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GLEICHHEIT/4538: Obama ernennt Chef des Drohnen-Mordprogramms zum CIA-Chef


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Obama ernennt Chef des Drohnen-Mordprogramms zum CIA-Chef

Von Barry Grey
9. Januar 2013



Präsident Barack Obama ernannte am Montag seinen führenden Antiterror-Berater John Brennan zum Chef der CIA für seine zweite Amtszeit. Durch Brennans Ernennung zum Chef der Spionagebehörde hat Obama klar signalisiert, dass er beabsichtigt, das völkerrechtswidrige Drohnen-Mordprogramm auszuweiten. Den Drohnen sind bereits Tausende von unschuldigen Zivilisten - Männer, Frauen und Kinder - zum Opfer gefallen, Tausende wurden in Afghanistan, Pakistan, im Jemen und in Somalia verstümmelt.

Zu den Opfern, die auf das bloße Wort des Präsidenten ohne Anklage oder Prozess ermordet wurden, befinden sich mindestens drei amerikanische Staatsbürger, darunter der Geistliche Anwar al-Awlaki aus New Mexico und sein sechzehnjähriger Sohn, die im Jemen von Drohnenraketen getötet wurden.

Brennan übernahm in seiner Eigenschaft als stellvertretender nationaler Sicherheitsberater für Heimatschutz und Anti-Terrorismus die Führung des Programms gezielter Tötungen. Er hat zusammen mit dem Präsidenten, dem Pentagon und anderen Sicherheitsbehörden die Auswahl von angeblichen Terroristen vorgenommen, die ermordet werden sollten. Das Weiße Haus und das Justizministerium behaupten, der Präsident habe im Rahmen des "Kriegs gegen den Terror" das Recht, einseitig die Ermordung einer Person irgendwo auf der Welt anzuordnen.

Dass der Präsident offen die grundlegendsten Rechte ignoriert und sich diktatorische Vollmachten anmaßt, hat beim liberalen Establishment oder seiner pseudolinken Peripherie ernsthaften Widerstand hervorgerufen. Die Zustimmung des Senats zu Brennans Ernennung als CIA-Chef gilt als sicher.

Brennan tritt damit die Nachfolge von General David Petraeus an, der im letzten November wegen eines Sexskandals von seinem Posten als CIA-Chef zurückgetreten war. Obama kündigte gleichzeitig an, den ehemaligen republikanischen Senator Chuck Hagel zum Nachfolger von Leon Panetta als Verteidigungsminister zu ernennen. Hagels Nominierung gilt im politischen Establishment und in den Medien als viel umstrittener, allerdings wird trotzdem mit der Zustimmung des Senats gerechnet.

Hagel ist ein Vietnam-Veteran mit engen Beziehungen zum Militär, und zurzeit der Vize-Vorsitzende von Obamas Geheimdienstberaterausschuss. Er wird von Teilen der Republikaner abgelehnt, weil er George W. Bush für sein Handeln im Irak kritisierte und sich gegen ein einseitiges Verhängen von Sanktionen gegen den Iran aussprach.

Zionistische Lobbyorganisationen kritisierten ihn als nicht ausreichend pro-israelisch, obwohl er in seiner zwölfjährigen Amtszeit als Senator von Nebraska jedes Hilfspaket für Israel unterstützt hatte. Er wird außerdem von Homosexuellenrechtsorganisationen kritisiert, weil er früher das Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen unterstützt hatte und einmal die Ernennung eines bekennenden Schwulen als Botschafter abgelehnt hatte.

Vermutlich hat Obama beschlossen, die beiden Ernennungen gleichzeitig bekanntzugeben, um davon abzulenken, dass es aus den Kreisen der Demokraten und der Liberalen kaum Widerstand gegen Brennan gibt, und nicht so sehr, um von seiner Berufung selbst abzulenken.

In seiner Erklärung am Montag rühmte sich Obama wieder einmal damit, Osama bin Laden "ausgeschaltet" zu haben - diese Operation wurde von Brennan geleitet. Er berief sich erneut auf den Krieg gegen den Terror, um den Abbau von demokratischen Rechten im eigenen Land und Kriege im Ausland zu rechtfertigen. Dabei verschweigt er, dass Washington in Libyen und Syrien mit Dschihadisten und Al Qaida-Verbündeten praktisch verbündet war.

Obama erklärte mit zügellosem Zynismus: "Es gibt noch einen anderen Grund, warum ich John so hoch schätze, und zwar seine Integrität und seine Entschlossenheit, die Werte zu verteidigen, die uns Amerikaner ausmachen. Er hat hart dafür gearbeitet, unsere Bemühungen in einen starken rechtlichen Rahmen einzubetten. Er versteht, dass wir eine Nation der Gesetze sind."

Brennan war 25 Jahre lang CIA-Mitarbeiter und eine zeitlang Chef der Niederlassung in Saudi-Arabien; außerdem stellvertretender CIA-Direktor in George W. Bushs erster Amtszeit und Direktor des Nationalen Antiterrorzentrums.

Obama wollte ihn schon im Januar 2009, zu Beginn seiner ersten Amtszeit, zum CIA-Chef ernennen, sah aber wegen den politischen Folgen davon ab, die entstanden wären, wenn er einen Mann für diese Stellung ausgewählt hätte, der unter Bush so tief in Folter, gezielte Tötungen und Militärgewahrsam in Gulags wie Guantanamo verstrickt war. Da Obama sich im Wahlkampf als Kritiker dieser Verbrechen dargestellt hatte, galt es damals als zu früh für ein derartiges Vorgehen. Stattdessen ernannte Obama Brennan zum obersten Antiterror-Berater des Weißen Hauses - hierfür war die Genehmigung des Senats nicht notwendig.

Vier Jahre später hat er Mord und Folter als Instrumente der Außenpolitik ebenso ausgeweitet und institutionalisiert wie die Polizeistaatsmethoden und Strukturen, die unter Bush aufgebaut wurden. Obama ist daher mit Recht zuversichtlich, dass ihm aus dem politischen Establishment kein Widerstand gegen die Ernennung Brennans zum obersten Geheimdienstchef entgegenschlagen wird.

Im Oktober veröffentlichte die Washington Post eine Reihe von Artikeln über die Erstellung einer "Disposition-Matrix" durch die Regierung. Sie beschrieb sie als ein neues System, mit dem die Kriterien für außergerichtliche Tötungen, die auf Anweisung des Präsidenten durchgeführt werden, "kodifiziert und vereinheitlicht" werden sollen. Laut der Serie hatte Brennan in diesem Programm die Führungsrolle. Die Post schrieb, er habe "enormen Einfluss auf die Gestaltung der Todeslisten und die Bereitstellung von bewaffneten Drohnen, die zum Markenzeichen des Krieges geworden sind."

Brennan ist der einzige Vertreter der Regierung, der das Mordprogramm detailliert öffentlich verteidigt hat. In einer Rede am 30. April im Woodrow Wilson Center in Washington behauptete er, die Drohnenangriffe seien gemäß dem Gesetz Authorization for Use of Military Force rechtmäßig, das nach den Anschlägen vom 11. September 2001 vom Kongress beschlossen wurde und von der Bush-Regierung als rechtliche Allzweck-Rechtfertigung für Kriegsverbrechen und Verletzungen der Verfassung verwendet wurde.

Brennan ging noch weiter und erklärte: "Kein internationales Gesetz verbietet die Anwendung ferngesteuerter Flugzeuge zu diesem Zweck, genauso wenig wie die Anwendung tödlicher Gewalt gegen unsere Feinde außerhalb des aktiven Schlachtfeldes, wenn das betreffende Land dem zustimmt oder unfähig oder nicht gewillt ist, selbst gegen diese Bedrohung vorzugehen." Da jedes Land, das nicht "zustimmt" "nicht gewillt" ist, passt diese Beschreibung auf alle Länder der Welt.

Er erklärte weiter, diese Lizenz zum Töten sei "ethisch", da sie die "beispiellose Fähigkeit verleiht, mit ferngesteuerten Flugzeugen präzise gegen ein militärisches Ziel vorzugehen, und gleichzeitig Kollateralschäden zu vermeiden..." Wenn das stimmt, muss man daraus schließen, dass die USA bewusst einfache Männer, Frauen und Kinder als "militärische Ziele" zur Tötung freigeben.

Nur wenige Tage bevor Obama Brennans Ernennung verkündete, hatte er das Haushaltsgesetz für die Finanzierung des Pentagons unterzeichnet, das unbegrenzte Militärhaft ohne Anklage oder juristische Überprüfung von Personen ermöglicht, die als Terroristen eingestuft werden, darunter auch amerikanische Staatsbürger. Die Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo Bay ist nicht mehr vorgesehen. In Pakistan und im Jemen kam es außerdem zu neuen Drohnenangriffen, und laut Reuters zu sieben Toten führten. Am Freitag demonstrierten Stammesangehörige gegen die allgegenwärtige Gefahr des Todes aus der Luft.

Auf der Webseite von CNN hieß es am Montag, dass die Regierung jetzt erwäge, die Drohnenangriffe auf den afrikanischen Staat Mali auszuweiten, in dem Milizen mit Verbindungen zu Al Qaida die Kontrolle über den Norden des Landes übernommen haben.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 09.01.2013
Obama ernennt Chef des Drohnen-Mordprogramms zum CIA-Chef
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Januar 2013