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GLEICHHEIT/4891: Irland - Rentner protestieren in Dublin


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Irland - Rentner protestieren in Dublin

Von Dermot Quinn
30. Oktober 2013



Am Dienstag demonstrierten Tausende, hauptsächlich ältere Menschen, vor dem irischen Parlament. Sie forderten die Rücknahme der brutalen Sparmaßnahmen, die in der Woche zuvor als Teil des Haushaltsplans der Regierung für 2014 eingeführt wurden.

Organisator der Proteste waren das Senior Citizens Parliament und verbündete Organisationen, die Schätzungen über die Teilnehmerzahlen variieren von 3.000 bis 7.000.

Ältere Menschen, die zum Opfer der Haushaltspläne der Regierung werden, reisten aus allen Teilen des Landes an und versammelten sich im Stadtzentrum von Dublin. Sie riefen "Wir wollen Gerechtigkeit" und forderten den Rücktritt der Koalitionsregierung aus Fine Gael und Labour. Aus Cork, der zweitgrößten Stadt Irlands und aus kleineren Städten und Dörfern an der Westküste trafen Gruppen mit Bussen ein.

Viele waren mehrere Stunden unterwegs, um an der Demonstration teilzunehmen. Die Irish Times berichtete von einem 75-jährigen aus Kilkenny, der um acht Uhr von zuhause aufgebrochen war und fast zweieinhalb Kilometer laufen musste, um zu einem Bus nach Dublin zu kommen.

Mindestens drei ältere Demonstranten waren während der Kundgebung zusammengebrochen und mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Einer davon, der 72-jährige Patrick Touher, der an Herzproblemen leidet, brach zusammen, nachdem er in einer Rede die Regierung angegriffen hatte.

Der Haushaltsplan für 2014 sieht Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro vor, seit 2008 wurden bereits Sparmaßnahmen in Höhe von insgesamt 30 Milliarden Euro umgesetzt. Der Haushaltsplan sieht die Abschaffung von Telefonzulagen und Sterbegeld für Rentner sowie die Abschaffung von kostenlosen Gesundheitskarten vor, durch die 35.000 Menschen über 70 bestimmte Gesundheitsleistungen umsonst erhalten. Die Senkung der Steuererleichterung für Krankenversicherung und die Erhöhung der Abgaben für Rentner werden den bereits niedrigen Lebensstandard älterer Mitbürger weiter senken und tausende von Rentnern in die Armut treiben.

Die Streichung der Telefonzulagen, die Senioren mit etwa zehn Euro im Monat beim Begleichen ihrer Telefonrechnungen unterstützt, ist besonders für diejenigen grausam, die in abgelegenen Gebieten leben. Kay Stack aus dem County Kerry sagte der Irish Times: "Die Regierung zwingt meine Kinder wegzuziehen, weil es hier keine Arbeitsplätze gibt. Sie sind in London und New York und jetzt nimmt mir die Regierung auch noch die einzige Möglichkeit, mit ihnen zu reden. Ich fühle mich furchtbar."

Laut Eamon Timmins von Age Ireland, einem der Organisatoren der Veranstaltung, werden Senioren, die alleine leben oder die Wohnung nicht verlassen können, besonders darunter leiden. Rezeptgebühren für Besitzer von Gesundheitskarten haben sich in den letzten zwei Jahren von 1,50 Euro auf 2,50 Euro pro Artikel erhöht. Änderungen der Einkommensobergrenzen für über 70-jährige Besitzer von Gesundheitskarten, die kostenlose Behandlungen ermöglichen, werden zum Verlust von weiteren 35.000 Karten führen. Diejenigen, die ihre Karte verlieren, erhalten neue, die ihnen nur nur noch einen kostenlosen Besuch beim Allgemeinmediziner ermöglichen. Zusätzlich wurden bereits die Grundsteuer und die Wassergebühren erhöht.

Die Abschaffung des Sterbegeldes rief besondere Empörung hervor. Angehörige erhielten davon bis zu 800 Euro Hilfe zu den Beerdigungskosten.

Bernard Keane, der ein Transparent mit der Aufschrift "Menschen statt Banken" hochhielt, sagte: "Ich muss mich schon entscheiden, ob ich meine Rechnungen bezahle oder weniger Essen kaufe... Das ist unmöglich."

Maire O'Donnell, 78, sagte: "Sie stecken alle unter einer Decke, und diejenigen von uns, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben und dachten, sie könnten ihre letzten Jahre in einer gewissen Würde verbringen, müssen nun von viel zu wenig Geld leben. Jetzt scheint das ganze System um uns herum zusammenzustürzen."

Die Senioren haben, genau wie alle Teile der Bevölkerung unter der Verschärfung der Krise zu leiden. Eine aktuelle Umfrage der irischen Central Statistics Organization zeigt, dass zehn Prozent der Senioren in Armut leben, und dass die Einkommen von Rentnern seit Beginn der Krise um fünf Prozent gesunken sind. Da diese Zahlen nur den Zeitraum bis 2011 abdecken, ist es inzwischen wahrscheinlich in Wirklichkeit noch schlimmer.

Obwohl die Fine Gael/Labour-Regierung mit wachsendem Widerstand gegen ihr Sparprogramm konfrontiert ist, konnte sie diese brutalen Kürzungen dank der vollen Zusammenarbeit der Gewerkschaften und des politischen Establishments durchsetzen.

Die größte Gewerkschaft SIPTU (Services, Industrial, Professional and Technical Union) rief zwar als Alibi zur Unterstützung der Demonstration der Rentner auf, machte selbst jedoch nichts.

Der Vorsitzende der Labour Party Eamonn Gilmore hat die Kürzungen eifrig unterstützt und letzte Woche erklärt, dass er alle Maßnahmen im jüngsten Haushaltsplan unterstütze. Später betonte er, Gesundheitsminister James Reilly, der für die Kürzungen in Höhe von 666 Millionen Euro im Haushaltsplan 2014 verantwortlich ist, leiste "sehr gute Arbeit bei der Reform des Gesundheitsministeriums".

Reilleys "Reformen" haben ein Chaos im Gesundheitssystem angerichtet. Die jüngsten Zahlen zeigen, dass sich fast 50.000 Menschen auf Wartelisten für Operationen befinden, 300.000 warten auf einen Termin bei einem Allgemeinarzt. Selbst mit den bereits eingeführten Kürzungen wird damit gerechnet, dass es im Gesundheitswesen ein Defizit von 105 Millionen Euro bis Ende des Jahres geben wird, was zur Forderung nach weiteren Kürzungen führen wird.

Die Gesundheitsversorgung der Rentner wird sich noch weiter verschlimmern. Laut Berechnungen, die nach der Veröffentlichung des Haushaltsplanes Anfang des Monats erstellt wurden, werden die Prämien für Ältere aufgrund der Entscheidung, die staatliche Unterstützung zu streichen, um 450 Euro pro Person steigen, wenn sie nächstes Jahr neu beantragt werden.

Die Rentner leiden auch unter den steigenden Energiepreisen in Kombination mit den Kürzungen der Heizkostenzuschüsse im Rahmen der Sparmaßnahmen der Regierung. Die tragischen Folgen dieser Politik haben sich an einer Reihe von Todesfällen unter Senioren gezeigt, die es sich im Winter nicht leisten konnten, ihre Wohnung zu heizen.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 30.10.2013
Irland - Rentner protestieren in Dublin
http://www.wsws.org/de/articles/2013/10/30/irla-o30.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Oktober 2013