Schattenblick → INFOPOOL → MEDIEN → ALTERNATIV-PRESSE


GRASWURZELREVOLUTION/1658: Kampagne für die Abschaffung aller Atomwaffen


graswurzelrevolution Nr. 418, April 2017
für eine gewaltfreie, herrschaftslose gesellschaft

Kampagne für die Abschaffung aller Atomwaffen
20 Protestwochen in Büchel bis zum 9. August 2017

von Marion Küpker


2016 nahmen 45 Gruppen und viele Einzelpersonen teil. Auch 2017 werden wir in Büchel 20 Wochen lang Mahnwachen und Aktionen des Zivilen Ungehorsams durchführen. 2017 ist ein entscheidendes Jahr im Durchbruch für ein globales Atomwaffenverbot. Erst die hartnäckigen Bemühungen der Zivilgesellschaften aus vielen Ländern haben diese internationalen Verhandlungen von 126 Staaten möglich gemacht.


Im Dezember 2016 wurde von der UN-Generalversammlung erstmalig beschlossen, Verhandlungen über ein Verbot von Atomwaffen vom 27. bis 31. März sowie 15. Juni bis 7. Juli 2017 einzuberufen. Wie die meisten NATO-Regierungen hat die deutsche Regierung gegen diese historische Resolution gestimmt und angekündigt, ihnen bewusst fern zu bleiben. Demgegenüber haben sowohl der Bürgermeister Matsui aus Hiroshima als auch das europäische Parlament dazu aufgerufen, die Verbots-Verhandlungen aktiv voranzutreiben. Für eine deutsche Beteiligung an den Verhandlungen und gegen diese skandalöse Blockadepolitik müssen wir Druck aufbauen.

Wir erinnern an den 26. März 2010 - an den überparteilichen Bundestagsbeschluss für das Erwirken des Abzuges der Atomwaffen aus Deutschland.

In unverantwortlicher Weise hat sich die Große Koalition nach der letzten Bundestagswahl entschieden, sich hinter den USA und der NATO zu verstecken und keine Eigeninitiative für die Abrüstung mehr ergreifen zu wollen. Sie macht heute die Entscheidung über einen Abzug der Atomwaffen aus Deutschland von erfolgreichen Abrüstungsverhandlungen zwischen den USA und Russland abhängig, was einen Rückschritt zur vorigen Koalitionsvereinbarung bedeutet, die konkrete Verhandlungen im NATO-Bündnis für den Atomwaffen-Abzug beinhaltete.

Das heißt, die ca. 20 US-Atombomben sollen in Deutschland bleiben. Darüber hinaus sollen ab 2020 die schätzungsweise 180 US-Atomwaffen in Europa durch einen neuen Atombomben-Typ, die B61-12, ausgetauscht werden, wofür bisher etwa 10 Milliarden US-Dollar veranschlagt sind. Auch verstößt dieser neue Bombentyp gegen geltendes US-Recht, da es sich hier um eine nukleare Aufrüstung handelt anstatt um eine reine Modernisierung: die neue Bombe soll Flügel erhalten und wird über Satelliten steuerbar sein, zielgenauer, da keine reine Fallbombe mehr. Für die technische Aufrüstung der deutschen Trägerflugzeuge "Tornado" sollen die SteuerzahlerInnen 250 Millionen Euro zahlen, damit diese, von Bundeswehr-Piloten gesteuert, die neue Bombe ins Ziel tragen können, was sich "nukleare Teilhabe Deutschlands in der NATO" nennt.

Die Unterstützung für diesen außerordentlichen Verbotsprozess auch durch "unsere" Bundesregierung ist umso wichtiger, als dass die Welt nach der Wahl Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten noch unsicherer zu werden droht und gerade die Frage der atomaren Rüstung noch stärker in den Fokus gerät. Seit Jahren ist klar, dass alle Atomwaffenstaaten ihre Arsenale aufrüsten. So wurde Ende Januar 2017 die sogenannte doomsday clock ("Weltuntergangsuhr") auf zweieinhalb Minuten vor Zwölf gestellt - wie zuletzt Anfang der 1950er Jahre. Im globalen Maßstab sind es nicht zuletzt die führenden NATO-Staaten, die überproportional Geld in ihren industriellen (Atom-) Waffenkomplex stecken und damit das Wettrüsten vorantreiben.

Nach dem Auftakt der Aktionspräsenz in Büchel am 26. März (vor Erscheinen dieser GWR), dem Vorabend des Verhandlungsbeginns an der UNO, laden wir zu einer bundesweiten Aktionswoche während der ersten Verhandlungsrunde in New York ein (1).

Am 12. April jährt sich zum 60. Mal das "Göttinger Manifest", das von führenden Atomwissenschaftlern verfasst wurde. Kernpunkt: Die nukleare Abschreckung ist unzuverlässig und eine große Gefahr für die Menschheit. Immer noch glauben viele Menschen an den Erfolg dieser Abschreckung, die bereits des Öfteren fast ins Auge ging. Der aktuelle Kinofilm "Der Mann, der die Welt rettete" über Stanislav Petrov ist ein Beispiel eines vergangenen Risikos, das wir uns nicht leisten können.

Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Internationalen Ärzte zur Verhütung eines Atomkriegs von März 2016 ergab: 85 % der Befragten sprachen sich dafür aus, dass die auf deutschem Boden gelagerten Atomwaffen abgezogen werden. 93 % befürworteten, dass Atomwaffen, ähnlich wie Chemie- und Biowaffen, völkerrechtlich verboten werden sollen. 88 % sprachen sich dagegen aus, dass die USA aufgerüstete Atomwaffen in Deutschland neu stationieren.

Unsere Kampagne Büchel ist überall - atomwaffenfrei.jetzt! ruft die Zivilgesellschaft auf, sich den Denkmustern und Strategien der nuklearen Abschreckung zu widersetzen und sich aktiv an den Protesten in Büchel zu beteiligen. Wir fordern von der Bundesregierung den Stopp der nuklearen Aufrüstung und den Abzug der Atomwaffen aus Büchel, sowie sich für die weltweite atomare Abrüstung einzusetzen, und erwarten von ihr die Teilnahme an den im März beginnenden Verbotsverhandlungen.


Marion Küpker ist Internationale Koordinatorin der DFG-VK für die Abschaffung von Atomwaffen, www.atomwaffenfrei.de


Anmerkung:
(1) Weitere Infos und den Kalender für die folgenden Aktionen, z.B. die Internationale Woche vom 12. bis 18. Juli mit US-AktivistInnen, findet Ihr auf:
www.buechel-atombombenfrei.de

*

Quelle:
graswurzelrevolution, 46. Jahrgang, Nr. 418, April 2017, S. 11
Herausgeber: Verlag Graswurzelrevolution e.V.
Koordinationsredaktion Graswurzelrevolution:
Breul 43, D-48143 Münster
Telefon: 0251/482 90-57, Fax: 0251/482 90-32
E-Mail: redaktion@graswurzel.net
Internet: www.graswurzel.net
 
Die "graswurzelrevolution" erscheint monatlich mit
einer Sommerpause im Juli/August.
Der Preis für eine GWR-Einzelausgabe beträgt 3,80 Euro.
Ein GWR-Jahresabo kostet 38 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang