der strikten salafistischen Interpretation des Islam und beheimaten Kämpfer, die sich am Aufstand im Irak beteiligten, auch wenn nicht bekannt ist, ob sie, wie Nusra, direkte organisatorische Verbindungen zu al-Qaida im Irak unterhalten."

Anti-Assad Oppositionsgruppen in Syrien sollen für Freitag zu Protesten gegen den Bann der USA gegen die Nusra Front aufgerufen haben. Ihre Parole lautet "Keine Intervention der Amerikaner - wir sind alle Nusra".

Trotz verbreiteter Berichte über Verbindungen zwischen der syrischen Opposition und al-Qaida beschleunigen die imperialistischen Mächte ihre Pläne für ein Eingreifen zur Unterstützung der syrischen Opposition.

Offensichtlich planen britische Offiziere militärische Einsätze von See und aus der Luft. Damit wollen sie die Oppositionskräfte unterstützen, in Syrien "sichere Korridore" zu schaffen, d.h. von der Opposition gehaltene Gebiete zu sichern oder direkte "logistische Hilfe" zu geben. Sie sollen sich mit französischen, türkischen, jordanischen, katarischen und amerikanischen Militärs und solchen aus den Emiraten in London getroffen haben, um die Pläne auf Wunsch von Premierminister David Cameron zu koordinieren.

Der französische Außenminister Laurent Fabius sagte, seine Regierung, die als erste die syrische Opposition anerkannt hatte, werde mit deren Bewaffnung noch abwarten: "Für den Moment haben wir in der Hinsicht keine Pläne. Wir werden die Lage in den nächsten Monaten beobachten."

In den Medien und im politischen Establishment gibt es kaum Kommentare über den Zynismus, der darin zum Ausdruck kommt, dass die Nato al-Qaida gegen Assad unterstützt. Seit mehr als zehn Jahren behauptet Washington, einen "Krieg gegen den Terror" gegen al-Qaida zu führen. Die Terrororganisation wurde benutzt, scharfe Angriffe auf demokratische Rechte zu führen und Angriffskriege gegen den Irak und Afghanistan vom Zaun zu brechen. Die ganze Zeit hat die Nato Vorwürfe des Assad-Regimes wegen terroristischer Gräueltaten der syrischen Opposition zurückgewiesen. Und jetzt stellt sich heraus, dass al-Qaida integraler Bestandteil der von der Nato unterstützten Opposition ist.

Das widerlegt auch die Behauptung, dass die syrische Opposition eine breite revolutionäre Bewegung des syrischen Volkes gegen Assad sei. Stattdessen ist sie eine rechte Minderheit im Dienste der imperialistischen Politik der Nato-Länder. Diese Politik missachtet vollkommen den Willen der Öffentlichkeit in diesen Nato-Ländern. Ihre Regierungen sind Verschwörerbanden, die im Dienste der Finanzelite und der höchsten staatlichen Stellen stehen.

Berichte über eine wachsende soziale Krise in Syrien unterstreichen die verheerende Wirkung des Krieges auf die syrische Bevölkerung. Über 40.000 Menschen sollen schon getötet worden sein, und eine halbe Million sind zu Flüchtlingen geworden.

Wie ein syrischer Student in Aleppo dem Nouvel Observateur sagte, sind Tausende Menschen von Hunger bedroht. Er erklärte: "Das Grundnahrungsmittel hier ist Brot, das in Großbäckereien gebacken und vom Staat finanziert wird. Vor der Krise kostete das Brot 35 Pfund (40 Eurocent), jetzt kostet es 200 bis 250 Pfund, wenn man überhaupt etwas findet. Eine solche Teuerung macht es vielen unmöglich, genug Brot einzukaufen. Dadurch sind heute viele Menschen von Hunger bedroht."

Er machte die Rebellen dafür verantwortlich: "Die Kornlager der Stadt werden von den Rebellen geplündert, die das Korn verkaufen, um mit dem Geld Waffen zu kaufen."

Die Nachrichtenagentur IRIN der Vereinten Nationen berichtete über die katastrophalen Auswirkungen des Kriegs auf das syrische Gesundheitssystem. Die Hälfte der 88 öffentlichen Krankenhäuser des Landes wurde in den Kämpfen beschädigt, 23 sind nicht mehr funktionsfähig. Es gibt kaum noch Insulin, Blutdruckmedikamente und andere Medizin.

IRIN schrieb: "Arzneimittelfabriken, die bis zu neunzig Prozent des Landesbedarfs herzustellen pflegten, haben nur noch ein Drittel ihrer vorherigen Kapazität. Dies berichtet Elizabeth Hoff, die Vertreterin der Weltgesundheitsorganisation. Viele wurden zerstört oder bei den Kämpfen beschädigt. Manchmal waren sie absichtliches Ziel der Opposition. Die meisten dieser Fabriken standen in Aleppo, einer der am schlimmsten von den Kämpfen betroffenen Städte. Andere Fabriken haben wegen der westlichen Sanktionen Probleme, die notwendigen Rohstoffe zu importieren."

Mohammed Zein, ein 64-jähriger Gemüseverkäufer in Aleppo, sagte zu Al Dschasira: "Unser Land wird zerstört. Wenn das eine Revolution ist, dann kann ich verzichten. Ich bin kein Anhänger des Regimes, weil es uns unterdrückt hat. Aber jetzt werden wir hundertmal mehr unterdrückt."

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Quelle:
World Socialist Web Site, 14.12.2012
"Freunde Syriens" fordern Assad zur Machtübergabe an Islamisten auf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Dezember 2012