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GLEICHHEIT/5004: Genf II - USA weiter für Regimewechsel in Syrien


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Genf II - USA weiter für Regimewechsel in Syrien

Von Patrick O'Connor
24. Januar 2014



Auf der Eröffnungssitzung der Konferenz über die Syrienkrise beharrte die Obama-Regierung darauf, dass der Zweck der Genf II-Verhandlungen darin bestehen müsse, Präsident Bashar al-Assad abzusetzen und ein pro-amerikanisches Marionettenregime an die Macht zu bringen.

Im Stil eines kolonialen Statthalters erklärte US-Außenminister John Kerry: "Wir sehen nur eine Option, nämlich eine Übergangsregierung als Ergebnis einer einvernehmlichen Verhandlungslösung."

Kerry machte klar, dass mit "einvernehmlicher Verhandlungslösung" ein Ergebnis gemeint ist, das vom amerikanischen Imperialismus diktiert wird. "Das bedeutet, dass Bashar al-Assad nicht Teil dieser Übergangsregierung sein wird", fuhr er fort. "Es ist nicht vorstellbar, dass ein Mann, der so brutal gegen sein eigenes Volk vorgeht, noch Legitimität zum Regieren besitzt."

Diese brutale Arroganz ist das Markenzeichen der amerikanischen Politik in allen Teilen der Welt. Jede Regierung, die die amerikanische herrschende Klasse als Hindernis für ihre geopolitischen Interessen wahrnimmt, wird mit offenen oder verdeckten Mitteln destabilisiert. Während Kerry sprach, weiteten in der Ukraine extrem rechte und faschistische Kräfte mit Unterstützung der USA und der westeuropäischen Verbündeten ihre Proteste aus, weil sie die dortige Regierung, die ihnen zu enge Beziehungen zu Russland unterhält, stürzen wollen.

In Syrien hat Washington drei Jahre lang versucht einen Regimewechsel gewaltsam herbeizuführen. Die USA und ihre Verbündeten in Europa, Saudi-Arabien und Katar haben einen Aufstand finanziert und bewaffnet, der von islamistisch-fundamentalistischen Elementen dominiert ist, die Gräueltaten an ethnischen und religiösen Minderheiten begehen. Dem Konflikt sind bisher schon etwa 130.000 Menschen zum Opfer gefallen, und mehrere Millionen mussten aus ihren Häusern fliehen. Er droht sich zu einem regionalen Bürgerkrieg zu entwickeln.

Dem Eingreifen der USA in Syrien gingen die illegalen amerikanischen Kriege gegen Afghanistan und den Irak voraus. Sie haben zwei Länder zerstört und Hunderttausende, wenn nicht Millionen Menschenleben gekostet. Kurz zuvor fand der Krieg zum Sturz von Gaddafi in Libyen statt.

Die Obama-Regierung kleidet ihren Krieg in Syrien frech in den Mantel von Demokratie und Menschenrechten. Als syrische Vertreter gegen die Forderung protestierten, die Macht an die so genannten "Rebellenkräfte" zu übergeben, verurteilte das State Department das Regime, weil es "aufstachelnde Reden" führe. Das syrische Regime biete "keine positive Vision für die Zukunft eines vielfältigen, gleichberechtigten Syriens mit gleichen Rechten für alle".

Ende September letzten Jahres stand die Obama-Regierung kurz davor, einen militärischen Angriff auf Syrien zu führen. Sie zuckte im letzten Moment zurück, weil es ihr nicht wie im Fall von Libyen 2011 gelang, eine internationale Koalition zusammenzuzimmern, und weil in der Bevölkerung eine weit verbreitete oppositionelle Stimmung gegen diesen Krieg vorherrschte. In letzter Minute vollzog Washington eine taktische Wende und stimmte einer von Russland vermittelten Vereinbarung zu, das Chemiewaffenarsenal Syriens zu vernichten. Die Genf II Gespräche machen nun klar, dass Washington von seiner grundlegenden Strategie nicht abgerückt ist.

Der amerikanische Imperialismus verfolgt seine Interessen mit brutalem Druck und Lügen. Passend zur jüngsten Eskalation werden die Vorwürfe erhoben, das Assad-Regime habe "Tötungen in industriellem Ausmaß" durchgeführt, darunter die Folterung und Ermordung von 11.000 Häftlingen. Die amerikanischen Medien sind voller schreierischer Vorwürfe, die aus einem Bericht stammen, der von Katar verbreitet wird. Katar spielt eine führende Rolle bei der Finanzierung islamistischer Milizen in Syrien. Alle angeblichen Beweise stammen aus einer Quelle mit dem Codenamen "Caesar", die seit September 2011 mit syrischen Oppositionsgruppen zusammenarbeitet.

Die Belege "Caesars" für die Situation in Syrien sind ungefähr so glaubwürdig wie die Geschichten über mobile irakische Chemiewaffenlabors, die der im Exil lebende oppositionelle Agent "Curveball" am Vorabend des Irakkriegs vor elf Jahren erzählte, und die das Weiße Haus dann verbreitete.

Als sich die USA im Spätsommer letzten Jahres auf Krieg vorbereiteten, behaupteten Kerry und andere hohe Regierungsvertreter, ein Chemiewaffenangriff in der Nähe von Damaskus könne nur auf das Konto der syrischen Regierung gehen. Der Gasangriff fand wenige Tage nach einem Treffen Kerrys mit syrischen Oppositionsvertretern statt, die seit Monaten militärische Rückschläge erlitten hatten und verzweifelt auf direktere militärische Hilfe der Vereinigten Staaten hofften.

Washingtons Behauptung, der Gasangriff sei von syrischen Truppen ausgeführt worden, ist inzwischen gründlich als Lüge entlarvt. Ein Bericht von Chemiewaffeninspektoren der UN belegte zahlreiche Saringasangriffe der oppositionellen Milizen, darunter mehrere bestätigte Angriffe, die nur wenige Tage nach dem Angiff in Ghouta bei Damaskus stattfanden. Ebenfalls im vergangenen Monat belegte der investigative Journalist Seymour Hersh, dass die Obama-Regierung Geheimdiensterkenntnisse zu dem Zwischenfall manipuliert hatte.

Jetzt haben zwei amerikanische Experten einen gemeinsamen Bericht vorgelegt, der Washingtons Geschichte noch einmal detailliert widerlegt. Es handelt sich um den früheren UN-Waffeninspekteur Richard Lloyd und den Professor am Massachusetts Institute of Technology, Professor Theodore Postol. Anhand einer vom Weißen Haus am 30. August herausgegebenen Karte von Damaskus, die detailliert verschiedene Gebiete markiert, die von der Regierung bzw. von Oppositionskräften gehalten wurden, leiteten Lloyd und Postol ab, dass die Chemiewaffen aus einem Radius von höchstens zwanzig Kilometern um das Ziel herum abgefeuert worden sein mussten. Alle möglichen Abschusspositionen befanden sich aber in Gebieten, die von den Rebellen gehalten wurden. Die syrische Regierung und ihre Truppen konnten demnach gar nicht verantwortlich sein.

Postol erklärte gegenüber dem McClatchy Nachrichtendienst: "Als ich mit der Untersuchung begann, war ich mir sicher, dass nur die syrische Regierung hinter dem Angriff gestanden haben konnte. Aber jetzt bin ich mir gar nichts mehr sicher. Die Geschichte der amerikanischen Regierung kommt der Realität jedenfalls in keiner Weise nahe."

Die jüngsten Vorwürfe gegen Syrien sind kein bisschen glaubwürdiger als die Saringaslügen.

Der Zynismus der amerikanischen Außenpolitik und die durchsichtigen Behauptungen, für Demokratie und Menschenrechte einzutreten, werden von den Vorgängen in der Ukraine noch weiter entlarvt. Die Proteste der Opposition, die den Sturz der Regierung anstreben, werden von den USA und Deutschland gelenkt. Beide Länder stört es nicht, dass faschistische Organisationen in der Opposition eine führende Rolle spielen. Diese Gruppen sind die direkten politischen Nachkommen der anti-kommunistischen Hilfstruppen, die während der Besetzung der Ukraine im Zweiten Weltkrieg mit den Nazis zusammenarbeiteten. Sie unterstützten auch den Völkermord an den Juden in dem Land.

Heute werden die Neofaschisten von hohen amerikanischen Vertretern als potentielle Staatsmänner hofiert. Erst vor ein paar Wochen traf sich Senator John McCain öffentlich mit dem berüchtigten Antisemiten und Führer der Partei Swoboda (Freiheit), Oleg Tyagnibok.

Die Krisen in Syrien und der Ukraine belegen die Bereitschaft der Obama-Regierung, extrem rechte Kräfte zu fördern, wenn es den räuberischen wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen der amerikanischen herrschenden Klasse nützt.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 24.01.2014
Genf II - USA weiter für Regimewechsel in Syrien
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Januar 2014