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OFFENSIV/076: Ausgabe November-Dezember 2008 10/08


offen-siv 10/2008
Zeitschrift für Sozialismus und Frieden

Ausgabe November-Dezember 2008



INHALT

Redaktionsnotiz

Die Krise gehört zum Kapitalismus wie der Krieg
Kommunistische Partei Griechenlands (KKE): Stellungnahme zur Krise der Weltwirtschaft
Reinhold Schramm: "Bürgschaften" für General Motors (GM-Opel) und Rüstungsindustrie?
Hermann Jacobs: Kritik der Krise - Krise der Kritik

Kriminalisierung der Cuba-Solidarität?
Heinz W. Hammer: Cuba-Solidarität demnächst unter Generalverdacht?

Kapitalismus hier und heute - aktuelle Analysen
Thomas Waldeck: Der kulturelle Widerspruch im Imperialismus

90 Jahre KKE
Martin Seckendorf: Lohn der Klarheit - 90 Jahre Kommunistische Partei Griechenlands
Irene Eckert: Griechenlandreportage - Das Land der Griechen mit der Seele suchend

90 Jahre kommunistische Bewegung in Österreich
Kommunistischen Initiative Österreich: 90 Jahre kommunistische Bewegung in Österreich
Gerhard Oberkofler: Wissenschaft und Kommunistische Partei in Österreich

Nachrichten aus China
Reinhold Schramm: China - Früchte der harmonischen Marktwirtschaft:

Kommunistische Initiative in Deutschland
Redaktion offen-siv: Vorbemerkung
Vorläufiges Organisationskomitee der Kommunistischen Initiative in Deutschland: Ein erster Schritt ist getan.
Erich Buchholz: Zum Aufruf: "Schafft die Kommunistische Initiative in Deutschland!"
Gerhard Feldbauer: Wie zur Einheit der Kommunisten kommen? Rat bei den Klassikern suchen
Kurt Gossweiler: Zum Aufruf, eine Kommunistische Initiative in Deutschland zu formieren

KPD
ZK der KPD: Standpunkt der KPD zum Aufruf "Schafft die Kommunistische Initiative in Deutschland"
Vorstand des Herausgebergremiums von "offen-siv":
Liebe Genossinnen und Genossen des ZK der KPD!

Diskussion zur politischen Ökonomie des Sozialismus
Wolfgang Hoss: Stellungnahme zur Abhandlung von Hermann Jacobs
"Die Theorie von der sozialistischen Warenproduktion. Ein verhängnisvoller Irrtum", Sonderheft offen-siv 8/08.
Wolfgang Hoss: Stellungnahme zum Artikel "Planwirtschaft auf der Höhe der Zeit" von H. Dunkhase in "offensiv" 7/08.

Bücher
Heinz W. Hammer: Cubas legitimer Kampf gegen den Terror -
Rezension: Klaus Huhn, »Massenmord am karibischen Himmel«
Richard Georg Richter: Das Buch zur Krise -
Rezension: Schumann/Grefe, »Der globale Countdown«
Hartwig Strohschein: Geschichte Italiens -
Rezension: Gerhard Feldbauer, »Geschichte Italiens«
André Vogt: Politische Ökonomie des Kommunismus - eine Buchempfehlung -
Rezension: Evelyn Pentzel: »Politische Ökonomie des Kommunismus«
edition ost: Horst Müller, Manfred Süß, Horst Vogel (Hrsg.), »Die Industriespionage der DDR«

Jugendbibliothek Gera lädt ein zu Sylvester!

Raute

REDAKTIONSNOTIZ

Das Jahr 1918 war in Europa ein sehr bedeutsames Jahr. Natürlich hängt das damit zusammen, dass das Jahr 1917 weltgeschichtlich noch bedeutsamer war. Der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution von 1917 folgten in anderen Ländern Europas Aufstände und Revolutionen bzw. Revolutionsversuche. Und endlich war die Zeit des Zentrismus in den vom Revisionismus zersetzten sozialdemokratischen Parteien Europas beendet. Die revolutionären Kräfte formierten sich neu - und so ist es kein Wunder, dass in diesem Herbst mehrere Kommunistische Parteien auf ihr 90-jähriges Bestehen zurückblicken können. Wir würdigen die Kommunistische Partei Griechenlands, der wir herzlich zum "Geburtstag" gratulieren, mit zwei Beiträgen, einem historisch-analytischen und einem mehr eindrücklich-emotionalen. Ebenso bringen wir zwei Beiträge zur Entwicklung der kommunistischen Bewegung in Österreich.

Die "Kommunistische Initiative" und die "offensiv" haben eine kleine Veranstaltungsreihe zu Venezuela gemeinsam mit der Gruppe "Karawane" aus Wuppertal und dem "Zusammen e.V." aus Frankfurt/M organisiert. Leider waren die Planungen so kurzfristig, dass wir in der letzten Ausgabe noch nicht darauf hinweisen konnten. Ähnlich ist es mit diesem Heft: es musste so schnell in die Druckerei, dass wir keine seriöse Berichterstattung über die Veranstaltungen mehr hinbekommen. Wer Genaueres wissen will über den Verlauf der Veranstaltungen, der schaue bei der "Kommunistischen Initiative" nach (www.kommunistische-initiative.de).

Im vorliegenden Heft geht neben den oben genannten Jubiläumsrückblicken um die aktuelle Krise, um Fragen der kulturellen Entwicklung, um die "Kommunistische Initiative", um die Cuba-Solidarität, um China, um die politische Ökonomie - und zum Ende des Heftes (und des Jahres) bringen wir einige Buchbesprechungen.

Wir wünschen Euch, unseren Leserinnen und Lesern, ein paar ruhige Tage, ein gutes Jahr 2009 (so weit man einen solchen Wunsch angesichts der Barbarei des Imperialismus als realistisch ansehen kann), Kampfkraft, Klarheit und Entschlossenheit, denn eins ist spürbar: die Talsohle nach der Konterrevolution geht langsam zu Ende. Widerstand mehrt sich. Die Agonie wird zumindest phasenweise überwunden. Und wir sind überzeugt davon, dass es auch mit den kommunistischen Kräften voran gehen wird.

Zum Schluss dieser Redaktionsnotiz und dieses Jahres 2008 bitten wir Euch herzlich um Spenden. Die Post wird für das "Postvertriebsstück", die günstigste Art der Einzelverschickung, im Januar wieder als Grundgebühr 800,- € abbuchen. (Und damit ist noch nicht ein einziges Heft verschickt!) Wir werden in der ersten Hälfte des nächsten Jahres eine Delegationsreise nach Griechenland zur KKE organisieren - das Material, das wir dort vorlegen werden, haben wir für Deutschland zu einem Buch zusammengefasst; wir wollen im Herbst eine würdige und gleichzeitig klare Veranstaltung zum 50. Jahrestag der Gründung der DDR durchführen, deren Ergebnisse wir auch als Buch veröffentlichen wollen. Zusätzlich werden die "normalen" laufenden Kosten steigen, z.B. beim Papier und beim Druck.

Wir brauchen Eure Spenden!

Spendenkonto Offensiv:
Inland: Konto Frank Flegel, Kt.Nr.: 30 90 180 146 bei der Sparkasse Hannover, BLZ 250 501 80, Kennwort: Offensiv
Ausland: Konto Frank Flegel, Internat. Kontonummer(IBAN): DE 10 2505 0180 0021 8272 49, Bankidentifikation (BIC): SPKHDE2HXXX; Kennwort: "Offensiv".

Redaktion Offensiv, Hannover

Raute

DIE KRISE GEHÖRT ZUM KAPITALISMUS WIE DER KRIEG

Kommunistische Partei Griechenlands (KKE): Stellungnahme zur Krise der Weltwirtschaft

Die Erscheinungen einer Krise in den Volkswirtschaften der USA und der EU-Länder, die als Tendenz zu Pleiten im Finanzsektor zum Ausdruck kommen, offenbaren den anarchischen Charakter der kapitalistischen Wirtschaftsordnung. Verfall und Parasitentum des gegenwärtigen Wirtschaftssystems beruhen auf dem Privateigentum und Aktieneigentum an konzentrierten Produktionsmitteln als Quelle der täglichen Käufe und Verkäufe von Anteilscheinen (von an sich wertlosen Finanztiteln auf künftige Profite) durch Banken, Versicherungsgesellschaften, Aktienmärkte etc.

Krisenerscheinungen waren, sind und bleiben das unausweichliche Schicksal aller kapitalistischen Volkswirtschaften. Dies zeigt, dass der Kapitalismus nicht allmächtig ist.

Es gibt keine Form der organisatorischen Gestaltung, die das System seines Verfalls entledigen könnte, ob der Staat nun den überschuldeten Banken und anderen Firmen mit Bürgschaften aus der Klemme hilft oder es dem Markt überlässt, über Rettung oder Wertverlust zu entscheiden. Ungeachtet der Tiefe und des Umfangs, den die gegenwärtige Krise schließlich annimmt, zittern die Manager mit Recht vor der Gefahr ihrer eigenen Unfähigkeit, die Folgen zu beherrschen, durch die ihre politische Stabilität gefährdet werden kann.

Die Erhöhung der Ausbeutung der Angestellten und des Drucks auf die Selbständigen, die im Interesse der Steigerung und Aufhäufung von Profiten erfolgte, erfaßt und erwürgt die ganze Volkswirtschaft. Die Gefahr atemberaubender Einbußen betrifft nun auch die gut bezahlten Angestellten des Finanzsektors und der Mittelschichten, die bisher ihr Einkommen durch Rentenpapiere, Anlagefonds, Aktien etc. erhöht haben. Mit Sicherheit bedroht die Gefahr auch die einfachen Angestellten, die massenweise ihre Arbeitsplätze und kleinen Spareinlagen verlieren können.

Was für die Bourgeoisie eine Bedrohung ihrer wirtschaftlichen und politischen Stabilität darstellt, bedeutet Hoffnung für die Kräfte der Arbeiterbewegung und der breiten Bevölkerung. Es kommt entscheidend darauf an, den einzig realen Ausweg nicht außer Acht zu lassen: Das verwundete Tier sollte mit vereinten Kräften angegriffen werden, ihm sollte keine Zeit, seine Wunden zu heilen, kein Raum zur Erholung gelassen werden. Als unabdingbare Notwendigkeit erweist sich: Gemeineigentum an den konzentrierten Produktionsmitteln, zentrale Planung der gesellschaftlichen Produktion, Kontrolle durch die Arbeiter und Kräfte der Gesellschaft, was einen Umsturz auf der Ebene der Macht erforderlich macht.

Es geht nicht um Untergangsstimmung oder Übertreibung. Wir behaupten nicht, daß bereits eine Krise, ähnlich derjenigen von 1929, gekommen ist. Doch die gewohnte Fähigkeit der Bourgeoisie, immer wieder staatliche Regulierungsmaßnahme zu ergreifen, um das System durch Irreführung und Einbindung der Kräfte der Arbeiterbewegung und der breiten Bevölkerung zu retten, hat ihre Dynamik verloren, die sie in den ersten zwanzig Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatte.

Wir appellieren an die Bevölkerung, sich von absichtlich irreführenden Vorstellungen über eine Regulierung, eine Rationalisierung und Humanisierung des Kapitalismus abzuwenden, die den Liberalismus dämonisieren, um ihn zu retten.

Wir mögen heute noch nicht alle Bedingungen für den Umsturz der kapitalistischen Macht geschaffen haben, aber die gegebenen Bedingungen signalisieren die Möglichkeit einer beschleunigten Bewegung im Interesse der Völker.

Die KKE hat die Forderungen nach Sofortmaßnahmen zur Anhebung von Löhnen und Renten befürwortet und unterstützt, während dies von ND, PASOK und SYN geschlossen als maximalistisch angesehen wurde. Heutzutage sind Versprechungen zugunsten des Volkes nichts als leere Worte. Das Volk muss sie zurückweisen und sich sein Urteil nach der politischen Praxis der Parteien bilden.

Die ND-Regierung ist entschlossen, mit den so genannten Reformen zugunsten des Großkapitals und der Monopole weiterzumachen. PASOK, die größte Oppositionspartei, schlägt keine alternative Lösung vor. Mit Unterstützung von SYN/SYRIZA führt die Partei in die Irre und verbreitet Illusionen, indem sie überholte und bankrotte politische Theorien vertritt, die sich für eine faire Wohlstandsverteilung im Rahmen des Kapitalismus aussprechen. Doch wieder einmal haben die Entwicklungen in den Volkswirtschaften der USA und der EU gezeigt, daß die bürgerlichen Alternativen einer anderen Handhabung des Systems völlig widersprüchlich und gegen die Interessen der breiten Bevölkerung gerichtet sind.

Die KKE fordert die Bevölkerung erneut dringend auf, zum Gegenangriff überzugehen und den Kampf aufzunehmen, und zwar für:

Mietzuschüsse für Arbeitslose und Jugendliche. Zinsfreie Immobiliendarlehen für junge Paare zum Erwerb eines Hauptwohnsitzes;

Einstellung aller Zwangsvollstreckungen und Versteigerungen von Eigentum von Werktätigen aufgrund von Darlehnsschulden für einen Hauptwohnsitz;

Abschaffung der künstlichen Vermischung von Zinsen für alle Darlehen;

Abzugsfähigkeit der Gesamtzinsen für Immobiliendarlehen für einen Hauptwohnsitz vom steuerpflichtigen Einkommen;

Einfrieren der Darlehen von Arbeitern, die derzeit arbeitslos sind;
Staatliche Vorsorge für die Umsetzung von Wohnungsprogrammen. Moderne und sichere Wohnungen zu niedrigen Mieten.

Wesentliche Anhebung von Löhnen gemäß den modernen Bedürfnissen der Menschen. 1.400 Euro Mindestlohn, 1.150 Euro Mindestrenten, Arbeitslosengeld (80 Prozent des Mindestlohns) für die ganze Zeit der Arbeitslosigkeit. Entlassungsgeld für alle.

Anhebung des persönlichen Steuerfreibetrages (ohne Kinder) auf 15.000 Euro;

Abschaffung der Umsatzsteuer auf Güter des Massenverbrauchs und Treibstoff für Heizung und Fahrzeuge für Bauernhaushalte wie für den allgemeinen Verbrauch der Bevölkerung.

Öffentliche Sozialversicherung ausnahmslos für alle, womit der Plünderung der Pensionsfonds Grenzen gesetzt und nicht einfach nur die Anlage in "strukturierte Obligationen" verhindert wird.

Die KKE appelliert an Angestellte, Bauern, Selbständige, fortschrittliche Bewegungen der Jugend und Frauen, zum Gegenangriff überzugehen und vereint für die dringenden Bedürfnisse der Bevölkerung zu kämpfen, sich von den Parteien zu trennen, welche die Einbahnstraße der EU-Politik und "EU-Hörigkeit" unterstützen, d.h. ND und PASOK sowie ihre Verbündeten, die KKE zu unterstützen, d.h. die Partei, welche die einzig reale wirtschaftliche und politische Alternativ-Lösung für die Bevölkerung vertritt.

KKE/Athen, 2. Oktober 2008 - Übersetzung aus dem Englischen: Klaus von Raussendorff

Raute

Reinhold Schramm: "Bürgschaften" für General Motors (GM-Opel) und die Rüstungsindustrie?

Im November 2008 teilte "Opel" mit, dass es aufgrund der Krise des Konzerns "General Motors" ohne Finanzhilfen seine Existenz gefährdet sähe. Die Firmen- und Gewerkschaftsleitung hat daher die Bundesregierung, die Landesregierungen von Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen um "Bürgschaften" für den Fall einer Insolvenz des Mutterkonzerns "General Motors" gebeten.

Das Automagazin "Fahrberichte" informierte unter anderem: "Am 17. März 1929 verkauften Wilhelm von Opel und sein Bruder Friedrich Opel den Großteil der Aktien an den amerikanischen Automobilkonzern General Motors. 1931 gaben sie das Unternehmen endgültig aus der Hand der Familie Opel. Grund war die hereinbrechende Weltwirtschaftskrise. Der Verkaufspreis betrug für damalige Verhältnisse gewaltige 120 Mio. Reichsmark. Die Opel-Brüder konnten dabei durchsetzen, dass der Name Opel und eine eigenständige Modellpolitik erhalten blieben."

Der General Motors-Opel-Konzern in Deutschland: "Während des Zweiten Weltkrieges stellte Opel mit dem Lastwagen Opel Blitz das Rückgrat der Wehrmacht her. (...) Neben dem Blitz wurden in den Fabrikhallen von Opel Komponenten für die Rüstungsindustrie gefertigt."

Zum Engagement des Konzerns General Motors-Opel für den Faschismus und Zweiten Welt-krieg: "Das Engagement von General Motors, sowohl in den USA als auch beim Kriegsgegner Deutschland, wurde vom damaligen Geschäftsführer von General Motors durch die hohen Profite gerechtfertigt. 1936 wurde Opel durch die deutsche Regierung Steuerfreiheit eingeräumt. Die Folge war eine Kapazitätsausweitung seitens GM. Bis Kriegsende wurden 1,1 Millionen Fahrzeuge produziert."

Die "Presse.com" berichtete am 5.08.2007 unter der Schlagzeile "US-Rüstungsindustrie: Das große Geld mit dem Krieg": "Die Kriege und die Angst vor neuen Anschlägen sind der Motor unserer Wirtschaft". Und: "Rekordumsätze von 1000 Milliarden Dollar, 5,7 Millionen Beschäftigte." Sie "verdienen ihr Geld in erster Linie mit dem Leiden anderer Menschen: mit den Kriegen in Irak und Afghanistan. Und an denen verdienen sie nicht schlecht." Weiterhin im Text: "Auch zu Hause spart man nicht. Das Verteidigungsbudget hat 2007 ein neues Rekordhoch erreicht: 533 Milliarden Dollar lassen sich die USA heuer ihr Militär kosten - fast die Hälfte der weltweiten Militärausgaben."

Robert Higgs, Mitarbeiter beim Think-Tank "Independent Institute", erklärt: "Rechnet man hinzu, was andere Ressorts für Sicherheit und Verteidigung ausgeben, beispielsweise das Heimatschutzministerium oder das Energieministerium, kommt man auf 987 Milliarden Dollar".

Jede materielle und ideologisch-psychologische vorbereitende Kriegsproduktion dient zugleich der primären Zielsetzung der Profitsteigerung. An diesem System der materiellen, ökologischen und sozialen Verschwendung der Wertschöpfung und weltweiten human-physischen Vernichtung durch imperialistische Kriege war auch General Motors und ihr deutscher Opel-Zweig beteiligt. (Opel ist zu 100 Prozent ein Tochterunternehmen von General Motors)

Zur aktuellen Realität:

Jede "Bürgschaft" an Opel entlastet den GM-Mutterkonzern und dessen Eigentümer. General Motors schuldet an Opel Milliardenbeträge für erbrachte Leistungen. Der derzeitige Bürgschaftsträger für General Motors wäre die US-Regierung über den US-Staatshaushalt. Der US-Staatshaushalt dient zugleich der Finanzierung des US-Militärhaushalts - und nicht für die notwendige und überfällige Finanzierung des US-Gesundheitswesen (49 Millionen US-Bürger ohne Krankenversicherung und Gesundheitsschutz).

Jede deutsche Bürgschaft, Kostenübernahme und Eigentums-Rückführung für Opel (GM) dient der Entlastung des US-Staatshaushalts und der Fortführung und Absicherung des US-Militärhaushalts, damit zugleich der (profitablen) Rüstungsindustrie und der fortgesetzten Finanzierung staatsterroristischer Kriege! - Dies ist auch der Bundesregierung und den deutschen Landesregierungen bekannt. Und dies sollte auch der parlamentarischen (nicht nur hessischen) 'Linken' bekannt sein (!). Trotzdem stimmte sie in Hessen dem Hilfspaket für Opel zu.

Reinhold Schramm, Berlin

Raute

Hermann Jacobs: Kritik der Krise - Krise der Kritik

Die gegenwärtige Krise - sie könnte die größte in der Geschichte des Kapitalismus werden(1) - sollten wir nutzen a) für eine nochmalige Rekapitulation der Marxschen Krisentheorie, b) für eine vertiefende Krisen-Kritik der politisch-moralischen Art. Warum auch das Letztere? Weil in der marxistischen Betrachtung der Krise klar sein sollte, dass es Krisen nicht zu geben hat (das ist ein kategorischer Imperativ) - außer, es handelt sich um "Krisen" der Natur. Aber die steht hier nicht zur Debatte. In einer normalen Ökonomie gibt es an sich keine Krisen. Krisen gibt es nur unter spezifischer gesellschaftlicher Bedingung - kapitalistischen Bedingung. Erst seit dem Beginn des Kapitalismus beginnen auch die Krisen, die wir als solche empfinden - Krisen der Ökonomie. Eben marschiert die Ökonomie noch fröhlich dahin, plötzlich stockt/steht alles. Dieses plötzliche Stillstehen - und darauf folgender Rückgang, Verfall der Ökonomie - faszinierte die Theorie.

Sie kam auf einen treffenden Namen: Krise aus Überproduktion. Es wird im Kapitalismus überproduziert, in Bezug auf das Überproduzierte stockt der Prozess - von Produktion und Konsumtion -, die Ökonomie fällt auf einen Stand zurück, der wieder als ein normaler, nicht-überproduzierter definiert werden kann - meistens in einem Übermaße = Produktionsrückgang. Der Rückgang der Ökonomie wird immer größer ausfallen, als ihrer Überproduktion entsprochen hätte. D.h. sie wird nie nur um ihre wirkliche Überproduktion gekappt.

Man bedenke den Widersinn: Es wird überproduziert, aber die Gesellschaft gerät in eine Not. Das ist das Wesen der kapitalistischen Krise. Weshalb wir auch eine politische Moral dagegen setzen müssen: das muß nicht sein. Deshalb kritisieren wir den Kapitalismus gesellschaftlich.

Marx hat ein solches periodisches Schwanken der kapitalistischen Ökonomie, ihren Wechsel von Konjunktur und Krise, begründet aus dem kapitalistischen Produktionsverhältnis; es ist auf besondere Art geeignet, eine Gier auf Überproduktion zu erzeugen, nämlich an Mehrwert. Mehrwert ist die über den Lohn als Wertgröße hinausgehende Wertgröße. Er ist also mehr Wert als der Lohn an Wert ist. Indem die eine Klasse der Gesellschaft ihr Einkommen als Mehrwert bezieht und die andere als Lohn, stehen sich die beiden Klassen gegenüber, wie sich ihre Einkommen gegenüberstehen. Der Mehrwert ist von maximaler Größe, wenn der Lohn von minimaler. Moralisch ausgedrückt: Gier steht im Verhältnis zum Geiz. Kapital wächst, wenn der Mehrwert im Wert wächst. Aus diesem Gegensatz an sich erwächst eine spezifische Gier nach Wachstum, in der der Prozesscharakter des Wachstums - Produktion gleich Konsumtion - nicht mehr garantiert ist.

Marx sah andererseits einen realen Grund, dass es zum periodischen, zyklischen Charakter von Konjunktur - mit dem Moment der Überproduktion und einem Krisenmoment - kommt, in einem gewissen Schub in der Entwicklung des qualitativen Charakters der Produktionsinstrumente. Wenn in einem gewissen Zeitraum gebrauchte Produktionsinstrumente abgeschrieben und erneuert worden sind, setzt sich in der Regel auch eine höhere Stufe der Produktivkraftentwicklung durch, und das begünstigt an sich Produktionswachstum, in das nun das Element des möglichen Überwachstums aus wiederum gesellschaftlichen, systemimmanenten Gründen hineinspielt.

Der erstgenannte zur Krise in der Form der Überproduktion führende Grund - die Gier nach Wachstum, Expansion - ist ein allgemeiner, ständig und in jedem Kapitalismus wirkender Grund. Der andere ist ein diesen ständigen Grund begünstigender oder erst umsetzender ökonomischer Grund(2), dass es tatsächlich mit jedem nennenswerten qualitativen Schritt in den Produktivkräften zu einer Mehrproduktion kommt, die in den Prozesscharakter der Ökonomie im Allgemeinen - von Produktion und äquivalenter Konsumtion - regelmäßig einzubringen ist. Überproduktion, und deshalb Krise, ist also etwas anderes als allgemeine Mehrproduktion. Während diese durch Wachstumsformen in der Aneignung beherrschbar sein müßte, ist Überproduktion nicht beherrschbar. Sie ist nicht in Konsumtion, d.h. nicht in die normalen Formen der Aneignung oder Einkommensbildung mit sicherem Prozesscharakter überführbar, und deshalb reagiert die reale Produktion mit Produktionsrückschlag, Unterbrechung des Prozesscharakters der Ökonomie.

In der Regel bricht die Überproduktionskrise in Wachstumsbranchen aus. Wachstum verleitet den an sich wachstumsgierigen Kapitalisten zu übermäßiger Investition/Akkumulation, der Ausbruch einer Krise aus Überproduktion ist in der Regel nicht allgemein auf den ganzen Kapitalismus verteilt, sondern auf eine besondere Branche. Überproduktion ist branchen- oder zweigspezifisch - zunächst. Als diese ergreift sie, ausgehend von einem überproduzierten Produkt, ketten- oder fadenförmig ausstrahlend mehr und mehr andere Produktionszweige, die in die Produktion dieses besonderen Produkts integriert sind; insofern wird sie verallgemeinernde Überproduktionskrise. Führt der nun eintretende Bankrott von Produktionslinien an Waren zum Bankrott des lebendigen Elements der Arbeit, also von Arbeitern, wird die Überproduktionskrise unmittelbar allgemeine Krise. D.h. sie ergreift, indem sie einen allgemeinen Warenkäufer ergreift, jede Ware, jede Produktion. Als Arbeit zunächst besonders, als Arbeiter dann allgemein, so wächst die kapitalistische Krise aus Überproduktion und frisst sich durch die Gesellschaft.

Man beachte die Umkehrung: Überproduktion erzeugt Unterkonsumtion! Die Überproduktion im Besonderen erzeugt Unterkonsumtion im Allgemeinen. D.h. die Märkte brechen allgemein ein, auch wenn die Ursache nur in einzelnen Branchen lag. In diesem Moment des Übergehens aus einer Krise im Besonderen in eine Krise im Allgemeinen liegt das Moment der Unberechenbarkeit der Krise, insbesondere ihrer Dimension.

Während man den besonderen Einbruch noch relativ gut berechnen kann, so den allgemeinen Einbruch nicht mehr. Man weiß also angesichts der momentanen Überproduktionskrise, die in den USA im Immobiliensektor ausgebrochen ist, nicht, wie weit der Produktions- oder Markteinbruch insgesamt gehen wird; 1, 2, 3, 5%? Man sagt, dass das Durchschlagen der besonderen Krise auf den Warenmärkten auf den so genannten Arbeits(kräfte)markt etwa vier bis sechs Monate dauert. Dies bringt die erste allgemeine Welle; die zweite folgt unmittelbar aus dieser. Und erst dann kann man Authentisches zum Ausmaß der Krise sagen. Einen ersten Höhepunkt werden wir also im März/April 2009 erleben. Und das kann länderweit sehr verschieden sein.

Werfen wir einen Blick auf den ausgänglichen Markt, der eingebrochen ist aufgrund von Überproduktion, so ist seine Dimension doch beträchtlich: "In 2007 waren 1,3 Millionen US-Hausbesitzer von Zwangsversteigerungen betroffen. Allein im September 2008 wurden in den USA 266.000 Häuser geräumt". (Klaus Wagener: "Urknall: Vom Platzen der 'Mutter aller Blasen'", UZ vom 21.11.08.)

Von Interesse für die Theorie ist aber noch ein Aspekt. Bei der Frage einer Überproduktion geht man im Allgemeinen von einem überproduzierten Produkt aus; ihm steht kein - proportional auftretendes (!) - Geldäquivalent gegenüber, insofern ist die Menge des Geldes durch die Menge an Waren überstiegen. Die Lösung ist immer, wir sagten es, ein proportional äquivalentes Einkommenssystem zu schaffen (was der Kapitalismus vom System her - Gegensatz von Lohn und Mehrwert - nicht schaffen kann.)

Aktuell in den USA war dieses Element der unterschüssigen, nichtäquivalenten Geldmenge zwar eigentlich gegeben, wurde aber überdeckt: und zwar durch die Form des Kreditgeldes, genauer: eines kreditierten Lohnes! Es wurde ja ein Markt (Immobilienmarkt, Automarkt) geschaffen aufgrund ausgegebener Geldmittel, die zu einem ruinösen Teil aus Krediten stammten. Theoretisch gesehen war in den USA das Potential für eine Überproduktionskrise auf dem Immobilien-Markt/Automarkt zunächst nicht vorhanden, Geld war da! Eine Überproduktion von Geld, genauer: Kreditgeld, erzeugte eine Überproduktion an Waren (Immobilien).

Direkt sind teuere Gebrauchswerte vom Lohn nicht kaufbar; Haus und Auto zum Beispiel. Was der Arbeiter, auch der us-amerikanische, normalerweise vom Lohn bezahlen kann, ist eine Miete für eine Wohnung; dafür reicht der Monatslohn; für Sprit für ein Auto bzw. kleinere Reparaturen am Auto auch. Wollte ein normalverdienender Arbeiter aber eine Wohnung (bis hin zur Form eines Hauses) kaufen, müßte er zuvor sparen - eine gigantische Summe im Endeffekt. Und wo bis dahin wohnen? Zwei Dinge tun - wohnen, Miete zahlen, und sparen, Hauskauf vorbereiten (und vielleicht noch für das Auto ansparen) - kann der normale Arbeiter nicht von seinem normalen Lohn, der, wie schon gesagt, auf einem Minimum gehalten wird, damit der Mehrwert maximal groß wird.

Unterstellt, die zum Kauf bereitstehenden Häuser ("Wohnungen") und Autos sind an sich produziert worden, und der durch Arbeit verdiente Lohn ist zu klein, Markt für sie sein zu können; fehlt dann das zum Kauf fähige Geld an sich? Müßte mehr Lohn jetzt produziert werden? Nun, an sich nicht, die zum Kauf äquivalenten Werte sind produziert worden, sie haben die Gestalt des Mehrwertes angenommen und befinden sich in der Hand des Kapitalisten, wo sie aber nicht (!) als das zum Kauf von Haus und Auto äquivalente Geld fungieren können. Denn der Kapitalist hat schon Haus und Auto.

Um als Kaufmittel fungieren zu können, muß der Mehrwert die Hände wechseln: vom Kapitalisten zum Arbeiter. Man kann sich natürlich fragen, warum ist das Geld nicht gleich in den Händen der Arbeiter verblieben, warum nicht gleich höhere Löhne, so hohe, dass alle Waren, die für Arbeiterkonsum gedacht sein können, auch vom Lohn kaufbar sind? Nun ja, das ist Arbeiterlogik, aber nicht Kapitallogik.

Wir sprachen vom Prozesscharakter der kapitalistischen Ökonomie. Die Ware muß prozessieren können - sie muss sich in Geld verwandeln, und das Geld muß prozessieren können - es muss sich in Ware verwandeln. Und trotzdem sind das nur schöne Worte, wenn das "rechte Geld nicht zum rechten (richtigen) Käufer findet".

Der USA-Kapitalismus wäre nie an sein "fordistisches Zeitalter" geraten, wenn er die Produktion seiner beiden Prestige-Waren nicht in eine Massenproduktion hätte verwandeln können - und dazu mußte in Bezug auf diese beiden Produkte scheinbar eine Klassenschranke durchbrochen werden, und konkret, der Form nach, heißt das: die Lohnschranke muss mittels Krediten kurzfristig durchbrochen werden. Der Mehrwert zeigt damit das Moment der falschen Aneignung. Theoretisch ist das Vorhandensein eines Produktionssektors, der von seiner Anlage her nur vom Arbeiter - oder allgemeiner: von den "kleinen Leuten" - realisierbar ist, den er/es aber aufgrund seines zu geringen Lohnes nicht realisieren kann, bereits der Ausdruck einer Überproduktion in Permanenz. Oder einer Unterproduktion in Lohn in Permanenz.

Als Form der Lösung dieses Widerspruchs kam das kreditierte Lohnsystem im Kapitalismus auf, das einerseits das Lohnsystem dem Verhältnis nach - als Waren- und Wert-Minimum - sanktioniert, es andererseits aber "durchbricht" durch kreditierten Lohn. Der Arbeiter kann Geldsummen über die Lohnsumme hinaus erhalten. Allerdings nur unter einer Bedingung: Dass er das Gesetz des Kapitals einhält. Denn das Geld, das jetzt als Lohn gilt, hat zuvor als Mehrwert gegolten! Und als dieses Geld hat es die Funktion, zu mehr Wert, als es selbst ist, zu werden. Geld, das als Kapital fungiert, ist mit Aufschlag, d.h. mit Zins zurückzuzahlen. Für das Geld-Kapital ist es egal, ob es in die Produktion einfließt, in eine Bank oder in den Arbeiter - Hauptsache es verwertet, d.h. bringt mehr ein, als es von seiner vorausgesetzten Menge her ist. Alle Waren, die von einem Geld, das als Kapital dient, gekauft werden, sind um den Zins teuerer gekauft als die Waren, die mit normalem Geld, also zum Beispiel Lohn gekauft werden.

Das Kapital, das mittels Konsumentenkredit bzw. Hypothekendarlehen in Lohn kapitalisiert, scheint an einen Widersinn geraten zu sein: Während es im direkten Verhältnis zum Lohn nicht genug auf ein Minimum an Lohn drängt, kann ihm ein kreditierter Lohn, der dem Kapital die gleiche Verwertung einbringt wie eine beliebige andere Akkumulation in Arbeit, nicht hoch genug sein. Den Arbeitern scheint es zu gefallen, vielleicht bleibt ihnen auch nichts anderes übrig. (Nur so erklärt sich die Wurschtigkeit auch der us-amerikanischen Arbeiter; sie sind - weitgehend - bis über beide Ohren verschuldet. Es sind wohl 1,6 Billionen US-Dollar Konsumentenkredite abzuzahlen, aber sie scheinen sich nichts daraus zu machen, und verschulden sich immer weiter.)

Auch für den Arbeiter scheint es auf den ersten Blick egal, ob er sein Wohnrecht realisiert, indem er eine Miete zahlt oder einen Kredit abzahlt. Erst genauer betrachtet zahlt der Arbeiter den Kredit mit Lohn zurück, und nun um den Zins mehr. Faktisch ist bei dem die Kreditform nutzenden Arbeiter die Rate seiner Ausbeutung um eben den Zins höher. Er hat einen Vorteil genossen - Lohn vor der Arbeit -, aber auf Kosten einer höheren Ausbeutung, als sie der nur von seinem durch Arbeit verdienten Lohn kaufende Arbeiter hinnehmen muß.

Der Kapitalist, der Häuser baut und sie per Monat vermietet, verdient seinen Mehrwert vom Arbeiter, der diese Häuser gebaut, aber keinen zusätzlichen Mehrwert von dem Arbeiter, der das Haus mietet; aber der Kapitalist, der einem Arbeiter das Geld leiht, damit er sich ein Haus kaufen kann, verdient sich seinen Mehrwert von seinem Hauskäufer. Dieser ist also zweifach ausgebeutet: als Arbeiter und als Käufer. Kreditverkauf von Waren ist Verwandlung des bloßen Warenverkaufs in einen Mehrwertkauf, der Kreditverkauf ist Mehrwert- oder Profitkauf.

Wer ein Haus, eine Wohnung mietet, ist nie verschuldet, wer sie auf Kredit kauft, ist sein Leben lang verschuldet. Die Voraussetzung, dass er die Schuld abtragen kann, ist die, dass er den Kredit/die Schuld durch Arbeit, in der er auf normale Weise normalen Lohn verdient, abtragen kann. D.h. die allgemeine Bedingung, alles muß an seinen Prozess geraten - in diesem Falle also der Arbeiter immer an den Arbeitsprozess - muß eingehalten werden. Sie ist an sich in Gefahr, eingehalten werden zu können, wenn man bei Arbeitern an die unteren Grenzen von Verdiensten gerät und ihnen den Kredit aufschwatzt, also die Klassenschranke, die man durchbrechen will, zu tief ansetzt, oder eben Arbeiter an sich ihren Arbeitsplatz verlieren - was nun ab dem Sommer 2008 in den USA in größerem Maße geschehen ist. Deshalb Krise, erst die der besonderen Art, also im Immobilienbereich und bei den dort tätigen Banken, so peu a peu nun ihr Umsichgreifen in die Krise der allgemeinen Art.

Das Übergreifen des kapitalisierenden Kredits auf den Lohn ist deshalb auf besondere Weise rezessionsgefährdet, weil es kaltblütig den Antagonismus von Lohn und Mehrwert/Profit involviert. Es ist das größte Abenteuer, was sich ein Kapitalismus ausdenken kann, so zu tun, als würde er, der doch der Gegensatz zum Lohn ist, der größte Freund auch des Lohnarbeiters sein. Man fragt sich, wenn Freund, warum nicht auf dem direktem Wege der höheren Löhne an sich, sondern erst auf dem indirekten Wege des Kredits. Nun ja, dieser "Umweg" hat es eben in sich. Er drückt das ganze Geheimnis des Kapitals aus: Verwandlung in mehr Geld als es ist. Theoretisch handelt es sich um eine gigantische Form der Lohnsenkung. Wenn es heißt, dass die Kreditverschuldung der USA-Bevölkerung die gigantische Summe des dreifachen des USA-Staatshaushaltes erreicht hat, so das besagt das, dass die in den USA ausgezahlte Lohnsumme um eben diese Summe zu klein war.

Sind die USA schuld an der Krise? Das ist wohl eher chauvinistisch - kapitalchauvinistisch - gesehen. Richtig ist, dass das Kapitalverhältnis als solches Schuld an der Krise ist. Man muß in dieser Frage nicht Erscheinungen oder Subjekte - Länder, Firmen, Banken/Banker, Finanzderivate, Fonds, Manager, Fehlentscheidungen usw. - angreifen, sondern das System. Das System erst erzeugt das Subjekt; man muß in der Kritik der Krise den Kapitalismus als solchen angreifen, denn ohne dieses System gäbe es nicht seine Erscheinungen. Eine Kritik, die sich nur der Erscheinungen bemächtigt, aber nicht des Systems, ist Ausdruck eine Kritik, die sich in der Krise befindet - und das permanent.

Es gibt eine Überproduktion an Geld, die dadurch entsteht, dass das Geldäquivalent für die Waren, die produziert werden/worden sind, nicht von vornherein in den richtigen Händen, in den Händen der wirklich als Käufer fungierenden Arbeiter ... verbleibt. In der Tat zwingt das Kapitalprinzip die Arbeiter dazu, sich ihren notwendigen Lohn erst zu borgen!

Den unmittelbar vom Einbrechen der Kredittilgungen betroffenen Banken springt der us-amerikanische Staat - und inzwischen Staaten weltweit - mit Hunderten von Milliarden Dollar Bürgschaften oder Staatskrediten zur Hilfe. Ein Lohnpaket vom Staate vor Jahresfrist in Höhe von einigen 10 Mrd. Dollar, nur mal so ein Vorschlag, hätte es wesentlich billiger gemacht. Aber Lohn vom Staat - igittegitt.

Denken wir an die Lösung, so nicht an einen "anderen Kapitalismus" - da denken und warten wir wohl vergeblich, sondern an den notwendigen Sozialismus. Wer ein gesellschaftliches System kritisiert, muß ein anderes wollen. Und was das andere sein muss, ergibt sich aus dem Widerspruch, der kritisiert ist.

Hermann Jacobs, Berlin

Raute

KRIMINALISIERUNG DER CUBA-SOLIDARITÄT?

Heinz W. Hammer: Cuba-Solidarität demnächst unter Generalverdacht?

Auch in diesem Jahr beteiligte sich die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V., Regionalgruppe Essen, wieder mit einem Informationsstand an der Messe "Mode-Heim-Handwerk". An fünf Tagen präsentierte sie sich neben zahlreichen anderen Gruppen unter der Dachorganisation Essener Selbsthilfegruppen "Wiese e.V." und informierte vom 1. bis 5. November durch die Verteilung von mehreren Tausend Flugblättern sowie in zahlreichen Gesprächen mit Messe-Besucher/innen vor allem über die Folgen der Hurrican-Katastrophe sowie den Kampf für die Freilassung der "Miami 5".

Ein besonderes "Highlight" wurde den Cubafreunden am letzten Tag ihres Einsatzes zuteil. Kurz nach Eröffnung der Messe um 10 Uhr früh lehnte eine Gruppe von fünf Personen zwar die Annahme des angebotenen Flugblatts ab, gab sich dafür aber als Team von Zollfahndern zu erkennen, das den Flugblattverteiler aufforderte, sich auszuweisen und seine aktuelle Tätigkeit zu legitimieren. Begründung: Schwarzarbeitkontrolle!

Der FG-Vertreter lehnte eine solche verdachtsunabhängige Personenkontrolle selbstverständlich sofort ab und äußerte völliges Unverständnis dafür, dass ein unzweifelhaft politischer Informationsstand unter den Verdacht der Schwarzarbeit gerückt würde. Ein solches Vorgehen sei ihm in seiner fast 40jährigen politischen Praxis kein einziges Mal untergekommen.

Die Leiterin der Beamten, Frau T., Zollinspektorin der "Finanzkotrolle Schwarzarbeit, Arbeitsgebiet Prävention, Hauptzollamt Duisburg", unterstellte derweil unverdrossen, dass der Flugblattverteiler mit dieser Tätigkeit nicht nur als potentieller Schwarzarbeiter verdächtig sei.

Sie teilte auch mit, dass für den Fall, dass der Missetäter erwerbslos sei, der zuständige "Leistungsträger" von ihr über den Verdacht informiert werden würde. In einer sich darob entwickelnden heftigen Diskussion wurde deutlich, dass sich diese Vertreter der Staatsgewalt weder Vorstellungen von dem Begriff "ehrenamtliche Tätigkeit" machen konnten (oder wollten) noch davon, dass es Menschen gibt, die Leistungen (politische Arbeit) ohne Bezahlung zu geben bereit sind.

Die Anschuldigung der unterstellten gewerblich betriebenen Flugblattverteilung wurde seitens des FG-Vertreters in der Diskussion nicht nur mit dem Verweis auf den bereits optisch eindeutig politischen Charakter des Standes zurück gewiesen. Er empfahl Frau Zollinspektorin T., sich beim in der Halle anwesenden Leiter der "Wiese e.V." die völlig ehrenamtliche Tätigkeit aller Beteiligten bestätigen zu lassen. Diese Möglichkeit wurde von der Fahnderin ebenso wenig genutzt wie ein Anruf bei der FG-Bundesgeschäftsstelle, wo sie sich über die Ehrenamtlichkeit sämtlicher Mandatsträger/innen dieser Organisation hätte informieren lassen können.

Vollends merkwürdig wird die ganze Angelegenheit, wenn man bedenkt, dass von den anwesenden rund 30 Gruppen, die vorwiegend gesundheitliche Aspekte abdecken, tatsächlich nur der einzig dezidiert politische Stand belästigt wurde.

Als Hintergrund ist eine gezielte Denunziation ebenso möglich wie eine bewusste Provokation der einschlägigen, trüben Dienste.

Das Ganze könnte als Kuriosum abgehakt werden und wäre damit nicht der Rede wert, wenn es hier nicht um eine politisch wirklich bedenkliche Entwicklung ginge.

Denn hierzu passend meldet die Fraktion der Partei "Die Linke" in der Hamburger Bürgerschaft am 13.11.08, dass der dortige "Verfassungsschutz" sämtliche Informationsstände kontrolliert, die von Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Vereinen, Bürgerinitiativen und Einzelpersonen bei den Bezirksämtern der Hansestadt angemeldet werden. Dieser Zugriff erstrecke sich auch auf personenbezogene Daten der Anmelder.

In einer Pressemitteilung des Landesbezirks Hamburg der Gewerkschaft ver.di vom 14.11.08 fordert deren Landesvorsitzende Wolfgang Rose, diese Praxis sofort zu stoppen: "Diese obrigkeitsstaatlichen Praktiken müssen aufhören (...) Es dürfen nicht alle, die einen Infostand anmelden, unter Verdacht gestellt werden. Ich bin erschüttert, dass derartige Methoden in der Freien und Hansestadt Hamburg üblich sind. So werden ehrenamtliches Engagement und zivile Aktivitäten, ob von Gewerkschaften, Kirchen oder Vereinen erschwert und diskreditiert (...) Hamburg ist kein Überwachungsstaat."

Ob Hamburg, Essen oder anderswo - Überall, wo solche Einschüchterungsversuche vorkommen, sollten sie öffentlich gemacht und deutlich zurück gewiesen werden. Getreu dem Motto "Bangemachen gilt nicht!" muss dem Überwachungsstaat vor Ort offensiv entgegen getreten werden.

Heinz-W. Hammer, 18.11.08, Essen

Raute

KAPITALISMUS HIER UND HEUTE - AKTUELLE ANALYSEN

Thomas Waldeck: Der kulturelle Widerspruch im Imperialismus

Die Kultur der Herrschenden

Der kulturelle Bestandteil des gesellschaftlichen Überbaus wächst gemeinsam mit allen Institutionen samt Polizei, Schulen und Tierschutzverein aus der kapitalistischen Struktur der Gesellschaft (der ökonomischen Basis) heraus und wirkt auf diese zurück.

Es gibt bekanntlich unter kapitalistischen Umständen weder kulturelle Freizügigkeit noch Freiheit der Kunst. Die Produktionsverhältnisse bestimmen die Produktion, auch die Produktion von Sprache, Kunst, Wissenschaft und damit die durch diese hervorgebrachten Werte. Die menschlichen Wesenskräfte müssen sich letztlich der Vermarktung unterordnen. Die Eigentümer der wichtigen Produktionsmittel eignen sich auch die schöpferischen Reichtümer der Gesellschaft an, nicht etwa, um ihre Kultur zu entwickeln, sondern um ökonomischen Nutzen daraus zu ziehen. Unter diesen Umständen ist es mit Formung und Entwicklung der menschlichen Wesenskräfte nicht weit her. Der Schriftsteller ordnet sich seinem Verlegerwillen unter, der Fotograf den Anforderungen der Publizistik. Das Erzeugnis muss sofort verkaufbar sein. Für "Experimente" jenseits des Marktes ist kein Platz, denn die Konkurrenz lauert. Neue "Einfälle" sind gefragt, aber sie sind gerichtet auf oberflächliche Bedürfnisbefriedigung. Im Ergebnis werden niedrige Bedürfnisse gezüchtet und die Sinne abgestumpft, anstatt sie zu verfeinern. Auf einen immer gröberen Klotz muss ein stets gröberer Keil.

Marx stellt die Einheit von Kunst-Produktion und Konsumtion fest: "Wenn die Konsumtion aus ihrer ersten Naturrohheit und Unmittelbarkeit heraustritt..., so ist sie selbst als Trieb vermittelt durch den Gegenstand. Das Bedürfnis, dass sie nach ihm fühlt, ist durch die Wahrnehmung desselben geschaffen. (...) Die Produktion produziert die Konsumtion daher 1.) indem sie ihr das Material schafft; 2.) indem sie die Weise der Konsumtion bestimmt; 3.) indem sie die erst von ihr als Gegenstand gesetzten Produkte als Bedürfnis im Konsumenten erzeugt."(3)

Für die Entwicklung der Genußfähigkeit des Menschen müssen seine Sinne geschult werden. Eine solche Schulung leistet sich zwar die herrschende Minderheit gewohnheitsmäßig: Aber auch der Bildhauer ordnet sich dem Geschmack und potentiellen Interesse derjenigen unter, die Geld für seine Skulpturen auszugeben bereit sind und den notwendigen Platz in ihrer weitläufigen Villa haben. Diese Kultur der Herrschenden für die Herrschenden ist ebenfalls eng begrenzt, denn sie kann sich der Realität nicht gut annehmen. Folglich neigt sie zur Weltfremdheit und zur Dekadenz. Brecht definiert: "Realistische Kunst ist Kunst, welche die Realität gegen die Ideologien führt und realistisches Fühlen, Denken und Handeln ermöglicht."(4)

Realistische Kunst steht nicht jenseits der Ideologien, sondern führt die Ideologie der historischen Wahrheitsfindung gegen alle übrigen. Plastische, grafische und sprachliche Raffinesse dagegen lassen sich zwar steigern - und gewissermaßen sogar unendlich - aber nur in immer engeren Grenzen, also in kleineren Schritten. Vor allem aber drückt sich darin nicht die herrschende Kultur aus. Die Kultur für die Herrschenden findet nicht auf dem gesamten Markt statt, denn dort ist sie nicht verkäuflich. Dort gibt es massenhaft produzierte Massenkultur mit sprachwitzig-unsinnigen Shirt-Sprüchen und der rohen Instinktübung durch kontrastreiche "events", auf niedrige Sinnenreizung angelegt; denn sie müssen ohne Anforderungen an geistiges Bemühen jedermann verkäuflich sein. Gängig ist das "Verschönern" - der Kitsch. Die Skulpturen des Volkes sind unverändert die Gartenzwerge. Die herrschende Kultur ist also von Verarmung und Mangel an eigenständigen Impulsen gekennzeichnet - je politisch aktueller, desto gründlicher. Deutlich tritt dies bei der Sprache hervor, dem Nationalismus, Chauvinismus und Militarismus darin und der verzweifelten Suche der Redakteure und Politiker nach möglichst einprägsamen originellen Formulierungen. In Wahrheit ist dies die herrschende Kultur der Bourgeoisie, wenn uns auch - durch ein Schlüsselloch - jener andere Blick geboten wird.

Die menschlichen Wesenskräfte werden aus der gesellschaftlichen Arbeit, wo der Einzelne nur als Produzent benötigt wird, in den privaten, den Bereich der Familie verlagert. Die Familie wird deshalb auch zum bestimmenden Inhalt (wo nicht eben "sex, crime and mystery" anderes gebieten) und zwar auf originell-zynische Weise. Ein hervorragendes Beispiel ist das 90er-Jahre-Filmserienprodukt "Eine schrecklich nette Familie". Die typische Mischung aus Zynismus und Rührseligkeit muss originell sein, da sie andere Qualitäten nicht haben kann. In diesem Spannungsfeld bleibt durchaus Spielraum für die Entfaltung der Wesenskräfte des Menschen. Dieser besteht aber nur innerhalb des Gesamtprozesses der Entwertung des menschlichen Geistes durch die Verwertung, der Entfremdung des Produzenten vom Produkt. Der Gedankenschöpfer unterwirft seine Gedanken dieser Entfremdung.

Was Lenin für den Imperialismus feststellt, trifft auch auf die herrschende Kultur zu, die dadurch ihre Facetten verliert: "Die Konkurrenz wandelt sich zum Monopol. Die Folge ist ein riesenhaftes Fortschreiten der Vergesellschaftung der Produktion. Im besonderen wird auch der Prozess der technischen Erfindungen und Vervollkommnungen vergesellschaftet.... Die qualifizierten Arbeitskräfte werden monopolisiert, die besten Ingenieure angestellt, man bemächtigt sich der Verkehrswege und -mittel... In seinem imperialistischem Stadium führt der Kapitalismus bis dicht an die allseitige Vergesellschaftung der Produktion heran, er zieht die Kapitalisten gewissermaßen ohne ihr Wissen und Wollen in eine Art neue Gesellschaftsordnung hinein, die den Übergang von der völlig freien Konkurrenz zur vollständigen Vergesellschaftung bildet... Die Produktion wird vergesellschaftet, die Aneignung jedoch bleibt privat.  ..."(5)

Der imperialistische Kultur-Markt

Zur Rolle der deutschen Goethe-Institute orientiert das Auswärtige Amt: "Grundsätzliche Aufgabe der Kulturarbeit im Ausland ist es, "einen unverzichtbaren Beitrag zur Wahrung und Förderung der deutschen Interessen im Ausland zu leisten..." (1998)(6).

Die bürgerliche Politik-Zeitschrift zib ergänzt: "Der Vorwurf, dass die Auswärtige Kulturpolitik zuweilen zu außenwirtschaftlichen Zwecken instrumentalisiert wird, kann entsprechend auf der Grundlage der vorliegenden Ergebnisse nicht entkräftet werden. Innerhalb des Modells weist nämlich vor allem die Präsenz einer Interessenvertretung der deutschen Wirtschaft in Form von Auslandshandelskammern einen signifikanten Einfluss auf die Zahl der Zweigstellen aus."(7)

In diesen Tagen findet in Cottbus ein "Festival des osteuropäischen Filmes" statt. Dieser (öffentlich geförderte) hehre Platz für die Verbindung mit der östlichen Kultur ist ein Marktplatz. Er orientiert die Kapitalverwerter über (noch) unverbrauchte Ideen und Einfälle - für zukünftige Verwertung. Die osteuropäische Kunst bietet sich in diesem Wissen an. Filme beherrschen den Markt, die dem Westeuropäer bieten, was er sehen will, Szenen mit Sentiment, die ihn "anrühren" und letztlich meist erfreuen. Die östlichen Produzenten nehmen mit neuen Kulturfragmenten die Marktlücke wahr, welche die verflachte (monopolistische) amerikanische und westeuropäische Kino-Kultur öffnet. Damit erfolgt also nicht - wie deklariert - eine Annäherung des Westens an den Osten, sondern im Gegenteil die kulturelle Annäherung des Ostens an die herrschende Kultur der westlichen Imperialisten. Der linksliberale "Freitag" greint: "Enttäuschende Marktrealitäten: Osteuropäische Filme kommen nur selten in die Kinos..., es sei denn, sie bestätigen die herrschenden Klischees. Filme aus Ost- und dem östlichen Mitteleuropa gehören im deutschen Kino seit jeher zu den Raritäten. Dabei sind mit Cottbus und Wiesbaden gleich zwei mittelgroße Festivals von internationalem Rang auf diese Region spezialisiert ... Das politisch und cinéastisch interessierte Fachpublikum wird mit Erfolg bedient, größere Kassenerfolge bleiben jedoch aus ... Nach einer Studie der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle, die den Marktanteil von Filmen aus Drittländern in der Europäischen Union zwischen 1996 und 2001 untersuchte, kommt Mittel- und Osteuropa auf einen Marktanteil von 0,054 Prozent."(8)

Das muss so ein - denn nicht die osteuropäischen Produktionen stehen im Blick des Kapitals, sondern deren Produzenten.

Brecht sagt: "Wie immer das Kunstwerk und wozu immer es entstanden gedacht wird, nun kommt es zum Verkauf und zu einem, der im Gesamtsystem der menschlichen Beziehungen eine ganz neuartig wichtige Rolle spielt. Der Verkauf, quantitativ so mächtig geworden, regelt nicht nur die alten Beziehungen durch gleichgültige..., sondern er bringt ganz neue Zwecke in die Verwertung hinein und somit auch in die Herstellung."(9)

Auch der kleinstädtische Kulturhausleiter fungiert als Mittler dieser Veränderung. In seiner Einrichtung gibt es vielleicht einen Töpferkurs für Jugendliche. Dies Angebot ist zwar für die sinnliche Schulung und die Motorik nützlich und bindet den Jugendlichen über die Erzeugnisse an diese Prozesse. Es hat jedoch nichts (gewöhnlich) Spektakuläres an sich, was Aufmerksamkeit auf den Leiter zieht und seiner Karriere zugute kommt. Der Kurs wird folglich zugunsten eines vergleichbar aufwendigen "events" in möglichst grellen Farben gestrichen.

Was ein Kunstwerk sagt, ist einmalig, also auf keine andere Weise sagbar. Jede künstlerische Äußerung verfügt über eine völlig eigenständige Sprache. "Da ist nichts im Werk, was nicht in seiner sprachlichen Klanggestalt erscheint", schreibt der DDR-Kunsttheoretiker Wolfgang Heise über ein Goethe-Gedicht.(10) Zugleich wird diese nur kommunikativ wirksam: "Doch das, was es sagt, ist nicht mit dieser Gestalt identisch, sondern wird erst in der kommunikativen Bewegung realisiert."(11)

Diese besondere Eigenschaft der Kunst kann sich als Teil der herrschenden Kultur im Imperialismus kaum bewähren. Unter imperialistischen Verhältnissen wird die Fessel des Künstlers nochmals enger, das Spektrum der Vermarktbarkeit weiter verknappt. Denn die Wahrnehmung und damit die Bedürfnisse werden vereinheitlicht. Die Monopol-Bourgeoisie ist nicht mehr nur darauf angewiesen, ihre eigene Moral zu transportieren. Der Transport selbst wird zwangsläufig monopolisiert. Die herrschende Kultur verhält sich nicht mehr nur als Ware, und vermittelt als Kern ihrer Botschaft die Heilslehre der Warenförmigkeit, sondern sie wird obendrein vergesellschaftet.

Der Künstler ist nicht mehr nur zur Vermarktung gezwungen. Er hat zudem immer weniger Aussicht auf Vermarktung, je eigenständiger er sich äußert, weil die Kunst zur massenhaften Produktion gezwungen ist, wodurch sie aufhört, Kunst zu sein. Seine Ware verliert den Kunstcharakter, weil sie ihre eigene Sprache verliert. (Auf dem Kunstmarkt ist das vor allem bedingt durch die Monopolisierung der Massenmedien.) Die künstlerische Individualität fällt der gewöhnlichen Entfremdung vollends zum Opfer. Sie wird fast auf ein Nichts eingeengt, so dass die herrschende Kultur im Imperialismus nur noch Wiederholungscharakter hat und nur noch fortwährend neuer Impulse bedarf.

Die Wiederholungsfrequenz steigt zugleich, da auch hier die Konkurrenz im Imperialismus fortbesteht. Im Endeffekt heißt das: Die Frequenz steigt im selben Maße, in dem die Grenzen des Imperialismus offenkundiger und spürbarer werden. Die Lähmung der menschlichen Wesenskräfte wird sowohl angestrebt als auch nie erreicht. Es kommt zur Kulmination der Kultur und völligen Erstarrung der Kunst in einer gigantomanischen Pose - der Ausdrucksform des Faschismus, zu dem der Imperialismus gesetzmäßig neigt.

Die Produktivkräfte werden destruktiv, der kulturelle Widerspruch des Imperialismus verschärft sich zusehends. Welche kommerzielle Zeitschrift sucht nicht rasend nach noch skurrileren Schlagzeilen? Welche Fernseh-Produktionsfirma verzweifelt nicht auf der Suche nach noch nicht dagewesnen Show-Ideen? Die Ergebnisse sind von Mal zu Mal sowohl dümmer und einfallsloser als auch schmutziger.

Geistige Versklavung

Die Vergesellschaftung der Produktion und Machtkonzentration der Imperialisten führt zur Konzentration ihrer Machtmittel und auch zugleich zur Aneignung der Gedanken, der geistigen Versklavung. Die herrschende Kultur kennt zweierlei: Das offizielle, immer homogenere Bild ("Zivilisation", "freiheitliche Demokratie", Samaritertum...) - die Fassade und sie vermittelt die Wirklichkeit, die tatsächlich herrschende Moral der Monopol-Bourgeoisie, die dem Gegenteil entspricht.

Die gewünschten Verwertungsbotschaften werden zugleich gezielt eingebracht. Dies steht im direkten Interesse der Monopole, die zugleich Fernsehbilder und die Produkte herstellen, die dort beworben werden. Das erkannte die bürgerliche Soziologie und interpretiert diese Erscheinung sozusagen im luftleeren Raum, jenseits der ökonomischen Basis: "Die 68er ('Jugend/Atombombengeneration') nahm zur Grundlage ihres Tätigwerdens nur noch eine unhistorische, 'eindimensionale' Kritik der Gesellschaft: 'Sie sah und erkannte, daß ein riesiger Zwangs- und Herrschaftsapparat sowie eine gewaltige und gut funktionierende Bewusstseins - und Kulturindustrie die 'Übereinstimmung' des Denkens, Wollens und Handelns der Massen mit der sogenannten Konsumgesellschaft täglich herstellte.' ... Ihnen 'war die rein passive Rolle des bloßen Funktionierens... zugedacht. Der total integrierte Mensch sollte nicht über den Rahmen dieser Gesellschaft hinausblicken. Dieser 'eindimensionale Mensch', wie ihn Herbert Marcuse bezeichnete, war aber nicht allein der Fähigkeit verlustig gegangen, in die Zukunft zu blicken, sondern auch die Initiative und Tatkraft zu sozialer Aktion."(12)

Marcuses Idealismus sieht die gesellschaftliche Befreiung in der Orientierung auf neue Sinnlichkeit, Befreiung aus durch entfremdeter Arbeit resultierender Abstumpfung und im offenbarenden Ergebnis "Schönheit" als Negation der Warenwelt.

"... in Europa seit etwa Mitte der sechziger Jahre, traten in der spätbürgerlichen Kultur und Kunstszenerie starke Wandlungen in Erscheinung. Die 'Post-Moderne' mit ihrer Vorliebe für triviale Gegenstände der industriellen Zivilisation wurde als sogenannte 'Pop-Kultur' aus der Taufe gehoben. Die darunter zusammen gefaßten Erscheinungen sind äußerst unterschiedlicher Art. Die bunt schillernde Vielfalt der ästhetischen Warenwelt des Pop, von der Anti-Kunst, Nicht-Kunst, Un-Kunst - auch Kunst ist gelegentlich dabei - bis zum Gebrauchsartikel und billigen Kitsch, hält gleichsam für jedermann etwas bereit... Angesprochen wurde vor allem die Jugend, denn die Industrie, der Handel usw. hatten rasch ihre großen Gewinnchancen erkannt. Aus der Sicht kapitalistischer Werbepsychologie ist Pop nichts weiter als die geradezu terroristische Verpflichtung zum Modewechsel,... Konsumzwang, letztlich zu einer unkritischen Verbrauchermentalität. Von einer Rebellion oder gar 'Revolution' der Jugend, die in der Popkultur angeblich zum Ausdruck komme, kann ebensowenig die Rede sein wie von einer Bedrohung der Herrschenden oder gar, 'daß hier eine neue Gesellschaft im Entstehen begriffen ist'... Das Ganze ist nicht mehr als eine neue Konsumgebärde..."(13) (Soweit eine bürgerliche Untersuchung zu Beginn der siebziger Jahre.) Die undialektische Wertung, dass nicht zugleich auch Rebellion zum Ausdruck komme; "das Ganze" sei nur "eine neue Konsumgebärde" ist natürlich selbst "spätbürgerlich". Jedoch: "Umfassend greift die kapitalistische Produktgestaltung nach der ökonomischen Existenz und nach dem Bewußtsein der Bevölkerung"(14). Das stellte Richard Hiepe auf einer Arbeitstagung der DKP 1973 fest.

"Die sogenannte Konsumgesellschaft ist die Inszenierung eines Konsumtheaters mit ästhetischen Mitteln, wie der holländische Werbefachmann und Soziologie-Professor Ernest Zahn bestätigt; die Inszenierung dient aber nicht nur der Mehrwertrealisierung,... sondern weltanschaulicher Bindung der Massen an die Monopole... "(15)

"Dem Geschehen im Theater ist sie (die Werbung-T.W.) näher als dem Geschehen im Gerichtssaal. Die 'Kreation' einer Annonce oder eines Plakats wird als Schaffung einer... 'Botschaft' (message) verstanden, deren bildlicher Ausdruck sich in der Schlagzeile verdichten soll... 'Texter', das wurde der Beruf der zeitgenössischen Aphoristiker und die Zusammenbauer der Text- und Bildelemente... wurden die sachverständigen Konstrukteure jener 'Szenen', in denen nun nicht mehr nur ein Produkt gezeigt, sondern ein ganzes soziales Theater des Konsums vorgespielt wird."(16)

"Diese Ästhetisierung des Massenkonsums hat Konsequenzen für den gesamten Kulturprozess: 'Einem so umfassenden Konsumbegriff werden auch herrschende Ansichten und Konventionen, Geschmacksrichtungen, Moden und Leitideen, schließlich die Sexualität und die Politik untergeordnet'."(17)

Darum ist diese Sklaverei leicht überschaubar.

Die Kultur der Anderen bzw. die beherrschte Kultur

Lenin stellte fest, dass es in jeder antagonistischen Gesellschaft zwei Kulturen gibt. Neben der imperialistischen gibt es auch heute nach wie vor die "soziale, demokratische".(18)

Es versteht sich von selbst, wie sich diese Kultur während der Revolution verhält. Obwohl sich dies von selbst versteht, wurde es im realen Sozialismus nicht beachtet: Eine DDR-Untersuchung stellte in den siebziger Jahren (ergebnislos) fest: "In den USA steht die Kommunikationsindustrie nach Öl und Chemie an dritter Stelle... Sie exportieren zweimal so viel TV-Programme wie alle anderen Länder zusammen. ... So ist die 'nordamerikanische Kommunikationsindustrie zum viertgrößten Industriezweig der Welt' geworden.... In der DDR stammten die zu den abendlichen Hauptsendezeiten ausgestrahlten Spielfilme zu 58 Prozent, in der Sowjetunion zu 68 Prozent, in Ungarn zu 98 Prozent aus westlichen Importen."(19)

Je weiter der proletarische Klasseninstinkt (und die revolutionäre Kraft) ausreift, desto eigenständiger reift auch die Entwicklung der proletarischen Kultur, die sich abgrenzt von der bürgerlichen, dabei nicht vor allem in der Abgrenzung besteht, sondern deren progressive Elemente einbezieht und eigene Verständigungsschlüssel ausbildet.

Die herrschende Kultur verschlingt sich in grotesker Hast zu einem ekelerregenden Knäuel und dreht auf ihrem immer winzigeren Terrain durch, während sie zugleich ein immer größeres Feld den menschlichen Wesenskräften für die sozialistische Kultur überlässt, die unter diesen Verhältnissen in jeder Äußerung nur revolutionär sein kann.

Den Kommunisten fehlt heute weitgehendst das Bewusstsein dieses offenen, ungedeckten "Terrains" und ihrer kulturellen Avantgarde-Funktion. Selbstverständlich gibt es Elemente revolutionärer Kultur auch in Äußerungen der bourgeoisen, vor allem aber umgekehrt, weil wir es mit beherrschter und herrschender Kultur zu tun haben. Dieser Gefahr ist die kommunistische Kultur ständig ausgesetzt, wo das Bewusstsein dafür fehlt. Unversehens bleibt das freie Feld für die Entfaltung der Wesenskräfte sozusagen links liegen. Infolge dessen wird mechanistisch operiert oder sogar im kulturellen Wind des Klassengegners gesegelt. Die Skepsis gegenüber allen kulturellen Äußerungen hat prinzipiellen Charakter ("nur insoweit richtig, als sie mit Natur und Geschichte stimmen")(20). Diese Skepsis schärft den Blick für progressive und reaktionäre Kultur.

In der bürgerlichen Kritik wird die letzte große Offensive der Kunst als "russische Avantgarde" verkauft. Tatsächlich handelte sich um den ersten und bis heute "wirklichsten" Ausdruck des Sozialistischen Realismus, weil etwas Bahnbrechendes wiedergespiegelt wurde und wirkte; die Sozialistische Revolution, die real war. Diese "Avantgarde" konnte die Wahrnehmung der Menschen in kürzester Frist derart verändern, dass sie noch Jahrzehnte später weltweit inspiriert. Sie steht ganz im Unterschied übrigens zu vielen gleichnamigen, resignativen oder flachen Äußerungen im später durch den modernen Revisionismus und die vollzogene Konterrevolution abgewürgten Realsozialismus. Auch weil diesem die notwendige Kultur und das kulturelle Bewusstsein fehlten, konnte es zum Vollzug durch den Klassengegner kommen.

Die Kunst der revolutionären Klasse tritt zuerst in Form einer revolutionären Kulturtheorie und -programmatik auf, wenn diese Klasse zu wirksamen Mitteln ihrer Selbstverständigung im Klassenkampf greift. Oder sie fügt sich rudimentär und als Element in die imperialistische Warenwelt ein - in eine der Ausdrucksformen der herrschenden Klasse. Es gibt nichts dazwischen.

Der aus meiner Sicht beachtlichste Beitrag zur kommunistischen Kulturtheorie der letzten Jahre, großteils selbst künstlerisch-literarisch realisiert, wurde von dem DDR-Dichter Erich Köhler hinterlassen, der auf die Zwangsläufigkeit revolutionärer Kultur der Kommunisten verweist. Köhler kämpfte mit beeindruckender Intensität bis zu seinem Tode 2003 im und mit dem geistig "toten" Literatenzirkel der herrschenden Imperialisten, dem P.E.N. Deutschland.(21)

Wir begehen am 28. Dezember 2008 seinen achtzigsten Geburtstag. Aus diesem Anlass konstituierte sich ein Arbeitskreis, der die Köhlerschen Vorschläge und Entwürfe erschließen und weiter führen will. Mitstreiter sind willkommen.

Thomas Waldeck, Cottbus

Raute

90 JAHRE KKE

Martin Seckendorf: Lohn der Klarheit - 90 Jahre Kommunistische Partei Griechenlands

Am 17. November 1918 wurde die Kommunistische Partei Griechenlands gegründet. Nach entschlossenem Kampf gegen Besatzung und Faschismus wird bis heute ihre Prinzipienfestigkeit von der Bevölkerung honoriert.

Bis zum Ersten Weltkrieg gab es in Griechenland keine landesweite sozialistische Organisation.

In örtlichen und regionalen Zusammenschlüssen versuchte die zahlenmäßig schwache Arbeiterklasse, häufig noch in Anlehnung an liberale bürgerliche Kräfte, ihre Interessen zu artikulieren und zu vertreten. Die Gräuel des Krieges, die Verelendung breiter Massen und die weitere Verbreitung sozialistischer Literatur ließen das Klassenbewusstsein schnell wachsen.

Entscheidende Impulse für die Gründung einer panhellenischen proletarischen Partei kamen vom Sieg der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution.

Auf einer Konferenz von Gewerkschaftern und Sozialisten im Piräus wurde am 17. November 1918 die Sozialistische Arbeiterpartei Griechenlands (griechisch: SEKE) gegründet, die bald der Dritten Kommunistischen Internationale beitrat und sich 1924 in Kommunistische Partei Griechenlands (griechisch: KKE) umbenannte. Der Gründungsparteitag fasste weitreichende, nachhaltige Beschlüsse. Die Delegierten entschieden, dass die Neugründung eine revolutionäre Partei sein sollte, die die Arbeiterbewegung vom Einfluss der Bourgeoisie befreite und den sozialdemokratischen Reformismus ablehnte.

Ziel war der Sturz des Kapitalismus, die Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln, das im Gründungsdokument als "Quelle der Verarmung und Versklavung der Arbeiterklasse" gesehen wurde, und der Aufbau einer Gesellschaftsordnung nach den Prinzipien des wissenschaftlichen Sozialismus. Sie werde nicht nur das Proletariat, sondern auch alle anderen unterprivilegierten Schichten von Ausbeutung und Unterdrückung befreien. Ein prägender Beschluss des Gründungskongresses war das Bekenntnis zum proletarischen Internationalismus, zur Solidarität mit allen antiimperialistischen Kräften, allen Ausgebeuteten und Unterdrückten sowie die Ablehnung imperialistischer Interventionen und Aggressionen.

Die Delegierten waren sich bewusst, dass der Weg zum Sozialismus langwierig sein werde. In Griechenland, mit seinen wenig entwickelten industriellen Strukturen, durchsetzt mit feudalen, autokratischen Elementen, mussten erst politische Verhältnisse erkämpft werden, die der Arbeiterbewegung die Wahrnehmung demokratischer Rechte und Freiheiten ermöglichten. Im Gründungsdokument heißt es: "Die Arbeiterklasse kann ohne politische Rechte nicht für ihre ökonomischen Interessen oder für die Weiterentwicklung ihrer ökonomischen Organisation kämpfen; sie kann ihre historische Mission der Befreiung des Proletariats und aller Ausgebeuteten und Armen nicht erfüllen ohne den Besitz der politischen Macht."

Der Gründungsparteitag verabschiedete ein Sofortprogramm für die demokratische Erneuerung Griechenlands, das für die damalige Zeit Aufsehen erregende Forderungen enthielt. Verlangt wurden die grundlegende Demokratisierung und Dezentralisation der Gesetzgebung, der öffentlichen Verwaltung und des Gerichtswesens, das aktive und passive Wahlrecht auch für Frauen sowie die Möglichkeit der Durchführung von Volksabstimmungen. Die Armee sollte abgeschafft und durch demokratisch kontrollierte Volksmilizen ersetzt werden. Außerdem wurden Versammlungs- und Kooperationsfreiheit ohne Eingriffsmöglichkeiten des Staates, die Garantie persönlicher Freiheit, Pressefreiheit, Verbot jeder Zensur sowie strikte Trennung von Staat und Kirche auch in der Volksbildung sowie im Ehe- und Familienrecht gefordert. Mann und Frau sollten in allen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Fragen gleichberechtigt sein. Richter müßten vom Volk ernannt, die allgemeine Schulpflicht eingeführt werden. Verlangt wurden die Abschaffung aller indirekten Steuern und der Steuern auf grundlegende Bedarfsartikel, die Staffelung der Steuern auf Einkommen und Kapital sowie die kostenlose medizinische und pharmazeutische Versorgung.

Der demokratische Staat sollte an den Profiten des Großkapitals beteiligt werden. Den Großgrundbesitz und die Klöster wollte man enteignen und das Land bäuerlichen Kooperativen übergeben. Schließlich wurde eine konsequente Friedens- und Verständigungspolitik sowie das Verbot der Geheimdiplomatie und geheimer zwischenstaatlicher Verträge gefordert.

Das Zentralkomitee der KKE schätzte in einer Erklärung vom Oktober 2007 ein, im November 1918 sei zum ersten Mal in Griechenland eine gesamtstaatliche Partei entstanden, "die sich die Abschaffung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zum Ziel gesetzt hatte".

Gegen den drohenden Faschismus

Die auf dem Gründungskongreß beschlossene Ablehnung imperialistischer Kriege wurde bereits ein Jahr später auf eine harte Probe gestellt. Mit britischer Rückendeckung versuchten die reaktionären Machthaber in Athen, große Gebiete der Türkei in Kleinasien zu annektieren. Die junge Partei, die sich noch in einem komplizierten ideologischen Klärungsprozeß befand, stellte sich gegen die Annexionspläne. Sie betrieb antimilitaristische Propaganda und forderte die Soldaten auf, zu desertieren oder die Waffen gegen die royalistischen Offiziere zu richten.

Der Versuch, die großgriechischen Pläne, die megali idea, zu verwirklichen, endete 1922 im militärischen Desaster. Zu den "normalen" Opfern und Lasten, die die Bevölkerung in solchen Fällen zu tragen hat, kam, dass das verarmte Land 1,4 Millionen Griechen aufnehmen musste, die im Gefolge des verlorenen Krieges aus Kleinasien vertrieben worden waren.

Als in Deutschland die faschistische Diktatur errichtet worden war, übte die KKE Solidarität mit den deutschen Werktätigen - ein weitgehend in Vergessenheit geratener Vorgang in den deutsch-griechischen Beziehungen. In Telegrammen an die Deutsche Gesandtschaft in Athen protestierten Mitglieder und Sympathisanten der KKE gegen die Zerschlagung der deutschen Arbeiterbewegung und die Verfolgung ihrer Mitglieder. Überall kam es zu Kundgebungen. Die von der KKE initiierte Protestbewegung veranlasste die Deutsche Gesandtschaft am 18. März 1933, vom griechischen Außenministerium Maßnahmen gegen die "verleumderische Darstellung der Vorgänge in Deutschland" zu fordern. Die griechische Regierung ging rigoros gegen Antifaschisten vor und verbot im Juni 1933 "antideutsche" Kundgebungen. Die Behörden konnten die Bewegung jedoch nicht unterbinden. Im Oktober 1934 gelang der Partei die Durchführung eines großen antifaschistischen Kongresses. Wegen der Aktivitäten der KKE wurde auf Drängen der Deutschen Gesandtschaft ein für Mai 1935 vorgesehener Besuch von Hermann Göring, dem mächtigsten Mann in Deutschland nach Hitler, in Griechenland abgesagt.

Kurze Zeit danach, am 4. August 1936, kam Griechenland selbst unter die monarcho-faschistische Diktatur des Generals Ioannis Metaxas, einem Absolventen der Preußischen Kriegsakademie. Erklärtes Ziel war die Liquidierung des "Kommunismus". Tausende Mitglieder der KKE, darunter fast die gesamte Führungsriege, kamen ins Gefängnis oder wurden auf Verbannungsinseln deportiert.

Ab dem 6. April 1941 unterwarf die Wehrmacht in einem dreiwöchigen "Blitzkrieg" Griechenland. Die Griechen nahmen die Unterdrückung und ungeheure Ausbeutung, die in kurzer Zeit zu einer Hungersnot mit Hunderttausenden Toten führte, nicht hin. Es regte sich Widerstand, der in bewaffnete Aktionen gegen die Besatzer überging. Dabei trat nach Erkenntnissen der deutschen Militärs die in der Metaxas-Diktatur fast zerriebene KKE als Initiator und Organisator auf.

Am 1. Juli 1941 hatte die Partei eine Plattform für den Befreiungskampf veröffentlicht. Sie rief "das griechische Volk, all seine Parteien und Organisationen zur Schaffung der nationalen Einheitsfront auf". Ein breites, klassenübergreifendes Bündnis sollte die Vertreibung der Besatzer und ihrer Helfer erkämpfen und schließlich eine provisorische Regierung aus allen antifaschistischen Parteien bilden, "die die demokratischen Freiheiten des Volkes herstellen (...) und die nationale Unabhängigkeit des Landes verteidigen wird". Es müsse gesichert werden, dass das Volk seinen Willen ohne ausländische Einmischung und ohne terroristische Maßnahmen der inneren Reaktion frei artikulieren könne.

Die Partei wies aber darauf hin, "dass letztlich nur die Volksmacht der Arbeiter und Bauern die Nation von den Leiden der imperialistischen Kriege befreit, das Land den Bauern gibt, die Nation von fremder Abhängigkeit und Ausbeutung befreit und das arbeitende Volk frei, satt und glücklich macht".

An der Spitze des Partisanenkampfs

Diese neue, sozialistische Gesellschaftsordnung sollte erst nach dem Sieg über den Faschismus auf einem in freier Selbstbestimmung gewähltem Weg entstehen. Jetzt aber komme es auf die "Befreiung von der Sklaverei Hitlers und Mussolinis" an. "Dies ist das erste, und dafür geben die Kommunisten aufrichtig ihr Leben", heißt es in Erklärungen der KKE vom März und Juni 1942.

Das eigenständig entwickelte dialektische Konzept des Kampfes um die nationalen Einheitsfront und zur Zusammenführung des Kampfes für nationale Befreiung und demokratische Erneuerung mit dem Kampf gegen den Kapitalismus, für die Errichtung des Sozialismus stellt einen Höhepunkt im marxistischen Denken in Griechenland dar.

Die Partei unternahm große Anstrengungen, die Einheitsfront zu bilden. Einen entscheidenden Erfolg erreichte sie mit der Herstellung der Einheit der Arbeiterbewegung in der Nationalen Arbeiterbefreiungsfront. Appelle an die großen bürgerlichen Parteien blieben dagegen wegen deren Antikommunismus unerhört.

Trotzdem kam es am 27. September 1941 zur Bildung der Nationalen Befreiungsfront (EAM), der sich neben der Nationalen Arbeiterbefreiungsfront vier weitere kleine Parteien anschlossen. Die führende Kraft in dieser Koalition war die KKE. Vordringliche Aufgaben der EAM waren die politische Mobilisierung des Volkes, die Organisierung des bewaffneten Widerstands und Verteidigung der alltäglichen Interessen des Volkes. EAM organisierte Streiks für höhere Löhne und Lebensmittelzuteilungen, gegen Massenerschießungen und Deportationen zur Zwangsarbeit. Sie schuf Suppenküchen und andere Hilfseinrichtungen, um die größte Not zu lindern. Dies und der konsequente Kampf gegen Besatzer und Kollaborateure wiesen die EAM als nationale, volksnahe Kraft aus und brachte ihr riesigen Zulauf.

Es setzte ein Prozeß ein, der - von der KKE ursprünglich so nicht geplant - zur Bildung einer Volksfront von "unten" führte.

Während die Spitzen der bürgerlichen Parteien die Zusammenarbeit mit der EAM verweigerten und sehr spät, dazu zögerlich den Kampf gegen die Okkupanten aufnahmen, aber bald mit den Faschisten kollaborierten, strömten deren Anhänger massenhaft zur Einheitsfront. 1944 hatte EAM 1,6 Millionen Mitglieder (bei 6,5 Millionen Einwohnern). In den befreiten Gebieten etablierte EAM demokratisch legitimierte öffentliche Verwaltungen und anerkannte Justizorgane.

Im Februar 1942 schuf die KKE die griechische Volksbefreiungsarmee (ELAS), die zu einer der größten und militärisch effizientesten Partisanenarmeen im Zweiten Weltkrieg heranwuchs. Wegen ihrer Rolle im Befreiungskampf und bei der Demokratisierung der befreiten Gebiete gewann die Kommunistische Partei in der Bevölkerung enormes Ansehen. Die KKE wurde zur Massenpartei. Selbst die Besatzer mußten die große Resonanz der KKE im griechischen Volk anerkennen. Der Befehlshaber Südgriechenland schrieb am 5. Juli 1943: "Durch ihre unstreitig großen politischen Erfolge hat die kommunistische Bewegung in ganz Griechenland, besonders aber in und um Athen, an Stärke, an Schlagkraft und vor allem an Ansehen gewonnen."

Imperialismus unterschätzt

Im Frühjahr 1943 kam es zu Veränderungen in der Okkupationspolitik, die auch den griechischen Widerstand tangierten. Die Deutschen sahen sich einem Anschwellen des Partisanenkampfs gegenüber und stellten fest, daß die Hauptkraft dieser Entwicklung die KKE war. Zu mehr als 90 Prozent sei der Widerstand "kommunistisch beeinflußt", lautete die Einschätzung schon im April 1943. Gleichzeitig wurde eine Landung der Alliierten in Griechenland immer wahrscheinlicher. Um den Rücken für die kämpfenden Truppen im Falle einer alliierten Invasion freizuhalten, wurde die Vernichtung der Partisanen und ihrer Sympathisanten, die Einschüchterung der Bevölkerung durch Massenterror wichtigste militärische Aufgabe der Besatzer. Nach Stalingrad konnten die Deutschen aber nicht mehr Truppen nach Griechenland schicken.

Sie entwickelten die Idee, alle antikommunistischen Kräfte Griechenlands zu einen, zu bewaffnen und gegen die ELAS zu führen. Den Faschisten gelang es sogar, die von England zur Eindämmung des Einflusses der KKE und für den Machtkampf im Nachkriegsgriechenland exzellent ausgerüsteten bürgerlich-nationalistischen Partisaneneinheiten in die antikommunistische Einheitsfront zu integrieren. Denn auch die Briten sahen das Anwachsen der KKE mit "Sorge". Churchill war fest entschlossen, zur Gewährleistung eines kapitalistischen, englandhörigen Nachkriegsgriechenland die KKE mit allen Mitteln, auch mit jenen des Bürgerkrieges, zu vernichten.

Auf Initiative der Deutschen und zunächst unter ihrer Leitung begann im April 1943 in Griechenland ein Bürgerkrieg, der erst 1949 enden sollte. Trotzdem befreite der linke Widerstand immer größere Gebiete. Als Hitlers Soldaten im Spätherbst 1944 abziehen mussten, befanden sich über 90 Prozent des Landes in der Hand der Nationalen Befreiungsfront - ideale Bedingungen, um die Einheitsfrontpolitik in die sozialistische Revolution überzuleiten.

Doch die KKE zögerte.

Man unterschätzte offenbar die Entschlossenheit und das Betrugspotential des britischen Imperialismus und glaubte, auch Churchill werde sich an die Abmachungen halten und eine freie Selbstbestimmung der Griechen erlauben. Um die Übernahme der Staatsmacht in ganz Griechenland durch die Linkskräfte zu verhindern, landeten ab Oktober 1944 nach Absprachen mit den abziehenden Deutschen britische Truppen an strategisch wichtigen Stellen. Sie etablierten die englandhörige provisorische Regierung, die bisher in Kairo saß. Todesschwadronen der Rechten machten mit Zustimmung der Briten Jagd auf Mitglieder und Anhänger der KKE. Die britischen Truppen, die Kräfte der provisorischen Regierung und paramilitärische Gruppen, die meist schon in deutschen Diensten gewesen waren, versuchten im Dezember 1944, die EAM/ELAS mit Waffengewalt zu entmachten.

Eine neue Phase des Bürgerkrieges begann. Briten und griechische Reaktionäre verfolgten erklärtermaßen das Ziel, "den Kommunismus" physisch zu liquidieren. Die Linkskräfte zogen sich in die Berge zurück und bildeten die Demokratische Armee Griechenlands. Nachdem die Amerikaner den Part der Briten mit Millionen Dollars, neuen Waffen und allen Tricks der psychologischen Kriegführung übernommen hatten, wurden die Linkskräfte 1949 geschlagen. Mit den Besiegten wurde oft kurzer Prozeß gemacht.

Noch Jahre nach dem Ende des Bürgerkrieges wurden Kommunisten öffentlich hingerichtet. Tausende Griechen flohen in die sozialistischen Länder. Die Partei mußte in die Illegalität gehen.

Sturz des Kapitalismus

Erst nach dem Sturz des CIA-gestützten Obristenregimes, das Griechenland zwischen 1967 und 1974 terroristisch beherrschte, konnte die Partei wieder legal arbeiten. Die Erfahrungen mit der griechischen Bourgeoisie, dem angloamerikanischen Imperialismus und dem Revisionismus - der Bürgerkrieg bis 1949 war zwar von dem Konservativen Churchill konzipiert und eingeleitet, jedoch von dem sozialdemokratischen Labour-Premier Clement Attlee geführt worden - waren in den für die revolutionären Kräfte auch in Griechenland krisenhaften Jahren nach 1989 prägend für die KKE.

Bourgeoisie und revisionistisch-opportunistische Kreise auch aus den eigenen Reihen drängten die Partei, sich von ihrer Vergangenheit und vom wissenschaftlichen Sozialismus zu distanzieren. Über eine Parteienallianz wollte man die Kommunisten in ein bürgerlich-sozialdemokratisches System einbinden und die Selbständigkeit wie den revolutionären Charakter der KKE aufheben.

Die Partei konnte sich aus dieser vom Zentralkomitee in einer Erklärung vom Oktober 2007 als "ernst" eingeschätzten Situation befreien "wegen ihrer Treue zum Marxismus-Leninismus, ihrer tiefen Verwurzelung in der Arbeiterklasse, ihrer reichen Erfahrungen im Klassenkampf und wegen ihrer Erfahrungen im Kampf gegen den Opportunismus". In dieser Erklärung heißt es weiter, die KKE werde sich niemals bei der einheimischen und internationalen Bourgeoisie für ihre Geschichte entschuldigen. In den schwierigen Kämpfen der Gegenwart um die ökonomischen und politischen Interessen der Arbeiter und aller Unterprivilegierten steht die KKE in vorderster Front. Sie ist die führende Kraft im Kampf gegen die NATO- und EU-Politik der griechischen Regierung, gegen die imperialistischen Aggressionen auf dem Balkan sowie im Nahen und Mittleren Osten.

Getreu dem Bekenntnis zur internationalen Solidarität unterstützt die KKE die anti-imperialistischen Bewegungen, insbesondere in den vom US-Imperialismus stark bedrängten Ländern Lateinamerikas. Fernziel bleibt, wie es im Parteiprogramm von 1996 heißt, "der Sturz des Kapitalismus und der Aufbau des Sozialismus und Kommunismus".

Diese Klarheit und Prinzipienfestigkeit wird offenbar von den Massen honoriert. Bei den Parlamentswahlen im September 2007 konnte die KKE ihren Stimmenanteil gegenüber 2004 um etwa 2,3 auf 8,2 Prozent erhöhen. Sie ist mit 22 Parlamentssitzen drittstärkste Partei. Die KKE ist fest in der Arbeiterklasse verankert - und was für die Zukunft der ältesten Partei Griechenlands bedeutsam ist - auch in der jungen Generation.

Dr. Martin Seckendorf, Historiker und Mitglied der Berliner Gesellschaft für Faschismus- und Weltkriegsforschung e.V.

Quelle: Kommunistische Initiative Österreichs, 17.11.2008, www.kommunisten.at

Raute

Irene Eckert: Griechenlandreportage - Das Land der Griechen mit der Seele suchend

Es regnet Katzen und Hunde und der Himmel über dem Mitsikeli Massiv ist trüb und grau.

Die griechische Tageszeitung "Der Wurzelbrecher" (Rizospastis) vermeldet an diesem 24. Septembertag in dicken Lettern auf der Titelseite "Der Angriff auf Stalin zeigt ihre Angst". - Die Schlagzeile nimmt Bezug auf den als "haarsträubend" bewerteten Antrag im EU-Parlament, der tags zuvor dort eine späte Mehrheit gefunden hatte. Der zufolge soll fortan an jedem 23. August im Gedenken an den "Hitler-Stalin-Pakt" der Opfer von "Stalinismus und Nationalsozialismus" gleichberechtigt gedacht werden.

Für jene Griechen, die dem Übel an die Wurzel wollen, weil die Barbarei des Hitlerwahns ihnen hohe Opfer abverlangt hatte, ist die genannte Resolution blanke Geschichtsfälschung im Goebbelsstil und Anlass zu empörter Stellungnahme.

Die Natur scheint davon unberührt. Auf den Berghängen des nahe gelegenen Campus grasen die Schafe, trotz des offiziellen Verbotes. Das erste Rotkehlchen signalisiert in der Provinz Epiros, wo noch Braunbären und Silberwölfe leben, den Winter. Auf der Küchenveranda geben sich nicht weniger als 12 Katzen täglich am Futtertrog ihr Stelldichein und teilen ihre Mahlzeit mit dem hauseigenen Colli Max. Vor dem Kamin im gemütlichen Landhaus des Professors für theoretische Physik wird derweil in frühherbstlicher Abendrunde über Sinn oder Unsinn des zitierten EU-Vorstoßes debattiert. In Griechenland, an der südöstlichen Peripherie EU-ropas ticken heute - trotz des bereits ratifizierten Lissabonvertrags und der weiter präsenten NATO-Militärbasen - die alten Wanduhren anders:

Bei den noch staatlichen Olympic Airlines wird ein harter Kampf gegen die drohende Privatisierung ausgetragen. Vehement wehren sich die Angehörigen des Bildungssektors gegen die Umsetzung des Bologna-Prozesses, der mehr als die Entwertung griechischer Diplome nach sich ziehen wird. Da wird schon mal während einer studentischen Großdemonstration eine EU-Flagge in Athen öffentlich verbrannt. Noch ist nämlich in Hellas - trotz der EU-weit angestrebten, anders lautenden Politik - auch die Hochschulausbildung für alle kostenfrei. Nicht nur entfallen andernorts bereits übliche Studiengebühren, sogar der Mittagstisch und die für das Studium erforderlichen Bücher sind gratis (!) und die Mieten auf dem Campus (2000 Plätze) spottbillig. An der hiesigen Universität flattern Spruchbänder und rote Fahnen von der Mensa, wie bei uns in längst vergangenen Tagen.

Soweit die Provinz. Am letzten Septemberwochenende war aber in Athen geradezu der Bär los. Die KNE, der kommunistisches Jugendverband, hatte dort ein mehrtägiges Kulturfestival organisiert, zu dem Hunderttausende Teilnehmer gekommen waren. Natürlich war auch die Crème der beachtlichen griechischen Musikszene aufgetreten. Das Fernsehen berichtete über das tosende Festival.

In Anbetracht des Finanzdebakels an den Börsen konnte man schließlich Anfang Oktober zur besten Nachrichtenzeit auch im privaten Fernsehen lang anhaltend ein Textband mit der Frage lesen: "Naht das Ende des Kapitalismus?" Natürlich war die Antwort, "nein". Vielmehr werde Kapitalismus gegenwärtig nur schlecht "gemanagt". Der Privatkanal "Alter" bringt aber zu eben dieser "Primetime" nur wenige Tage später ein viertelstündiges Interview mit Aleka Papariga, der Vorsitzenden der KKE. Das Kürzel spricht sich "Kapa Kapa Epsylon" und steht für eine kommunistische, hierzulande auch schon 'mal als "stalinistisch" titulierte Arbeiterpartei. Das Interview wird respektvoll geführt, auf Augenhöhe mit dem populären Nachrichtensprecher. Die um ihre Stellungnahme zur Korruption im Lande und der weltweiten Finanzkrise Befragte wirkt freundlich, klar, souverän.

Von meinen griechischen Freunden lerne ich den als Lob oder Vorwurf zu deutenden neugriechischen Satz "Oli plin Lakedemoniom", damit wird auf die Spartaner angespielt, die sich erfolgreich Alexander dem Großen verweigert hatten, der alle Griechen zu einem Feldzug gegen die Perser aufrief. Heute zielt der Slogan auf den Widerstand der Kommunisten gegen EU- und NATO-Mitgliedschaft. Durch solch entschieden aparte Haltung erzielte diese Partei immerhin über acht Prozent der Stimmen bei den letzen Parlamentswahlen und ironischer Weise noch mehr bei den Europawahlen. Das sind nicht ganz drei Mal so viele Stimmen wie "die Linke", die sich hier Synaspismos nennt, für sich verbuchen konnte. Die zweitstärkste Partei ist die sozialdemokratische PASOK.

Am nächsten Wochenende erlebe ich die kleine Person, die seit 20 Jahren der KKE vorsteht, fernab von der Metropole in den Bergen Mazedoniens. Dort liegt in 1800 Metern Höhe das Dorf Grammos, unweit der albanischen Grenze. Wir hatten unseren sonntäglichen Ausflug schon abbrechen wollen, befürchteten wir doch in Anbetracht der unbefestigten Straße und des Dauerregens auf der steilen Serpentine im Matsch stecken zu bleiben. Da plötzlich nach der nächsten Kurve öffnet sich der Blick, der Himmel klart auf: Ein Meer roter Fahnen flattert und tanzt im heftigen Wind. Welch ein überraschender Anblick. Viele Menschen, junge und alte, waren heute an diesen entlegenen Ort gekommen, denn hier wird gerade ein bedeutender Vertreter des griechischen Widerstands geehrt. Dem Chirurgieprofessor Petros Kokkalis, 1948 über die albanische Grenze in die spätere DDR entkommen, wird hier in der Bergeinsamkeit ein Denkmal gesetzt. An diesem rauen Flecken hatte er in harter Zeit ein Lazarett geführt, in dem verwundete Partisanen und Dorfbewohner Hilfe fanden. Er war 1944 der erste Gesundheitsminister des von den Nazis befreiten Landes gewesen. Für kurze Zeit nur, denn die Widerstandsbewegung gab freiwillig ihre Macht in die Hände der von den Briten ausgehaltenen Exilregierung in Ägypten und ließ sich widerstandslos entwaffnen. Man glaubte sich doch "verbündet" mit dem großen Alliierten der Anti-Hitlerkoalition.

Vor 60 Jahren mussten die griechischen Patrioten auch in dieser schwer zugänglichen, malerischen, aber klimatisch rauen Berggegend ihre Opposition aufgeben. Sie hatten sich hierher zurückziehen müssen, nachdem sie im Kampf gegen die neuen Machthaber, die auf wehrlose Menschen schießen ließen, immer mehr in die Defensive geraten waren. Nachdem Tito die Grenzen abdichtete und die Hilfeleistungen blockierte und nachdem die US-amerikanischen Verbündeten der Briten schließlich Napalm einsetzten, hatten sie keine Chance mehr. Die Dörfer, die sie mit Nachschub versorgt hatten, waren "ausgeräuchert" worden.

Unser Weg zurück in die Universitätsstadt führt uns über einige dieser zauberhaft gelegenen Dörfer entlang der Vikos-Schlucht. Es sind Orte der Vergangenheit, die lange Zeit über dem Verfall preisgegeben waren. Aber die Fluchtwege haben sich umgekehrt. Heute sind es "Wirtschaftsflüchtlinge" aus dem postsozialistischen Albanien, die vor allem als geschickte Steinmetze willkommen sind, weil sie für wenig Geld Wiederaufbauarbeit in der fast menschenleeren Region leisten. Inzwischen hat sich auch ein Exklusivtourismus hier angesiedelt. Noch vereinzelt laden sehr hübsche, schieferbedeckte Herbergen zum Verweilen ein. Gewiefte Reiseunternehmer bieten Wanderungen von Dorf zu Dorf an mit Übernachtungsmöglichkeit und Besichtungen. Der Weg führt entlang der Schlucht über alte Steinbrücken und -treppen zu entlegenen Klöstern. Wir schauen uns heute das eindrucksvolle Agia Paraskevi bei Monodendri an. Heute verlassen und verwaist, einst ein Hort des Widerstandes. Von hier aus ist ein spektakulärer Blick über die 12 km lange und 900 m tiefe Schlucht möglich. Wir fahren langsam auf leeren Straßen durch die herbstlich gefärbten Bergwälder des Zagorohoria-National-Parkes, machen einen Abstecher zu der leise an Ransmayrs Ovidadaption erinnernden "Steinernen Stadt". Auf dem Weg zurück nach Ioannina halten wir an bei der weithin sichtbaren, monumentalen weiblichen Figur. Sie verkörpert den Widerstand ebenso wie das legendäre "OXI". Dieses griechische "Nein" galt als Aufruf an die Nation, sich den deutschen Besatzern ebenso wie zuerst den Italienern zu widersetzen. Eine gegenwärtige Ausstellung in Athen von wunderbaren Schwarz-Weiß-Aufnahmen des legendären Fotografen Meletsi macht die Geschichte wieder lebendig. Die Fotos galten lange Jahre als unwiederbringlich verschollen. Im 90. Jahr ihres Bestehens würdigt die KKE so auf vielfältige Weise das 60 jährige Vermächtnis des nationalen Widerstands.

"Menschen aus Stein habe der Verbannte seiner Welt prophezeit", schreibt Ransmayr und weiter "was aber aus dem Schlick eines an seiner wölfischen Gier, seiner Blödheit, seiner Herrschsucht hervorgegangenen Geschlecht hervor kriechen werde, das habe Naso die eigentliche, die wahre Menschheit genannt, eine Brut von mineralischer Härte, das Herz aus Basalt, ohne Gefühle, ohne Sprache der Liebe, aber auch ohne jede Regung des Mitgefühls oder der Trauer, so taub und dauerhaft wie die Felsen dieser Küste." Die Kunstnaturgebilde im Pindus-Gebirge aus geschichtetem Stein, die atmosphärisch an die Landschaft aus Ransmayrs letzter Welt erinnern, zeugen aber viel mehr davon, wie sehr die Menschen im Einklang mit der Natur einst ihre Behausungen bauten. Sie sind von wilder Schönheit. Von ganz anderer Schönheit allerdings sind die Menschen, die aus einer langen Tradition von Widerstand hervorgegangen sind; keinesfalls entsprechen sie dem apokalyptisch-pessimistischen Menschenbild das Ransmayr in seiner "Metamorphosen" Adaption entwirft. Der österreichische Autor, den ich im Bücherregal eines griechischen Ovidkenners entdecke, kontrastiert mit der dem Licht und dem Leben zugewandten Einstellung des Mittelmeervölkchens.

Die Griechen, heute kaum mehr als 11 Millionen Einwohnern zählend, sind ein lebensfrohes, sprachbegabtes, bildungsbewusstes Volk. Sie lieben ihre metaphernreiche, musikalische Sprache, sie lieben die Debatte, das Denken in Widersprüchen. Wissend um die Schönheit ihres Landes und den geistigen Reichtum seiner Menschen scheint ihre Zuversicht berechtigt.

Auf die im Lande lang entbehrten, regenreichen Tage folgte am 7. Tag meiner Reise "Klara", das segensreiche klare Licht des Mittelraumes. Wir lassen uns von der Sonne und dem wolkenlosen Himmel locken und machen uns auf zur südlichsten Insel im Ionischen Meer. Dort auf Zakinthos oder "Zante, der Blume der Levante", ist unser Freund Georgios geboren. Sein Vater, ein Landwirt, hinterließ den Kindern einen Olivenhain. Da die übrigen Geschwister in schwerer Zeit ausgewandert sind, verwaltet er das Stückchen Land und freut sich darüber, seiner Familie und seinen Freunden ab und zu einen Ferienaufenthalt dort ermöglichen zu können.

Vom Erdbeben, das die Insel in den 50iger Jahren heimsuchte, keine Spur mehr. Seit etwa 20 Jahren sind aber die Briten wieder da, als Sommerfrischler, diesmal erwünschte Gäste. Zante, das Mallorca, der vornehmlich britischen Sonnensucher, wurde damals für den Massentourismus erschlossen und "prosperiert" seither, wie dem Anschein nach, das ganze Land. Ein zarter Blütenduft erinnert noch heute daran, dass die Insel einst das Parfüm für die venezianischen Herrscher lieferte.

Die Lebenshaltungskosten sind derzeit erheblich, wie überall in Griechenland, die Löhne niedrig und die Arbeitslosigkeit hoch. Laut Fischer Weltalmanach von 2007 liegt der Arbeitslosenanteil mit rund 10 % dennoch etwas niedriger als in Deutschland. Vielleicht liegt das auch daran, dass der familiäre Zusammenhalt weiter trägt hierzulande und viele Familien noch natürliche Erträge aus dem Land ziehen. In ländlichen Gebieten ist wohl deswegen die Küche ebenso wie die Gastfreundschaft der Menschen nach wie vor sprichwörtlich. Ihre Sorge gilt allerdings auch hier der nachwachsenden Generation, die sich mit prekären Arbeitverträgen und oft nur elterlicher Hilfe mühsam über Wasser hält. Von der Landwirtschaft kann man nicht mehr leben, so erfahre ich. Marina und Tasos sind genügsam, ihre bescheidene Rente reicht zusammen mit dem, was ihre Arbeit noch aus der Erde zu ziehen vermag für ein behagliches Leben. Sie unterstützen sogar noch ihre studierten Kinder. Wer aber wird das Land bestellen, wenn die beiden Alten einmal nicht mehr können, wer die aufwendigen Leckerbissen zubereiten?

Wie bei Marina und Tasos, so ist auch bei den Wirtsleuten des Gasthauses O' Nionios das gereichte Mahl köstlich. Hier und anderswo im Lande trinken Mann und Frau gerne hausgemachten Wein. Auch dem Tsipuro, einem hochprozentigen Treberschnaps, der beim Weinkeltern abfällt, wird gerne zugesprochen. Dazu gibt es "Meses", Beigaben, die nicht nur satt machen, sondern meist auch erlesen schmecken.

Dennoch, trotz oder vielleicht auch wegen der herzerfrischenden Liebe zur Geselligkeit und Sinnenfreude, findet man auch auf der grünen Insel mit den türkisfarbenen Stränden an vielen Orten die "Thesen der KKE". Mit ihrer Hilfe soll der 18. Parteitag im Februar 09 vorbereitet. Jetzt schon wird heftig und kontrovers debattiert über die Ursachen für das Scheitern des Sozialismus und für eine wegweisende neue Strategie dorthin zurück. Die 80seitigen Thesen liegen aufgeschlagen in der Bauernstube auf der Kommode. Sie werden in der hauseigenen Zeitung "Rizospastis", im parteieigenen Rundfunk "Eniakosiadio" (deutsch 902), und im entsprechenden Fernsehkanal dargestellt. Ihre auch den griechischen Zeitgeist provozierenden Darlegungen lösten ein Kreuzfeuer medialer Kritik aus. Während des köstlichen Mahles staunt die bundesdeutsche Besucherin über die offenen, leichtfüßigen, aber doch hochpolitischen Gespräche, deren Singsang sie lauscht. Der gebildete Uniprofessor und die belesene Bäuerin sprechen miteinander auf Augenhöhe. Die Journalistin Liana Kanelli wird gelobt, die während des völkerrechtswidrigen Krieges gegen Jugoslawien von rechts nach links abdriftete. Sie wurde schließlich auf der Plattform der Kommunisten ins Parlament gewählt. Sie schaue dem Volk aufs Maul und finde die erforderlichen, deftigen Worte. Sie spreche so manches aus, was andere nicht zu artikulieren wagten. Der Krieg, der mit deutscher Hilfe auf dem Balkan im Jahre 1999 geführt wurde, stieß allerdings, so höre ich, im ganzen Lande auf Empörung. Auch die übrigen "neuen" Weltordnungskriege finden in Griechenland wenig Anhänger. Die NATO stößt auf allgemeine öffentliche Ablehnung. Wissen die Griechen doch, wer sie führt und die Mär vom "großen Bruder Befreier" ist in der Inselrepublik wenig populär. "Demokratie" heißt in deren oft als Ursprungsland gepriesener Heimat "dialektischer Diskurs". Gemeint ist die öffentlich geführte Debatte um den richtigen Weg zur Lösung gesellschaftlicher Probleme. Das alte Heraklitwort hat hier noch Gültigkeit, nachdem der produktive Streit die Mutter aller Dinge ist: Spruch und Widerspruch, hier wird er auf gesellige Weise ausgetragen.

Das abendliche Gespräch im Bauernhaus über Krisensorge und Korruption weist auch hin auf folgende, als empörend erlebte Tatsache: In Griechenland kann eine Partei laut Verfassung auch dann allein regieren, wenn sie keine Mehrheit hat, so gegenwärtig die Regierung Karamanlis, die sich auf nur 40 % der Wählerstimmen stützen kann. Aber es werden auch viele Anekdoten erzählt, Familientratsch muss sein und der Abend endet fröhlich in Weinseligkeit.

Am nächsten Tag geht es zurück auf das Festland. Wir überqueren, bei Patras, noch einmal die neue "Rio-Andirrio"-Brücke. Nur noch fünf Minuten brauchen wir für die 2,5 km Distanz zwischen Pelepones und Kontinent. Die zweitlängste Schrägseilbrücke der Welt ist ein auch ästhetisches Wunderwerk moderner Technik.

In einem kleinen Fischlokal in Andirrio wird uns fangfrischer Meeresbarsch serviert. Bei solcher Kost und einer traumhaften Aussicht auf das heute tiefblaue Meer lässt sich locker über die griechische Götterwelt und ihre Vorzüge (!) palavern.

Das nächste Reiseziel ist Dodoni, wo das älteste Orakel Griechenlands seinen Sitz hatte.

Der Ort liegt 22km südöstlich von Ioannia. Die Besiedelungsspuren weisen 2500 Jahre in die griechische Geschichte zurück. "Dioni", die vor den Göttern lebte, war die Namensgeberin für den heiligen Platz. Hier stand ihr erster Tempel. Die Erdgöttin "existierte" lange vor Zeuß, der ihr später beigeordnet wurde. Priesterinnen sprachen an dieser Stelle das Orakel aus dem Flüstern der rauschenden Blätter, das sie mit Glasblättchen künstlich verstärkten. Auch die auffliegenden Vögel bauten die weisen Frauen in ihre Mysterien ein. Mein Begleiter von der nahen Universität erklärt mir, dass das Heiligtum gleichzeitig ein Ort weltlicher Machtausübung war. Hier tagte die Ratsversammlung, hier konzentrierte sich Macht. Durchreisende Händler, die hier Halt machten, brachten viele Informationen mit, die die klugen Frauen zu analysieren wussten. Am selben Ort magisch wirkender Naturschönheit wurde selbstredend in christlicher Zeit eine Basilika gebaut. Die Herrscher aller Zeiten wussten sich den Zauber der Naturgewalt nutzbar zu machen.

Was ich mitnehme von all den schönen Orten und den guten griechischen Gesprächen:

Uns Deutschen ermangelt es ein wenig an Heiterkeit und Leichtigkeit. Selbst unsere Poesie scheint Zeugnis abzulegen von der bleiernen Schwere, die auf unserem Geschlecht liegt. Wollen wir sie überwinden, müssen wir in Abwandlung eines Nietzschewortes "alle verschwiegenen Wahrheiten" aufdecken, die "giftig werden" und wieder Vertrauen entwickeln in das Licht aufklärenden Denkens.

Irene Eckert, Berlin, 17.11.2008

Raute

90 JAHRE KOMMUNISTISCHE BEWEGUNG IN ÖSTERREICH

Kommunistischen Initiative Österreich: 90 Jahre kommunistische Bewegung in Österreich

1. Die Gründung von KPÖ und KJV in der Tradition der revolutionären Arbeiterbewegung und des wissenschaftlichen Sozialismus

Am 3. November 1918 wurde in Wien die Kommunistische Partei Deutschösterreichs gegründet, die 1920 den Namen Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) annehmen sollte. Nur fünf Tage später, am 8. November 1918, erfolgte die Gründung des Kommunistischen Jugendverbandes (KJV), der vereinspolizeilich als Verband der Proletarierjungend Österreichs registriert war. Damit formierte sich die kommunistische Bewegung in der österreichischen Arbeiterbewegung, die seither neben der Sozialdemokratie existiert. Zurecht sah sich die kommunistische Bewegung in der Tradition der früheren, damals noch marxistischen und revolutionären Sozialdemokratie, die 30 Jahre zuvor, zur Jahreswende 1888/89, in Hainfeld als Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs (SDAPÖ) unter Führung Viktor Adlers strukturelle Form angenommen hatte. Die kommunistische Bewegung war und ist die unmittelbare Fortführerin der revolutionären Arbeiterbewegung, die mit dem Kommunistischen Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels 1848 eine erste programmatische Grundlage im Sinne des wissenschaftlichen Sozialismus erhalten hatte, die sich mit der Internationalen Arbeiter-Assoziation 1864 und mit der II. Internationale 1889 staatenübergreifende Strukturen geschaffen hatte.

2. Die objektive Notwendigkeit der Trennung vom Opportunismus und Revisionismus

Die Entstehung der kommunistischen Bewegung in Österreich und auf der ganzen Welt ist mit dem politischen und ideologischen Niedergang der alten Sozialdemokratie und der II. Internationale verknüpft. Im November 1918 war die Zeit historisch reif für die kommunistische Bewegung im Sinne einer Trennung vom Opportunismus, Reformismus und Revisionismus der gegenrevolutionären Sozialdemokratie. Die Gründung der KPÖ war eine objektive Notwendigkeit, die objektiven und subjektiven Bedingungen verlangten diese, doch die Gründung selbst konnte diese Bedingungen nicht optimal nützen. Der SDAPÖ-Führung gelang es, mittels scheinrevolutionärer Rhetorik und durch die Integration der sozialdemokratischen Linken wie Friedrich Adler einen Bruch größerer Teile ihrer Anhängerschaft mit der Politik des Opportunismus zu verhindern. So gab es in der SDAP, im Gegensatz z.B. zur SPD in Deutschland, keine relevante organisierte Linksopposition gegen die Parteiführung, aus der sich die neue revolutionäre Partei hätte entwickeln können. Die KPÖ blieb daher zunächst, bereits auf schmaler Basis gegründet, eine wenig bedeutende Partei, was aber auch manch eigenem Fehler geschuldet war. Die Gründung der KPÖ jedoch war grundsätzlich alternativlos, notwendig und richtig.

3. Die Gründung von KPÖ und KJV in der Tradition der revolutionären Arbeiterbewegung und des wissenschaftlichen Sozialismus

Am 3. November 1918 wurde in Wien die Kommunistische Partei Deutschösterreichs gegründet, die 1920 den Namen Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) annehmen sollte. Nur fünf Tage später, am 8. November 1918, erfolgte die Gründung des Kommunistischen Jugendverbandes (KJV), der vereinspolizeilich als Verband der Proletarierjugend Österreichs registriert war. Damit formierte sich die kommunistische Bewegung in der österreichischen Arbeiterbewegung, die seither neben der Sozialdemokratie existiert. Zurecht sah sich die kommunistische Bewegung in der Tradition der früheren, damals noch marxistischen und revolutionären Sozialdemokratie, die 30 Jahre zuvor, zur Jahreswende 1888/89, in Hainfeld als Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs (SDAPÖ) unter Führung Viktor Adlers strukturelle Form angenommen hatte. Die kommunistische Bewegung war und ist die unmittelbare Fortführerin der revolutionären Arbeiterbewegung, die mit dem Kommunistischen Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels 1848 eine erste programmatische Grundlage im Sinne des wissenschaftlichen Sozialismus erhalten hatte, die sich mit der Internationalen Arbeiter-Assoziation 1864 und mit der II. Internationale 1889 staatenübergreifende Strukturen geschaffen hatte.

4. Der Charakter der österreichischen Sozialdemokratie

Dass die SDAPÖ die Masse der Arbeiterschaft in ihren Reihen und in den Vorfeldorganisationen halten konnte, ist umso bedauerlicher, als eine starke kommunistische Kraft gerade in der Zeit des Ersten Weltkrieges und in den Jahren der Ersten Republik höchst notwendig gewesen wäre. Dies zeigte sich bereits deshalb, weil die österreichische Sozialdemokratie - ebenso wie die meisten sozialdemokratischen Parteien Europas - zu Beginn des Ersten Weltkrieges allen antimilitaristischen und antiimperialistischen Beschlüssen der II. Internationale zum Trotz die Bourgeoisie bei ihrem Aggressionskrieg unterstützt hatte. Die SDAPÖ schwenkte auf die Linie des kriegsbefürwortenden Sozialchauvinismus und Sozialimperialismus ein. Am Ende des Weltkrieges spielte die SDAPÖ abermals eine verderbliche Rolle: Sie beschwichtigte das durch und durch revolutionsbereite österreichische Proletariat und verhinderte die sozialistische Revolution - eine Aufgabe, welche die Bourgeoisie allein nicht mehr bewältigen hätte können. Dadurch, dass die SDAPÖ die österreichische Revolution bewusst im bürgerlichen Rahmen hielt, wurde sie zur Retterin der kapitalistischen Ordnung in Österreich. In weiterer Folge orientierte die SDAPÖ in den Jahren der Ersten Republik trotz z. T. radikaler Phraseologie auf eine reformistische und revisionistische Programmatik unter dem irreführenden Begriff Austromarxismus und nahm gegenüber den Bürgerlichen eine zunehmend defensive Haltung ein.

5. Die revolutionäre Situation 1918

Zum Jahreswechsel 1917/1918 hatte sich die Krise in Österreich zur akuten revolutionären Situation zugespitzt. Der revolutionäre Aufschwung ist u. a. am großen Jännerstreik und am Matrosenaufstand von Cattaro (Kotor) im Februar 1918 festzumachen. Im Herbst 1918 lag die faktische Macht bereits in den Händen der Arbeiterklasse. Wir wissen heute, dass dies eine bislang einzigartige Situation für die österreichische Arbeiterklasse war, die die Voraussetzungen für die sozialistische Revolution überwiegend erfüllte. Die Herrschenden konnten nicht mehr weiterregieren wie zuvor, die arbeitenden Menschen wollten nicht mehr weiterleben wie zuvor. Doch es sollte sich auf tragische Weise zeigen, welche zentrale Bedingung einer erfolgreichen sozialistischen Revolution in Österreich damals eben nicht gegeben war: Die Existenz einer revolutionären marxistischen Kampfpartei der Arbeiterklasse, d. h. einer Partei vom Typ der russischen Bolschewiki. Die erst in der Gründung befindliche KPÖ konnte noch nicht die Führung der revolutionären Bewegung übernehmen, die alte Sozialdemokratie wollte es nicht. So wurde am 12. November 1918, nur wenige Tage nach der Gründung der KPÖ, zwar die Monarchie abgeschafft und die Republik Österreich errichtet, jedoch auf bürgerlich-demokratischer Grundlage. Der SDAPÖ gelang es, mit falschen Versprechungen und mit einem sozialen Reformprojekt, aber auch mit offenen Gewaltmaßnahmen gegen die Arbeiterklasse die revolutionäre Bewegung zu lähmen und schließlich abzuwürgen, obwohl die Massen dezidiert eine sozialistische Republik, ja eben dem Beispiel der russischen Oktoberrevolution von 1917 folgen wollten. Auch als im Jahr 1919 an Österreichs Grenzen, in Bayern und in Ungarn, Räterepubliken errichtet wurden, blieb die österreichische Sozialdemokratie bei ihrer konterrevolutionären Bündnispolitik mit der österreichischen Bourgeoisie.

6. Die Schwierigkeiten der Einigung - Geburtswehen der kommunistischen Bewegung

Als in Wien-Favoriten die KPÖ gegründet wurde, kam es unter Anwesenheit von 50 Personen zunächst lediglich zur Vereinigung zweier linker Gruppierungen, nämlich der Steinhardt- und der Friedländer-Gruppe. Die Gruppe der Linksradikalen um Franz Koritschoner, die im Jännerstreik eine bedeutende Rolle gespielt hatte, blieb der Gründungsversammlung aufgrund von Auffassungsunterschieden fern, ebenso die Gruppe Föderation revolutionärer Sozialisten, Internationale (FRSI), der u.a. Leo Rothziegel und Egon Erwin Kisch angehörten.

Die prominenten Linken in der Sozialdemokratie, Otto Bauer und Friedrich Adler, orientierten sich auf die Einheit mit den rechten Opportunisten. So schlug Adler auch das Angebot aus, an die Spitze der neuen KPÖ zu treten. - Als am 9. Februar 1919 der erste Parteitag der KPÖ in Wien-Ottakring stattfand, war die Partei dennoch bereits etwas erstarkt. Einerseits hatten sich die Linksradikalen nun der KPÖ angeschlossen, andererseits waren einige Persönlichkeiten, die in russisch-zaristische Kriegsgefangenschaft waren und in Russland die Oktoberrevolution erlebt hatten, zurückgekehrt und in die KPÖ eingetreten, darunter z.B. Karl Toman und Gottlieb Fiala. Die KPÖ war 1919 bereits in mehreren Bundesländern aktiv und organisiert, sie hatte ein regelmäßig erscheinendes Zentralorgan1), mit dem Volkswehr-Bataillon 41 eine starke Position in der Wiener Volkswehr und zum Zeitpunkt des Parteitages etwa 3000 Mitglieder. Der KJV Wien umfasste bereits 400 Mitglieder.

Die KPÖ war in Moskau im März 1919, vertreten durch Karl Steinhardt, Gründungsmitglied der III., der Kommunistischen Internationale (Komintern).

7. Die Jahre des "Pluralismus" - Kinderkrankheiten in der kommunistischen Bewegung

Wenn auch die KPÖ durchaus erfolgreich in die Klassenkämpfe der Jahre 1918-1920 eingreifen konnte, in der Rätebewegung eine positive Rolle spielte, so waren doch die ersten Jahre ihrer Existenz von erheblichen inneren Schwierigkeiten geprägt. Es gab in der KPÖ, und dies war nicht zuletzt der fehlenden inhaltlichen Diskussion vor ihrer Gründung geschuldet, keine einheitliche und eindeutig kommunistischen Linie. In der KPÖ dominierten zunächst ultralinke Positionen, die nicht nur zu Fehlanalysen der Gegebenheiten, sondern auch zu falschen strategischen und taktischen Anschauungen sowie strukturellen Mängeln führten. W. I. Lenin sah sich 1920 veranlasst, die KPÖ auf falsche Positionen hinzuweisen, denn auch die Beschlüsse der Komintern wurden in der KPÖ nicht immer zur Kenntnis genommen. Doch auch innerhalb der KPÖ herrschte selbst in den Leitungsgremien ein Nebeneinander von widersprechenden Ansichten. Auf dieser Grundlage war eine zielsichere, erfolgreiche und richtige kommunistische Politik nicht möglich. Der "Pluralismus" der KPÖ lähmte sie. Schließlich, nachdem KPÖ-interne Auseinandersetzungen auch auf Komintern-Tagungen offen ausgetragen worden waren, entschied sich die Komintern zum aktiven Eingreifen.

8. Die Herausbildung einer Partei neuen Typs, einer marxistisch-leninistischen Partei

Im Jahr 1924 stellte die Komintern der KPÖ den bulgarischen Kommunisten Georgi Dimitroff zur Seite, um die Partei auf marxistisch-leninistischer Grundlage zu reorganisieren. Der 1920 aus Russland zurückgekehrte Johann Koplenig wurde leitender Sekretär der KPÖ - und sollte bis 1965 an der Spitze der Partei bleiben. Tatsächlich gelang es bis 1927, die Linie, die Positionen und die Strukturen der KPÖ soweit zu klären, dass man in weiterer Folge von einer marxistisch-leninistischen Partei, einer Partei neuen Typs sprechen konnte. Diese "Bolschewisierung" der KPÖ ermöglichte es ihr, gerade rechtzeitig für die kommenden Auseinandersetzungen ideologisch und organisatorisch gewappnet zu sein. Die KPÖ reihte sich damit in die einheitliche internationale revolutionäre Kampffront der kommunistischen und Arbeiterparteien ein, welche in den kommenden Jahren den Kampf gegen den aufkommenden Faschismus, für Frieden und das Selbstbestimmungsrecht der Nationen maßgeblich zu führen verstand. So waren es auch in Österreich die Kommunisten, die in den folgenden beiden Jahrzehnten die Hauptlast des antifaschistischen Kampfes und des Kampfes um die nationale Souveränität trugen.

9. Der Kampf gegen den aufkommenden Faschismus

Mit der Etablierung faschistischer Regime in Italien und Ungarn, mit dem Erstarken der NSDAP in Deutschland, aber auch der Heimwehrbewegung in Österreich sowie Faschisierungstendenzen in "christlichsozialen" Regierungen rückte der Kampf gegen den Faschismus immer mehr in den Mittelpunkt der österreichischen Kommunisten. Die KPÖ hatte in den frühen Jahren ihrer Auseinandersetzung mit dem Faschismus zwar zunächst die eine oder andere Fehleinschätzung oder theoretische Schwäche zu verantworten, letztlich waren die österreichischen Kommunisten jedoch die konsequenteste antifaschistische Kraft im Land. Die Führung der SDAPÖ und ihres Republikanischen Schutzbundes nahm gegenüber den faschistischen Bewegungen und der zunehmend autoritären christlichsozialen Regierung bis zum bitteren Ende eine defensive und kompromissbereite, ja geradezu kapitulantenhafte Position ein, während sie jedes Angebot der KPÖ zur Einheitsfront von Sozialdemokraten und Kommunisten ablehnte. Selbst nach der Ausschaltung des Nationalrats durch die Regierung Dollfuß orientierte die SDAPÖ weiter auf eine "Verhandlungslösung".

Als am 12. Februar 1934 revolutionäre Teile der Basis des sozialdemokratischen Schutzbundes den Aufstand gegen das autoritäre Dollfuß-Regime begannen, wurden diese von der SDAPÖ-Führung im Stich gelassen, mancherorts übten sozialdemokratische Funktionäre gar offenen Verrat, während die österreichischen Kommunisten, obwohl bereits zuvor aus dem Schutzbund ausgeschlossen, den Aufstand bedingungslos unterstützten. Doch die Niederlage der Arbeiterbewegung in den Februarkämpfen war unausweichlich, wofür die sozialdemokratische Politik der vorherigen Jahre, aber auch die falsche Struktur, Strategie und die mangelnde bis fehlende Bewaffnung des Schutzbundes gesorgt hatten. Die Folge war, dass in Österreich die offene faschistische Diktatur errichtet werden konnte.

Nun wurden auch alle sozialdemokratischen Organisationen verboten, nachdem der KJV 1931 und die KPÖ bereits seit 1933 illegal arbeiten mussten. Im antifaschistischen Widerstand wurde die KPÖ in weiterer Folge zu seiner Hauptkraft, zumal viele ehemalige Sozialdemokraten, enttäuscht Aber das Versagen der SDAPÖ-Führung, sich nun ihr zugewandt hatten. So wurde die KPÖ unter den schwierigen Bedingungen der Illegalität in den Jahren der austrofaschistischen Diktatur 1934-1938 erstmals zu einer Partei mit Masseneinfluss in der Arbeiterklasse. Neben der KPÖ organisierten sich im antifaschistischen Widerstand die Revolutionären Sozialisten.

10. Die kommunistische Bewegung und die österreichische Nation

Spätestens ab 1936 war Österreich zum Kampfplatz zweier konkurrierender Faschismen geworden, nämlich des Austrofaschismus, der auf die Erhaltung eines eigenständigen österreichischen Staates orientierte, und des österreichischen Ablegers des deutschen Nationalsozialismus, der den Anschluss Österreichs an das Dritte Reich wollte. Immer deutlicher zeigte sich, dass das austrofaschistische Regime den deutsch-faschistischen Annexionsbestrebungen wenig entgegenzusetzen hatte, zumal die Austrofaschisten Österreich selbst als "deutschen Staat" und die Österreicher als Teil des deutschen Volkes definierten. Dies tat auch die österreichische Sozialdemokratie, die zwar den konkreten Anschluss an Hitler-Deutschland ablehnte, wohl aber den Anschluss an ein bürgerlich-demokratisches Deutschland propagierte. In der KPÖ wurde nun die Frage aufgeworfen, ob der Kampf gegen die deutsch-faschistischen Annexionsbestrebungen lediglich ein antifaschistischer Kampf sei - oder auch ein nationaler Freiheitskampf. Die dahinter stehende Frage lautete daher, ob die Österreicher eine eigenständige Nation seien - oder eben Deutsche. Von der KPÖ wurde Alfred Klahr mit der theoretischen Ausarbeitung dieser Frage beauftragt. Klahr kam zu dem Ergebnis, dass die Österreicher seit den einschneidenden Jahren 1848, 1866, 1870/71 und 1918 einen eigenständigen, von der deutschen Nation unabhängigen Weg genommen hatten, dass sich eine eigenständige österreichische Nation seither in Entwicklung befand. Diese Anschauungen der Kommunisten über die Herausbildung einer eigenständigen österreichischen Nation wurden sowohl von den Austrofaschisten als auch von den Sozialdemokraten abgelehnt.

So war es lediglich die KPÖ, die bis zur Annexion Österreichs durch Deutschland 1938 und in den Jahren der Nazi-Diktatur und des Zweiten Weltkrieges 1938-1945 den Widerstand gegen den Nationalsozialismus auch als einen Kampf um nationale Unabhängigkeit und Souveränität verstand. Aus diesen Gründen ist und bleibt es hauptsächlich das Verdienst der österreichischen Kommunisten, dass im April 1945 Österreich als unabhängiger und selbständiger Staat wiedererstehen konnte, wie es die Mächte der Anti-Hitler-Koalition in der Moskauer Deklaration von 1943 aufgrund des Einflusses der UdSSR bereits in Aussicht gestellt hatten.

11. Der antifaschistische und nationale Freiheitskampf

Die Klärung der nationalen Frage in Österreich durch die KPÖ war der eine wichtige Bestandteil des antifaschistischen Kampfes der Kommunisten. Den anderen bildeten jene umfassende Faschismusanalyse und die darauf aufbauende antifaschistische Strategie, die auf dem 7. Weltkongress der Komintern 1935 erarbeitet worden waren. Unter maßgeblicher Beteiligung Georgi Dimitroffs analysierte die Konferenz den Faschismus an der Macht als die offene, terroristische Diktatur jener Teile des Finanzkapitals (unter Einschluss des Großgrundbesitzes), deren Ausrichtung zum gegebenen Zeitpunkt und im gegebenen Land besonders reaktionär und antidemokratisch, besonders chauvinistisch und aggressiv war.

Damit war der spezifische Klassencharakter des Faschismus als monopolkapitalistisch erkannt, seine antisozialistische und antikommunistische Hauptstoßrichtung wurde begründet, aber auch seine weiteren Ziele, Funktionen und Methoden wurden untersucht. Als Schlussfolgerung orientierte die Komintern daher auf die Schaffung antifaschistischer Volksfrontbewegungen, die alle nichtmonopolistischen Kräfte sammeln sollten, die objektiv im Gegensatz zum Faschismus standen. Den Kern eines solchen Volksfrontbündnisses sollte die proletarische Einheitsfront der Sozialdemokraten, Sozialisten und Kommunisten bilden. Die KPÖ unterstützte die Auffassungen der Komintern, jedoch waren die Bemühungen der KPÖ um die Einheitsfront und Volksfront in Österreich insgesamt betrachtet von wenig Erfolg gekrönt, sodass die Hauptlast des antifaschistischen Widerstandes in Österreich, in der Illegalität, im Untergrund, im Partisanenkampf, weiterhin und bis 1945 bei den österreichischen Kommunisten lag.

Andernorts kam es zur Umsetzung der Volksfrontstrategie, so etwa im Spanischen Bürgerkrieg 1936-1939, in dessen Rahmen auch viele österreichische Antifaschisten als Interbrigadisten die republikanischen Kräfte mit der Waffe in der Hand unterstützten, wenngleich letzten Endes die Übermacht des faschistischen Bündnisses zwischen Franco, Hitler und Mussolini siegte.

Im Zweiten Weltkrieg gesamt war es in den meisten Staaten Europas vor allem das Verdienst der Roten Armee der Sowjetunion, dass den deutschen Faschisten das Handwerk gelegt wurde. Die Rote Armee konnte die zuvor scheinbar unbezwingbare deutsche Wehrmacht und ihre Verbündeten nicht nur erstmals aufhalten, sondern auch zurückschlagen, aus der UdSSR vertreiben und bis nach Berlin verfolgen und vernichtend besiegen. So wurde ein Großteil Europas (und auch Österreichs) von der sowjetischen Armee vom Faschismus befreit.

Im international gesehen geringen, auf den österreichischen Widerstand bezogen aber äußerst relevanten Ausmaß hatten die österreichischen Kommunisten für den eigenen Beitrag der Österreicher zu ihrer Befreiung gesorgt. Das zentrale Anliegen der illegalen KPÖ in ihrer Tätigkeit waren zunächst die Aufklärung der Menschen über den Charakter der NS-Herrschaft und die Propagierung des Volkswiderstandes - dies geschah über Flugblätter und vorsichtig geführte Gespräche in den Betrieben.

Darüber hinaus bedeutete Widerstand natürlich die Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts, über konspirativen Informationsaustausch, über Kontakte zwischen den und Versorgung der Widerstandsgruppen, über die Weitergabe von Instruktionen, aber nicht zuletzt auch über die solidarische, materielle Unterstützung der Familien von ermordeten oder verhafteten Genossen.

All dies war die Grundlage für den militärischen Widerstand. Im bewaffneten Kampf, geschah dies zunächst durch slowenische Partisanengruppen in Kärnten, in der Obersteiermark durch die Partisanengruppe um Max Muchitsch und Sepp Filz, später im Salzkammergut. Gegen Kriegsende bildeten sich im Rahmen der jugoslawischen Partisanenarmee österreichische Freiheitsbataillone und Österreicher bildeten den Kern der Kampfgruppe Steiermark (Koralmpartisanen). Als militärischer Widerstand sind aber auch jene Aktivitäten zu verstehen, welche die Kriegsführung der deutschen Wehrmacht behindern sollten. Dies geschah über Sabotage in Rüstungsbetrieben, über Versuche, die vor allem Frauen unternahmen, deutsche Besatzungssoldaten zur Desertion anzustiften oder aber diesen für den Widerstand relevante Information zu entlocken.

Nicht zuletzt ist es ein Verdienst von Wiener Jungkommunisten aus Ottakring und Hernals, des so genannten KJV 44, während der Befreiungskämpfe um Wien im Westen der Stadt Wehrmachtssoldaten zur Kapitulation und zur Übergabe von Waffen und Munition bewegt zu haben - ausgestattet mit diesen Waffen konnte auch die SS partiell entwaffnet werden und wurden Teile der Wiener Westbezirke ohne Kampf, Opfer und Waffen konnte auch die SS partiell entwaffnet werden und wurden Teile der Wiener Westbezirke ohne Kampf, Opfer und weitere Zerstörungen an die Rote Armee übergeben. - Die gesamte Periode des antifaschistischen Widerstandes 1933/34-1945 war wohl die bedeutendste in der Geschichte der KPÖ. Die KPÖ hat in politischer Theorie und Praxis wichtige Grundlagen dafür geschaffen, dass die faschistische Herrschaft zerschlagen wurde und ein demokratisches und unabhängiges Österreich 1945 wiederhergestellt werden konnte. Dafür kämpften österreichische Kommunisten nicht nur im eigenen Land, sondern auch in zahlreichen Ländern, in die Tausende GenossInnen emigrieren mussten.

Die österreichischen Kommunisten haben im antifaschistischen und nationalen Freiheitskampf nicht nur den größten Einsatz aller politischen Kräfte gezeigt, sondern hatten dementsprechend auch die meisten Opfer zu beklagen. Mehr als 2200 österreichische Kommunisten, die in unterschiedlichen Formen im antifaschistischen Widerstand aktiv waren, wurden durch den faschistischen Herrschaftsapparat ermordet, darunter zwölf Mitglieder des Zentralkomitees der KPÖ, Tausende weitere wurden verhaftet, verschleppt und misshandelt.

12. Die Gründung der Zweiten Republik

Bereits zwei Wochen vor Ende des Zweiten Weltkrieges, am 27. April 1945, wurde im von der Roten Armee befreiten Wien die Republik Österreich wieder gegründet und für unabhängig von Deutschland erklärt. Dieses Dokument trägt die Unterschriften der Vertreter der demokratischen Parteien, d.h. der SPÖ, der ÖVP und der KPÖ. Diese drei Parteien bildeten unter der Führung des Sozialdemokraten Karl Renner die provisorische Regierung, die bis zur ersten Nationalratswahl am 25. November desselben Jahres im Amt bleiben sollte. Die KPÖ stellte in dieser Regierung mit Koplenig einen Vizekanzler sowie mit Franz Honner und Ernst Fischer zwei Minister (damals: Staatssekretäre) und vier Staatssekretäre (damals: Unterstaatssekretäre), darunter mit Helene Postranecky auch das erste weibliche Regierungsmitglied in der Geschichte Österreichs. Die baldige Nationalratswahl, deren Ansetzung die KPÖ aufgrund der fehlenden Aufarbeitung der faschistischen Indoktrinierung und hierbei nicht zuletzt der antikommunistischen Propaganda gegenüber der Bevölkerung 1934-1945 für verfrüht angesehen hatte, brachte für sie ein bescheidenes Ergebnis von 5,42% der Stimmen und vier Mandaten im Nationalrat. Mit Karl Altmann als Energieminister war die KPÖ noch bis 1947 in der Konzentrationsregierung vertreten. In den ersten Jahren der Zweiten Republik war die KPÖ mit rund 150.000 Mitgliedern und einer relevanten Anzahl von Mandaten auf Landes- und Gemeindeebene sowie in den Betrieben, vor allem in jenen, die bis 1955 unter sowjetischer Verwaltung standen, durchaus ein politischer Faktor, der von Bedeutung war.

13. Der Beginn des "Kalten Krieges" (roll back)

Bald nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges schwenkten die alliierten Westmächte, vor allem die USA und Großbritannien, vom Antifaschismus zum Antikommunismus um. Sie erkannten als den Hauptfeind nun wieder die UdSSR, die Volksdemokratien sowie die kommunistischen Parteien in den kapitalistischen Ländern. Dies bekam auch die KPÖ zu spüren, denn sowohl ÖVP als auch SPÖ reihten sich bedingungslos in den antirevolutionären und antisowjetischen Westblock ein und wollten auch Österreich deutlich auf dieser Seite positionieren. In der SPÖ selbst wurden die Linken aus der Partei gedrängt, darunter Erwin Scharf, der zunächst die Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) gründete, die in weiterer Folge in einem Bündnis mit der KPÖ stand und sich später mit ihr vereinigte.

Spätestens mit der Umorientierung auf die Politik des roll back, des Zurückdrängens der sozialistischen Entwicklung, war die Strategie der KPÖ, ab 1945 auf eine antifaschistische volksdemokratische Entwicklung Österreichs zu setzen, die sich auch im Aufgehen des KJV in der Freien österreichischen Jugend (FÖJ) manifestiert hatte, nicht mehr umsetzbar.

Um ihre Macht gegenüber etwaigen volksdemokratischen Bestrebungen und gegen die kommunistische Bewegung abzusichern, wurde von SPÖ und ÖVP damit begonnen, ehemalige Nationalsozialisten wieder gezielt zu integrieren. Zunächst buhlten beide Parteien in widerwärtiger Weise um jene "Minderbelasteten", die wieder wahlberechtigt waren. 1949 wurde als Sammelbecken des "dritten Lagers" der Verband der Unabhängigen (VdU) zugelassen, der als Wahlpartei der Unabhängigen (WdU) sogar zu Nationalratswahlen antreten durfte - aus diesem VdU sollte später die heutige FPÖ hervorgehen.

In ökonomischer Hinsicht bedeutete die Westanbindung Österreichs die Einbeziehung in den "Marshallplan", der alles andere als ein selbstloses Hilfsprogramm der USA war, als vielmehr den kapitalistischen Wiederaufbau unter Anleitung des US-Imperialismus befördern sollte. Damit sollte Westeuropa zur vordersten Front des Imperialismus im Kampf gegen die UdSSR und die osteuropäischen Volksdemokratien werden, zum politischen, ökonomischen und auch militärischen Aufmarschgebiet. Dafür stehen auch die Gründung von Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) und später Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), vor allem aber die Gründung der NATO, ebenso die Wiederbewaffnung und Aufrüstung des kapitalistischen Teils Deutschlands, der BRD.

Im Herbst 1950 kam es zu Massenstreiks gegen die Folgen der Marshallplan-Politik und der kapitalistischen Restaurationspolitik auf dem Rücken der Arbeiterklasse. Ausgelöst durch den vierten, sozialpartnerschaftlich im geheimen ausverhandelten Lohn-Preis-Pakt kam es zum größten Kampf der Arbeiterbewegung der 2.Republik, an der die KommunistInnen in den Betrieben wie auch die KPÖ gesamt eine führende Rolle einnahmen (auch wenn historisch der Beschluss zur Streikunterbrechung als großer Fehler eingeschätzt werden musste). Dieser Oktoberstreik wurde von der SPÖ- und ÖGB-Führung nicht nur verraten, sondern zum Teil im durchaus wörtlichen Sinn niedergeschlagen und in weiterer Folge als "kommunistischer Putschversuch" diffamiert.

14. Der Kampf um die Neutralität

Angesichts des antisozialistischen imperialistischen Blocks in den auch Österreich integriert werden sollte, orientierte die KPÖ auf einen Status der Neutralität Österreichs, um das Land nicht nur politisch und militärisch aus den Plänen des Imperialismus herauszuhalten, sondern um auch die Wiederübernahme der österreichischen Wirtschaft durch das Monopolkapital der BRD, der USA, Frankreichs etc. zu verhindern. Die Frage nach dem des Status Österreichs war die zentrale Frage des Abschlusses eines Staatsvertrages zwischen Österreich und den vier Besatzungsmächten, der den Abzug letzterer ermöglichen sollte. Als die KPÖ - mit Unterstützung der UdSSR - die Neutralitätserklärung Österreichs zur Erreichung dieses Zieles vorschlug, blieb sie vorerst allein - mehr noch, ihr wurde unter wütenden Protesten von den anderen österreichischen Parteien sogar Hochverrat vorgeworfen.

Doch die Geschichte zeigte, dass die KPÖ als einzige Partei damals die richtige Position vertrat: Am 15. Mai 1955 wurde der Staatsvertrag tatsächlich unter der Bedingungen abgeschlossen, dass später im selben Jahr Österreich seine immerwährende Neutralität erklären sollte. Dieses Neutralitätsgesetz wurde im Nationalrat mit den Stimmen der KPÖ, der SPÖ und der ÖVP gegen jene des VdU am 26. Oktober 1955 beschlossen.

Dass die KPÖ damit abermals die einzige politische Kraft war, die von Anfang an und konsequent für die volle Souveränität und Unabhängigkeit Österreichs eingetreten war, machte sich politisch jedoch, auch an den Wahlurnen, nicht bezahlt. Im Jahr 1959 schaffte die KPÖ den Wiedereinzug in den Nationalrat nicht, was zum Teil auch den aufwendigen antikommunistischen Kampagnen in Österreich rund um die Niederschlagung des konterrevolutionären Aufstandes in Ungarn 1956 geschuldet war.

15. Fehleinschätzungen und -entwicklungen in der KPÖ

Dass die KPÖ damit nun auf einer wichtigen politischen Bühne nicht mehr präsent war, sollte sich als äußerst problematisch erweisen. Zu Beginn der 1960er Jahre ging es um prinzipielle Fragestellungen der weiteren Aufgaben der Partei und es fassten innerhalb der Partei auch revisionistische Anschauungen Fuß. Als der langjährige Vorsitzende Johann Koplenig am Parteitag 1965 auf eigenen Wunsch zurücktrat und der "Kompromisskandidat" aller Gruppierungen Franz Muhri seine Nachfolge antrat, brach ein Fraktionskampf in der KPÖ aus, wie es ihn zuletzt vor 1925 gegeben hatte. In der KPÖ bildete sich eine revisionistische Fraktion, die sich um Ernst Fischer, Franz Marek und Theodor Prager sammelte. Diese Fraktion hatte zwar niemals im Zentralkomitee, geschweige denn in der KPÖ-Mitgliedschaft eine Mehrheit hinter sich, dennoch gelang es ihr, zum Teil mittels Zugriff auf die Parteimedien, die gesamte Partei in Geiselhaft zu nehmen und manch fatale Fehlentscheidung der KPÖ in den 1960er Jahren zu erzwingen.

Als Resultat dieser Entwicklungen in der KPÖ gab es in diesen Jahren auch zwei antirevisionistische Abspaltungen von ihr: einerseits die Vereinigung revolutionärer Arbeiter (VRA), andererseits die Marxistisch-Leninistische Partei (MLPÖ). Sowohl aufgrund ihrer allzu undifferenzierten Parteinahme für den Maoismus, der keineswegs mit Antirevisionismus gleichzusetzen ist, als auch aufgrund der Tatsache, dass die revisionistische Fraktion in der KPÖ am Ende des Jahrzehnts, im Gefolge weiterer gravierender Meinungsunterschiede über die Ereignisse in der CSSR 1968, entmachtet wurde und sich auflöste, blieben sie bedeutungslos.

Dies geschah letztlich durch die Ergebnisse des 20. Parteitages der KPÖ 1969, als die Parteibasis dem zerstörerischen Treiben nicht mehr länger zusehen wollte und konnte.

Eine ähnliche Entwicklung nahm die der KPÖ nahe Gewerkschaftsfraktion Gewerkschaftliche Einheit (GE). Auch hier wurden die Verantwortlichen mit überwältigender Mehrheit auf dem Bundeskongress 1970 abgewählt und die Gewerkschaftsfraktion ab 1974 in Gewerkschaftlicher Linksblock (GLB) umbenannt. Da auch in den der KPÖ nahestehenden linken Jugendorganisationen, in der FÖJ und in der Vereinigung Demokratischer Studenten (VDS), revisionistische und antikommunistische, im Hochschulbereich auch ultralinke Kräfte das Ruder übernommen hatten, wurden in den folgenden Jahren die Kommunistische Jugend Österreichs (KJÖ, 1970) sowie der "Kommunistische Studentenverband" (KSV, 1972) als eigenständige marxistisch-leninistische Organisationen neu geschaffen. War doch nicht zuletzt auch die nach 1945 zu Grunde gelegte Orientierung auf überparteiliche, antifaschistische Jugendorganisationen - wegen der bald nach 1945 erfolgten Torpedierung durch die Sozialdemokratie - obsolet geworden.

Der moderne Revisionismus, der die KPÖ einige Jahre lähmte, war aber keineswegs nur hausgemacht. Er hielt bereits während des Zweiten Weltkrieges in der kommunistischen Weltbewegung Einzug, erfasste zunächst die KP der USA, nach dem Krieg die KP Jugoslawiens. Mit dem XX. Parteitag der KPdSU 1955 und in dessen Gefolge ergriff er in der UdSSR Führungs- und Schlüsselpositionen, was fatale Auswirkungen für die weitere Entwicklung der sozialistischen Staaten hatte. Der moderne Revisionismus in den kommunistischen Parteien der kapitalistischen Länder, zielte auf Basis einer Entstellung des Marxismus in fundamentaler Weise vor allem auf eine "Sozialdemokratisierung" der Parteien, damit verbunden auf eine Entsolidarisierung gegenüber den sozialistischen Staaten, auf die Erfindung eines neuen "dritten Weges" zwischen Kapitalismus und Sozialismus und letztlich auf die Liquidierung der kommunistischen Parteien.

In der KPÖ war diese Gefahr mit Beginn der 1970er-Jahre vorerst gestoppt. Einige Jahre später sickerte der Revisionismus in äußerlich neuem Gewand, nämlich in jenem des so genannten "Eurokommunismus", abermals in die kommunistische Weltbewegung ein. In Italien wurde der "Eurokommunismus", dessen Inhalte und Ziele weitgehend mit jenen des modernen Revisionismus der 50er und 60er-Jahre identisch waren, der aber letztlich auch viel mit dem "Austromarxismus" der alten österreichischen SDAP gemein hatte, zur Leitlinie der KPI, was schlussendlich planmäßig zu deren "Sozialdemokratisierung" und Liquidierung führte.

In der KPÖ konnte der "Eurokommunismus" nicht Fuß fassen - seine Thesen wurden von der großen Mehrheit der KPÖ-Mitgliedschaft richtigerweise abgelehnt, was 1977 auch offiziell festgehalten wurde.

Nichts destotrotz - oder auch als ungenügende Reaktion auf die innerparteilichen Auseinandersetzungen - fasste in dieser Phase der KPÖ ein sehr starres Verständnis der ideologischen Auslegung des Marxismus-Leninismus Fuß, das eine Weiterentwicklung der marxistischen Dialektik und politischen Ökonomie wie auch eine offene Auseinandersetzung mit den Fehlentwicklungen und Verbrechen sozialistischer Länder weitgehend verhinderte.

16. Die antimonopolistische Orientierung

Hatte der Revisionismus in der KPÖ deren Politik teilweise gelähmt oder fehlgeleitet sowie ihre ideologische Entwicklung geradezu sabotiert, so lag es nun in der Verantwortung der antirevisionistischen Mehrheit, die Klärung ideologischer Fragen und politischer Positionen, welche höchst notwendig war, rasch umzusetzen. Der Kapitalismus geriet weltweit unausweichlich in seine erste große Nachkriegskrise, der US-Imperialismus führte offen einen verbrecherischen Krieg gegen das Volk Vietnams, in Chile wurde die revolutionäre Volksfrontregierung durch einen faschistischen Putsch gestürzt...

In Österreich stellte die SPÖ eine Alleinregierung, die jedoch trotz absoluter parlamentarischer Mehrheit innerhalb der klaren Grenzen der "Sozialpartnerschaft" mit der österreichischen Bourgeoisie agierte.

Von der KPÖ verlangt waren daher eine klare Einschätzung der Situation sowie eine strategische Orientierung. Diese Aufgabe wurde auch erfüllt - die KPÖ erkannte die Durchsetzung des staatsmonopolistischen Kapitalismus (Stamokap) als Normalfall des Kapitalismus auch in Österreich, wobei die Besonderheit in der so genannten "Sozialpartnerschaft" besteht, die im Sinne der sozialdemokratischen Ideologie der "Klassenharmonie" maßgeblich für ein möglichst reibungsloses Funktionieren des Stamokap, für die stetige Umverteilung von unten nach oben mittels staatlicher Eingriffe sorgen soll, aber auch ein spezielles zusätzliches Element der Entdemokratisierung ist.

Die SPÖ ist hier derartig zu charakterisieren, dass ihre Funktionärsschicht durch Privilegien materiell und ideologisch fest ins staatsmonopolistische System integriert ist und sogar eine wichtige Stütze desselben darstellt, während die breite Mitgliedschaft und Anhängerschaft der Sozialdemokratie keine Privilegien besitzen und daher natürlich zur Arbeiterklasse, zu den Ausgebeuteten und Unterdrückten gehören. Auf internationaler Ebene hob die KPÖ hervor, dass die EG ein transnationales Instrument des westeuropäischen Imperialismus und hierbei vor allem des wieder erstarkten BRD-Imperialismus ist. Daher wurde die damalige Annäherung Österreichs an die EG sehr kritisch betrachtet, ein etwaiger Anschluss Österreichs an die EG wurde abgelehnt.

Angesichts dieser Gesamtanalyse orientierte die KPÖ nun auf einen antimonopolistischen Weg zum Sozialismus, d.h. auf die Zurückdrängung und Brechung der Macht der Monopole durch ein breites gesellschaftliches Bündnis für sozialen Fortschritt, Demokratie und Frieden. Die Möglichkeit antimonopolistischer Bündnispolitik gründet auf dem objektiven Gegensatz aller nichtmonopolistischen Klassen und Schichten der Gesellschaft zum Monopolkapital. Wäre ein politischer, gesellschaftlicher und ökonomischer Zustand erreicht, in dem das Kräfteverhältnis nachhaltig zuungunsten der Monopole und zugunsten der arbeitenden Bevölkerung verändert wäre, würde dies den optimierten Boden für den Kampf um den Sozialismus bedeuten - man befände sich in der Etappe der antimonopolistischen Demokratie. Diese Übergangsetappe ist keine historisch unausweichliche, nach Einschätzung der KPÖ jedoch eine wahrscheinliche Etappe auf dem Weg zur sozialistischen Revolution in Österreich sowie den anderen "fortgeschrittenen" imperialistischen Staaten. Wesentlich bei der antimonopolistischen Strategie der KPÖ ist zu beachten, dass es im Rahmen derselben keine Illusionen gegenüber dem monopolkapitalistischen Klassencharakter der bürgerlichen Staatsmacht gibt, dass es daher auch kein Verzichten auf die Diktatur des Proletariats und die Wehrfähigkeit der Arbeiterklasse und ihrer revolutionären Bündnispartner gegenüber der eigenen nationalen Bourgeoisie sowie gegenüber dem Weltimperialismus geben kann.

Dies waren (und sind) Dinge, die zwar schon seit Jahrzehnten bekannt waren, die durch die Ereignisse in Chile 1973 jedoch abermals auf bittere Weise vergegenwärtigt wurden. Ebenso wesentlich die Erkenntnis: Ohne erfolgreiche Bündnispolitik und ohne Hegemonie der revolutionären Arbeiterklasse gibt es keine sozialistische Revolution. Diese gesamte Orientierung und Strategie der KPÖ wurde am 22. Parteitag 1974 in Form der "Ideologisch-politischen Leitsätze" beschlossen. Diese Leitsätze stellten nach Jahren einer gewissen ideologischen Desorientierung ein wichtiges programmatisches Dokument der KPÖ dar. Sie sollten in weiterer Folge als Grundlage der Erarbeitung eines neuen Parteiprogramms dienen.

17. Sozialismus in Österreichs Farben

Der Entwurf zum neuen Parteiprogramm der KPÖ, der maßgeblich von Ernst Wimmer erarbeitet worden war, wurde vom ZK im Frühjahr 1981 dem 24. Parteitag unterbreitet, der die weitere Vorgehensweise bis zur Beschlussfassung festzulegen hatte. Der Entwurf, der ausgehend von den "Leitlinien" des 22. Parteitages neue praktische Erfahrungen und Erkenntnisse aus einer Reihe theoretischer Konferenzen in Programmform gefasst hatte, wurde in diesem Sinn in den folgenden Monaten in allen Organisationsebenen der Partei diskutiert. Für Januar 1982 wurde ein außerordentlicher Parteitag einberufen, auf dem das Ergebnis schließlich einstimmig beschlossen wurde.

Gegenüber den "Leitlinien", die dies noch nicht bewerkstelligen konnten und wollten, musste das Programm nun eine möglichst präzise Analyse der Eigentums- und Machtverhältnisse vornehmen, die verschiedenen Funktionen des Staates und seiner Einrichtungen im Rahmen des staatsmonopolistischen Systems mussten genauer unter die Lupe genommen werden, wobei wiederum insbesondere die Herrschaftsform der "Sozialpartnerschaft in Vergangenheit, Gegenwart und potentieller Zukunft von Interesse zu sein hatte. Darüber hinaus war eine Analyse der österreichischen Sozialstruktur, des Verhältnisses der Klassen und Schichten der Gesellschaft zueinander sowie vor allem laufender gesellschaftlicher Differenzierungsprozesse Voraussetzung dafür, um zu erkennen, welche Perspektiven für Aktionseinheiten und Bündnisse im Sinne der antimonopolistischen Orientierung vorlagen - hierbei war gemäß der Analyse die Frage zentral, wie das System der "Sozialpartnerschaft" zu überwinden wäre.

Im internationalen Rahmen wurde die Friedensfrage in den Mittelpunkt gestellt, konkret die Verhinderung eines möglichen Atomkrieges. Die antimonopolistische Strategie zum Sozialismus wurde außerdem in der Frage der Machterringung und -erhaltung gegenüber den Leitlinien deutlich präzisiert. Das neue Programm beschäftigte sich auch mit dem Sozialismusbild der KPÖ, es wendet sich gegen jedes "Modelldenken" und gegen Idealbilder des Sozialismus, sondern verlangt einen nüchternen Blick. Der künftige Sozialismus in Österreich muss einerseits allgemeinen Gesetzmäßigkeiten entsprechen, die ihn per definitionem als einen solchen ausweisen werden; andererseits sind unbedingt nationale Besonderheiten zu beachten, ohne deren Einbeziehung der Sozialismus in Österreich gar nicht erst zur verwirklichen sein wird oder nicht lebensfähig bleiben würde. In diesem Sinne orientiert das Programm seinem Titel gemäß auf den "Sozialismus in Österreichs Farben". Die Selbständigkeit der österreichischen Kommunisten und ihre besonderen Kampfbedingungen stellen es in ihre Verantwortung, im eigenen Land bestmöglichen Widerstand zu leisten und eigene Wege zur Revolution zu finden - dies ist der beste und der Hauptbeitrag jedes österreichischen Revolutionärs zur Sache der Weltrevolution und zum proletarischen Internationalismus.

Gleichzeitig, bei aller Eigenständigkeit und Eigenverantwortung der jeweiligen Kommunisten für ihr eigenes Land, ist von ihnen doch maximale Solidarität mit den sozialistischen Staaten und Kommunistischen und Arbeiter-Parteien verlangt. Dies bedeutet nicht, dass man sich dadurch mit allen Fehlern, die in anderen Ländern geschehen sein mögen, identifiziert oder diese leugnet - im Gegenteil, solidarische Kritik ist wünschenswert. Doch darf dies niemals so weit gehen, dass daraus Distanzierung und Entsolidarisierung oder gar Denunziation und Aburteilung entstehen, wodurch die Kommunisten plötzlich näher bei ihren Gegnern und Feinden, den Antikommunisten, stünden als bei ihren Genossen in anderen Ländern. Wer sich dazu hinreißen lässt, steht objektiv im Lager der Konterrevolution, der Bourgeoise, des Imperialismus - und wird selbst zum Feind des Sozialismus.

18. Die Konterrevolution in der UdSSR und Europa

In den Jahren 1989/90 gab es für den ersten großen Sozialismusanlauf der Menschheit, der im Oktober 1917 in Russland begonnen hatte, große Rückschläge und Niederlagen in Europa und in der UdSSR. In den sozialistischen Staaten Mittel- und Osteuropas sowie in der UdSSR setzte sich binnen erstaunlich kurzer Zeit die offene Konterrevolution durch, in all diesen Ländern kam es zur kapitalistischen Restauration und zur Wiedereingliederung dieser Gebiete ins imperialistische System. Für die Sache des Sozialismus war diese Tatsache eine gewaltige und schockierende Niederlage.

Die Aufgabe der Kommunisten ist es, die Gründe für diese Niederlage zu erörtern: Es war nicht einfach der Druck von außen, vom Weltimperialismus, der zum Zusammenbruch der Mehrheit der sozialistischen Staaten führte, im Gegenteil: Maßgeblich waren innere Faktoren dafür verantwortlich, dass der Imperialismus triumphieren konnte.

Es waren die Langzeitwirkungen des modernen Revisionismus, der nach dem XX. Parteitag der KPdSU (1956) in der UdSSR an die Macht gekommen war, im Zusammenspiel mit der gezielten und wohl bewussten Vorgehensweise der Bürokratenclique um Michail Gorbatschow, die zum Kollaps führten. Gorbatschows "Perestroika" hatte, vor allem in ihrer zweiten Phase, nicht den Umbau, sondern den Abbau des Sozialismus zum Ziel. Auf Basis fataler ökonomischer, demokratie- und hegemoniepolitischer Fehlentwicklungen, die bereits Chruschtschow initiiert hatte und die nie behoben wurden, herrschte nicht nur in der UdSSR, sondern in der gesamten RGW-Gemeinschaft ein Ungleichgewicht, das die soziale Unzufriedenheit in der Bevölkerung förderte.

Der XX. Parteitag hatte auch zur moralischen Entmutigung der Menschen geführt, die sich dank der Kampagnen der Revisionisten nicht mehr sicher sein konnten, wirklich für die bessere Welt einzustehen. Jene sozialistischen Regierungen in Europa, die nicht dem Liquidationskurs der revisionistischen sowjetischen Führung Gorbatschows folgen wollten, wurden ökonomisch erpresst und im Stich gelassen.

Das Ende der sozialistischen Staaten in Europa und der UdSSR ist zwar die Folge der Niederlage des Marxismus-Leninismus gegenüber dem Revisionismus in der kommunistischen Bewegung, nicht aber die direkte Niederlage des Marxismus-Leninismus gegenüber dem Imperialismus. Mit Kuba wird z.B. bis heute bewiesen, dass ein sozialistischer Staat unter marxistisch-leninistischer Führung auch dann bestehen kann, wenn er der imperialistischen Front beinahe alleine gegenübersteht. Der Unterschied ist offensichtlich, nämlich dass sich der Sozialismus in Kuba niemals moralisch selbst diskreditierte, dass es keine bewusst fehlgeleitete Wirtschaftspolitik gab, dass es auch keine negative demokratiepolitische Entwicklung gab, die die Massen dem sozialistischen Staat und seiner Ordnung entfremdet hätte.

Dennoch, trotz Fehlentwicklungen waren es keineswegs "sozialimperialistische", "staatskapitalistische" oder "degenerierte Arbeiterstaaten", wie manche "linksradikale" Strömungen meinen, sondern sozialistische Staaten und Gesellschaften, die 1989/90 untergegangen sind. Es ist Aufgabe der Kommunisten, deren positive Rolle und damit Verdienste hervorzukehren, allen voran die Zerschlagung des Faschismus, die konsequente Politik für den Weltfrieden, die Unterstützung der Befreiungsbewegungen in den ehemaligen Kolonien, die gewaltigen Errungenschaften für die arbeitenden Menschen in den sozialistischen Ländern selbst (Recht auf Arbeit, soziale Sicherheit und Bildung, Fortschritte in der Emanzipation der Frauen u.v.m.) und auch die Erringung des Lebensstandards und der demokratischen Rechte in den entwickelten kapitalistischen Ländern. Vor diesem Hintergrund ist es wesentlich zu erarbeiten, worin gegenüber den negativen Erfahrungen die richtige, marxistisch-leninistische Linie bestanden hätte - und worin sie heute besteht.

19. Fragen der Erneuerung und Neuorientierung in der kommunistischen Bewegung

Der tiefen Krise der kommunistische Weltbewegung wurde von den einzelnen kommunistischen und Arbeiterparteien unterschiedlich begegnet:

Einige Parteien gingen den revisionistischen Liquidationskurs munter weiter, lösten sich auf oder wurden in sozialdemokratische Parteien umgewandelt, andere wagten die Erneuerung auf marxistisch-leninistischer Grundlage, indem sie auch die Fehlentwicklungen zu analysieren zu versuchten.

So begann ein Differenzierungsprozess in der vormaligen Gemeinschaft der kommunistischen und Arbeiterparteien, der bis heute nicht abgeschlossen ist.

Die Grundsatzfrage - Liquidation, Transformation oder kommunistische Erneuerung - stellte sich natürlich auch für die KPÖ. Nachdem Franz Muhri 1990 nicht mehr als Vorsitzender zur Verfügung stand, übernahmen Walter Silbermayr (gewählt vom PT) und Susanne Sohn (ernannt von Silbermayr am PT) die Führung der KPÖ. Silbermayr und Sohn standen für die Liquidierung der KPÖ als kommunistische Partei und die Schaffung einer diffusen, pluralistischen und bestenfalls reformistischen "Linkspartei".

Diese Orientierung wurde aber von der Basis nicht mitgetragen, weshalb das Vorsitzendenduo bereits im März 1991 zurücktrat. An seiner Stelle wurden Otto Bruckner, Margitta Kaltenegger und Julius Mende Bundessprecher, Walter Baier Bundessekretär der KPÖ. 1994 wurde Walter Baier dann zum neuen Vorsitzenden der KPÖ gewählt. Damit begannen neue Konflikte in der KPÖ um ihre Linie, Orientierung und Zukunft.

20. Der neue Revisionismus in der KPÖ

Während die KPÖ nun ihre historischen Tiefpunkte bei bundesweiten Wahlen erreichte, setzten Baier und die ihn umgebende Gruppe immer mehr auf eine revisionistische Linie, in der Tradition der Fischer-Fraktion der 60er Jahre, aber - origineller Weise - auch im Sinne der Ziele von Silbermayr und Sohn.

Inhaltlich bedeutete dies eine explizite Ablehnung des kommunistischen Charakters der KPÖ: Weder sollte sie marxistisch-leninistisch, noch Arbeiterpartei sein. Die KPÖ sollte als pluralistische und reformistische Linkspartei vor allem "gesellschaftskritische Intellektuelle" ansprechen.

Kontinuierlich wurde auch die Ablehnung der EU-Mitgliedschaft Österreichs verwässert, schließlich wurde die Wiederaustrittsforderung gegen den Willen der meisten Mitglieder fallengelassen. Auf internationaler Ebene zeichnete sich die KPÖ-Führung durch eine Entsolidarisierung gegenüber den verbliebenen sozialistischen oder sozialistisch orientierten Ländern sowie gegenüber revolutionären und antiimperialistischen Befreiungsbewegungen aus.

In der Geschichtseinschätzung wurde eine pauschale Abrechnung mit der UdSSR und den sozialistischen Staaten in Europa auf die Agenda gesetzt. Damit brachte Baier das komplette Arsenal des Revisionismus in Stellung und öffnete die Partei selbst für deklarierte Antikommunisten.

Jene KPÖ-Mitglieder und Parteistrukturen, die nicht bereit waren, den Weg der revisionistischen, letztlich antimarxistischen Transformation und der möglichen Liquidation der KPÖ mitzugehen, organisierten die innerparteiliche Linksopposition, die den kommunistischen Charakter der KPÖ erhalten wollte. Zu diesen Kritikern zählten die KPÖ-Landesorganisationen in der Steiermark und in Tirol sowie einzelne Wiener Bezirksorganisationen, darunter vor allem Ottakring und Liesing und eine Gruppe von GenossInnen, darunter Bruno Furch, Eduard Rabofsky, Erwin Scharf, die seit 1992 eine Zeitung, die "nVs" - Neue Volksstimme herausgaben.

Nach knappen Auseinandersetzungen auf Parteitagen und -konferenzen konnte sich im April 2003, am 32. Parteitag der KPÖ, bei dem alle Mitglieder teilnahme- und stimmberechtigt waren, nochmals Baier gegenüber seinem Gegenkandidaten, Manfred Eber aus Tirol, knapp an der Spitze der Partei behaupten.

Inhaltlich wurde das Kompromissdokument "Wofür steht die KPÖ?" beschlossen, zur Erarbeitung eines neuen Parteiprogramms wurde eine Kommission gewählt. Dieser Programmentwurf sollte dem nächsten erneutem Mitgliederparteitag vorgelegt werden.

Dazu kam es nicht mehr: Baiers Anhänger - im Bundesvorstand und in der Programmkommission in der Minderheit - behielten entgegen den Beschlüssen des PT die organisatorische Macht und gingen mittels administrativer antidemokratischer Maßnahmen gegen die marxistische Opposition in die Offensive.

Diese organisierte sich im April 2004 in Leoben innerparteilich als Kommunistische Initiative zur Erneuerung der KPÖ, deren Sprecher Otto Bruckner und Werner Murgg waren.

Die KPÖ-Führung Baiers ging in den folgenden Monaten weiter gezielt gegen diese Linksopposition vor: die Tiroler Landesorganisation und die Bezirksorganisation Wien-Ottakring, zwei Zentren der Antirevisionisten, wurden kurzerhand aufgelöst, prominente Kritiker Baiers, wie z.B. Manfred Eber, Vorsitzender in Tirol, die KPÖ-Frauenvorsitzende Petra Stöckl, Lisl Rizy, früheres Mitglied des Bundesvorstandes der KPÖ und Mitglied der Leitung des GLB oder Helmuth Fellner, der ebenfalls Mitglied des Bundesvorstandes und früherer AK-Rat des GLB war, wurden aus der KPÖ ausgeschlossen, die Arbeit der gewählten Programmkommission ignoriert, der 33. Parteitag entgegen Beschluss des 32. Parteitages als Delegiertenparteitag einberufen, bei dem sich die KPÖ-Führung genehme Delegierte aussuchen konnte.

Der Versuch der Opposition, einen alternativen Mitgliederparteitag zu organisieren, scheiterte. Im Dezember 2004 fand der 33. Parteitag der KPÖ statt, den die Opposition aus der Steiermark, Tirol und mehreren Bezirken Wiens geschlossen boykottierte.

Auf dem Parteitag ließ sich Baier als Vorsitzender bestätigen sowie seine inhaltliche Linie und ein neues Parteistatut abnicken.

21. Die Gründung der Kommunistischen Initiative

Damit war der endgültige Bruch in der KPÖ nicht mehr zu vermeiden. Der Linksopposition wurde die Arbeit innerhalb der Parteigremien und auch auf Bezirksebene unmöglich gemacht. Gegen GenossInnen wurde mit administrativer-bürokratischer Maßnahmen wie weiteren Parteiausschlüssen und der Verweigerung der Erneuerung der Mitgliedsbücher vorgegangen.

Baier brachte im Namen der KPÖ und in seinem Namen auch einige seiner Kritiker vor Gericht.

Viele der Ausgeschlossenen sowie weitere Oppositionelle, die selbst aus der KPÖ ausgetreten waren, entschieden sich für eine Neuorganisierung außerhalb der KPÖ. Im Januar 2005 wurde in Wien die Kommunistische Initiative (KI) gegründet, zum Vorsitzenden wurde Otto Bruckner gewählt.

Als strukturierte Opposition in der KPÖ verblieben damit lediglich die KPÖ Steiermark sowie die KPÖ Wien-Liesing, wobei die steirische KPÖ-Landesorganisation die Ergebnisse des 33. Parteitages nicht anerkennt und sich selbst außerhalb der derzeitigen "Bundes-KPÖ" sieht. Die KPÖ setzte ihren Kurs fort und ist heute als "transformatorische Linke" Teil der revisionistischen und reformistischen Europäischen Linkspartei (EL).

Die KI vertritt die Tradition des Marxismus-Leninismus und der revolutionären kommunistischen Arbeiterbewegung und sieht ihre Aufgabe darin, für den Aufbau einer revolutionären, marxistisch-leninistischen, antiimperialistischen und internationalistischen Kampfpartei der Arbeiterklasse zu wirken. Es sind natürlich nicht alle österreichischen Kommunisten in der KI organisiert. Auch in der KPÖ verbleiben in unterschiedlichen Strukturen, vor allem aber in der KPÖ Steiermark, Menschen, die für eine antirevisionistische marxistisch-leninistische Linie stehen.

Auch KJÖ und KSV stehen auf marxistisch-leninistischer Grundlage und lehnen die Linie und Orientierung der KPÖ ab. Der Versuch der KPÖ-Führung, eine neue Jugendorganisation als Ersatz für die und als Gegenstruktur zur KJÖ zu schaffen, scheiterte kläglich, der Versuch der KPÖ, den KSV zu spalten und seine Tätigkeit zu sabotieren, war zumindest in Wien teilweise erfolgreich. Dennoch sieht die überwältigende Mehrheit der österreichischen Jungkommunisten ihre Bündnispartner in der KPÖ Steiermark und der KI. Die Aufgabe der Schaffung einer neuen kommunistischen Partei in Österreich ist aufgrund des nichtkommunistischen Charakters der KPÖ höchst aktuell. Hierzu möchte die KI, in solidarischer Zusammenarbeit mit Kommunisten und Sozialisten, die in anderen Organisationen Mitglieder oder noch unorganisiert sind, einen Beitrag leisten. Darüber hinaus bekennt sich die KI zur linken und zur antimonopolistischen Bündnispolitik. Die Aufgabenfelder der Schaffung einer starken kommunistischen Kraft in Österreich und der Schaffung eines antimonopolistischen und antiimperialistischen Pols in der Gesellschaft sind alternativlos.

Die kommunistische Bewegung ist in Österreich vor 90 Jahren angetreten, um konsequent für die Interessen der Arbeiterklasse und aller Unterdrückten einzutreten. Die Aufgaben der kommunistischen Bewegung - in Österreich und weltweit - sind keine geringeren als die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus und der Aufbau des Sozialismus. Soll dies gelingen, so ist eine starke kommunistische Bewegung, die sich ideologisch an Karl Marx, Friedrich Engels und W. I. Lenin orientiert, die in den besten Traditionen der revolutionären Arbeiterbewegung, der Hainfelder Sozialdemokratie und der früheren KPÖ steht, unersetzbar.

Kommunistische Initiative Österreichs, Wien, im November 2008
www.kommunisten.at

Raute

Gerhard Oberkofler: Wissenschaft und Kommunistische Partei in Österreich(22)

[...] Die Verbindung zwischen Wissenschaft und Kommunistischer Partei reicht zurück in die Anfänge des Marxismus. Die Verdienste von Marx und Engels um die Arbeiterklasse und für die Perspektive einer humanitären Zukunft liegen vor allem darin, dass sie, wie das Lenin formuliert hat, "an die Stelle der Träumereien die Wissenschaft" gesetzt haben. Die marxistische Theorie ist, weil sie eine wissenschaftliche ist, nicht etwas Abgeschlossenes und Unantastbares, sie hat aber Grundpfeiler gelegt, "die die Sozialisten nach allen Richtungen weiterentwickeln müssen".

Die Tätigkeit der Kommunistischen Partei nach Errichtung des sozialistischen Staates Russland war definiert mit den beiden Begriffen "Sowjets + Elektrifizierung": Sowjets, das ist eine Regierung, die ihre Entstehung der Anwendung des wissenschaftlichen Sozialismus verdankt, also der Gesellschaftswissenschaft im weitesten Sinne des Worte. Elektrifizierung bedeutete nichts anderes als Anwendung der Naturwissenschaft in ihrer fortgeschrittensten Entwicklungsstufe. Nach dem Leninschen Prinzip war der Sozialismus also angewandte Gesellschafts- und Naturwissenschaft. Wie dümmlich, ohne jedes wissenschaftlich historisches Verständnis, wird auf der Homepage der KPÖ diese Lenin'sche Idee verballhornt! Stalin hat 1928 in seiner Rede auf dem VIII. Kongress des Kommunistischen Jugendverbandes hervorgehoben, dass die Bolschewiki sich nicht auf die Heranbildung kommunistischer Kader überhaupt beschränken können, "die über alles ein wenig zu schwätzen verstehen": "Was wir jetzt brauchen", so Stalin, "sind bolschewistische Spezialisten": "Die Wissenschaft meistern, neue Kader bolschewistischer Spezialisten in allen Wissenszweigen schmieden, lernen, lernen, mit größer Beharrlichkeit lernen" - das sei die Aufgabe der bolschewistischen Partei. Erstmals in der Geschichte wurde also durch die Sowjetunion versucht, die Ideen des wissenschaftlichen Sozialismus, die Ideen des wissenschaftsgeleiteten Humanismus zur herrschenden Idee eines Staates grundgelegt. Die optimistische und sachliche Grundstimmung der Menschen, die die Gesellschaft mit der kommunistischen Partei als treibende Kraft in Richtung Sozialismus umgestalten wollten, spiegelt sich in der Sowjetliteratur wie in dem damals viel gelesenen Werk "Wie der Stahl gehärtet wurde" von Ostrowski wieder.

Viele hervorragende Wissenschaftler, Natur- und Gesellschaftswissenschaftler, waren von der in der Sowjetunion herrschenden wissenschaftlichen Grundgesinnung angezogen - weltweit und in der kleinen Republik Österreich. Ein Ausdruck dieser wissenschaftlichen Gesinnung, die junge kommunistische Parteien wie jene in Österreich erfasste, war - stimuliert von den theoretischen, in deutscher Sprache in Auszügen bekannten Grundgedanken Stalins über die Nation aus den Jahren 1912 bis 1913 - die historisch wissenschaftlichen Erörterungen von Alfred Klahr in Weg und Ziel 1937 zur nationalen Frage in Österreich. Das war für den Kampf gegen den deutschen Faschismus und für den Wiederaufbau der österreichischen Republik von großer Bedeutung. In Großbritannien waren John Haldane, der der Begründer der mathematischen Genetik ist, oder der Physiker John Desmond Bernal, von dem auch eine Sozialgeschichte der Wissenschaften stammt, von der Wissenschafts- und Modernisierungsdynamik, die der Sozialismus in sich birgt und in der Sowjetunion angewandt wurde, tief beeindruckt. Populärwissenschaftliche Arbeiten von beiden Naturwissenschaftlern wurden nach 1945 durch die KPÖ abgedruckt. Im ersten Heft von Weg und Ziel 1946 erschien ein Artikel des Nobelpreisträgers und Mitglieds der französischen kommunistischen Partei Paul Langevin, in dem er optimistisch meint, dass in einer menschlichen Gemeinschaft, die immer zusammenhängender und solidarischer wird, von jedem im Interesse aller ein immer höheren Bildungsgrad verlangt wird, "ein immer vollständigeres Verständnis der Beschaffenheit der Welt und der Gesetze, welche die Natur und den Menschen beherrschen". Vor allem nach Österreich zurückgekehrten Emigranten aus Großbritannien, den USA und aus der Sowjetunion ist es zu danken, dass sich ein solches am wissenschaftlichen Fortschritt orientiertes Denken in der KPÖ verbreitete.

Zur österreichischen kommunistischen Wissenschaftlerelite nach 1945 zählte der physikalische Chemiker Engelbert Broda [...]. 1936 war Broda nach Wien zurückgekehrt und musste nach dem Einmarsch der Hitler-Okkupationstruppen im Frühjahr 1938 Österreich wieder fluchtartig verlassen, diesmal nach England. 1947 kehrte er in das zerstörte Nachkriegs-Wien zurück, um am Aufbau Österreichs mitzuwirken, er war zuerst im Bundesministerium für Energiewirtschaft und Elektrifizierung tätig, widmete sich aber bald ganz der wissenschaftlichen Arbeit an der Wiener Universität. Auf seine Initiative hin wurde am I. Chemischen Institut der Wiener Universität die radiochemische Abteilung mit seinem ersten Dissertanten, dem aus der US-Emigration nach Österreich heimgekehrten Thomas Schönfeld errichtet. Am 4. November 1948 fand im Wiener Rathaus vor allem auf Initiative von Broda, der vom Mathematiker Wilhelm Frank unterstützt wurde, eine "Enquete über die Lage des wissenschaftlichen Lebens in Österreichs" statt, was die KPÖ veranlasste die Erklärung abzugeben, dass sie innerhalb und außerhalb des Parlaments alles Erdenkliche tun werde, "um der österreichischen Natur- und Geisteswissenschaft eine würdige Zukunft zu eröffnen [...] in der der Wissenschaft jede Möglichkeit gegeben wird, die Bewegungsgesetze der Atome, Moleküle und lebenden Organismen zu erforschen, die technischen Maßnahmen zur Hebung der Reichtümer unserer Berge, Täler und Flüsse zu entwickeln [...]." So lesen wir in Weg und Ziel 1949. Die Enquete war wegen der Politik der Sozialdemokratie ohne jeden Erfolg. Insgesamt herrschte in der KPÖ der Nachkriegszeit aber ein der Wissenschaft freundliche Atmosphäre. Der österreichische Atomwissenschaftler Hans J. Grümm spricht in seinen Erinnerungen von intensiven wissenschaftlichen Diskussionszirkeln in der Partei. Neben und mit den Naturwissenschaftlern, die über Naturprozesse sprachen, diskutierten Gesellschaftswissenschaftler, so der Musikwissenschaftler und frühere Begleiter von Karl Kraus Georg Knepler über Fragen eines neuen Musiklebens in Österreich. Eva Priester und Albert Fuchs, dessen Buch über die Geistigen Strömungen Österreichs heute noch unübertroffen ist, bereicherten mit ihren Arbeiten die Geschichtswissenschaft. Theodor Prager erklärte, unterstützt von einprägsamen graphischen Darstellungen, die Wirtschaft mit marxistischem Instrumentarium, seine fünf Lehrhefte, von 1951 bis 1953 von der KPÖ herausgegeben, wurden 1953 in einem Buch zusammengefasst. Der Abschnitt "Das Märchen vom 'reichen Amerika' ist heute noch lesenswert. Und Ernst Fischer produzierte neben Theaterstücken, deren Besuch für Parteiangehörige Pflichtübung war, auch gute marxistische Literaturwissenschaft, zu deren Pionieren in Österreich Otto Kreilisheim zählt. Fischer war ein hochbegabter Intellektueller, er galt nach 1945 als Symbol der Verbindung zwischen Arbeiterklasse und revolutionärer Intelligenz. Aber schon sein Auftreten auf der Prager Kafka Konferenz und der dort abstrakt erörterten Entfremdungsproblematik 1963 zeigt, dass er bereit war, sich selbst für jeden bürgerlichen Zeitungsapplaus aufzugeben. Der aus der österreichischen Arbeiterbewegung kommende, ausschließlich von deren Interessen angeleitete Autoschlosser, Widerstandskämpfer und Jurist der Arbeiterklasse Eduard Rabofsky, der nicht zum Führungsapparat der KPÖ gehörte, hat damals im Wiener Tagebuch unter dem Titel "Weder Fledermaus noch Schwalbe" den historischen Materialismus von Seiten solcher Spitzenfunktionäre wie Fischer eingefordert: "Dies hätte den Vorteil, dass statt über Symbole und Mythen über geschichtliche, ökonomische und politisch relevante Tatsachen zu diskutieren wäre". Ein hoch geschätztes Bindeglied zwischen Naturwissenschaft und Gesellschaftswissenschaft in der KPÖ war Walter Hollitscher, schon weil er das Denken nicht als "spirituelles Geschehen" ansah. Er verfasste aus Anlass des Sputnikerfolges am 4. Oktober 1957, der allerdings die Illusion weckte, dass die Sowjetunion an die Spitze der Weltwissenschaft vorgestoßen sei, eine von der KPÖ herausgegebene optimistische Broschüre "Wissenschaft und Sozialismus. Heute und Morgen": "Wer von den Ideen des Sozialismus ergriffen wurde, der wurde damit auch von den Ideen der Wissenschaft ergriffen; und wer die Wissenschaft begreift - wer begreift, was war, ist und kommen wird -, der begreift auch die Notwendigkeit des Sozialismus" - so Hollitscher. [...]

Alle Aspekte des menschlichen Lebens optimal zu gestalten, war Triebkraft im wissenschaftlichen Denken solcher österreichischer kommunistischer Wissenschaftler wie des österreichischen Kommunisten und Biowissenschaftlers Samuel Mitja Rapoport, der zweimal aus Wien emigrieren musste, einmal 1937 in die USA und dann wieder 1952, diesmal nach Berlin/DDR, nachdem infolge einer Intervention von Seiten der USA eine Laufbahn des damals schon international anerkannten Rapoport an der Wiener Medizinischen Fakultät unmöglich geworden war.

In breiten Kreisen der KPÖ der Nachkriegszeit war Interesse vorhanden, sich Kenntnisse über die positiven und negativen Aspekte der wissenschaftlich technischen Entwicklung auf wissenschaftlicher Basis anzueignen. Es gibt allerdings nur wenige Hinweise, dass der Parteiapparat in dieser Hinsicht selbst initiativ gewesen wäre. Vielmehr waren prominente Parteifunktionäre skeptisch gegenüber der Tatsache, dass für Wissenschaftler die Bindung an die Prinzipien der Wissenschaft und damit an den Marxismus und dessen Weiterentwicklung zum Marxismus-Leninismus stärker war als die Bindung an die Kommunistische Partei bzw. kommunistischen Parteiapparat. [...]

Die Leitungskader der KPÖ beschäftigten sich nicht wirklich mit den Auswirkungen der wissenschaftlich-technischen Entwicklung auf das gesamte gesellschaftliche Leben ein-schließlich der Partei selbst. Sie orientierten auf unmittelbare, in zwei, drei Jahren anstehende Aufgaben. Dieses Manko wurde in der Partei Ende der 60er Jahre schließlich so offenkundig, dass jetzt versucht wurde, jenen neuen Faktoren Rechnung zu tragen. Fest stand, dass sich eben durch die wissenschaftlich technische Revolution mannigfaltige alternative Entwicklungsmöglichkeiten ergaben. Ob diese Entwicklung wirklich im Interesse der Gesellschaft sein würde, würde davon abhängen, ob privatkapitalistische und imperialistische Interessen zurückgedrängt werden können. [...] 1957 hat sich aus KPÖ Mitgliedern eine politisch völlig unabhängige und autonome Arbeitsgemeinschaft "wissenschaftlich technische Revolution" und deren Auswirkungen eingerichtet. Zuerst war Friedl Fürnberg Parteiverantwortlicher, dann Fred Margulies. Wilhelm Frank, Hans Friedmann, Robert Rosner und Thomas Schönfeld beteiligten sich aktiv und andauernd. Es kam, um die Basis des Wissens zu verbreitern, zu Vortragsveranstaltungen. Margulies hielt seine Parteizusagen nicht ein, Frank beendete ausdrücklich wegen der nicht eingehaltenen Zusagen von Margulies und Resultatlosigkeit seine Mitarbeit, die Arbeitsgemeinschaft löste sich im April 1966 auf. Im selben Monat publizierte Frank in Weg und Ziel noch einen Artikel über "Wissenschaft und Arbeiterbewegung", indem er resümiert, dass die Arbeiterbewegung ihre Begegnung mit den Trägern der Wissenschaft nicht dem Zufall überlassen könne, sondern systematisch pflegen müsse. [...]

Dem 20. Parteitag 1969, der vom Strudel der Prager Ereignisse erfasst wurde, lag unter dem Titel "Österreich und die wissenschaftlich technische Revolution" die Diskussionsgrundlage des Arbeitskreises "Wissenschaftlich technische Revolution" vor. Dort heißt es: "Wir müssen bemüht sein, der Wissenschaft so weit wie möglich die Tore zu öffnen und die Voraussetzungen schaffen, dass die modernen Erkenntnisse der Wissenschaft unsere Tätigkeit bestimmen. [...] Versteht es die Partei jedoch nicht, die neuen Bedingungen und Möglichkeiten rechtzeitig und richtig zu nutzen, dann droht ihr die Gefahr, dass sie zu einer bedeutungslosen Sekte herabsinkt, die von inneren Widersprüchen zersetzt wird und nicht imstande ist, der Arbeiterklasse den Weg zur Erfüllung ihrer historischen Sendung zu weisen". Leopold Hornik klagte noch auf dem 20. Parteitag: "Wir sind auf dem ideologischen Gebiet, vor allem was die Auseinandersetzungen mit den bürgerlichen Ideologien betrifft, sehr im Rückstand. Wir haben vor allem ideologisch die Probleme nicht bewältigt, die sich aus der wissenschaftlich-technischen Revolution ergeben".

Ja, so war es und ist es! Es würde jetzt zu weit führen und eigentlich eine einziges Jammerbild abgeben, darzustellen wie dem KPÖ-Parteiapparat die wissenschaftliche Herangehensweise an die Probleme der Gesellschaft in den folgenden Jahrzehnten völlig abhanden gekommen ist. Daran waren, was zunächst nicht so auf der Hand liegt, jene vielen Intellektuellen einer jüngeren Generation nicht unbeteiligt, die Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre, aus vielen verschiedenen Gründen angezogen vom Marxismus, in die als marxistisch geltende KPÖ eingetreten sind. Unter ihnen waren Naturwissenschaftler und Techniker eine winzige Minderheit, wie es ja auch eine Folge von 1968 überhaupt war, dass naturwissenschaftliche und technische Fächer eher geringer eingeschätzt wurden. Nach einer Konferenz der KPÖ "Zur Lage der Intelligenz in Österreich" wurde eine Kommission des ZK für Intellektuellenarbeit eingesetzt, was immer das heißt. Viele von diesen Intellektuellen machten mit aufgesetzten Marx Schwätzereien, von denen Marx selbst sagte, dass, wenn das Marxismus ist, er jedenfalls kein Marxist sei, Parteikarriere. Die in der Partei verbliebenen wissenschaftlich denkenden Kommunisten, die, wie Eduard Rabofsky imstande waren, zur gesellschaftswissenschaftlichen Praxis konkret anzuleiten, waren zu wenige, um diesen Entwicklung umzukehren. Und wie steht's heute.

Der Wahlkampf der Bundes-KPÖ im August und September d. J. hat gezeigt, dass diese Partei jede wissenschaftliche Grundlage verloren hat, der Wahlkampf wurde ohne jede Bezugnahme zum konkreten Leben der Arbeiterschaft oder zum mühevollen gewerkschaftlichen Kleinkampf in den Betrieben geführt. Da wird, weil's nett klingt, eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden verlangt, das bringe mehr Freizeit. Freigabe von Cannabis wird ebenso gefordert wie der weltweite Ausstieg aus der Atomskraft, das sei, so ein slowenischer Textarbeiter, spätestens seit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 notwendig. Er hätte sich in einem Schwerpunktheft der "Fortschrittlichen Wissenschaft" aus dem Jahre 1987 besser informieren können. Fehlerhafte Ideologisierung ist eben nur eine Variante von sachunkundiger Trivialisierung. Der in der KPÖ als Spitzenwissenschaftler angebotene und ausgehaltene Dr. Walter Baier schwadroniert über ein bedingungsloses Grundeinkommen und vergleicht die Forderungen der jungen, um ihre Existenz kämpfende Sowjetunion an ihre arbeitsfähigen Menschen "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen" mit dem Nazi-Spruch von Dachau, Arbeit mache frei. Welche Schande für die KPÖ und ihre Mitglieder, solchen geschichtslosen Tagesopportunisten Raum für ihr Gift zu geben! "Gleiche Rechte für alle", "Gleichgewicht statt Reichgewicht" - solche leere Redensarten schieben den Klassenkampf auf die Seite, Marx und Engels haben das bereits in ihrem Zirkularbrief vom September 1879 an Bebel, Liebknecht und anderen angeprangert.

Der Anspruch einer Kommunistischen Partei muss sein, dass ihre Leiter selbst wissenschaftliche Ansprüche haben. Das heißt natürlich nicht, auf diesem oder jenem Gebiet Experte zu werden. Das ist nicht zu schaffen, zumal sich die Kluft zwischen Experten und Laien massiv verbreitert. Aber gewisse Kenntnisse über Grundlagen, Prinzipien und Grenzen sind angemessen. Die Kommunistische Partei muss der Führungsmethode immer mehr einen wissenschaftlichen Charakter geben, anstatt den ideologischen Vorgaben der bürgerlichen Eliten kritisch vielleicht, aber jedenfalls eindeutig nachzulaufen wie beispielsweise in der Frage der Europäischen Union. Der fachlichen Qualifikation der Funktionäre muss ein immer anzuhebender Stellenwert haben - neben ihrer politischen Verlässlichkeit. Einer der letzten Parteifunktionäre, die das zu vertreten versucht haben, war Ernst Wimmer.

Wissenschaft ist ein sich entwickelndes, umfassendes System von Erkenntnissen über die Gesetze der Natur, der Gesellschaft und des Denkens. Wissenschaftler mussten einen langen Kampf führen gegen metaphysische und religiöse Bevormundung. Sie müssen diesen noch am Beginn unseres 21. Jahrhundert weiter und in Anbetracht reaktionärer Entwicklungen wieder führen. So bringt die katholische Kirche sich durch den pseudowissenschaftlichen Begriff Intelligent Design gegen die Evolutionstheorie in Stellung. Intelligent Design steht für die religiös inspirierte Lehre, nach der die Vielfalt des Lebens nicht durch Evolution, sondern nur durch das Wirken eines allmächtigen Schöpfers, also durch einen intelligenten Entwurf, entstanden sein kann. Daraus resultieren tiefgehende Manipulationsmöglichkeiten der Menschen durch die Kirche. Es ist ein Kennzeichen des völlig unwissenschaftlichen Zustands der KPÖ von heute, dass 2005 ihr Vorsitzender die in Österreich von Kardinal Schönborn forcierte pseudo-wissenschaftliche Agitation unterstützt hat. Ein fatales Symbol ist, dass die Bundes-KPÖ ihr Seminar über 90 Jahre KPÖ in Mariapolis in Wien 23 abgehalten hat, einem Gästehaus der erzkatholischen Fokolarebewegung. Aber das sind nicht die einzigen äußeren Verfallszeichen einer Partei, die mit der Theorie von Marx und Engels angetreten ist, den "Sozialismus aus einer Utopie zur Wissenschaft" zu machen.

Die KPÖ zieht mit ihren beliebig gewordenen Positionen Wissenschaftler, die über ihre Disziplin hinaus denken, nicht mehr an. Was soll einen Wissenschaftler auch veranlassen in einer Partei mitzuwirken, die so wenig Respekt gegenüber gesicherten wissenschaftlichen Positionen zeigt? Das menschliche Denkvermögen kann, so Bertolt Brecht, in erstaunlicher Weise beschädigt werden. "Das gilt für die Vernunft des einzelnen wie der ganzen Klassen und Völker" und, das darf sinngemäß ergänzt werden, der Parteien. Möge sich also die Kommunistische Partei Österreichs ihrer wissenschaftlichen Wurzeln erinnern, denn nur dann wird ihr Wirken in der Klassengesellschaft, im realen Kampf zwischen den Klassen, wieder nützlich sein und die Erkenntnis um sich greifen, dass es jenseits des Kapitalismus ein System gibt, das vor allem die Grundbedürfnisse des Menschen erfüllen kann.

Prof. Dr. Gerhard Oberkofler, Innsbruck

Raute

NACHRICHTEN AUS CHINA

Reinhold Schramm: China - Früchte der harmonischen Marktwirtschaft:

Aktienmärkte

Zhang Wanli, Professorin an der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften: Vorbildlich sei das Sozialversicherungssystem in den USA, sagt Frau Zhang Wanli.

Und: Wegen der Mobilmachung während des 2. Weltkrieges musste die amerikanische Regierung den Bürgern eine tragfähige soziale Absicherung garantieren. In China gibt es Marktwirtschaft erst seit Anfang der achtziger Jahre. Alle Mittelständler haben von der Reform- und Öffnungspolitik enorm profitiert.

Aber vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Veränderungen steht der Mittelstand in China auch unter großem Druck: Hypothekendarlehen müssen zurückgezahlt werden, diverse monatliche Raten sind regelmäßig fällig, existenzsichernde Maßnahmen bereiten den Mittelständlern erhebliche Sorgen.

Nach einer Untersuchung besitzen 97,1 Prozent des Beijinger Mittelstandes eine eigene Wohnung, aber nur 21 Prozent haben den Kaufpreis entrichtet. Manche "Mittelständler" fürchten, dass das Jahr 2008 zum Wendepunkt der Wirtschaftsentwicklung werden könnte.

"Auf dem Aktienmarkt kämpft Chinas Mittelstand zur Zeit unter vollem Einsatz, um genug Geld für die Zukunft zu erwirtschaften. Das hat viel mit dem eigenen Status und mit der aktuellen Befindlichkeit des Mittelstands zu tun", sagt Frau Zhang Wanli. Und: "Der Mittelstand sehnt sich nach größerem Wohlstand. Hochgesteckte Erwartungen auf eine Verbesserung der Lebenssituation geben dabei die Zielrichtung vor: Man möchte einfach besser leben. Viele Mittelständler halten es nur für fair und angemessen, ihr Einkommen auf dem Aktienmarkt aufzubessern, um so ihr gesellschaftliches Ansehen zu steigern."

Frau Zhang Wanli macht sich Sorgen: "Der Aktienmarkt ist hochspekulativ. Obwohl einige durch Intelligenz, Erfahrung oder auch Glück reich werden können, kann man aber keinesfalls damit rechnen, mit Aktienspekulation von heute auf morgen superreich zu werden. Allgemein gesehen ist der Mittelstand eine Gruppe, die am Aktienmarkt Geld verlieren wird", so Frau Zhang Wanli.

Mehr zu den Sorgen des chinesischen Mittelstands in der "Beijing Rundschau" unter der Schlagzeile: "Die neuen Leiden des Mittelstands in China", ein Artikel von Xu Bei.

Erhöhung des Rentenalters

Der Plan der staatlichen Behörden ist es, "in absehbarer Zeit das Rentenalter zu erhöhen.

Gegenwärtig liegt das Rentenalter für Frauen bei 55, für Männer bei 60 Jahren. Frauen werden ab 2010 erst mit 56 Jahren in Rente gehen können, ab 2013 erst mit 57 Jahren.

So soll alle drei Jahre das Rentenalter um ein Jahr heraufgesetzt werden, bis das Rentenalter für Mann und Frau schließlich bei 65 Jahren liegt. Ab 2015 soll eine entsprechende Regelung für das Rentenalter der Männer in Kraft treten."

Der Autor Zeng Wenhui schreibt in seinem Beitrag für die "Beijing Rundschau" u. a. wörtlich: "Viele Arbeitgeber leiden also unter erheblichen Kosten, die durch die Versorgung ihrer ehemaligen Mitarbeiter verursacht werden. Da ist es verständlich, dass Regierungsstellen begeistert den Plan aufgegriffen haben, der bis 2030 eine generelle Erhöhung des Rentenalters auf 65 Jahre vorsieht."

Joseph Troisi, Direktor einer UN-Einrichtung in Malta, sagt hierzu: "Viele westliche Länder haben mittlerweile das Rentenalter auf 65, oder sogar auf 70 Jahre erhöht. Die chinesische Regierung sollte es ihnen gleichtun".

Du Peng, Direktor des Forschungszentrums für Bevölkerungsentwicklung an der "Volksuniversität" in Beijing, meint unter anderem: "Manch einer schließt sein Studium erst im Alter von dreißig Jahren ab. Wenn er dann schon mit sechzig in den Ruhestand tritt, ist dies eine Verschwendung von Ausbildungskosten und qualifizierter Arbeitskraft. Die Ressourcen einer jeden Generation sollten im Arbeitsprozess voll zur Geltung gebracht werden."

Quelle: "Beijing Rundschau" am 14.11.2008.

Reinhold Schramm, Berlin

Raute

KOMMUNISTISCHE INITIATIVE IN DEUTSCHLAND

Redaktion offen-siv: Vorbemerkung

Wir drucken im folgenden vier Artikel, die in der ersten Ausgabe des Informationsbulletins der "Kommunistischen Initiative" erschienen sind. Wir verfolgen damit drei Ziele: erstens wollen wir in solidarischer Verbundenheit mit der "Kommunistischen Initiative" auf ihr Informationsbulletin hinweisen, zweitens wollen wir auch kritischen Stellungnahmen eine Öffentlichkeit geben, damit wir drittens eine Diskussion beginnen können über Vorteile, Bedenken, Verteidigung und Kritik an der "Kommunistischen Initiative".

Das Informationsbulletin der "Kommunistischen Initiative" kann bestellt werden bei: Michael Kubi, Mühlheimer Str. 6, 60386 Frankfurt/M, Tel: 0176-28 809 067, Mail: info@kommunistische-initiative.de

Redaktion offen-siv, Hannover

Vorläufiges Organisationskomitee der Kommunistischen Initiative in Deutschland: Ein erster Schritt ist getan...

Vor wenigen Wochen wandten wir uns mit dem Aufruf "Schafft die Kommunistische Initiative in Deutschland!" an die Öffentlichkeit in der Hoffnung, eine inhaltliche Diskussion über die Notwendigkeit der Entwicklung der kommunistischen Einheit in Deutschland auf marxistisch-lenistischen Positionen anzustoßen, wie auch mit dem Ziel, diese Diskussionen in konkrete Schritte münden und es nicht bei allgemeinen Absichtserklärungen bewenden zu lassen.

Die Intensität der Diskussionen hat uns positiv überrascht. Bislang wurde unsere recht karge, sich immer noch in der Entwicklung befindliche Internetseite rund 2700-mal aufgerufen. Im guten dreistelligen Bereich bewegen sich Zuschriften von offenen Unterstützern und am Prozess Interessierten; mehrere Kontakte laufen darauf hinaus, lokal und regional Diskussionsveranstaltungen zur Kommunistischen Initiative (KI) zu organisieren. Über das KI-Projekt wird in verschiedenen Zusammenhängen an der Basis debattiert.

Der Kreis der bisherigen Unterstützer und Interessierten widerspiegelt im Wesentlichen das Spektrum der kommunistischen Kräfte hierzulande; sie kommen aus der DKP, der KPD, der KPD(B), aus der Partei "Die Linke", dem Kreis der Fernstudenten der Zeitschrift "offen-siv", dem Umfeld von "offen-siv", dem "RotFuchs", aus Gewerkschaften sowie anderen Initiativen und Organisationen. Hinzu kommen Unorganisierte.

Aus den bisherigen Zuschriften sowie den derzeit geführten Diskussionen haben sich einige "offene Fragen" herauskristallisiert.

Manche vermissen tiefer gehende Situationsanalysen oder auch Aussagen zum Beispiel zu konkreteren Positionierungen zu Gegenwart und Geschichte (als einige Beispiele hierfür seien genannt: Europäische Union, Charakter der Klassenkämpfe in der BRD und in Europa, Rolle und Bedeutung des Revisionismus). Dies kann jedoch ein Aufruf nicht leisten: er reißt lediglich an, will zuspitzen, aufmerksam machen, Diskussionen anstoßen und sich gleichzeitig grundsätzlich positionieren. Das bedeutet: der Aufruf kann und will kein Programm sein. Letzteres wollten wir ganz bewusst nicht zur Diskussion anbieten, denn das wäre aus unserer Sicht der vierte vor dem ersten Schritt gewesen, da eine Programmdiskussion in Konsequenz bereits schon jetzt in die Vorbereitung und Umsetzung von festen Organisationsstrukturen führen würde. Wir haben uns entschieden, zunächst einmal die marxistisch-leninistischen Kräfte zu sammeln, wie wir es ja in unserem Aufruf formuliert haben.

Andere wiederum glauben, wir wollten einen - wie auch immer und gearteten - Prozess der Vereinigung von kommunistischen Organisationen, Parteien, Zeitschriften etc. starten oder gar eine Art abgrenzender Konkurrenz zu ihnen formieren, fürchten eine neue "kommunistische Splittergruppe oder Partei mit spalterischer Tendenz". Weder das eine, noch das andere ist der Fall. Beides wären Wege in die Sackgasse! Wir möchten alle, organisierte UND bislang nicht organisierte, Kommunistinnen und Kommunisten ansprechen, die nach einem revolutionären Bruch mit dem imperialistischen System suchen. Wir hoffen, dass sich in diesem Sinne vor allem auch junge Arbeiter, Schüler und Studenten angesprochen fühlen, die eine klare revolutionäre Orientierung erstreben.

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Dominanz revisionistischer Positionen innerhalb der zersplitterten kommunistischen Bewegung in der BRD sammeln wir Genossinnen und Genossen auf individueller Basis sowie auf mit klaren marxistisch-leninistischen Positionen, was natürlich Gespräche und Diskussionen mit existierenden Organisationen und Parteien nicht ausschließt - im Gegenteil, dies könnte ein fruchtbringender Prozess werden. Niemand wird aufgefordert, seine Partei oder Organisation zu verlassen. Ein gleichzeitiges Arbeiten in der "Kommunistischen Initiative" würde die Position der organisierten Genossinnen und Genossen in der Auseinandersetzung mit dem (immer noch) dominierenden Revisionismus stärken und helfen, gemeinsam in die Klassenauseinandersetzungen mit klaren Positionen einzugreifen sowie revolutionäre, marxistisch-leninistische Perspektiven zu entwickeln. Dabei kann die einzige Zukunft für Kommunisten in der BRD doch nur in der langfristig angelegten Formierung einer einheitlichen, marxistisch-leninistischen Kommunistischen Partei liegen. Ohne eine solche Partei werden sich keine tatsächlichen revolutionären Alternativen zur imperialistischen Barbarei entwickeln können!

Manche meinen, es sei entweder falsch oder taktisch unklug gewesen, in unserem Aufruf die "Kommunistische Plattform" (KPF) in der Partei "Die Linke" als linkes Feigenblatt in einer sozialdemokratisierten, nicht-marxistischen Partei und die DKP als revisionistisch bezeichnet zu haben. Gibt es denn wissenschaftliche Argumente gegen diese Aussagen? Parteien und Organisationen, nicht nur, aber insbesondere kommunistische, werden in ihrem Charakter durch ihre Programme, Veröffentlichungen, Führungspersönlichkeiten sowie deren konkrete Politik bestimmt. Legen wir hier die Messlatte des Marxismus-Leninismus an, so bestätigt diese kritische Überprüfung unsere Aussagen bezüglich beider Organisationen, die den Ist-Zustand beschreiben, jedoch nichts zu künftigen Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven beider Organisationen sagen. Trotzdem gibt es innerhalb der DKP und auch der Partei "Die Linke" aus unterschiedlichen Gründen und mit unterschiedlichen Hintergründen Kommunisten, die sich auf Basis des Marxismus-Leninismus positionieren. Gerade diese sind auch zur Mitarbeit am Aufbau der "Kommunistischen Initiative" aufgerufen.

Der Aufruf zur Gründung einer "Kommunistischen Initiative" soll einen Prozess starten, der langfristig in die Formierung einer einheitlichen, marxistisch-leninistischen Partei einmündet. Wir haben versucht, mit unserem Aufruf den Startschuss für die Sammlung all jener zu geben, die dieses Ziel teilen. Wir stehen jedoch erst am Anfang. Weitere Schritte müssen folgen: offen diskutiert, solide, ohne Hast, aber zielgerichtet und auf klaren marxistisch-leninistischen Positionen. Bevor wir festere Strukturen aufbauen, muss allerdings der Sammlungsprozess weiter intensiviert werden. Hierzu sollen ein regelmäßiges Publikationsorgan und Diskussionsveranstaltungen in unterschiedlicher Form dienen. Das wird uns in die Lage versetzen, gemeinsam konkrete Positionen zu aktuellen Klassenkämpfen, internationalen Ereignissen wie auch zu theoretisch-ideologischen Fragen zu entwickeln. Als nächster Schritt könnte dann ein bundesweiter Kongress geplant werden, um den Entwicklungsprozess zu vereinheitlichen, ein Programm zu diskutieren und den Aufbau festerer Strukturen vorzubereiten.

Wir haben es also mit einem Projekt zu tun, das schrittweise qualitativ wie quantitativ heranwächst! Es ist ein Aufbau von der Basis her. Deshalb liegt es an uns allen, wie intensiv wir uns einbringen, diesen Prozess gestalten und damit die Perspektive öffnen, in Deutschland eine einheitliche, marxistisch-leninistische Kommunistische Partei zu formieren!

Gehen wir auf klaren Positionen und mit revolutionären Visionen voran!

Schaffen wir gemeinsam die Kommunistische Initiative in Deutschland!

Sozialismus oder Barbarei!

Vorläufiges Organisationskomitee der Kommunistischen Initiative in Deutschland

Raute

Erich Buchholz: Zum Aufruf: "Schafft die Kommunistische Initiative in Deutschland!"

Wozu sollen diese Initiative und dieser geforderte Zusammenschluss gut sein? Was bringen sie?

In meinem langen Leben habe ich immer wieder die Beobachtung gemacht, dass die wirtschaftlich und politisch Mächtigen dieser Gesellschaft - trotz Konkurrenzkämpfe untereinander und politischer Differenzen - stets zusammenhielten, wenn es um die Aufrechterhaltung ihrer wirtschaftlichen und politischen Macht, insbesondere um die Erhaltung und Sicherung ihre riesigen Vermögenswerte, ihres Eigentums und ihres Profits geht.

In diesem Sinne wirkten und wirken von ihnen abhängige und bezahlte Medien uni sono, mit einer Stimme, wie wir es gerade gegenwärtig wieder sehr anschaulich erleben.

Selbst die Justiz, auch die juristisch unabhängigen Richter, vor allem die der Obergerichte, beweisen, wenn es um die Erhaltung der vorgenannten ökonomischen und politischen Macht der Großen geht, hinter juristischen Begründungen letztendlich eine eindeutige Position.

Demgegenüber werden die Unterdrückten und Ausgebeuteten, die kleinen Leute, die Arbeiter und Arbeitslosen, die kleinen Selbstständigen und die andern einfachen Menschen des Volkes - schon durch die objektiven Bedingungen - immer wieder gegeneinander gebracht:

Wer noch Arbeit hat, sieht in dem, der Arbeit sucht, der ihm seinen Arbeitsplatz streitig machen könnte, seinen Feind!

Wer keine Arbeit hat und Arbeit sucht, sieht in dem anderen Arbeitssuchenden zu oft seinen Konkurrenten. Die, die einen Arbeitsplatz und womöglich Aussicht auf einen besseren haben, sehen in ihrer Sorge um diesen oder diese Chance in dem anderen den Konkurrenten - wobei auch unanständige Methoden, zum Beispiel Mobbing, eingesetzt werden.

Erst recht werden Frauen und Männer, junge und alte Arbeitnehmer und Arbeit Suchende und ganz besonders verschiedene Nationalitäten im Streit um Arbeitsplätze oder möglichst günstige Arbeitsbedingungen gegeneinander gebracht - und zwar, ohne dass die wirtschaftlich und politisch Mächtigen dazu etwas Besonderes tun.

Selbst die Gewerkschaften sind nicht selten zerstritten. Um die Einheit der Gewerkschaften zu unterbinden, werden besondere Gewerkschaften gegründet, teilweise sogar durch die "Arbeitgeber", die dafür Millionen aufwenden.

Zulange blieben die Arbeitslosen noch völlig außerhalb des Blickfeldes der Gewerkschaften, die sich als Zusammenschluss von Arbeitern, von Arbeitenden sehen oder sahen.

Die Arbeiter und Arbeit Suchenden, die Unterdrückten und Ausgebeuteten werden auseinander dividiert.

Jeder gegen jeden!

Teile und herrsche!

So lautet seit eh und je die bewährte Herrschaftsmethode!

Solange die Unterdrückten und Ausgebeuteten untereinander uneins sind, bleiben sie schwach, können sie für die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen wenig ausrichten.

Stehen sie aber zusammen, handeln sie gemeinsam, so sind Erfolge erreichbar, wie das jüngstens wieder die Gewerkschaften bewiesen.

Einen einzelnen Finger kann man leicht brechen, aber eine ganze Faust nicht!

Nur Einheit macht stark!

Deshalb wurde im Kommunistischen Manifest der einzige richtige Schluss gezogen: Proletarier aller Länder vereinigt euch! Dieser richtige Schluss ist heute nicht minder aktuell als früher.

Allerdings muss heute wegen der veränderten Formen der Unterdrückung und Ausbeutung der Begriff Proletarier weiter gefasst werden. Er sollte alle einschließen, die unterdrückt und ausgebeutet werden, auch wenn die Einzelnen ihrer juristischen Stellung nach nicht abhängige Arbeitnehmer, sondern kleine Selbstständige, Inhaber von Ich-AGs und ähnliches sind.

Jedenfalls ist der Zusammenschluss der Ausgebeuteten und Unterdrückten aller Art und aller Länder eine Lebensnotwendigkeit für ihre Existenz und Zukunft!

Wie aber kann diese Einheit des Proletariats und der anderen Unterdrückten und Ausgebeuteten erreicht werden, wenn die Kommunisten untereinander streiten und teilweise mehr Kraft für den Kampf gegen andere Kommunisten aufwenden als für den Kampf gegen den gemeinsamen Gegner!

Wer ist denn eigentlich ein Kommunist?

Manch einer hält sich für einen Kommunisten, anderswo werden Leute als Kommunisten oder Organisationen als kommunistisch bezeichnet, obwohl sie wahrlich keine sind.

Ein anschauliches Beispiel dafür ist der Vorwurf gegen die Partei "Die Linke", die gerade in der jüngsten Zeit als kommunistisch denunziert wird.

In den späten 40er und in den 50er Jahren wurden in Westdeutschland Hunderttausende, die keine Kommunisten waren, als solche und nichtkommunistische Organisationen, wie die Freie Deutsche Jugend (FDJ) und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) als kommunistisch diffamiert und abgestempelt, nur weil sie sich gegen die auf Spaltung Deutschlands und Einbeziehung Westdeutschlands in die NATO gerichtete Politik Adenauers wandten, was schließlich auf nachdrückliche Veranlassung Adenauers zum Verbot der KPD durch das BVerfG führte.

Im Kommunistische Manifest wird klargestellt, dass die Kommunisten innerhalb der Arbeiterbewegung diejenigen sind, die am konsequentesten die Interessen der Ausgebeuteten und Unterdrückten verfechten und gegenüber anderen Ausgebeuteten und Unterdrückten die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraus haben.

Die Kommunisten arbeiten überall an der Verbindung und Verständigung der demokratischen Parteien aller Länder. Dabei heben sie die Eigentumsfrage, welche Form sie auch jeweils annimmt, als die Grundfrage der Bewegung hervor.

Wenn es für eine menschenwürdige Perspektive der Unterdrückten und Ausgebeuteten lebensnotwendig ist, dass sich die Kommunisten zusammenschließen und einen gemeinsamen Kampf führen, dann sollten, ohne gegenüber anderen besserwisserisch aufzutreten, einige Grundbedingungen beachtet werden.

Zu diesen gehört - was die Geschichte der Arbeiterbewegung der letzten anderthalb Jahrhunderte immer wieder bestätigt - die Anerkennung aller wissenschaftlichen Grundlagen des Marxismus-Leninismus, darin eingeschlossen Lenins Imperialismustheorie, und in Deutschland sich dessen bewusst zu sein, dass, unbeschadet vieler kritikwürdiger Mängel und Versäumnisse in der DDR, dieser Staat die größte Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung war.

Aufgrund meiner Lebenserfahrungen ist die Schaffung einer Kommunistischen Initiative in Deutschland - mit Blick über die Landesgrenzen hinweg im Sinne einer Vereinigung der Proletarier aller Länder - höchst aktuell und dringlich.

Es ist keine Zeit zu verlieren!

Erich Buchholz, Berlin

Raute

Gerhard Feldbauer: Wie zur Einheit der Kommunisten kommen? Rat bei den Klassikern suchen

Es ist unbestritten, dass wir in den auf uns zu kommenden sich verschärfenden Klassenkämpfen eine fest auf marxistisch-leninistischen Positionen stehende kommunistische Partei brauchen und das einheitliche Handeln der Kommunisten eine entscheidende Rolle spielen wird. Die Idee, um auf diesem Weg voranzukommen, eine "Kommunistische Initiative" als Sammel- und Organisationspunkt zu bilden, scheint einleuchtend. Das umso mehr, wenn dabei ein "längerfristiger Prozess" ins Auge gefasst wird, von einem "Schritt vorwärts" die Rede ist, in dem "die Bedingungen für die Formierung einer einheitlichen marxistisch-leninistischen Partei in Deutschland" geschaffen werden sollen. Wie dieser Prozess vor sich gehen soll, bleibt meiner Meinung nach in dem Aufruf vage. Einige weitergehende Gedanken äußert Frank Flegel dazu in seinem Beitrag "Bedingungen und Möglichkeiten einer kommunistischen Initiative in Deutschland" ("offensiv", H. 9/2008). Fest scheint mir zu stehen, dass gegenwärtig und wohl auch in naher Zukunft die Gründung einer von der Initiative angestrebten neuen kommunistischen Partei nur die in unserer kommunistischen Bewegung bestehende Spaltung vertiefen würde. Frank betont, an die "Bildung einer weiteren Splittergruppe" sei nicht gedacht.

Soweit ich dem Aufruf entnehme, soll sich die Initiative aus einzelnen Persönlichkeiten zusammensetzen, die Leitungen bisher bestehender kommunistischer Parteien, in dieser Richtung agierender oder sich als solche definierender Organisationen, Zeitschriften und dgl. nicht erfassen. Es ist wohl auch nicht daran gedacht, sich bezüglich einer Teilnahme oder wenigstens an einem Meinungsaustausch an diese Vorstände, Leitungen etc. direkt zu wenden. Eine Ausnahme sollen hier wohl die KPD und die KPD (B) bilden. Die KPD will "einen Vertreter für die Belange der Kommunistischen Initiative benennen". Ferner ist zu erfahren, dass KPD und KPD (B) Gespräche darüber führen, sich möglicherweise wieder zu vereinigen und das dann ein "gutes Signal" dafür sein soll, dass die marxistisch-leninistische Einheit möglich ist.

Der Aufruf ist namentlich nicht unterzeichnet. Es heißt, dass ein Koordinierungsgremium ins Leben gerufen wurde, das in engem Kontakt mit den Unterstützern die nächsten organisatorischen Schritte für die Gründung der "Kommunistischen Initiative" vorbereitet. Auch hier sind mir bisher keine Namen bekannt.

Die DKP wird in dem Aufruf zwar als "formal stärkste unter den kommunistischen Formationen" anerkannt aber, wie bereits in der "offensiv"-Debatte nach der Annahme des neuen Parteiprogramms, in einer Art und Weise attackiert, die dem Anliegen des Aufrufs zuwiderläuft. Wenn es heißt, die DKP trabe objektiv der Entwicklung der PDS/Linkspartei/Die Linke hinterher, so halte ich das einfach für eine verzerrte und überzogene Darstellung. Ich verweise dazu auf meine "Anregungen" ("Offensiv" Nr. 1/2007), in denen ich mich dazu ausführlich geäußert habe. Ich wiederhole, dass man mit solchen verbalen Attacken bei der DKP-Basis, die im Allgemeinen kritischen Gesichtspunkten aufgeschlossen gegenüber steht, nicht ankommt.

Bei der Auseinandersetzung mit dem Opportunismus wird der "Rotfuchs" (RF) völlig ausgeklammert. Ich war vier Jahre Vorsitzender des Herausgebervereins der Zeitschrift und musste mich davon überzeugen, dass mit dessen Gründung in unsere kommunistische Bewegung die bis dahin tiefste Spaltung getragen wurde, und insbesondere RF-Chefredakteur Dr. Klaus Steiniger praktiziert Opportunismus in übelster Weise.[1](23) Wenn sich also, wie zu hören ist, Mitglieder des RF-Vereins an der "Kommunistischen Initiative" beteiligen, dann meine ich, dass sie sich schon der Auseinandersetzung mit diesen Erscheinungen stellen müssen.

Die Niederlage des Sozialismus in Europa hat uns in nicht wenigen Fragen weit über ein Jahrhundert zurückgeworfen. An der Entwicklung in Italien, wo sich im vergangenen Jahr die 1991 aus der IKP (Italienischen Kommunistischen Partei) hervorgegangenen sozialdemokratischen Linksdemokraten mit einer katholischen Zentrumspartei vereinigten, wird deutlich, dass die Arbeiterklasse so sogar in ihre Ausgangspositionen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückgeworfen worden ist. Denn mit diesem Fusionsprozess wurden alle auch nur annähernd sozialistischen Standpunkte aufgegeben und die Arbeiter der bürgerlichen Ideologie unterworfen, wurden zum Anhängsel einer großbürgerlichen und dazu noch katholisch beeinflussten Partei. Das bedeutet, dass wir uns, wenn auch unter veränderten Bedingungen und mit dem Wissen und den Erfahrungen des zurückgelegten Kampfes ausgestattet, mit ähnlichen Problemen der Spaltungserscheinungen, welche die sozialistisch-kommunistische Bewegung von Anfang an heimsuchten, heute auch in Deutschland konfrontiert sehen.

Wie bereits in meinen "Anregungen" greife ich nochmals auf Marx's Kritik am Gothaer Programm, eingeschlossen Engels Vorwort vom 6. Januar 1891[2] zurück und schlussfolgere daraus, dass das derzeitige DKP-Programm nicht als ein Gothaer Programm eingeschätzt werden kann. Unverändert halte ich im Wesentlichen für ausgewogen, was Arne Taube damals in Offensiv 10/2006 zur DKP einschätzte: Dass das Programm wie die Partei als Organisation "eine Position markieren, die nur urteilen lässt, dass die Arbeiterklasse in der BRD heute de facto über keine Organisation verfügt, die so entschieden wie die DKP ihre Interessen vertritt: sie ist die größte Organisation der revolutionären Linken, besitzt vorerst eine in den Rudimenten noch immer revolutionäre Programmatik - wie mangelhaft sie gemessen an den Forderungen der Klassiker auch erscheint - und ist auf dem Gebiet der alten BRD zumindest teilweise recht gut gewerkschaftlich verbunden. Hieraus folgt, dass auch mit dem neuen Programm jedem Kommunisten weiterhin zu raten ist, in die DKP einzutreten (oder zumindest die Nähe zu suchen), sich dabei jedoch ihrer organisatorischen und programmatischen Schwächen bewusst zu sein."

Marx und Engels stellten auch nicht die Aufgabe, die in Gotha entstandene Partei aufzugeben und eine neue, von revisionistischen Einflüssen freie revolutionäre Arbeiterpartei zu schaffen, sondern sie kämpften darum, "die richtige politische Linie in der deutschen sozialdemokratischen Partei" durchzusetzen.[3] Trotz der opportunistischen Auswüchse des Gothaer Programms stellten Marx und Engels in den Vordergrund ihrer Wertung die Bedeutung der Herstellung einer einheitlichen Arbeiterpartei. Durch ihr energisches Auftreten gelang es in dieser Periode, die Opportunisten in der Partei zurückzudrängen und zu erreichen, dass das praktische Auftreten der Partei durch revolutionäre Aktionen bestimmt wurde. Sie kämpfte erfolgreich gegen das Sozialistengesetz und fand den richtigen Weg zu den Messen.[4] Wir können uns nicht auf die Einhaltung des Marxismus-Leninismus berufen und gleichzeitig im Wirken für kommunistische Einheit solch wichtige Erfahrungen, welche Marx und Engels uns dazu hinterlassen haben, ignorieren.

Man sollte vielleicht auch einmal nachlesen, wie Lenin prinzipiell aber der Situation entsprechend sowohl unter strategischen als auch taktischen Gesichtspunkten klug im Kampf gegen den mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges offen ausgebrochenen Opportunismus, darunter seiner schlimmsten Erscheinung, dem Sozialchauvinismus, auf der Zimmerwalder Konferenz im September 1915 und der im April 1916 in Kienthal vorging. Unter den teilnehmenden Sozialisten formierte er aus Internationalisten und revolutionären Marxisten (so seine Formulierung) die revolutionäre Zimmerwalder Linke. "Der Zusammenschluss der genannten Gruppe ist eine der wichtigsten Tatsachen und einer der größten Erfolge der Konferenz", schätzte er ein.[5] Die Linke scheute sich nicht, in eine Tagung zu gehen, auf der die Gruppe der "schwankenden beinahe Kautzkyaner" vertreten war und setzte sich mit ihnen entschieden auseinander. Dem Manifest der Tagung, das unter dem Einfluss der Kautzkyaner an "Inkonsequenz und Halbheit" litt, stimmte die Zimmerwalder Linke, Lenin folgend, dennoch zu, weil es "faktisch einen Schritt vorwärts zum ideologischen und praktischen Bruch mit dem Opportunismus und Sozialchauvinismus" darstellte.

Rat bei Lenin sollte man auch suchen, wenn es um heutige Erscheinungen des Zentrismus geht. Unter diesem Gesichtspunkt ist sicher die Haltung von Hans Heinz Holz zu sehen. Lenin billigte Gramscis Vorgehen, der vor der IKP-Gründung die Sozialistische Partei in eine revolutionäre umgestalten wollte und dabei nicht nur den Kompromiss einging, auf die Annahme des Namens Kommunistische Partei zu verzichten, sondern auch noch ein Bündnis der Kommunisten mit den Zentristen gegen die Reformisten suchte.[6] Wertvolle Erfahrungen vermittelt Gramscis sehr geduldiges Herangehen in den Jahren 1919/20 an die Schaffung einer revolutionären Arbeiter-, später Kommunistischen Partei.[7]

Der Aufruf verweist auf wertvolle Erfahrungen der griechischen KKE. Natürlich meine ich als Italien-Historiker, dass auch die Aktivitäten der italienischen Kommunisten Anregungen, Erfahrungen vermitteln können. Die Situation der kommunistischen Bewegung dort ist zwar zahlenmäßig von größeren Dimensionen gekennzeichnet, jedoch weitaus dramatischer als bei uns.[8] Als Ergebnis des vor allem reformistischen Kurses der Führung unter Fausto Bertinotti, haben sich vom PRC (Partei der Rifondazione Comunista - Kommunistischen Neugründung) in den letzten Jahren drei Gruppen abgespalten und eigene Parteien gebildet, die teilweise trotzkistischen Einflüssen unterliegen, im PRC selbst bestehen inzwischen fünf Strömungen, darunter die starke revisionistische Fraktion unter Bertlnotti/Vendola, die den PRC liquidieren und als lose Strömung in einer indifferenten Linkspartei aufgehen lassen will, und auf dem jüngsten Parteitag im Juli fast die Hälfte der Delegierten umfasste.[9] Um einen Ausweg aus der Misere zu finden, haben mehr als 100 führende kommunistische Persönlichkeiten, darunter Luciano Canfora und Domenico Losurdo[10] einen Appell verfasst, der "zur Erhaltung der kommunistischen Tradition wieder mit Hammer und Sichel" aufruft, und nicht nur PRC und PdCI[11], sondern alle in verschiedene Gruppen aufgesplitterten kommunistischen Kräfte vereinigen will.[12] Losurdo, der zu der um die Zeitschrift "Ernesto" versammelten marxistisch-leninistischen Strömung im PRC gehört, erklärte: Wir wollen "eine neue Phase des italienischen Kommunismus beginnen, eine konstituierende Phase".[13] Er verwies gleichzeitig auf die "Selbständigkeit der Kommunisten" als Voraussetzung einer linken Politik und von Bündnissen wie dem Regenbogen. Logisch, dass der führende kommunistische Philosoph Italiens und ausgezeichnete Gramsci-Kenner, betonte, "dabei müssen wir die kommunistischen Traditionen von Lenin bis Gramsci wieder aufgreifen".

Gerhard Feldbauer, Poppenhausen

ANMERKUNGEN:

[1] vergleiche dazu ausführlich meine Beiträge in "offensiv", Nr. 4 und 10/2006
[2] MEW, Bd. 19, S. 15 bis 32 und 521f.
[3] Ebenda, S. XI
[4] Ebenda, S. XIII
[5] Bd. 21, S. 389 ff.
[6] Bd. 30, S. 373 bis 385
[7] Um den Leser nicht mit italienischen Quellen zu belasten, darf ich auf meine "Geschichte Italiens.", Papyrossa-Verlag, Köln 2008, S. 80ff. verweisen, in der auch in Deutsch vorliegende Werke Gramscis zurückgegriffen wird
[8] Die Mitgliederzahl des PRC wird auf noch etwa 90.000 geschätzt
[9] Siehe Beiträge des Autors "Zu den Ursachen der Niederlage der Kommunisten und Linken bei den Parlamentswahlen im April 2008 in Italien", "offensiv"', Nr. 6/2008; "Vor der Bewährung", in "jW" vom 6. August 2008 sowie zur jüngsten fortschreitenden Entwicklung "Aus dem Rückzug in den Angriff', in "UZ", 24. Oktober 2008.
[10] Eine kurze Charakteristik zu Luciano Canfora als auch Domenico Losurdo enthält der Beitrag in "offensiv", Nr. 6/2008
[11] Das ist die KP, die sich vor den drei bereits angeführten schon 1998 vom PRC abspaltete, allerdings unter revisionistischen Vorzeichen, denen sich der PRC damals noch widersetzte, Ausführlich in "offensiv", H.6/2008.
[12] "jW" veröffentlichte den Aufruf am 23. April 2008.
[13] Im Interview mit "jW" vom 19./20. April 2008.

Raute

Kurt Gossweiler: Zum Aufruf, eine Kommunistische Initiative in Deutschland zu formieren

Im Aufruf wird richtig festgestellt, dass die kommunistische Bewegung in Deutschland "zersplittert und in verschiedene Parteien, Organisationen, Projekte gespalten ist".

Zugleich ist die Sehnsucht und das Ziel jedes Kommunisten, ob organisiert - wo auch immer - oder unorganisiert: die Wiedererlangung einer geeinten, großen, marxistisch-leninistischen Partei mit großem Masseneinfluss, wie es etwa die KPD in der Weimarer Republik war.

Wieso sind wir Kommunisten diesem Ziel dennoch in den vielen Jahren nach 1990 keinen Schritt näher gekommen - eher im Gegenteil?

Offenbar deshalb, weil jede der bestehenden kommunistischen Parteien oder Gruppen sich selbst für die einzig legitime Nachfolgerin der von Karl und Rosa gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands hält, also für die Kerntruppe, aus der die künftige kommunistische Massenpartei hervorgehen muss und wird.

Das ist nur folgerichtig, denn jede von ihnen ist ja entstanden und wurde eben deshalb gegründet, weil ihre Gründer und Mitglieder der Meinung waren und sind, die bereits bestehenden kommunistischen Parteien oder Gruppen entsprächen aus diesem oder jenem Grunde nicht den Anforderungen, die nach ihrer Ansicht an eine kommunistische Partei zu stellen sind.

Aber wenn es dabei bleibt, bleiben die Kommunisten, selbst bei wachsender Zahl, weiterhin - weil zersplittert und untereinander zerstritten -, ohnmächtig und einflusslos.

Das war schon immer schlimm, aber in den hinter uns liegenden Jahren politischer Stagnation offenbar noch erträglich, denn es wurde ja hingenommen und beibehalten.

Nun aber, angesichts einer sich entfaltenden weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, die schon die Ausmaße der Weltwirtschaftskrise von 1929-1933 zu erreichen und sogar zu übertreffen verspricht, und die sogar schon von den Herrschenden als eine Existenzkrise des kapitalistischen Systems begriffen wird, nun also, da alles dafür spricht, dass der objektive Faktor einer revolutionären Situation heranreift, fordert ihre kommunistische Überzeugung von jedem Kommunisten und jeder kommunistischen Organisation maximale Anstrengungen, um den Rückstand des subjektiven Faktors gegenüber dem objektivem Faktor zu überwinden und endlich die Kraft zu schaffen, die erforderlich und fähig ist, die Massen in den bevorstehenden Kämpfen gegen das Kapital zum Erfolg zu führen.

Unter den gegenwärtigen Umständen sind - wie mir scheint - drei Wege zum Entstehen der notwendigen und von allen Kommunistinnen und Kommunisten ersehnten Partei denkbar:

Entweder dadurch, dass sich eine der bestehenden kommunistischen Parteien und Gruppen schließlich zu der alle anderen hinter sich lassenden, marxistisch-leninistischen Massenpartei entwickelt.

Bemüht haben sich darum fast alle gegenwärtig existierenden kommunistischen Parteien und Gruppen, aber die bisherige Entwicklung spricht nicht dafür, dass auf diesem Wege von irgendeiner das gewünschte Ziel erreicht wird.

Zum anderen dadurch, dass aus den sich zuspitzenden Klassenkämpfen der Gegenwart heraus eine neue Generation von Kommunisten zu einer Neugründung schreitet, die unbelastet ist von den Auseinandersetzungen der Vergangenheit und eine solche Anziehungskraft entwickelt, dass sie alle anderen hinter sich lässt und tatsächlich die Masse der Kommunisten der jungen Generation und schließlich auch der älteren Generationen um sich sammelt. Dieser Weg könnte aber wohl nur dann erfolgreich sein, wenn aus dieser jüngeren Generation Führungspersönlichkeiten von außerordentlichem Format und von außergewöhnlicher Überzeugungskraft hervorgingen. Aber auf einen solchen Glücksfall können wir nicht warten.

Deshalb bleibt als sofort beschreitbarer Weg wohl nur der, dass die wo auch immer organisierten und die unorganisierten Kommunistinnen und Kommunisten nach einem Weg suchen, die Spaltung und Zersplitterung zu überwinden.

Mit einer solchen Zielsetzung wurde in Frankreich die "Initiative Communiste" und in Österreich die "Kommunistische Initiative" ("KI") von Kommunistinnen und Kommunisten ins Leben gerufen.

Besonders das Beispiel und die Erfahrungen der Genossen der KI in Österreich ermutigten uns dazu, unseren Aufruf "Schafft die Kommunistische Initiative" zu verfassen und damit an die Öffentlichkeit zu gehen.

Wer diesen Aufruf liest, möchte natürlich auch wissen, wer das eigentlich ist, der da schreibt: "Zunächst wollen wir deshalb mit diesem Aufruf alle ansprechen, die für die Einheit der Kommunisten auf marxistisch-leninistischer Grundlage in Deutschland eintreten. Wir wollen damit die Unterstützerinnen und Unterstützer dieses Aufrufs zunächst einmal sammeln. Dafür haben wir ein Koordinierungsgremium ins Leben gerufen, dessen Aufgabe es ist, in engem Kontakt mit den Unterstützerinnen und Unterstützern die nächsten organisatorischen Schritte für die Gründung der "Kommunistischen Initiative" in Deutschland als eines organisierten Sammelbeckens aller marxistisch-leninistischen Kräfte vorzubereiten."

Wer also sind "Wir"?

Wir sind die Mitglieder des "Vereins zur Förderung demokratischer Publizistik", und dieser Verein ist der Herausgeber der Zeitschrift "offen-siv. Zeitschrift für Sozialismus und Frieden".

Die "Kommunistische Initiative", zu deren Gründung wir die Anregung geben, will und soll aber auf keinen Fall neben all den bestehenden kommunistischen Organisationen noch eine neue, "hauseigene" dieses Vereins werden, sondern eine Initiative von Kommunisten aus verschiedenen Organisationen, die in und mit dieser Initiative am Wiederaufbau einer einheitlichen kommunistischen Massenpartei auf marxistisch-leninistischer Grundlage in Deutschland arbeiten.

Kurt Gossweiler, Berlin

Raute

KPD

ZK der KPD: Standpunkt der KPD zum Aufruf "Schafft die Kommunistische Initiative in Deutschland"

Der gegenwärtig veröffentlichte Aufruf zur Schaffung der "Kommunistischen Initiative" ist keine von einer Partei oder Organisation, sondern eine vom "Verein zur Förderung demokratischer Publizistik" und vom Herausgeber der Zeitschrift "Offensiv" initiierte und organisierte Maßnahme. Die KPD hat wiederholt betont, dass sie jegliche Initiative unterstützt, die der Zusammenführung von Kommunisten in einer einheitlichen kommunistischen Partei auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus dient. Bekanntlich setzt sich die KPD seit ihrer Gründung 1990 dafür ein und unternahm eine Reihe von Maßnahmen, die hierauf gerichtet waren. So wurden in den 90er Jahren mehrere Gespräche auf Führungsebene mit der DKP und kommunistischen Gruppierungen geführt, die diesem Ziel dienen sollten. Später wurden Gespräche auf zentraler Ebene hauptsächlich infolge linkssektiererischer Verhaltensweisen von Funktionären sowie von Alleinvertretungsanmaßungen blockiert. Auf Landesebene wurde aktuell auf der Grundlage gemeinsamer Vereinbarungen gute Fortschritte in der Zusammenarbeit, insbesondere mit der DKP und der Kommunistische Plattform der Partei DIE LINKE erzielt, in Bündnissen wird kooperiert und gemeinsam der Kampf gegen den Hauptfeind, den Imperialismus, geführt.

Was die KPD anbetrifft, so hat sie sich von Linkssektierern getrennt und verfolgt keinerlei Alleinvertretungsanspruch. Im Politischen Bericht an die Delegierten des 25. Parteitages der KPD und im neuen Parteiprogramm wurden die Aufgaben gestellt, die Zusammenarbeit mit kommunistischen Parteien/Gruppierungen zu verstärken, in klassenbrüderlicher Eintracht erfolgreicher zu kämpfen und dabei einen einheitlichen Kampfbund Gleichgesinnter zu entwickeln. Angeregt von diesen Orientierungen wurden die von jungen Genossen unserer Partei entwickelten Initiativen zur schrittweisen Überwindung der Zersplitterung der kommunistischen Bewegung vom ZK der KPD unterstützt und Gespräche mit Vertretern und Mitgliedern von Parteien/Gruppierungen geführt, um zu prüfen, mit wem eine organisatorische Einheit auf der Basis des Marxismus-Leninismus entwickelt werden kann. Eine Einschätzung hierzu wurde in unserem Zentralorgan "Die Rote Fahne", Ausgabe Juli 2008, veröffentlicht. Dort wurden nochmals die von uns in den Gesprächen als Voraussetzung für eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem Ziel der Zusammenführung marxistisch-leninistischer Kräfte stets vertretenen fünf Punkte dargelegt.

Die KPD geht davon aus, dass die Aktionseinheit der Arbeiterklasse im Bündnis mit anderen Werktätigen eine Gesetzmäßigkeit zur Erringung der politischen Macht und des Übergangs zum Sozialismus ist. In diesem Sinne wurde auch die Konferenz für Aktionseinheit am 17. Mai 2008 mit breiter Unterstützung linker Parteien, Organisationen und Persönlichkeiten erfolgreich durchgeführt. Die Schaffung der Aktionseinheit fordert aber gleichzeitig immer mehr Kommunisten in verschiedenen Parteien, Organisationen sowie Nichtorganisierte heraus, eine organisatorische Einheit von Kommunisten auf der Basis des Marxismus-Leninismus zu schaffen. Eine solche Entwicklung lässt sich nicht durch einen Aufruf ersetzen, sondern ist durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im gemeinsamen Kampf zu entwickeln. (Hervorhebung im Original, d.Red.) Deshalb gibt es seitens der KPD zum Aufruf zur Schaffung der "Kommunistischen Initiative" hinsichtlich der Herangehensweise Bedenken. Aber auch inhaltlich können wir eine Reihe der getroffenen Einschätzungen im Aufruf nicht mittragen, die unseres Erachtens für unseren gemeinsamen Kampf kontraproduktiv sind. Deshalb werden wir diesen Aufruf nicht unterzeichnen bzw. veröffentlichen.

ZK der KPD, Berlin

Raute

Vorstand des Herausgebergremiums von "offen-siv":
Liebe Genossinnen und Genossen des ZK der KPD!

In den letzten sieben Zeilen Eurer Verlautbarung zum Aufruf "Schafft die Kommunistische Initiative in Deutschland" macht Ihr deutlich, wie Ihr Euch zur "Kommunistischen Initiative" verhalten wollt, nämlich ablehnend. So klar Eure Distanzierung ist, so unklar bleiben die Gründe dafür. Schauen wir uns näher an, was Ihr schreibt:

Zunächst bastelt Ihr Euch einen "Pappkameraden" mit der wider besseres Wissen von Euch aufgestellten Behauptung, die "Kommunistische Initiative" wolle die Entwicklung "einer vertrauensvollen Zusammenarbeit" durch "einen Aufruf ersetzen". Eure "Bedenken", wie Ihr sie "hinsichtlich der Herangehensweise" dann äußert, sollen vernünftig klingen - und sind es, bezogen auf die von Euch verfälscht dargestellte Prämisse ja auch. Wenn die "Kommunistische Initiative" keinen Prozess der Zusammenarbeit einleiten, sondern die Einheit tatsächlich nur mittels eines Aufrufes schaffen wollte, hätten wir die gleichen Bedenken. Nur stimmt das nicht. Ihr bastelt Euch die Voraussetzung, wie Ihr sie gern hättet. Man sollte jedoch nicht, vom Wunsche gelenkt, Bedenken äußern zu wollen (oder zu müssen?), zum Mittel der Lüge greifen. Das trägt nicht weit.

Dann sagt Ihr, Ihr könntet "inhaltlich" "eine Reihe der getroffenen Einschätzungen im Aufruf nicht mittragen", lasst aber uns und Eure Mitgliedschaft vollkommen im Unklaren darüber, um welche inhaltlichen Einschätzungen es geht. Während unseres Gespräches am 18.10.08 in Berlin in Eurem Büro wart Ihr - bzw. der Genosse Alfred Fritz - da wesentlich offener: Es geht um die Einschätzung der DKP. Dort hat der Genosse Fritz unwidersprochen von anderen anwesenden Sekretariatsmitgliedern als Einschätzung der KPD ausgegeben, dass die DKP keinesfalls als revisionistische Partei anzusehen sei. Ebenso wenig sei das Programm der DKP revisionistisch zu nennen, er habe es genau studiert. Das Programm habe zwar "einige kleine Schwächen", aber er könne sich mit weiten Teilen einverstanden erklären. Eine interessante Einschätzung(24). Warum teilt Ihr diese zwar uns hinter verschlossener Tür, Eurer Mitgliedschaft öffentlich aber nicht mit?

Weiter sagt Ihr, dass die von der "Kommunistischen Initiative" getroffenen Einschätzungen "für unseren gemeinsamen Kampf kontraproduktiv sind". Auch hier fehlt die Antwort auf die Frage: Welche Einschätzungen sind warum kontraproduktiv? Und ebenso wird nicht deutlich, wen Ihr in "unseren gemeinsamen Kampf" einbezieht. Wen Ihr nicht einbezieht, ist klar: uns.

Das zeigt sich sehr deutlich daran, dass Ihr es abgelehnt habt, die Venezuela-Veranstaltung mit Klaus Eichner, Ingo Niebel und Ricardo José Pena, die in Berlin am 30.11.08 stattfand, zu unterstützen. Eigentlich dachten wir, dass antiimperialistische Solidarität für Euch kein Problem wäre, und wahrscheinlich ist es das grundsätzlich auch nicht, - nur darf es eben nicht mit uns sein. Wir wissen selbstverständlich, dass die DKP-Führung die Venezuela-Veranstaltungsreihe, die die "Kommunistische Initiative" zusammen mit unterschiedlichen Partnern durchgeführt hat, mit großer Missbilligung betrachtet hat und versucht hat, dagegen zu mobilisieren.

Eine Schlussbemerkung zu dem Satz, der auf den anfänglichen "Pappkameraden" folgt, können wir Euch nicht ersparen: Ihr habt ja geschrieben, wir wiederholen kurz, die "Kommunistische Initiative" wolle eine Entwicklung zur Einheit durch einen Aufruf ersetzen, und dann sagte Ihr: der Prozess der Einheit "ist durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im gemeinsamen Kampf zu entwickeln". Ja, der Meinung sind wir auch. Was meint Ihr, warum wir uns inzwischen dreimal mit Eurem Sekretariat getroffen haben? Das Problem ist nur, dass bei Euch Wort und Tat nicht übereinstimmen. Im übernächsten Satz kündigt Ihr uns nämlich die von Euch selbst geforderte Zusammenarbeit auf. Schade.

Nun zur Vergangenheit: Wisst Ihr noch? Wir hatten bei unserem Treffen am 9. August 2008 konkrete Verabredungen getroffen. Das waren:

1. Die KPD benennt einen Konsultationspartner, der an den Sitzungen des Herausgeberkreises von "offen-siv" teilnimmt bzw. einen Ansprechpartner für die Belange des Aufbaues einer "Kommunistischen Initiative".

2. Da sich in der Diskussion um die Aktionseinheit unterschiedliche Auffassungen zu den Ausmaßen der Aggressivität des Imperialismus und der Faschisierung der Innen- und Außenpolitik zeigten (Welchen Stand der imperialistischen Formierung haben wir vor uns? Steht ein neuer Faschismus vor der Tür? Wie könnte eine Prognose für die nächsten Jahre aussehen?), haben wir zu diesem Thema eine gemeinsame Ausarbeitung verabredet. Es ist vorgesehen, die Ergebnisse parallel in der Schriftenreihe der KPD und als Sonderheft von "offen-siv" zu veröffentlichen.

3. Im Jahr 2009 jährt sich die Gründung der DDR zum 60sten Mal. Das soll Anlass sein, eine Veranstaltung zusammen mit anderen linken Organisationen durchzuführen, die das Erbe der DDR und damit den Sozialismus offensiv verteidigt, um ein Gegengewicht zu bilden gegen die diskreditierende Propaganda der Bourgeoisie und die ideologische Verwirrung durch die Revisionisten und Reformisten.

Im Laufe des Oktober und November '08 stellte sich heraus: Dem von Euch bestimmten Konsultationspartner habt Ihr das von uns angebotene Stimmrecht im Herausgebergremium der "offen-siv" und im provisorischen Organisationskomitee der Kommunistischen Initiative verweigert, zur Broschüre wurde noch nicht gearbeitet und über die gemeinsame DDR-Veranstaltung seid Ihr Euch noch nicht im Klaren.

Unter den gegebenen Bedingungen sehen wir nicht, wie unsere Vorhaben realisierbar sein könnten.

P.S.: Um eventuellen Missverständnissen oder Fehldeutungen vorzubeugen: Es geht uns in dieser Antwort an Euch nicht darum, kritische Äußerungen unterdrücken oder Diskussionen verhindern zu wollen, ganz egal, ob über die "Kommunistische Initiative" oder die "offen-siv". Im Gegenteil geht es uns darum, Euch dringend dazu aufzufordern, die Begründungen für getroffene Einschätzungen und Orientierungen sowie die Ursachen für aktuell-politisches Handeln offen zu legen und damit argumentativ nachvollziehbar oder evtl. auch kritisierbar, jedenfalls zunächst einmal diskutierbar zu machen.

Vorstand des Herausgebergremiums von "offen-siv",
des Vereins zur Förderung demokratischer Publizistik e.V.

Raute

DISKUSSION ZUR POLITISCHEN ÖKONOMIE DES SOZIALISMUS

Wolfgang Hoss: Stellungnahme zur Abhandlung von Hermann Jacobs "Die Theorie von der sozialistischen Warenproduktion. Ein verhängnisvoller Irrtum", Sonderheft offen-siv 8/08.

Hermann Jacobs fragt in der Einführung:

"Warum ist die sozialistische Wissenschaft von der Ökonomie des Sozialismus, beginnend und maßgeblich in der Sowjetunion ..., nie mit dem Thema Warenproduktion fertig geworden, warum bleibt das ihr ungelöstes Problem bis zuletzt und vor allem bis heute noch immer das ungelöste Problem der kommunistischen Bewegung? Ordnen wir diese Frage noch genauer ein, so hätten wir - die Warenproduktion ist ja die der bürgerlichen Produktionsweise - wohl zu fragen: Warum ist die sozialistische Ökonomie nie klar gekommen mit der Aufhebung der bürgerlichen Produktionsweise, oder auch der Trennung von ihr?" (S.7)

Es ist ohne Zweifel richtig, daß nach Marxens Lehre die hochentwickelte Warenproduktion Grundlage der kapitalistischen Wirtschaftsordnung ist, und daß nach seiner Theorie für den Übergang zur nächst höheren Stufe der Produktionsorganisation, d.h. für den Übergang zur sozialistischen Produktionsweise, die Warenproduktion aufgehoben werden muß. In dieser Hinsicht finden die Ausführungen von H. Jacobs meine volle Zustimmung. Es ist auch kein Geheimnis, daß die führenden Politiker und Theoretiker des ehemaligen Ostblocks immer wieder behauptet haben, daß sie die Lehre Marxens vertreten würden und seine Vorgaben realisiert hätten. Die Fragen von H. Jacobs im Zitat betreffen also tatsächlich einen wunden Punkt der Sozialismustheorie - und von ihrer Beantwortung ist die strategische Orientierung der Marxisten in der Gegenwart und der Zukunft maßgeblich abhängig.

Aber damit sind diese drängenden Fragen noch lange nicht beantwortet. Jacobs sagt im Schlußwort seiner Abhandlung:

"Nun, Gorbatschow war wohl kein 'sozialistischer Reformer', sondern war, am sozialistischen Maß gemessen, ein Konterrevolutionär - und ein großer Teil der Apologeten der Warenproduktion im Sozialismus resp. 'sozialistischer Marktwirtschaft' waren es auch". (S.55).

Es wird im letzten Teil des Zitats indirekt eine weitere fundamental Frage gestellt, die durch die Sozialismustheorie bisher ebenfalls nicht zufriedenstellend beantwortete wurde, nämlich die Frage, welche Rolle der Markt und das Geld in der sozialistischen Wirtschaft spielen sollen bzw. müssen. Die von manchen Theoretikern vertretene Ansicht, daß im Sozialismus nicht nur die Warenproduktion, sondern auch das Geld und der Markt aufgehoben werden müssen, stimmt nicht mit Marxens Ansicht überein, jedenfalls nicht in vollem Umfang. Man kann die erste postkapitalistische Gesellschaftsordnung Sozialismus nennen, im Gegensatz zur nächst höheren ökonomischen und sozialen Ordnung, dem Kommunismus.

Marx forderte nicht die Abschaffung des Geldes im Sozialismus, also in der ersten postkapitalistischen Ordnung, sondern es sollten Geldsurrogate (Arbeitszertifikate) eingeführt werden.

Es finden sich in Marxens Werk auch keine Aussagen, daß der Markt, speziell der Konsumgütermarkt, im Sozialismus abzuschaffen sei.

Nach Marx sollte der Lohn statt in gewöhnlichem Geld in Arbeitszertifikaten gezahlt werden, und die Arbeiter und Angestellten sollten diese Arbeitszertifikate gegen Konsumgüter tauschen und damit ihre Existenzmittel auf dem Markt nach freien eigenen Entscheidungen kaufen. Es ist in Marxens Sozialismustheorie (erste postkapitalistische Ordnung) daher undenkbar den Konsumgütermarkt abzuschaffen. Wo sonst als auf dem Markt (Markthallen, Kaufhäusern, Wochenmärkten usw.) sollten die Arbeiter und Angestellten ihre Konsumgüter kaufen? Am allgemeinen Prinzip des Güterkaufs ändert sich natürlich nichts, wenn das Geld, mit welchem gezahlt wird, seine Form ändert.

Die weltfremde Annahme, der Konsumgütermarkt müsse im Sozialismus abgeschafft werden, findet man in Marxens Werk nicht, er glaubte lediglich, daß es möglich und ökonomisch vorteilhaft sei, den Produktionsmittelmarkt durch eine planmäßige Produktion ähnlich wie in einer einzigen volkswirtschaftlichen Fabrik zu ersetzen. Innerhalb einer Fabrik gibt es den Markt offensichtlich nicht, aber auch "die volkswirtschaftliche Gesamtfabrik" in Marxens Modell muß Konsumgüter entsprechend der Nachfrage auf dem Markt produzieren und den Plan der Produktionsmittelproduktion entsprechend dieser zahlungsfähigen Nachfrage gestalten. Die Sache ist also offenbar bei weitem nicht so einfach, wie es sich die radikalen "Abschaffer" des Marktes und des Geldes vorstellen - diese Spezialisten berufen sich zu unrecht auf Marxens Sozialismustheorie. Die Ausrede, daß nach Marx im Kommunismus, also in der nächst höheren Wirtschaftsordnung nach dem Sozialismus, die Güter ohne Geld nach dem Prinzip jeder nach seinen Bedürfnissen verteilt werden sollen, hilft nichts, denn eine solche Wirtschaftsordnung, die eventuell eine Nichtgeldwirtschaft sein könnte, steht heute und in der nahen Zukunft offensichtlich nicht auf der Tagesordnung. Im 21. Jahrhundert droht der Untergang der menschlichen Zivilisation, und es ist daher heute müßig sich den Kopf über die Zeit danach zu zerbrechen, in der es möglicherweise keine Menschen auf der Erde mehr geben wird, wenn nicht rechtzeitig die vorhergehend nötige neue ökonomische Ordnung realisiert wird.

Die sinnige These, daß die Marktordnung mit der kapitalistischen Ordnung identisch sei, hatte zu Marxens Lebzeiten keine Verbreitung gefunden, so daß es für Marx keinen Anlaß gab, der Rolle des Marktes im Sozialismus besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Im Gegensatz zu Marx verfügen wir heute über wertvolle Erfahrungen, die uns der Sozialismusversuch in den ehemaligen Ostblockländern gebracht hat. Dieser Versuch hat unter anderem gezeigt, daß es in einer heutigen großen Volkswirtschaft mit ihrer ungeheueren Komplexität (z.B. in der DDR gab es einen zentralen Artikelkatalog mit etwa 100 Millionen verschiedenen Erzeugnistypen) weder möglich noch zweckmäßig ist, die Produktion und Verteilung der Produktionsmittel wie in einer einzigen volkswirtschaftlichen Fabrik zu planen. Es hat sich in der Praxis gezeigt, daß ein solcher Versuch nur zu staatlichen Reglementierungen der Betriebe und ihrer Fachleute und zu übermäßiger Bürokratie führt, und daß damit die volkswirtschaftliche Arbeitsproduktivität im Vergleich zu den privatkapitalistischen Systemen nicht steigt, sondern sinkt.

Wir wissen heute also, daß die Abschaffung des Produktionsmittelmarktes im Maßstab der Volkswirtschaft in der heutigen Zeit nicht zweckmäßig ist - und erst recht nicht im Weltmaßstab. Aber eine Abschaffung des Marktes ist zur Aufhebung der Warenproduktion und für den Übergang zu einer effektiven Volkswirtschaftsplanung auch gar nicht nötig. (vgl. Wolfgang Hoss, "Nachhaltiges Wachstum durch eine neue Produktions- und Verteilungsweise", http://www.wolfgang-hoss.com/mediapool/43/431891/data/_offensiv-9-nachhaltiges_Wachstum.pdf, oder W. Hoss, Stellungnahme zum Beitrag "Ware geht - Markt bleibt?" von H. Jacobs, in offen-siv 5/08, S. 67ff)

Die Märkte wurden in der hochentwickelten Urgesellschaft geboren, sie waren ab diesem Datum Begleiter aller politökonomischen Ordnungen.

Nicht der Markt und das Geld sind Grundlagen der kapitalistischen Ausbeuterordnung, sondern das Kapitalverhältnis - also das Verhältnis zwischen Lohnarbeitern und Kapitalisten. Das Kapitalverhältnis besitzt die wunderbare Wirkung für den Kapitalbesitzer sich Produkte fremder Arbeit unentgeltlich aneignen bzw. Einkommen ohne eigene Arbeit erwerben zu können. Diese Eigenschaft besitzt das Kapital, nicht aber der Markt. Auch heute noch gibt es eine Vielzahl privater Produzenten, die erstens, keine Lohnarbeiter beschäftigen, und die zweitens, Produkte auf dem Markt kaufen und ihre Produkte verkaufen, und in solchen warenproduzierenden Systemen ist Ausbeutung fremder Arbeit im allgemeinen bzw. Ausbeutung von Lohnarbeitern natürlich nicht möglich.

Den Markt gab es, wie gesagt, bereits in der hochentwickelten Urgesellschaft, z.B. wurden Produkte zwischen urgesellschaftlichen Hirten- und Ackerbaustämmen ausgetauscht, Produktenaustausch gab es also auch auf Basis des Gemeineigentums an den Produktionsmitteln. Und kein Mitglied der Produkte tauschenden Stämme oder Sippen hat andere Mitglieder ausgebeutet. Für einen funktionierenden Markt sind also weder Privateigentum noch kapitalistisches Eigentum an den Produktionsmitteln notwendige Voraussetzungen. Die historisch kurzsichtige Gleichsetzung "Privateigentum an den Produktionsmitteln gleich Marktwirtschaft gleich Kapitalismus" ist nur deshalb gemeinhin anerkannt worden, weil sie ständig in den Massenmedien wiederholt wurde.

Wolfgang Hoss, Berlin

Raute

Wolfgang Hoss: Stellungnahme zum Artikel "Planwirtschaft auf der Höhe der Zeit" von H. Dunkhase in "offensiv" 7/08.

H. Dunkhase nennt seinen Artikel bezeichnenderweise "Planwirtschaft auf der Höhe der Zeit", aber er meint, daß die Planwirtschaft endgültig gescheitert ist - betrachten wir im folgenden unbeeindruckt von dieser Häme sachlich die ersten beiden Aussagen in seinem Artikel: "Markt und Plan bilden einen Antagonismus. Zum Markt gehören untrennbar unabhängig, privat voneinander produzierende Produzenten,  ... " (S.41)

Zunächst kann festgestellt werden, daß es in nahezu allen privatkapitalistischen Wirtschaftssystemen unserer Epoche nicht nur Privatunternehmen, sondern auch staatliche Unternehmen gab oder gibt, z.B. staatliche Eisenbahnen, Post- oder Telekomunternehmen, Unternehmen der Nachrichtenübermittlung und Unterhaltung, staatliche Bergbauunternehmen, und daß es auch heute noch in diesen Systemen Genossenschaften in vielfältigen Formen gibt. Es kann also zunächst festgestellt werden, daß der Markt offensichtlich auch in bestimmten Mischsystemen von privaten, genossenschaftlichen und staatlichen Unternehmen existieren und funktionieren kann.

Ferner ist bekannt, daß in der Entstehungszeit der Märkte in der späten Phase der urgesellschaftlichen Entwicklung in manchen Regionen der Erde urgesellschaftliche Gemeinschaften, z.B. Hirten- und Ackerbaustämme einen Teil ihrer Produkte der Viehwirtschaft und des Ackerbaus ausgetauscht haben. Damit fand ein Warenaustausch auf dem Markt auf Basis von Gemeineigentum an den Produktionsmitteln statt, es gab also in dieser Zeit den Markt und den Warenaustausch ohne daß es private oder staatliche Unternehmen gab. Die Behauptung, daß zum Markt untrennbar Privatunternehmen gehören bzw. daß der Markt ohne Privatunternehmen nicht existieren kann, ist also falsch. Richtig hingegen ist, daß es in der Vergangenheit auf Basis von reinem Gemeineigentum an den Produktionsmitteln Märkte gegeben hat, die überaus vorteilhaft für die Gesellschaft funktioniert haben.

Auch die Aussage von Dunkhase, daß Markt und Plan einen Antagonismus bilden (bzw. einander ausschließen) ist in ihrer Verallgemeinerung falsch, selbstverständlich gibt es keine Produktionssysteme ohne Produktionsplanung, z.B. auch alle heutigen kapitalistischen Unternehmen planen ihre Produktion. Man sollte also wenigsten erwähnen, daß dieser Autor gar nicht "den Plan" im Auge hat, sondern einen gesamtwirtschaftlichen Plan in einer bestimmten historischen Form, er ignoriert zunächst, daß es vielfältige sehr verschiedene gesamtwirtschaftliche Planungssysteme in der Vergangenheit gegeben hat, z.B. die gesamtwirtschaftliche Planung der ägyptischen Pharaonen, und er blendet Planungssysteme die in der Zukunft möglicherweise realisiert werden können, vornherein aus der Betrachtung aus - er hat nur den gesamtwirtschaftlichen Plan, so wie er vor kurzem in den ehemaligen Ostblockländern gescheitert ist, im Auge. Dunkhase hat in der obigen Aussage "Zum Markt gehören untrennbar unabhängig, privat voneinander produzierende Produzenten" also nicht nur ahistorisch, sondern auch oberflächlich und unrichtig verallgemeinert, und diese Fehler haben radikale Konsequenzen für die Theorie, sie führen zu ebenso grundfalschen politökonomischen Prämissen und Theoremen.

Nimmt man in einem theoretischen Modell der Wirtschaftsorganisation der Zukunft an, daß alle Unternehmen als Genossenschaften konstituiert sind, die in der Produktionsplanung autonom und vollständig unabhängig sind, mit Satzungen, die typisch sind für das Gemeinschaftseigentum an den Produktionsmitteln, dann gibt es in diesem Modell keine Privatunternehmen. Nimmt man ferner an, daß jede Genossenschaft ihre Produktionsmittel und Konsumtionsmittel auf dem Markt nach freien eigenen Entscheidungen kauft und ihre Produkte auf dem Markt verkauft, dann existiert der Markt selbstverständlich auch dann fort, wenn es keine Privatunternehmen als Anbieter und Nachfrager auf dem Markt mehr gibt. Nimmt man außerdem an, daß eine solche Genossenschaft nicht mit dem Ziel produziert im Resultat der Verkäufe ihrer Produkte und der Käufe ihrer Produktionsmittel einen Gewinn zu realisieren, der auf die Mitglieder der Genossenschaft aufgeteilt wird, sondern mit dem Ziel ihre Produkte vollständig in einen zentralen Fonds des Volkes zu liefern, und nimmt man an, daß auch die finanziellen Mittel aus dem Verkauf der genossenschaftlichen Produkte zunächst vollständig in einem zentralen Fonds des Volkes konzentriert werden, so daß eine einzige große volkswirtschaftliche Geldsammelstellte gebildet wird, und daß ferner eine volkswirtschaftliche Zentrale die finanziellen Mittel des Volkes in großen Globalbeträgen, z.B. in Beträgen von Milliarden €, auf große Genossenschaftsvereinigungen (sozialistische Konzerne) und auf die öffentlichen Haushalte nach einem gesellschaftlichen Plan aufteilt, und zwar ohne Vorgaben zu den Produktionsplänen der Genossenschaften und ihren Vereinigungen, sondern mit der allgemeinen Maßgabe, daß die Genossenschaften bestmöglich zur Befriedigung der zahlungsfähigen Nachfrage auf dem Markt und damit zur bestmöglichen Befriedigung der Bedürfnisse der ganzen nationalen Gemeinschaft beizutragen haben, dann können die Regelmechanismen des Marktes wahrscheinlich besser genutzt werden als bisher, und zwar gerade deshalb, weil die Unternehmen in diesem Fall Gemeinschaftsunternehmen sind, und nicht mehr Unternehmen, die Gewinn für kleine Gruppen oder Privatpersonen realisieren wollen. Und bei näherer Betrachtung zeigt sich, daß eine solche planmäßige Verteilung der finanziellen Mittel des Volkes in großen Globalbeträgen nicht nur eine volkswirtschaftliche finanzielle Rahmenplanung darstellt, sondern daß ein solcher Geldverteilungsplan der volkswirtschaftlichen Zentrale auch einen Rahmenplan der Produktionsentwicklung der Volkswirtschaft darstellt oder als solcher ausgebaut werden kann.

Es gäbe in einem solchen ökonomischen System also eine volkswirtschaftliche Rahmenplanung der Produktion und der Verteilung im Geldmaß, bei gleichzeitiger überaus vorteilhafter Nutzung der Regelmechanismen des Marktes. Und in einem demokratischen sozialistischen Staat wäre die Verteilung des produzierten Reichtums auf dieser Basis sehr viel gerechter und gleichmäßiger möglich als die bekannte Verteilung auf Basis von irgendwie angehäuftem Kapitalbesitz von Privatpersonen, die in der heutigen Welt auf der einen Seite Multimillionäre und Milliardäre, und auf der andren Seite Arme, Hungernde und jährlich Millionen Verhungernde hervorgebracht hat.

In seinem Artikel "Planwirtschaft - auf der Höhe der Zeit" auf seiner Website schrieb H. Dunkhase: "Anwendung der Marxschen Arbeitswerttheorie auf den Kommunismus bedeutet, auf der Grundlage der in den Produkten - wozu auch die Qualifikationen der Produzenten gehören - enthaltenen Arbeitszeitquanten die Ökonomie zu vermessen; oder: die ökonomische Verflechtung, die gesellschaftliche Planung insgesamt, Haushaltsbilanzierung und Konsumtion mit Arbeitszeitrechnung zu erfassen. ...

Konnten früher bei Projektalternativen nur über den Parameter "Kosten" mit der Einheit Geld Aussagen getroffen werden, stehen in multidimensionalen Verfahren nahezu alle physikalischen Parameter (z.B. Zeit, Gewicht, Volumen, usw.) zur Verfügung. Diese werden in ein so genanntes Zielsystem eingebunden und gewichtet. Bei einer Entscheidung, welche Wohnung wir mieten wollen, gehen wir ähnlich vor: Neben dem Mietpreis haben Parameter wie Wohnfläche oder die Zeit, die wir brauchen um zur Bushaltestelle zu kommen, ebenso Entscheidungscharakter wie Lärmemission und Sonneneinstrahlwinkel. (S.4)...

Bei der Entfernung zum Arbeitsplatz verhält es sich nicht anders. Wer möchte schon aus der Wohnungstür fallend, gleich an der Drehbank stehen? Bei diesem Beispiel wird schnell deutlich, dass wir es hier zwar mit objektiven Größen zu tun haben, die aber individuell sehr unterschiedlich gewichtet sind. Reden bei der Wohnungswahl noch Partner/in, Schwiegermutter und Kinder mit, wird unser kleines Beispiel schon komplexer, denn jeder Mitentscheider hat sein eigenes, subjektives Zielsystem. Wer letztlich wie viel zu sagen hat, muss deutlich benannt werden, geht mathematisch über Gewichtungskoeffizienten in die Gesamtberechnung ein und bietet somit die Voraussetzung für eine demokratische Gestaltung dieser Alternativentscheidung. Immer dann, wenn nicht gerade die Schwiegermutter mit giftigem Blick und einer Anspielung auf ihr Testament, die Sache bestimmt, sind solche transparente Planungsverfahren ihrem Wesen nach demokratisch. (S.4)... Es lohnt sich also auch und gerade bei uns für politische Machtverhältnisse zu kämpfen, die Konzepte wie die hier dargelegten umzusetzen erlauben." (S.5)

Es ist vollkommen richtig, daß eine Erfassung der subjektiven Details, die Einfluß auf eine Kaufentscheidung der Konsumenten haben und der Versuch, diese subjektiven Einflüsse anschließend wissenschaftlich zu objektivieren und diese Daten zur Berechnung der Weltnachfrage nach allen Konsumgütern in einen Superrechner einzugeben, z.B. zur Berechnung der Nachfrage nach Heilbutt, Gartenzwergen, Kartoffelsalat und Produkten von Beate Uhse, reiner Unfug wäre. Aber welcher Marxist hat einen solchen Unfug gefordert, Herr Dunkhase? Warum konzentrieren sie ihre wissenschaftliche Arbeit auf einen solchen offensichtlichen Unfug, anstatt sich mit sinnvollen Sozialismustheorien auseinander zu setzten?

Was sollte man aus ihrem Vorschlag, den Einfluß des giftigen Blicks der Schwiegermutter und deren Anspielung auf ihr Testament auf die Entscheidung der Familie für diese oder jene Mietwohnung mit Hilfe neuester Methoden der Mathematik und Computertechnik zu berechnen, sowie aus ihrem Vorschlag, die Marx'sche Werttheorie im Kommunismus in dieser Form anzuwenden, anderes herauslesen als abgrundtiefe Häme eines Marxismushassers? Wie soll das gelingen, Herr Dunkhase?

Wolfgang Hoss, Berlin

Raute

BÜCHER

Heinz W. Hammer: Cubas legitimer Kampf gegen den Terror -
Rezension: Klaus Huhn, »Massenmord am karibischen Himmel«

Vor nunmehr über 10 Jahren, am 12. September 1998, wurden in Miami die fünf cubanischen Kundschafter Gerardo Hernández Nordelo, Ramón Labañino Salazar, Antonio Guerrero Rodríguez, Fernando González Llort und René González Sehwerert nach einem Schauprozess zu insgesamt 77 Jahren sowie in drei Fällen zuzüglich 4 Mal lebenslänglicher Haft verurteilt. Angeblich hätten sie US-Einrichtungen von nationaler Sicherheit ausspioniert. Tatsächlich jedoch haben sie genau dies nachweislich nicht getan. Das ausschließliche Ziel ihrer Mission war es, die vor allem in Miami ansässigen, zahlreichen anticubanischen und konterrevolutionären Organisationen zu unterwandern, deren terroristische Aktivitäten gegen Kuba auskundschaften und die Informationen an ihre Regierung in Havanna weiterzugeben.

Seither setzen sich überall auf der Welt Solidaritätskomitees für die Freilassung der Inhaftierten ein. Am 31. August 2008 verlieh das Bündnis für Soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde e.V. (BüSGM) in Berlin seinen »Preis für Solidarität und Menschenwürde« an die in Cuba als nationale Helden Geehrten. Der bekannte Völkerrechtler und Bundestagsabgeordnete (Fraktion Die Linke) Prof. Dr. Norman Paech hielt aus diesem Anlass eine würdige Rede und beleuchtete darin u.a. auch die auszukundschaftenden Ziele: "Als ich im Juni vergangenen Jahres in Havanna war, hatte die US-amerikanische Justiz gerade Luis Posada Carilles, CIA-Agent und einer der bekanntesten und gesuchtesten Terroristen, von dem Vergehen der illegalen Einreise in die USA freigesprochen. Er hat die Explosion eines Flugzeuges der Cubana de Aviación am 6. Oktober 1976 auf dem Gewissen, bei der 73 Passagiere ums Leben kamen (...) Der Freispruch im Mai 2007 und die Entlassung von Posada Carriles aus dem Gefängnis enthüllt die skandalöse Seite des US-amerikanischen Kampfes gegen den Terror. Dieser Kampf schützt die Karriere eines sich offen zum Terror bekennenden Kriminellen, der nun als freier Bürger in den USA seinen Lebensabend verbringen kann. Gleichzeitig verfolgen FBI und Justiz gnadenlos die Versuche derjenigen, die den Terror verhindern wollen, der von US-amerikanischem Territorium ausgeht und den die USA selbst zu unterbinden verpflichtet wären. Nur selten zeigt sich die Verlogenheit einer Kampagne so deutlich wie bei der Vorzugsbehandlung dieses Terroristen und der Verfolgung von Menschen, die sich dem Kampf gegen den Terrorismus verschrieben haben. Wer weiß schon in Europa, dass durch die Anschläge der sich zumeist aus exilkubanischen Kreisen rekrutierenden und von der CIA ausgebildeten Terroristen in den letzten zehn Jahren etwa 3.500 Kubaner getötet wurden und 2.100 schwere Verletzungen erlitten?"(25)

Ja, wer in Europa und in der Bundesrepublik weiß dies schon außerhalb der Cuba-Solidaritätsbewegung? Und ist es nicht die ständige Aufgabe eben dieser Bewegung, die Verbrechen gegen Cuba bekannt zu machen, die Wahrheit zu verbreiten?

Klaus Huhn, langjähriger ND-Sportchef, Gründer und Leiter des Spotless-Verlags, Autor ungezählter sportpolitischer und -geschichtlicher Beiträge sowie zahlreicher Publikation auch zu Cuba(26), ist in seinem jüngsten Buch diesem verschwiegenen Aspekt des internationalen Terrorismus nachgegangen und fündig geworden.

Obwohl selbst nicht mehr der Jüngste, hat er die Beschwerlichkeiten einer Flugreise nach Venezuela, dem damaligen Ausgangspunkt des zu untersuchenden Falles, auf sich genommen, um der Fährte des Verbrechens zu folgen, "das zwar immer mal wieder erwähnt wird, wenn die zahllosen Verbrechen gegen Kuba aufgelistet werden, aber - meinte ich - bislang nie mit der Gewissenhaftigkeit beschrieben wurde, wie es dieser Massenmord am 6. Oktober 1976 verlangte", wie er in der Einleitung schreibt.

Diesem Anspruch ist der Autor im folgenden gerecht geworden. Mit parteilicher Gewissenhaftigkeit und vor allem linker Propaganda unverdächtige Quellen wie dem FBI und CIA nutzend, listet der Autor eine Reihe von herausragenden Terrorakten gegen Cuba auf, die direkt in Zusammenhang mit Luis Posada Carilles und seinem langjährigen Kumpan Orlando Bosch Avila, von diesen gegründeten Contra-Banden und natürlich mit der CIA stehen. Ein terroristisches Geflecht wird enthüllt, dass sich von Langley über Caracas zur Schweinebucht, von Santiago de Chile über Washington erstreckt, aber immer wieder nach Miami führt und in dem von der CANF(27) bis zur CORO(28) alles vertreten ist, was in der anticubanischen Terrorszene Rang und Namen hat.

Mit detektivischer Akribie nimmt Huhn die Fährten sowohl der genannten Drahtzieher als auch der ausführenden Handlanger, den "stumpfsinnigen Visagen"(29) Hernán Ricardo Losano und Freddy Lugo auf, folgt ihren Spuren durch die Jahre, schildert anschaulich die internationale politische und diplomatische Gemengelage jener Zeit, aber auch, fast schmerzhaft detailliert, die logistische Vorbereitung und Durchführung des Verbrechens, "eines Bombenattentats im Auftrag der CIA, wie es die Geschichte des modernen Flugwesens bis dahin nicht kannte."

An Bord des Fluges CU 45, der von Georgetown über Trinidad, Barbados und Jamaica nach Havanna führen sollte, waren vorwiegend junge, kaum 20-jährige cubanische Sportler/innen, die bei den Zentralamerikanischen und Karibischen Sportspielen ausnahmslos Goldmedaillen im Fechten gewonnen hatten. "Als das Flugzeug die Höhe von 18.000 feet - etwa 6.000 Meter - erreicht hatte, zündete der Sprengstoff und die DC 8 wurde von einer verheerenden Explosion zerrissen (...) 17 Kilometer vor der Küste stürzte das Flugzeug brennend ins Meer. Niemand überlebte (...) Das Wasser war übersät von zerfetzten Körpern und Trümmern."

Lugo und Losano hatten 16.000 bzw. 8.000 US-$ für "den Job" erhalten. Auf den Seiten 40-44 dokumentiert Huhn die Namen nebst Alter und Beruf der cubanischen, koreanischen und guayanischen Opfer und entreißt sie somit dem anonymen Vergessen.

Die involvierten staatlichen Stellen von Barbados, Cuba, Guyana sowie Trinidad und Tobago vereinbarten, den Prozess gegen die Täter in deren Heimatland Venezuela zu führen, wo dieser tatsächlich auch 1977 eröffnet wurde. Nach elf (!) Jahren endete er mit lebenslänglichen Schuldsprüchen für Losano und Lugo (nach 17 Jahren freigelassen) und Freispruch (!) für Bosch. Der zweite Drahtzieher, Posada Carilles, war bereits 1985 auf Betreiben höchster US-Stellen (Oliver North) untergetaucht, um für andere Schmutzarbeiten zur Verfügung zu stehen. Wie diese Geschichte weitergeht, welche Einmaligkeiten der ganze Prozess aufwies ("Die Geschichte kennt zahllose Fehlurteile; dieses dürfte alle anderen in den Schatten stellen") und wie dies alles unmittelbar mit diversen US-Regierungsstellen zusammenhängt, all dies wird im Buch aufgedeckt und präzise beschrieben. Nachgewiesen wird auch, dass wir es hier nicht allein mit einer notwendigen Geschichtsstunde zu tun haben, sondern dass die ganze Affäre höchst aktuell ist. Denn die blutige Spur des Chefterroristen Posada Carilles endete nicht mit dem Iran-Contra-Skandal. Er war auch der Drahtzieher der Bombenattentate gegen touristische Einrichtungen in Havanna in den 90er Jahren, denen der italienische Tourist Fabio di Celmo zum Opfer fiel.

Bis auf den heutigen Tag werden Terroristen wie Posada Carilles, Bosch und andere von der jeweiligen US-Regierung geschützt und alimentiert, während die fünf cubanischen Antiterror-Kämpfer seit 10 Jahren als politische Geiseln in den US-Knästen gehalten werden. Die Heuchelei ist unerträglich. Doch auch die bundesdeutschen Stellen geben in dieser Sache kein besseres Bild ab. Der Autor klagt an: "Noch heute aber pflegt fast jeder bundesdeutsche offizielle Besucher, der nach Kuba reist, die Öffentlichkeit wissen zu lassen, dass er die Gastgeber ermahnt habe, die Menschenrechte zu respektieren! Und jeder tut das, ohne zu befürchten, dass ihn jemand zum Beispiel danach fragt, ob er in Havanna am Grab eines der Hunderten auf Befehl der CIA ermordeten einen Blumenstrauß niedergelegt habe."

Der Autor beendet sein Buch mit dem Hinweis: "Dass sich Kuba fast ein halbes Jahrhundert gegen den übermächtigen Gegner behaupten konnte, gehört für mich zu den »Weltwundern«. Wie gnadenlos dieser Kampf von Seiten der USA geführt wurde, belegt der Massenmord am karibischen Himmel mit entsetzlicher Gewißheit".

Das Büchlein sei hiermit allen an Cuba Interessierten wärmstens empfohlen. Den Jüngeren als Einstieg in das Thema "Terror gegen Cuba" und den älter Gewordenen zur Auffrischung vorhandener Erkenntnisse und der notwendigen Empörung über die Verhältnisse.

Es ist erschienen im Verlag Wiljo Heinen, Taschenbuch, 94 S., ISBN 978-3-939828-26-6, www.verlag-wh.de

Heinz-W. Hammer, 21.11.08

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Richard Georg Richter: Das Buch zur Krise -
Rezension: Schumann/Grefe, »Der globale Countdown«

Harald Schumann und Hans-Peter Martin eroberten ab 1996 mit ihrem entlarvenden Buch "Die Globalisierungsfalle" sowohl Spitzenplätze in den Ranglisten als auch die Herzen aller Kritiker der sogenannten Globalisierung.

Nun, 2008, liegt mit dem Titel "Der globale Countdown" (ISBN 978-3-462-03979-5) die Fortsetzung dieses Bestsellers vor, diesmal von Harald Schumann und Christiane Grefe geschrieben. Wenn auch manchmal, dem Thema verpflichtet, etwas "betriebswirtschaftlich" formuliert, so liest sich das "Gerechtigkeit oder Selbstzerstörung - Die Zukunft der Globalisierung" untertitelte Sachbuch mindestens streckenweise wie ein guter Krimi. Und es erweist sich auch als ein solcher. Bemängeln könnte man lediglich, dass zu viele Themen in einem Buch untergebracht wurden. Aber mir scheint, dass dahinter sogar Methode stecken könnte, nämlich derart, Wissbegierige bei vorliegenden insgesamt 486 Seiten vom Lesen und Kaufwillige mit dem entsprechend hohen Preis vom Kauf abzuhalten. Auffällig und nennenswert scheint mir auch, dass in den Auslagen des örtlichen Buchhandels der Titel nicht zu finden war. Ich erfuhr aus einer Fernsehdiskussion mit dem Autor davon und bestellte dann problemlos.

Aber zum Buch. Auf den ersten 200 Seiten las ich zu meiner Überraschung fast alles zu den Hintergründen der aktuellen Finanz- und Systemkrise, ihre Genesis, ihre Akteure und ihre Struktur. Als sei dieser Teil geradewegs geschrieben worden, die Hilflosigkeit und Verantwortungslosigkeit der uns regierenden politischen Kaste anzuprangern. Es ginge zu weit, Einzelheiten aufzuführen. Aber schon der Nachweis, dass die jetzt aufgebrochenen Verwerfungen des Banken- und Finanzsektors ihren Beginn 1973 nahmen und ihre Wirkungen auf unser Land durch Gesetze der Rot/Grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder politisch ermöglicht wurden, sind Grund genug, um nachzulesen. Und in diesem einen Rahmen fügen sich dann beispielsweise der Untergang von NOKIA Bochum, der Ausverkauf der IKB, deutsche Wirtschaftspolitik in Russland und vom Westen erzwungene schlechte Arbeitsbedingungen in China und Indien zu einem bedrückenden Bild der Globalisierung der Profite.

Dabei ist es von großem Wert, dass die Autoren bis in das erste Quartal des Jahres 2008 schauten. Aktueller kann ein Sachbuch nicht sein. Diesem Anspruch genügen auch die quellensicheren Anmerkungen und ein ausführliches Register. Wenn ich mir, wie oben geschrieben, eine Aufteilung auch wünschen würde, natürlich gehört der umfangreiche Inhalt zusammen. Und so schließen sich an die, hier nicht so genannte, Krise des Kapitalismus als gesellschaftliche Ordnung die weiteren Schauplätze an. Der Klimawandel wird als Ergebnis bewusster Sabotage und Unterlassung von Wirtschaft und Politik charakterisiert. Die Irrwege der Energieversorgung durch neue Kohlekraftwerke, mittels Atomenergie oder Biosprit werden anhand von Fakten untersucht. Der Leser erhält eine Unmenge von Argumenten für einen Politikwandel und eine notwendige Änderung des Umganges mit der Natur. Dazu kommen Überlegungen und Daten zum Zustand der Demokratie, zu der Wirksamkeit internationaler Institutionen und zur notwendigen und möglichen Rolle Europas in der Weltpolitik. All das liest man sowohl thematisch gegliedert als auch quasi "verzahnt", ohne das es je langweilig wird.

Natürlich, und das soll nicht abwertend, aber überzogene Erwartungen dämpfend, sein, sind die Autoren nicht frei von Klischees und Zwecklügen, beispielsweise die realsozialistischen Staaten früher oder den Iran heute betreffend. Aber das sei dem Zeitgeist geschuldet. Und trotzdem wird das Buch von den Mächtigen und Regierenden nicht geliebt werden. Es entlarvt und enttarnt all ihre Winkelzüge, die nur einem Zweck dienen: dem Verdienen.

Ich kann dieses Buch jedem politisch oder ökologisch Interessierten nur dringend empfehlen. Denn es macht Mut, für eine bessere Welt zu streiten.

Schumann/Grefe: Der globale Countdown, ISBN 978-3-462-03979-5, Kiepenheuer&Witsch

Richard Georg Richter, Cloppenburg

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Hartwig Strohschein: Geschichte Italiens -
Rezension: Gerhard Feldbauer, »Geschichte Italiens«

Nachdem Gerhard Feldbauer mit Marsch auf Rom - Faschismus und Antifaschismus in Italien und Agenten, Terror, Staatskomplott - der Mord an Aldo Moro - Bücher zu prägenden Ereignissen der jüngeren italienischen Geschichte vorgelegt hat, stellt er in "Geschichte Italiens", die erfolgreich auf der Frankfurter Buchmesse 2008 vorgestellt wurde, faktenreich die politischen und sozialen Kämpfe der vergangenen zwei Jahrhunderte dar.

In gewohnter Weise bedient er sich der Methode des dialektischen und historischen Materialismus, die Ereignisse der jeweiligen Epoche als Ergebnisse der Klassenkämpfe in Italien als auch internationaler Einflüsse darzustellen. Dabei stützt er sich auf gründlich recherchierte und in Deutschland nicht allgemein bekannte Fakten. Verschiedentlich geht er auf Parallelen und Unterschiede zur Entwicklung in Deutschland ein, so z. B. dass im Unterschied zu Deutschland durch die bürgerliche Revolution erst die nationale Einheit im Kampf gegen ausländische Mächte, die Habsburger, die Bourbonen und den päpstlichen Kirchenstaat errungen werden musste. Er hebt die dominierende Rolle radikal-demokratische Kräfte, in denen insbesondere Giuseppe Garibaldi und Giuseppe Mazzini eine herausragende Rolle spielten, hervor. Die Arbeiterbewegung in Italien entwickelte sich unter dem Einfluss des Marxismus und Anarchismus von Bakunin. Letzterer erschwerte die Bildung und Entwicklung einer sozialistischen Partei. Ihre widersprüchliche Entwicklung schloss erfolgreiche Arbeitskämpfe, in denen das Streikrecht erstritten wurde wie auch die Unterstützung expansionistischer Kolonialkriege ein. Kaum bekannt sein dürfte der Umstand, dass Benito Mussolini in der Italienischen Sozialistischen Partei Karriere machte, bevor er wegen chauvinistischer Positionen aus der ISP ausgeschlossen wurde und dann in den Auseinandersetzungen um den Kriegseintritt Italiens in den Ersten Weltkrieg 1915, von dem sich die reaktionärsten Kreise des italienischen Imperialismus Gebiets- und Einflussgewinn versprachen, in der von ihm herausgegebenen faschistischen Zeitung eine zügellose Hetze gegen Abgeordnete entfaltete, die sich widersetzten.

Als Beispiel für die internationale Wirkung der Oktoberrevolution in Russland 1917 kann die Auslösung von Streiks, Besetzungen von Betrieben durch Arbeiter und Ländereien von Latifundistas durch Bauern gelten. Der erstarkenden revolutionären Arbeiterschaft begegneten die reaktionärsten Kreise der Großbourgeoisie 1922 mit der Machtübertragung an Mussolini, der mit beispiellosem Mordterror seiner SA (Squadres d'azione - Namensgeber für Hitlers SA) den "Staatsstreich der Faschisten" vollzog, die "bewaffnete Garantie des Klassenstaates" schuf (Gramsci), die vergleichbar mit Deutschland durch die fehlende Einheit der antifaschistischen Kräfte, besonders der Arbeiterklasse möglich wurde.

Expansionistischer Großmacht-Chauvinismus kennzeichnete das faschistische Italien ebenso wie das faschistische Deutschland, der sich hier besonders auf die Unterwerfung afrikanischer Völker und die Errichtung eines Kolonialreiches in Nord- und Ostafrika konzentrierte. Gemeinsam mit Deutschlands wurde auch in Spanien ein faschistisches Regime errichtet. Erst die verheerenden militärischen Niederlagen von Stalingrad und El Alamein im WK II erschütterten das Regime nachhaltig und stärkten die antifaschistischen und Antikriegskräfte, die schließlich zur Absetzung des "Duce", zum Kriegseintritt Italiens auf der Seite der Alliierten und zur Besetzung des verbleibenden Italien durch die deutsche Wehrmacht und die Errichtung eines terroristischen Besatzungsregimes führte. Im September 1943 konstituierte sich dagegen ein "Nationales Befreiungskomitee", das den Partisanenkampf organisierte. Vor den Partisaneneinheiten kapitulierten im April 1945 die restlichen deutschen und italienischen Verbände der faschistischen "Salo-Republik".

Besondere Aufmerksamkeit widmet Feldbauer der Entwicklung und den Positionen der sozialistischen und der kommunistischen Partei, besonders den Einschätzungen Antonio Gramscis, der wie kaum ein anderer Theorie und politische Praxis des revolutionären Kampfes verband.

Von aktueller Bedeutung für die Antikriegsbewegung ist die 1944 von Togliatti herbeigeführte "Wende von Salerno", die in die Bildung einer antifaschistischen Einheitsregierung mündete, die Kommunisten, Sozialisten, Christdemokraten und Monarchisten einschloss.

Der Befreiungskampf der italienischen Antifaschisten konnte sich nicht der Sympathie der der us-amerikanischen Armeeführung erfreuen. Feldbauer nennt Tatsachen, die belegen, dass der US-Imperialismus in Gestalt der US-Army und der CIA mit kriminellen Methoden der Mafia und den faschistischen Kräften Vorschub geleistet hat. Dazu gehörten auch die angeordnete Demobilisierung der Partisanenverbände und die Absetzung der demokratischen Selbstverwaltungen und ihr Ersatz durch die früheren faschistischen Verwaltungsorgane.

Unter Ausnutzung ihrer Militärpräsenz und der Aktivitäten der CIA wurde eine an den nationalen Interessen auch der italienischen Bourgeoisie orientierte Politik vereitelt. Herausragendes Beispiel dafür ist der mittels der "Roten Brigaden" inszenierte Mord an dem CD-Vorsitzenden Aldo Moro, um ein Zusammengehen der Christdemokraten mit den Kommunisten und einen möglichen Austritt Italiens aus der NATO zu verhindern. CIA und die mit ihr liierten italienischen Geheimdienste, Militärs mit faschistischer Vergangenheit, die ebenfalls von der CIA initiierte Propaganda-Loge P2, der ranghohe Vertreter aus Politik, Militär und Wirtschaft angehörten sowie die CIA-geführte Gladio-Truppe arbeiteten wie rechtzeitig aufgedeckt, an Plänen für einen faschistischen Staatsstreich, wie er in Griechenland und Chile realisiert wurde.

Nach dem Tod Berlinguers stürzte die IKP in eine tiefe Krise, indem reformistische Kräfte unter dem Einfluss der KPdSU unter Gorbatschow die Partei dominierten. Der 20. Parteitag 1991 beschloss die Umwandlung in eine sozialdemokratische Linkspartei und trennte sich somit von ihrer kommunistischen Tradition. Ca. 10% der ehemaligen IKP-Mitglieder gründeten daraufhin die Rifondazione Communista.

Nach dem Zusammenbruch des durch Korruption völlig diskreditierten Parteiensystems bestehend aus DC und ISP formierten sich die reaktionären Kräfte unter dem Eindruck der Wahlerfolge der aus der IKP hervorgegangenen Linkspartei um den Mediendiktator Silvio Berlusconi, der sich unter Einsatz seines Medienmonopols in Verbindung mit der rassistischen und separatistischen Lega Nord und der Mussolini-Nachfolgepartei MSI-AN (Movimento Sociale Italiano - Alleanza Nazionale) überwältigende Wahlsiege sicherte. Damit hatte nicht nur der mächtigste Unternehmer Italiens die politische Macht Abernommen sondern auch die Faschisten saßen wieder an den Hebeln der Macht.

Eine Ursache der Wahlniederlagen der Linken sieht Feldbauer in der faktischen Auflösung der kommunistischen Partei, die in der indifferenten Linkspartei, im Wahlkampf Regenbogenlinke getauft, als formlose Strömung aufgehen sollte.

Das Buch trägt wesentlich zum besseren Verständnis der politischen Entwicklung in Italien bei und erleichtert Schlussfolgerungen für den politischen Kampf in der BRD. Es ist ihm ein breiter Leserkreis zu wünschen.

Gerhard Feldbauer: Geschichte Italiens, vom Risorgimento bis heute, PapyRossa Verlag, ISBN 978-3-89438-386-2

Hartwig Strohschein, Berlin

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André Vogt: Politische Ökonomie des Kommunismus - eine Buchempfehlung -
Rezension: Evelyn Pentzel: »Politische Ökonomie des Kommunismus«

Auf der Suche nach Informationen über einen sowjetischen Ökonomen der siebziger Jahre stieß ich im Internet auf eine Publikation, die es, meiner Meinung nach, in sich hat.

Die Autorin, Evelyn Pentzel, hat ein Buch geschrieben, in welchem sie polit-ökonomische Prämissen, Praktiken und Weichenstellungen während der Zeit des real existierenden Sozialismus seit der Oktoberrevolution und insbesondere in der Sowjetunion untersucht.

Im Mittelpunkt steht die Frage: Warum haben wir den ökonomischen Wettbewerb verloren?

Nun war es ja so, daß "wir" in dem treffender als Kampf zu bezeichnenden Wettbewerb mit dem imperialistischen System auf wirtschaftlichem Gebiet nicht prinzipiell und immer unterlegen waren, sondern daß es, insbesondere in der Anfangszeit, also unter Stalin und in der DDR unter Walter Ulbricht, große und größte Erfolge beim Aufbau einer soliden sozialistischen Wirtschaftsbasis gab. Dem Niedergang lagen politische Entscheidungen zu Grunde, die aber, da hinlänglich bekannt, im Buch nicht thematisiert werden.

Der Autorin kam es vielmehr darauf an, die sowjetische Preispolitik in ihrer Entstehung, Entwicklung und vor allem in ihrer Wirkung bei der Lenkung der Volkswirtschaft zu analysieren, das Geheimnis der Erfolge der stalinschen Periode wie auch die Folgen der Reformen seines Nachfolgers unter Berücksichtigung der marxschen Erkenntnisse und der praktischen Erfahrungen auf diesem Gebiet zu ergründen und darüber hinaus die Theoriebildung insbesondere der sowjetischen Ökonomen und Wirtschaftswissenschaftler zu untersuchen. Anschaulich stellt sie die finanzpolitischen Maßnahmen der Sowjetregierung in den Kontext der realen Bedingungen der jeweiligen Entwicklungsperioden.

Der Leser bekommt unter anderem Einblicke in die öffentliche Diskussion über Wertgesetz und Warenproduktion im Sozialismus im Jahr 1958. Eine Diskussion, welche Pentzel "unsäglich" nennt, weil sie offenbar mit dem Ziel geführt worden war, die erfolgreiche stalinsche Wirtschaftspolitik zu diskreditieren und zu beenden, was ja dann auch geschah.

Anhand des Reproduktionsschemas aus dem "Kapital (II)" zeigt die Autorin die wirtschaftlichen Konsequenzen der geänderten Preispolitik und die Folgen für Akkumulation, Produktion und Konsum. Obwohl laut Pentzel zu keiner Zeit in der UdSSR voll umfänglich mit dem kapitalistischen Produktionspreis gearbeitet wurde, war doch der Tendenz, die Produkte im kapitalistischen Sinn als "Waren" aufzufassen und dementsprechend unterschiedslos "wertgerecht" zu behandeln, seit Chruschtschow Tür und Tor weit geöffnet. Hinzu kam die fatale Idee von der relativen Selbständigkeit der Betriebe, die auch um die DDR keinen Bogen machte. Falsche Preispolitik verteuerte Investitionen, was den Anstieg der Arbeitsproduktivität verlangsamte. Außerdem kam es zu einem allgemeinen Preisanstieg, Inflation also, welche "höheres Preisniveau geheißen wurde". Die Initiative der Werktätigen wurde gebremst.

Ich bin zu wenig Historiker und zu wenig Ökonom, um die Richtigkeit aller angeführten Fakten, Formeln, Schemata und Folgerungen beurteilen zu können. Aber die Art und Weise des Umgangs der Autorin mit der Geschichte der neuen Gesellschaft, den kontroversen Ansichten der sowjetischen Ökonomen und deren Kongruenz oder Divergenz zu Marx begeistert, zumal sie von revolutionärem Optimismus geprägt sind und der Standpunkt der Arbeiterklasse konsequent vertreten wird.

Interessant ebenfalls der Abschnitt über die DDR unter Ulbricht mit ihren speziellen Bedingungen hinsichtlich Abhängigkeit von der SU und dem gleichsprachigen Klassenfeind vis-à-vis.

Die Lektüre der rund 280 Seiten ist über weite Strecken nicht ohne gewisse Anstrengung zu bewerkstelligen. Dafür wird der Leser mit Klarheit und Stringenz der Darstellung und großer Sachkenntnis der Autorin belohnt.

Das Buch selbst ist momentan nur im Internet als PDF-Datei zugänglich, welche in einem Kopierladen für 10-20 Euro in Buchform verwandelt werden kann: http://politische-oekonomie.org/Buch/download.htm

André Vogt, Dresden

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edition ost: Horst Müller, Manfred Süß, Horst Vogel (Hrsg.), »Die Industriespionage der DDR«

Die Wissenschaftlich-Technische Aufklärung der HVA

Die Unterlagen aus dem Sektor Wissenschaft und Technik der HVA wurden beim Ende des Dienstes 1989/90 vernichtet. Das erklärt, weshalb die publizierten Auskünfte über Industriespionage der DDR, gemessen an anderen MfS-Themen, vergleichsweise dürftig sind. Die beiden letzten Chefs, Horst Vogel und Manfred Süß, sowie ein Stellvertreter legen nun erstmals schriftlich Zeugnis ab. Sie und andere Autoren berichten über das weite Feld, auf denen die wissenschaftliche-technische Aufklärung tätig wurde: um einen Beitrag zur Stärkung der Verteidigunsgfähigkeit und des militärischen Potentials der sozialistischen Staatengemeinschaft zu leisten, um wissenschaftlich-technische Erkenntnisse aus entwickelten kapitalistischen Staaten zu beschaffen, welche für die Volkswirtschaft der DDR nutzbar gemacht wurden, um drittens die operative Arbeit des MfS mit Technik und Informationen zu unterstützen.

Vogel, Süß und Müller nennen übrigens keine Namen. Sie schützen unverändert jene Partner und Kundschafter, die bis heute unentdeckt sind.

Horst Vogel, Jahrgang 1931, Ingenierökonom. Angehöriger des MfS seit 1955, von 1978 bis 1989 Leiter des Sektors Wissenschaft und Technik (SWT) und 1. Stellvertreter des Leiters der HVA von 1989 bis zum Ende des Dienstes. Letzter Dienstgrad: Generalmajor.

Manfred Süß, Jahrgang 1930, Chemiestudium, Angehöriger des MfS/HVA von 1955 bis 1990, Leiter des Sektors Wissenschaft und Technik (SWT) von 1989 bis zum Ende des Dienstes. Letzter Dienstgrad: Oberst.

Horst Müller, Jahrgang 1933, Diplomwirtschaftler, Angehöriger des MfS/HVA von 1959 bis 1990. 1981 Leiter der Abt. XIV (Mikroelektronik, Optoelektronik, EDV), 1989 Stellv. Leiter SWT. Letzter Dienstgrad: Oberst.

Das Buch ist erschienen bei edition ost, Berlin 2008 und hat 224 Seite. ISBN 978-3-360-01099-5

edition ost, Berlin

Anmerkungen

(1) Warum? Weil sie die Fragwürdigkeit resp. besondere Anfälligkeit zweier Märkte zeigt: Des Immobilienmarktes, der in den USA ca. 70 % des Wohnungsmarktes erfasst, und des Automarktes, für den in den USA 10 % der insgesamt Beschäftigten tätig sind. In ihnen tummelt sich der Finanz- und Kreditmarkt in Sonderheit, der in den USA hochspekulativ operiert. Wahrscheinlich sind diese Märkte an sich ausgereizt, so dass auch nach einem Ende der Rezession keine Hausse mehr zu erwarten ist, d.h. die USA-Ökonomie wird stagnativ - es sei denn, sie weicht in die Weltmärkte aus.
(2) Der Mehrwert expandiert ja nicht als solcher, sondern erst, wenn er in Warenformen umsetzt, die wiederum expandieren. Das bloße Festhalten am Mehrwert, also am realisierten Geld, bringt nichts, keinen einzigen weiteren Penny Mehrwert. Es ist der ständige Wechsel - von Ware in Geld, und Geld in Ware -, der den prozessierenden Charakter des Geldes als Kapital sowohl ergibt als auch aufrechterhält, wobei der Wechsel von Geld in Ware den Wechsel des Geldes in den produktiven Bereich der Arbeit bedeutet, der die Waren erzeugt.
(3) Karl Marx, Grundrisse der Kritik der Politischen Ökonomie, S. 14
(4) Bertolt Brecht, Arbeitsjournal, Bd. 42-55, 1973, S. 637
(5) Lenin, Werke, Bd. 22, S. 209
(6) "Im Bericht zur Auswärtigen Kulturpolitik 1996/1997 der Bundesregierung (Auswärtiges Amt 1998) werden folgende weitere Mittlerorganisationen genannt: Deutscher Akademischer Austauschdienst, Alexander v. Humboldt-Stiftung, Institut für Auslandsbeziehungen, Deutscher Musikrat, Inter Nationes, Zentralstelle für das Auslandsschulwesen, Deutsches Archäologisches Institut, Carl-Duisberg-Gesellschaft, Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland, Villa Vigoni und das Haus der Kulturen der Welt. Von den 1,155 Mrd. DM, welche die politische Seite insgesamt 1998 für die Kulturarbeit im Ausland genehmigte, erhielt das Goethe-Institut allein etwa 25% der Mittel." (NOMOS, 1/2000, Jahrgang Heft 1, Juni 2000)
(7) NOMOS, 1/2000, Jahrgang Heft 1, Juni 2000
(8) Freitag, 22. 6. 2007
(9) Bertolt Brecht: Schriften zur Literatur und Kunst, Bd. 1, S. 248
(10) "Bild und Begriff", Aufbau, 1975, S. 281)
(11) ebenda
(12) "Ästhetik heute" Dietz Verlag Berlin 1978, S. 120
(13) J. Hermand: "Pop International. Eine kritische Analyse", Frankfurt (Main) 1971
(14) Richard Hiepe: "Den Realismus selbst in die Hand nehmen." München 1973, S. 13
(15) "Ästhetik heute" Dietz Verlag Berlin 1978, S. 123
(16) Ernest Zahn: "Soziologie der Prosperität", München 1964, S. 16
(17) "Ästhetik heute" Dietz Verlag Berlin 1978, S. 123
(18) (siehe dazu: Lenin, Werke, Bd. 20, S. 7)
(19) "Ästhetik heute" Dietz Verlag Berlin 1978, S. 107
(20) Marx/Engels, Werke, Bd. 20, S. 33
(21) siehe dazu: www.erich-koehler-ddr.de
(22) Aus einem Referat von Gerhard Oberkofler für das Symposium "Wege zum Fortschritt", Graz, 8. November 2008
(23) Die Anmerkungen findet Ihr am Ende dieses Aufsatzes (d. Red.).
(24) Siehe dazu ausführlich: "offen-siv", Ausgabe 9/2006, "Analysen zum neuen Programm der DKP" mit Beiträgen von Fritz Dittmar, Frank Flegel, Kurt Gossweiler, Wolfgang Hermann, Hans Heinz Holz, Hermann Jacobs, Michael Opperskalski, Andrea Schön, Arne Taube.
(25) Komplette Rede und weitere Iformationen zu den MIAMI 5 unter http://www.cubafreundschaft.de/Hintergruende/hintergruende.html#Miami %205 und http://www.miami5.de
(26) U.a.: »Überlebt Kuba?« (mit Leo Burghardt, Spotless, 1994), »Compañero Castro« (Kai Homilius-Verlag, 1996), »Das Wunder Kuba« (mit Leo Burghardt, Spotless, 1999), »Hemingway und Kuba« (mit Leo Burghardt, Spotless, 2001), »Der vierzigjährige U.S.-Feldzug gegen Kuba« (Spotless, 2002), »Und immer wieder: Che« (Kai Homilius-Verlag, 2007).
(27) »Cuban-American National Foundation / Cuba-Amerikanische Nationalstiftung«; unter Leitung des Gründers (1981) und Vorsitzenden Jorge Más Canosa und seit dessen Tod 1997 vom Sohn Jorge Más Santos geführte Dachorganisation der Anti-Cuba-Mafia in Miami.
(28) »Coordinación de Organizaciones Revolucionarios Unidas, Koordination der Vereinten Revolutionären Organisationen«, Terrororganisation, die für zahlreiche Bombenattentate gegen cubanische Einrichtungen in Venezuela, Panama, Mexico und Argentinien verantwortlich war und die sich nach dem Massenmord vom 6. Oktober 1976 zu diesem Attentat bekannte.
(29) »Erinnert das nicht an Günther Weisenborns Worte: "Der Mord hat zwei Gesichter ..., eine stumpfsinnige Vollzugsvisage und ein gebildetes Gesicht, hinter dem eine fatale Entscheidungsgewalt steht«; S. 35

Raute

Eine kurze Bemerkung zum Impressum:

Willi Opitz, Gründungsmitglied unseres Herausgebergremiums, hat uns aufgefordert, seinen Namen aus der Liste der Gründungsmitglieder zu entfernen. Er habe inzwischen unüberbrückbare Differenzen mit uns. Das ändert natürlich nichts an der Tatsache, dass er Gründungsmitglied war, aber selbstverständlich kommen wir seinem Wunsch nach.

Wir teilen Euch das mit, damit nicht der Eindruck aufkommt, wir würden eigenmächtig Namen streichen.

Redaktion offen-siv

Raute

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Quelle:
Offensiv Nr. 10/2008 - Zeitschrift für Sozialismus und Frieden
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Januar 2009