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ROTFUCHS/120: Tribüne für Kommunisten und Sozialisten Nr. 166 - November 2011


ROTFUCHS

Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutschland

14. Jahrgang, Nr. 166, November 2011


Inhalt
- Danke, "Leipziger Volkszeitung"!
- Augenzeuge eines Mordes: Als Hauptmann Arnstadt erschossen wurde
- Über Tagträumer und Roßtäuscher
- Wie "Bild" aus dem Rahmen fiel
   Pawlowsche Reflexe von Rot-Allergikern
- Ist die "deutsche Einheit" ein Wert an sich?
   Fragen eines Neußer Genossen an Egon Krenz
- Anpasser aus Passion: Holters "Heimatzeitung"
- "Seelenstorm" - das kleine Blatt am Großen Moor
- Das Dresdner Hannah-Arendt-Institut:
   Unikat totalitärer Geschichtsbetrachtung
- Wer den "Alten Fritz" zur Lichtgestalt verklärt
- Die imperialen Pläne Wilhelms II.
- Eine "Schere im Kopf"
- Marxismus für Einsteiger: Mehrwert
- DDR-Militäraufklärung: "Topas" und andere Edelsteine
- Neue Spionage-Drohnen der BRD
- Auswahlkriterium im BRD-Schulwesen:
   Reiche ins Töpfchen, Arme ins Kröpfchen
- Eine "Gänsekeule" gefällig?
- Felicia Langer: Deutsche Kritik an Israel?
- Dranske im Wandel der Zeiten
- RF-Extra Walter Krämer war der "Arzt von Buchenwald"
- RF-Extra Afghanistan: Wo die NATO täglich den Tod sät
- In memoriam Mille Stand
- Frankreich: Madame Le Pen ante portas
- Chile: Die Aura der Camila Vallejo
- Cuba Si - Synonym für Solidarität
- USA: Gemeinsam gegen "Jim Crow"

   Der Klassenkampf hat keine Farbe
- Griechenlands KKE fordert: Kapitalmacht brechen!
- Räuber von Gottes Gnaden: Der Queen "gehört" ein Sechstel der Erde
- Warum Jemens Aufständische nicht als "Rebellen" gelten
- Ein Militär, dessen Waffe das Wort war: Walter Flegel
- "Geheimtip": Der "RotFuchs" braucht Welpen!
- Ein Könner der Funk- und Fernsehdramatik: Bernhard Seeger
- Aus Hellges Anekdotenkiste: Die Klassiker-"Schwarte"
- Hocke in Archies Haut - Eine Rezension
- Die Geschichte vom Traumtänzer
- Leserbriefe
- Grafik des Monats

Raute

Über die "Gags" der Gacks

Ein Erlebnis aus Kindertagen - damals war ich neun - hat sich mir besonders tief eingeprägt: Im Mai 1942 ließ der faschistische Propagandachef Joseph Goebbels im Berliner Lustgarten eine antikommunistische Horrorshow abziehen, bei der selbst für NS-Verhältnisse ungewöhnlich dick aufgetragen wurde.

Es handelte sich um die durch ins Auge springende Plakate landesweit beworbene Ausstellung "Das Sowjetparadies". Das dort gezeigte "Beweismaterial" war vor allem durch Experten der NS-Propagandakompanien (PK) aus den von der Wehrmacht besetzten Gebieten der Sowjetunion herangeschleppt worden. Die Gruselstory ging den durch Nazi-Wochenschauen und unablässige Sondermeldungen der Reichssender abgerichteten Durchschnittsdeutschen gehörig unter die Haut. Eine so hohe Dosis antikommunistischer Injektionen schien kaum noch überbietbar zu sein!

Doch gemach! Inzwischen stehen Leute wie der sich ständig am eigenen Geifer verschluckende ZDF-Kriegsberichterstatter Ulrich Gack, der mal von der afghanischen, mal von der libyschen "Front" der NATO im Goebbels-Stil zu "informieren" weiß, den entsprechenden Spezialisten des "Dritten Reiches" kaum nach. Solche mit Schaum vor dem Mund agierenden Profi-Hetzer gewisser BRD-Medien stellen diese fast noch in den Schatten.

Jenen Ausstellungsmachern, welche einst "Das Sowjetparadies" kreierten, wurde übrigens eine gebührende Antwort erteilt. Ganze Abschnitte des "antibolschewistischen" Lügentempels gingen in Flammen auf. Zehn Mitglieder der Widerstandsgruppe des Jungkommunisten Herbert Baum setzten den Komplex bei Tageslicht an sieben Stellen in Brand. Das war ein Fanal mit weltweitem Widerhall!

28 Männer und Frauen - durch Verrat in die Hände der Gestapo gefallen - starben unter dem Fallbeil, Herbert Baum "wählte" den "Freitod". Die Großtat im Lustgarten ging für immer in die Geschichte des Antifaschismus und der deutschen Arbeiterbewegung ein. Heute bricht sich die neue Welle dieser trüben Flut hierzulande in einem ebenso pathologischen wie grotesken Antikommunismus Bahn. Dabei besteht ihr schmutziger Schaum vor allem in rüden Verunglimpfungen der DDR. Offensichtlich verfolgt die 1989/90 erdrosselte Republik der Arbeiter und Bauern deren kapitalistische Klassenfeinde noch immer in ihren Wach- und Albträumen.

Mit der Bewältigung der damals erlittenen schweren Niederlage und der Neuformierung kommunistisch-sozialistischer Kräfte befaßt, sollten wir uns des Löwenmuts solcher Kämpfer wie Herbert Baum und seiner Mitstreiter erinnern und daraus Kraft schöpfen.

Doch nicht allein wir stützen uns auf Leitbilder aus der eigenen Geschichte. Auch die Antikommunisten besitzen solche und können sich auf diese berufen. Schon 1852 - nur vier Jahre nach dem Erscheinen des Manifests von Marx und Engels - begann mit dem Kölner Kommunistenprozeß die heilige Hetzjagd auf ein außer Kontrolle geratenes "Gespenst". Gut ein Jahrhundert später - im August 1956 - folgte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe dem Kölner Beispiel, indem es dem Antrag des mit Altfaschisten wie dem antisemitischen Schreibtischmörder Globke durchsetzten Adenauer-Kabinetts entsprach, die KPD zu verbieten. Die Partei der antifaschistischen Helden und Märtyrer wurde erneut in die Illegalität gezwungen. Durch die Verfolgung und Einkerkerung Tausender und Abertausender Kommunisten im zwölften Jahr nach dem Sieg der Alliierten über Hitlers Schreckensregiment outete sich die BRD als ein in brauner Wolle gefärbter Staat des deutschen Imperialismus. Er kann es sich zur Unehre anrechnen, daß das infame Urteil gegen die KPD bis heute fortbesteht.

Unter dem SPD-Kanzler Brandt folgte ihm eine Welle von Berufsverboten, die dafür sorgten, daß Kommunisten weder als Lehrer noch als Lokführer, noch als Briefträger tätig sein durften. So sieht die vielgepriesene "politische Kultur" im kapitalistischen Deutschland tatsächlich aus! Während rot in den meisten Ländern Westeuropas als ganz normale Farbe gilt, werden Rotgebliebene im Rechtsstaat BRD diskreditiert, diskriminiert und den Gacks der Medien zum Fraß vorgeworfen.

Wenn etliche Zeitgenossen den derzeitigen Faschisierungsprozeß in der BRD noch nicht hinreichend durchschauen, dann liegt das vor allem daran, daß traditionelle Attribute der Nazi-Diktatur wie Hakenkreuz, SA, SS, Konzentrationslager und Holocaust im modifizierten Erscheinungsbild fehlen. Gewiß gibt es nach wie vor die ungeschminkten Faschisten der NPD und die Schlägerkolonnen stupider Stiefelnazis, die zur Einschüchterung linker und demokratischer Kräfte sowie "für alle Fälle" in Bereitschaft gehalten werden. Doch das derzeitige Kräfteverhältnis zwingt die kapitalistischen Magnaten und deren politische Marionetten vorerst nicht dazu, die von ihnen bevorzugten "Glacéhandschuhe" auszuziehen. Die momentane Schwäche und Zersplitterung der Linken, die für das System nicht einmal im Augenblick seiner schwersten Existenzkrise eine Bedrohung darstellen, besonders aber das mangelnde Klassenbewußtsein der Arbeiterschaft gestatten es ihm, einstweilen auf härtere Bandagen zu verzichten und das scheindemokratische Mäntelchen anzubehalten, während die radikale Rechte zugleich ihren "Marsch durch die Institutionen" ungehindert fortsetzen kann. - Die in großen Teilen Europas und ganz besonders in der von ihrem Nazi-Erbe belasteten BRD weiter voranschreitende Faschisierung ist in erster Linie an der Virulenz des Antikommunismus meß- und erkennbar. Es ist hohe Zeit, zur Gegenoffensive anzutreten und den "Gags" der Gacks den Boden zu entziehen!

Klaus Steiniger

Raute

Danke, "Leipziger Volkszeitung"!

Ein zu anderen Zeiten traditionsreiches Blatt, ist die LVZ als Folge der Annexion der DDR und der damit verbundenen antikommunistischen Gleichschaltung der Medien im Einheitsbrei bourgeoiser Desinformationspolitik versackt. Heute ein stinknormales Konzern-Organ, hat sie sich am 20./21. August dennoch um die gezielte Propagierung der "jungen Welt" und des "RotFuchs" außerordentlich verdient gemacht. Ihr Autor Armin Görtz schoß mit dem Beitrag "Die Front der Mauerfreunde" ein unter Fußballfans begehrtes Selbsttor: Auch wenn er behauptete, der durch die LVZ lang und breit zitierte RF - auf der Titelseite seiner August-Ausgabe sah man bekanntlich dasselbe eindrucksvolle Kampfgruppen-Foto wie auf Seite 1 der jW vom 13. August - sei im Unterschied zu der in grelle Schlagzeilen geratenen linken Tageszeitung "mißachtet" worden, tat die LVZ das Ihrige, um diese Scharte auszuwetzen. Sie brachte gleich nebeneinander die Aufmachungen der beiden erwähnten Blätter und stellte in ihren großformatigen Beitrag überdies auch noch einen Rotdruck-Kasten mit folgendem unverfänglichen Zitat: "Klaus Steiniger: Nicht ohne Grund sprach die DDR vom antifaschistischen Schutzwall, gegen den fortan die schwarz-braune Flut brandete." Wie wahr!

Solche nach hinten losgehende Konterpropaganda ist ein Grund mehr, die Leipziger Kollegen dafür zu loben, daß sie die Aktivitäten der im Antifaschistischen Komitee gegen Krieg und Sozialraub "vernetzten Altkader", die sich "der Grenzschließung rühmen", so großzügig begleitet haben.

Danke, LVZ!

RF

Raute

Als der Hauptmann der DDR-Grenztruppen Rudi Arnstadt vom BGS erschossen wurde

Augenzeuge eines Mordes

Am 30. Juni 2011 führten zwei Mitarbeiter des MDR ein zweistündiges Interview mit mir. Sie wollten in Erfahrung bringen, was sich am 14. August 1962 in der Rhön tatsächlich ereignet hatte und dazu eine filmische Dokumentation erarbeiten. Das sagten sie jedenfalls.

An jenem Hochsommertag vor knapp 50 Jahren wurde der Hauptmann der Grenztruppen der DDR Rudi Arnstadt durch Angehörige des Bundesgrenzschutzes ermordet. Es gäbe dazu verschiedene Versionen beider Seiten, meinten die MDR-Journalisten. Von dem Interview wurden am 30. August im Spätprogramm aus dem Zusammenhang gerissene Teile gesendet. Der Titel des Beitrags lautete: "Zwei Tote im Kalten Krieg - Hintergrund zweier Todesfälle im August 1962". Der zweite Tote war das "Maueropfer" Peter Fechter.

Die beiden Filmemacher erfüllten ihren Klassenauftrag vorbildlich. Aus Tatsachen, Halbwahrheiten, Verdrehungen, Lügen und dem Weglassen wesentlicher Teile des von mir Gesagten entstand ein Machwerk, das sich in die seit Monaten eskalierende Hetze gegen DDR, NVA und Grenztruppen nahtlos einreihte.

Im Juli 1962 - ich war damals Kommandeur eines Mot-Schützen-Bataillons des MSR-3 in Brandenburg - erhielt ich den Befehl, meine Einheit per Bahn nach Bad Salzungen und von dort im Landmarsch nach Dermbach (Rhön) zu verlegen. Nach dem Einrichten in einem Objekt des dortigen Grenzregiments und der Inaugenscheinnahme von uns zu sperrender Abschnitte begannen die Arbeiten. Sie wurden von den Angehörigen des Bataillons unbewaffnet durchgeführt. Lediglich in Abständen von einigen hundert Metern stationierten wir Sicherungsposten zum Schutz unserer eigenen Genossen. Wie sich dann zeigte, war diese Maßnahme völlig berechtigt.

Wir wurden von westdeutscher Seite wochenlangem psychologischem Druck ausgesetzt. Wiederholt schoß man über unsere Köpfe hinweg in Richtung DDR-Gebiet. Hubschrauber kreisten in unmittelbarer Nähe der Staatsgrenze, mitunter auch direkt über uns. Sie warfen eine Fälschung der NVA-Zeitung "Die Volksarmee" ab und forderten unsere Soldaten zur Fahnenflucht auf. Täglich wurden Personengruppen bis dicht an die Grenze geführt, die uns in unflätiger Weise beschimpften. Den Höhepunkt bildete ein "Gottesdienst". Nach dem Absingen frommer Lieder und einem Gebet wandte sich der Pfarrer in Richtung Westen, breitete die Arme aus und rief: "Ich segne Deutschland." Dann drehte er sich zu uns um und brüllte: "Und ich verfluche Asien."

Am 14. August meldete sich Hauptmann Arnstadt in Begleitung des Soldaten Roßner bei mir, um eine Grenzkontrolle durchzuführen. Ich stand gerade mit Arnstadt und seinem Begleiter bei einer Gruppe von NVA-Angehörigen, als plötzlich eine Bundesgrenzschutz-Streife das Gebiet der DDR betrat und direkt auf uns zukam. Als sie sich auf unserer Höhe befand, forderte sie Genosse Arnstadt auf, sofort das DDR-Territorium zu verlassen, was sie auch tat. Wir verloren sie dann aus dem Blickfeld. Nach einiger Zeit kehrte die Streife zurück und drang erneut auf unser Gebiet vor. Wieder wurde sie dazu aufgefordert, sich unverzüglich zurückzuziehen. Soldat Roßner gab einen Warnschuß in die Luft ab und etwas später, ebenfalls steil nach oben, einen weiteren Schuß. Die BGS-Streife trat den Rückzug an. In diesem Augenblick fiel aus einem Getreidefeld jenseits der Grenze ein Schuß, der Hauptmann Arnstadt in den Kopf traf. Auch Roßner wurde unter Feuer genommen. Anschließend kamen BGS-Angehörige in Schützenkette schießend auf uns zu. Ich schätzte, daß etwa 20 bis 30 Schüsse abgefeuert wurden. Wir hatten uns an einem Abhang in Deckung begeben und zogen uns dann geordnet zurück, um in etwa zwei Kilometer von der Grenze entfernt die volle Gefechtsbereitschaft herzustellen. Wer konnte wissen, was dieser verbrecherischen Provokation noch folgen würde.

Die Staatsanwaltschaft Fulda leistete sich viele Jahre später ein Glanzstück. Am 7. April 1998 teilte der leitende Oberstaatsanwalt beim dortigen Landgericht mit, er habe das seinerzeit eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen Dieter Koch (BGS) wegen Totschlags (36 Jahre nach der Tat!) von der Staatsanwaltschaft Meiningen übernommen. Doch schon am 6. Mai wurde das Verfahren nach § 170, Abs. 2 StPO eingestellt, da keine Straftat aufzuklären wäre. Das Ermittlungsergebnis sei das gleiche wie jenes, welches bereits am 8. Oktober 1962 in Fulda zu der Einstellungsverfügung geführt habe. So blieb es bei der Version der BRD-Justiz, die schon damals behauptet hatte, BGS-Grenzoberjäger Plüschke habe in Notwehr gehandelt, als er seinem Hauptmann Meißner, der von Rudi Arnstadt am weiteren bewaffneten und illegalen Betreten von DDR-Territorium gehindert werden sollte, durch gezielte Schüsse zu Hilfe gekommen sei. Nach dieser Interpretation war die Verteidigung der Staatsgrenze der DDR rechtswidrig, das Handeln der BGS-Streife hingegen rechtens.

In der Fuldaer Einstellungsverfügung vom Mai 1998 hieß es: "Die Angriffshandlung des sowjetzonalen Grenztruppenoffiziers war deshalb nicht nur gebotene Notwehr, sondern stellt sich ganz eindeutig als rechtswidriger versuchter Totschlag dar. Plüschke war verpflichtet, den seinem Streifenführer drohenden Angriff abzuwehren." Wieso Grenzverletzer zu Recht schießen und sich der Festnahme entziehen dürfen, bleibt das Geheimnis des Oberstaatsanwalts Schneider beim Landgericht Fulda. Die von ihm übernommene Version, die Angehörigen des BGS hätten insgesamt nur drei Schuß abgegeben, ist keineswegs allein das Ergebnis schlampiger Recherche, sondern eine vorsätzliche Lüge. Tatsächlich wurden, wie bereits erwähnt, 20 bis 30 Schüsse auf uns abgefeuert. Hauptmann Arnstadt hatte seine Pistole zwar in der Hand, hob sie aber kein einziges Mal in Richtung der BGS-Angehörigen. Von seiner Seite fiel folglich auch kein Schuß.

Oberstleutnant a. D. Gerhard Elies, Jüterbog

Raute

Kein Sozialismus ohne revolutionäre Lösung der Macht- und Eigentumsfrage

Über Tagträumer und Roßtäuscher

Gott sei Dank! Wie beruhigend, daß es sich gewisse Politiker der PDL nicht haben nehmen lassen, ihrerseits den 13. August "zu würdigen". Natürlich als Unrecht und Mißbrauch sozialistischer Ideen! Die diesjährige Stellungnahme der PDL zu dieser Thematik reihte sich einmal mehr in Bemühungen ein, historische Erfahrungen einfach totzuschweigen. Dabei müssen wir sogar froh sein, daß man im Karl-Liebknecht-Haus fast noch "die Kurve gekriegt" hat und nicht auf das verbale Niveau des Bundespräsidenten abgesunken ist. Am vernünftigsten im Zusammenhang mit dem Thema Schutzwall fand ich - neben der hervorragenden "Danke!"-Aufmachung der jW - das Sitzenbleiben einiger Delegierter auf dem Landesparteitag der PDL in M-V.

"Vor 21 Jahren ist die DDR ausgelöscht worden." Als mein Gesprächspartner das Anfang Oktober sagte, mußte ich erst einmal innehalten: Ist es wirklich schon so lange her, daß wir den Weg der Gestaltung einer menschenwürdigeren, sozialeren Form des Zusammenlebens verlassen mußten? Daß eine irregeführte und leichtgläubige Bevölkerungsmehrheit mit wehenden Fahnen die Rückkehr zur Ausbeutung von Mensch und Natur feierte? Was aber trieb einstige DDR-Bürger zuhauf in die Arme der Kapitalisten? Wieso wählten sie freiwillig den Status von "Arbeitnehmern", priesen sie ihr Dasein als Ware Arbeitskraft? "Es wächst zusammen, was zusammengehört!" hieß damals die Parole. Aber war der Anschluß wirklich historisch unvermeidlich? Diese totale Plünderung des Volkseigentums und die Blockierung unserer geistig-moralischen Werte? Hätte all das vermieden werden können? Fragen, auf die ich, ehrlich gesagt, auch nach mehr als 20 Jahren noch keine mich befriedigende Antwort gefunden habe.

Die eigentlich substanzarme Debatte um die sogenannte K-Frage, aufgeworfen im Vorfeld der diesjährigen Rosa-Luxemburg-Konferenz der "jungen Welt", hat mir eine gehörige Portion Zuversicht genommen, daß sich die inhaltliche Leere in für mich erlebbarer Zeit überwinden läßt. Sich als linksstehend bezeichnende PDL-Verantwortliche, die dem Phantom eines "demokratischen Sozialismus" weiterhin nachjagen, streben doch nur kosmetische Operationen an, die am Wesen des Kapitalismus nichts ändern. Die PDL scheint mir von einer den Sozialismus anvisierenden Kraft inzwischen weit entfernt zu sein, ganz zu schweigen von einer marxistisch-leninistischen Partei mit Masseneinfluß, die dringend gebraucht wird.

Wer besitzt hier und heute noch ein System in sich geschlossener Zukunftsvorstellungen? Ich habe dabei weder die Tagträume weltfremder Politiker im Wahlgerangel noch jene Roßtäuscher im Auge, die lediglich an ihrer eigenen - oftmals lukrativen - Karriere basteln oder arbeiten lassen. Es ist erschreckend, wie viele "Ossis" sich unterdessen zu braven bundesdeutschen Spießern "gemausert" haben. Obwohl wir ja eigentlich wissen müßten, daß das Sein das Bewußtsein bestimmt. Jede Ausgabe von "Bild", jeder politische Fernsehkommentar, jede Nachrichtensendung bei ARD, ZDF und anderen Stationen trocknen Gehirn und Gewissen der Konsumenten weiter aus.

Damit die Ware Arbeitskraft optimal funktioniert, sind soziale Almosen, kontrollierte Bildung, ein Mindestmaß an Gesundheitsfürsorge sowie die beständige Manipulation der Massen unabdingbar. Die selbsternannten Erfüllungsgehilfen von Daimler, Siemens & Co. aber verkaufen uns das dann auch noch als soziale Wohltaten! Es ist schmerzhaft hinzufügen zu müssen, daß die von der PDL propagierte Botschaft eines "demokratischen Sozialismus" die Menschen lediglich hinhält.

Von den maßgeblichen Leuten der Partei traut sich inzwischen ja keiner mehr, klipp und klar zu sagen, man strebe ein sozialistisch-kommunistisches Gesellschaftsmodell an. Aus meiner Sicht aber muß es Sache linker Kräfte sein, in das Bewußtsein der "Arbeitnehmer" und des "Prekariats" (dieser Begriff für die benachteiligten und am kapitalistischen System nicht partizipierenden Schichten der Bevölkerung ist bislang der absolute Gipfel des Perfiden!) vorzudringen. Das bedeutet in erster Linie, auf den Kontrast zwischen nachvollziehbaren Zukunftsvisionen und den derzeitigen Lebensumständen der Ausgebeuteten hinzuweisen.

Ohne Zweifel griffen viele einstmals aktiv Beteiligte unterdessen zur Feder, um - oftmals die letzte Chance nutzend - Erlebnisse, Erfahrungen und persönliche Schlußfolgerungen aus ihrem Leben in der DDR niederzuschreiben. Aber die Zeit ist unerbittlich: Jeden Tag müssen wir von Kampf- und Weggefährten Abschied nehmen. Die Apologeten des Kapitals spekulieren auf "biologische Lösungen". Nicht wenige unserer halben und ganzen Gegner lassen sich unverblümt von der Vorstellung leiten, daß jene, die den Sozialismus gestaltet und erlebt haben, bald nicht mehr zur Verfügung stehen, womit sich der "rote Spuk" von selbst erledigt habe. Dennoch werden nach wie vor enorme Summen für antikommunistische Hetze ausgegeben. Am bittersten ist die Feststellung, daß diese auch von einer Mehrheit in der Linkspartei nahezu widerstandslos hingenommen wird.

Damit muß Schluß sein! Um den Gegenangriff einleiten zu können, bedarf es der Zusammenführung einer großen Zahl bislang versprengter Einzelkämpfer. Es geht darum, daß mit den bereits formierten konsequent linken Kräften ein gemeinsamer "roter Faden" gestrickt wird. Vor allem aber gilt es, die von Älteren und Alten gewonnenen Erkenntnisse an Kinder und Enkel weiterzugeben. Schritt für Schritt sollten Grundlinien für das künftige Wirken einer landesweiten revolutionären Partei entwickelt werden, die wieder über ausreichende Positionen in der Arbeiterklasse verfügt. Sie muß das politisch-ideologische Rüstzeug für die Inangriffnahme der notwendigen Umwälzungen besitzen. Dabei ist eines klar: Die Überwindung des Kapitalismus ohne Lösung der Macht- und Eigentumsfrage bleibt bloße Illusion. Die Geister scheiden sich an diesem Kernthema. Leider gibt es derzeit nicht wenige im Einfluß- und Betätigungsfeld der PDL, die lieber "Stasi-bereinigt" in die Parlamente einziehen wollen, als über das Hier und Heute hinausweisende Lösungen anzubieten.

Der Formierungs -, Konzentrations- und Einigungsprozeß auf der Linken ist das wesentlichste Kriterium für die Herausbildung einer wirklich gesellschaftsverändernden politischen Kraft in der BRD. Ob er tatsächlich zustande kommt, hängt von einer tragfähigen wissenschaftlich fundierten Konzeption ab, die uns zugleich auch hilft, Antwort auf drängende Fragen der Gegenwart geben zu können.

Manfred Calvelage, Berlin

Raute

Ein Brief an Fidel löste bei Rot-Allergikern Pawlowsche Reflexe aus

Wie "Bild" aus dem Rahmen fiel

Die von den Hitlerfaschisten in der bisher barbarischsten Form betriebene "Ausmerzung des Bolschewismus mit Stumpf und Stiel" endete 1945 mit dem Hissen der roten Fahne auf dem Reichstag. Seit der Auslöschung der UdSSR und der auf den Sozialismus orientierten Länder Europas durch die Konterrevolution wurde der apokalyptische Wunschtraum weltweiter Vorherrschaft der kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung erneut zum "Leitmotiv" imperialistischer Ideologen. Mehr echte Demokratie und ökonomische Selbstbestimmung für die Massen, mehr soziale Menschenrechte durch Vergesellschaftung der Produktionsmittel als nachhaltige Alternative zum Amoklauf entfesselter Kapitalherrschaft darf nach diesen Vorstellungen keine Zukunftshoffnung irgendwo auf der Welt mehr sein. Der Kapitalismus soll als Endpunkt menschlicher Entwicklung gelten. Das ist die Vorgabe der in der NATO und der EU, in Washington, Berlin und Paris Tonangebenden.

In der Dritten Welt werden dafür sogar Staaten mit Krieg überzogen und niedergemacht, wenn sie noch eine Spur nationaler Unabhängigkeit und Herrschaft über die eigenen Ressourcen aufweisen. In Europa ergreifen reaktionäre oder faschistoide Regierungen in wachsender Zahl brutale Verbots- und Verfolgungsmaßnahmen gegen kommunistische und andere linke Parteien oder Verbände. Griechenland baut trotz klammster Kassen einen sieben Meter breiten Grenzgraben von 140 km Länge. In "Spanisch-Marokko" hängen Menschen, die vor dem Hunger nach Europa zu fliehen versuchen, tot im Zaun. NATO-Kriegsschiffe verweigern die Seenotrettung von Kriegsflüchtlingen im Mittelmeer. All das läuft unter der Losung vom "Aufbau einer freiheitlich-demokratischen Zivilgesellschaft". In Afrika, Asien und Lateinamerika kostet das täglich unzählige Menschenleben durch Hunger, Krankheiten, Elend und Mord.

Am 20. August erblickte man auf der Titelseite von Springers "Bild" das Logo der Partei Die Linke mit der dem Niveau des Blattes und seiner Leserschaft Rechnung tragenden Schlagzeile "Bizarrer Schleimbrief an Fidel Castro". Auf Seite 2 wurde dann die Grußadresse zum 85. Geburtstag des vor Jahren erkrankten und von allen Ämtern zurückgetretenen kubanischen Revolutionsführers mit den Unterschriften von Gesine Lötzsch und Klaus Ernst abgedruckt, die offensichtlich von der Arbeitsgemeinschaft Cuba Sí dieser Partei vorbereitet worden war. "Bild"-Schreiberling Ralf Schuler titelte seinen Erguß mit der Frage: "Ist das Satire oder Wahnsinn?" Die CDU-"Menschenrechtsbeauftragte" Erika Steinbach, eine der übelsten Scharfmacherinnen im Chor deutscher Revanchisten, frohlockte, der Brief beweise: "Im Deutschen Bundestag sitzen Antidemokraten." Das ist ja völlig richtig, doch Steinbach meint natürlich die Falschen. Hubertus Knabe, der Oberbrunnenvergifter von Hohenschönhausen, frohlockte: "Hier zeigt die Linkspartei ihr wahres Gesicht." Und der grün angestrichene Schwarze Volker Beck resümierte: "In der Linkspartei scheinen die alten Denkmuster aus dem Kalten Krieg immer noch lebendig zu sein." Erik Brok (CDU) gab ebenfalls seinen Senf dazu: "Sie sind vom alten Konzept der DDR nie abgerückt." Nach dem jährlichen Kulminationspunkt der auf mindestens 100 Jahre ausgelegten Hetzkampagne zum 13. August wird offenbar: Alle noch so unterwürfigen Presseerklärungen, mit denen sich PDL-Obere von der DDR und sich selbst distanziert haben, nützen diesen schon deshalb nichts, weil die rabiaten Angriffe auf den Sozialismus und dessen Verkörperung auf deutschem Boden - die DDR - nichts anderes als die Zersetzung ihrer Partei und deren Verdrängung aus dem politischen Spektrum der BRD zum Ziel haben.

Man behält dabei die strategisch entscheidenden Schwachstellen der PDL genau im Blick: Rechte Opportunisten fordern schon seit langem deren Verzicht auf den Internationalismus, die Preisgabe der revolutionären Volksbewegungen in Lateinamerika, die Abkehr von Kuba und anderen sozialistischen Alternativmodellen weltweit. Die infame und geschichtsklitternde Gleichsetzung der DDR mit dem massenmörderischen Hitlerregime - einer Ausgeburt des deutschen Kapitalismus - soll auch in sämtlichen Schulen der BRD die allgemeine "Informationslinie" sein, wie die Kultusministerkonferenz schon 2009 "empfahl".

Der notorische Geschichtsfälscher Klaus Schroeder vom "Forschungsverbund SED-Staat", der Direktor des Gruselkabinetts Hohenschönhausen Hubertus Knabe und Peter Lautzas vom Verband der Geschichtslehrer wollen "die Dimensionen der kommunistischen Verbrechen" und den "Diktaturcharakter des SED-Staates" im ständigen Vergleich mit der Naziherrschaft als Abiturthema verankert sehen. Denn deutsche Schüler hätten ein verharmlosendes und verklärendes DDR-Bild, "weil die Lehrer noch aus der Zeit der Entspannungspolitik" kämen. Und in jenem Gebiet, welches früher die DDR war, gäbe es noch "viel zu viele Leute, die das erlebt haben. Sie kommen sofort und sagen: 'Das war doch gar nicht so.'" Noch lehnt die Lehrergewerkschaft GEW solche Begehrlichkeiten der Kalten Krieger mit der Begründung ab, solange nicht einmal die Gesellschaft "das Kapitel" aufgearbeitet habe, könne man dies schwerlich von der Schule erwarten. Und: "Sobald man etwas in die Tiefe geht, wird es noch komplizierter. In der Masse haben die Menschen (aus der DDR) das Bestehende gewollt", wehrt sich Ulrich Thöne. Darüber kann sich Forschungsverbunds-Schroeder "richtig aufregen". So komme es zur "Verklärung der DDR-Vergangenheit", giftet der als Wissenschaftler verkleidete Berufshetzer.

Wird erst einmal ein derartiges Anti-Kommunisten-Programm in einigen Bundesländern zum Unterrichts- und Abiturstoff, dann dürfte die statistisch erwiesene Unkenntnis über die Geschichte des einzigen nichtkapitalistischen Staates der Deutschen komplett durch Goebbelsschen Lügenbrei ersetzt werden.

Wenn Führungskreise der PDL auf Bundes- und Länderebene opportunistisch und angsterfüllt derart hinter der Position und dem Erkenntnisstand der Lehrergewerkschaft zurückbleiben, dann erweisen sie den Schülern und sich selbst einen Bärendienst. Authentisch sozialistische Kräfte in der Linkspartei, die es zulassen, daß im Geiste des rechten, eindeutig prokapitalistischen PDL-Flügels historische Alternativen wie die DDR und Hoffnungsträger der neuen Volksbewegungen in der Dritten Welt wie Fidel Castro dämonisiert werden, schaufeln sich damit ihr eigenes politisches Grab.

Jobst-Heinrich Müller, Lüneburg

Raute

Fragen eines Neußer Genossen an Egon Krenz

Ist die "deutsche Einheit" ein Wert an sich?

Am 16. April hielt Egon Krenz in Hamburg eine Rede zu Ehren des von den Faschisten ermordeten KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann, die der RF als Beilage veröffentlichte.

Seine Worte zeugten von jenem gleichen aufrechten Geist, welchen er bereits bewiesen hatte, als er durch die BRD-Siegerjustiz kriminalisiert wurde. Seine Feststellung: "Das Unglücksdatum der Deutschen ist nicht der 13. August 1961, sondern der Machtantritt Hitlers am 30. Januar 1933" ist besonders hervorzuheben, ordnet sie doch die Grenzsicherungsmaßnahmen vor 50 Jahren in den übergeordneten historischen Kontext ein. Das Verschweigen unumstößlicher historischer Tatsachen, die Diffamierung kritisch Nachfragender, die Beweihräucherung der bestehenden Machtverhältnisse sowie die geschmacklose Ausschlachtung tragischer Menschenschicksale - all das gerinnt zu dem, was die Knabes, Knopps und ihresgleichen als "Geschichtsaufarbeitung" bezeichnen. Gegenstimmen vernimmt man selten. Gerade deshalb möchte man der Hamburger Rede des Genossen Egon Krenz weiteste Verbreitung wünschen.

Eine Passage regt mich indes zum Nachfragen an. Sie lautet: "Das Wichtigste bleibt für mich: "Die Deutschen in Ost und West leben seit 1990 nicht mehr mit der Angst, zwei deutsche Staaten könnten gegeneinander Krieg führen. Diese Gefahr bestand zu Zeiten des Kalten Krieges, der dem Wesen nach ein Balancieren am Rande eines Atomkrieges war. Ich kritisiere nicht die deutsche Einheit. Ich bemängele die Art und Weise ihres Zustandekommens und den Umgang der heute Herrschenden mit den Ostdeutschen. Eine Ehe kann nicht funktionieren, wenn eine Seite vermeintlich alles Angenehme und die andere nur Schulden und Verbrechen eingebracht haben soll."

Wer sich mit dem Thema "deutsche Einheit" beschäftigt, betritt ein Terrain, das in der Geschichte unseres Landes immer wieder als ein von unterschiedlichsten Kräften umkämpftes Feld erscheint. Mittlerweile gibt es sich selbst zur Linken Zählende, die schon die bloße Beschäftigung mit der nationalen Frage für unstatthaft halten. Allein der Begriff der Nation sollte ihres Erachtens der bürgerlich-konservativen oder der offen faschistischen Reaktion überlassen bleiben. Abgesehen davon, daß diese häufig unter der Flagge von "Antideutschen" segelnden Kräfte andererseits selbst offen imperialistische und rassistische Positionen beziehen, bleibt auch zu konstatieren, daß der Nationalstaat keine böswillige Erfindung darstellt, sondern eine aufgrund historischer Gegebenheiten gewachsene Formation ist. Daß dieser in der uns jetzt bekannten Form Ewigkeitsgeltung zukäme, kann nicht behauptet werden. Aber ebenso sind wir offensichtlich noch weit von dem Zeitpunkt entfernt, an dem er als historisch überlebt absterben müßte. Vorerst werden wir uns also noch mit der Ausgestaltung des Nationalstaates zu beschäftigen haben. Für Kommunisten bedeutet dies zu fragen: Welchen Klasseninteressen dient die Nation in ihrer jeweiligen Verfaßtheit?

Ähnliches gilt auch für die Frage der nationalen Einheit. Lange Zeit was das Thema "deutsche Einheit" von der Arbeiterbewegung besetzt. Während der Zeit vor der Reichsgründung 1871 verlangte die von August Bebel und Wilhelm Liebknecht auf marxistischer Grundlage geschaffene Sozialdemokratische Arbeiterpartei die Gründung einer einheitlichen deutschen Republik unter Einschluß Österreichs. Das wurde als "großdeutsche Lösung" bezeichnet. Diese Idee war der Gegenentwurf zu der bis dahin dominierenden deutschen Kleinstaaterei unter der Ägide parasitärer Fürstenhäuser. Wer hätte damals daran denken können, daß der Gedanke eines vereinigten, Österreich umfassenden Deutschlands unter Hitler wiederkehren würde? Der entscheidende Unterschied bestand allerdings darin, daß es nicht mehr um die Bildung einer demokratischen, mit ihren Nachbarvölkern in Freundschaft lebenden deutschen Republik ging, sondern um die Schaffung des Brandherdes einer Barbarei, wie sie die Menschheit bis dato noch nicht erlebt hatte. Es ist gänzlich unergiebig, Grundsatzfragen wie die "deutsche Einheit" von den konkreten Kräfte- und Klassenverhältnissen losgelöst zu diskutieren.

Auch in den 50er Jahren - also bald nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges - waren es die deutschen Kommunisten, welche das Banner der nationalen Einheit erhoben. Dabei ging es um ein antifaschistisches, demokratisches Deutschland. Wie erbärmlich nahmen sich da Adenauers heuchlerische Bekenntnisse zur deutschen Einheit aus, die bei allem Pathos seine Vorliebe für einen zum antikommunistischen Rammbock ausgebildeten westdeutschen Separatstaat nicht bemänteln konnten. Unvergessen sind seine Worte, daß ihm das halbe Deutschland ganz lieber sei als das ganze Deutschland halb.

Vereinigungspläne, wie sie z. B. in der bekannten Stalin-Note anklangen, blieben nach dem Willen der Westmächte auf der Strecke des Kalten Krieges. Ein Festhalten an ihnen seitens der UdSSR und der DDR mußte im weiteren Verlauf zwangsläufig als überholt erscheinen. Das internationale Kräfteverhältnis zwang zur Umorientierung auf Sicherung des Bestehenden, d. h. die Stabilisierung und Anerkennung der DDR. Erst die kapitulantenhafte Politik Gorbatschows und der Kollaps der Sowjetunion gaben der Frage nach der "deutschen Einheit" eine neue Wendung. Schnell wurde klar, daß die sogenannte Wiedervereinigung nichts anderes mehr sein konnte als die Begegnung von Sieger und Besiegtem! Genau dieser Umstand macht es mir schwer verständlich, warum Genosse Krenz erklärt, die "deutsche Einheit" nicht kritisieren zu wollen. Ist hier "Einheit" im abstrakten oder im konkreten Sinne gemeint? Im ersten Fall mag man natürlich Betrachtungen darüber anstellen, daß es für Kommunisten und Sozialisten keinen vernünftigen Grund geben könne, eine Teilung Deutschlands auf immer und ewig zu wünschen.

Aus ihrer Sicht wäre ein demokratisches, sozial fortschrittliches, gar sozialistisches Gesamtdeutschland allemal vorzuziehen. Beachten wir aber die Verhältnisse der Jahre 1989/90, so geraten wir mit solchen Überlegungen in das Reich der Träume. Derartiges stand damals nicht auf der Tagesordnung. Seit ihrer Gründung war es der Daseinszweck der Bundesrepublik, als Provisorium bis zu dem Tag zu dienen, an dem Deutschland als ungeteilte, kapitalistisch-imperialistische Großmacht zu alter "Normalität" zurückfindet. Das vereinigte Deutschland des Jahres 1990 hatte die Konterrevolution auf DDR-Gebiet zur zwingenden Voraussetzung.

Welche Großmut wäre von den neuen Herren den Ostdeutschen gegenüber realistischerweise zu erwarten gewesen? Aus Sicht der westdeutschen Bourgeoisie war der aus der DDR kommende Bevölkerungsteil mit der Erfahrung infiziert, daß ein Leben ohne Privateigentum an den wesentlichen Produktionsmitteln möglich ist. Die "Medizin" gegen diese geistige Infektion war schnell gefunden: Deindustrialisierung, Massenentlassungen, gezielte Zerstörung von Existenzen, politische Diskriminierung und Entwürdigung. Gelegentlich vernahm man damals die Stimmen Gutmeinender, die zu bedenken baten, "daß in der DDR nicht alles schlecht gewesen sei" und einiges in einem vereinigten Deutschland vielleicht von Nutzen sein könne. Dabei dachten sie an soziale Errungenschaften, vor allem auf den Gebieten der Bildung, Kinderbetreuung und Arbeitsplatzsicherheit.

Das erste, was die westdeutschen "Eliten" taten, war die Rücknahme der unter dem Druck der Systemkonkurrenz der bundesdeutschen Arbeiterklasse seit den 50er Jahren gemachten sozialen Zugeständnisse. Warum sollte sie aus der Erbmasse der DDR gerade das bewahren, was in schärfstem Gegensatz zu den in den Rang einer Staatsreligion erhobenen neoliberalen Glaubenssätzen stand?

Genosse Krenz gibt seiner Zufriedenheit darüber Ausdruck, daß nun nicht mehr ein Krieg Deutscher gegen Deutsche zu befürchten sei. Welcher vernünftige Mensch hätte sich so etwas wünschen können? Tatsache ist aber auch, daß zur Zeit der vielbeklagten Teilung Deutsche so wenig auf Deutsche schossen wie auf Serben und Afghanen! Die DDR lebte unter dem Schutz der Sowjetmacht, was man als Ausdruck begrenzter Souveränität des sozialistischen deutschen Staates auffassen kann. Betrachtet man aber die Zeit von 1945 bis 1990 nüchtern und sachlich, dann kann man den Satz unterschreiben: Sowjetmacht ist (oder war) Friedensmacht! Kriege innerhalb und außerhalb von Europa mit deutscher Beteiligung wurden erst später wieder führbar.

Zu dem von Egon Krenz bemühten Bild einer funktionierenden Ehe fällt mir ein: Eine solche war seitens des Westens zu keinem Zeitpunkt angestrebt. Im günstigsten Falle bedeutet eine Eheschließung, daß sich zwei Menschen, die einander gut kennen, auf der Grundlage von Liebe, Gleichberechtigung, Ehrlichkeit und Respekt für ein gemeinsames Leben entscheiden. Taugt dieses Beispiel etwa für den Anschluß der DDR an die BRD? Wie weit es mit der im Westen jahrzehntelang beschworenen Liebe zu den "Brüdern und Schwestern in der Zone" her war, konnte man bald erfahren, als es modern wurde, die Ostdeutschen als faule, lästige und undankbare Kostgänger herabzuwürdigen. Und die Ehrlichkeit? Im Vorfeld der angeblich so "freien" Volkskammerwahlen vom 18. März 1990, deren "Freiheit" vor allem darin bestand, unter einer beispiellosen westdeutschen, d. h. ausländischen Einmischung stattzufinden, reiste Bundeskanzler Helmut Kohl im Stile eines Geschenke verteilenden Weihnachtsmannes durch die Lande und versprach den leider allzu begeisterten Menschen das Blaue vom Himmel. Was ist von einer Ehe zu halten, in die der eine "Partner" den anderen mit verlogenen Versprechungen lockt?

Mit Rücksicht auf alle verheirateten Genossinnen und Genossen möchte ich lieber darauf verzichten, ein derartiges Schauspiel mit einer Ehe zu vergleichen.

Erik Höhne, Neuß

Raute

Warum nennt Helmut Holter ein Flensburger Journal "meine Heimatzeitung"?

Anpasser aus Passion

Die Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern sind bereits Geschichte und ihre Resultate bekannt. Das Ziel der Linkspartei, die stärkste Fraktion zu bilden, ist ebensowenig erreicht worden wie Helmut Holters Ansinnen, Ministerpräsident zu werden. Wahrscheinlich sucht man nun im Schweriner Landesvorstand nach den Gründen der faktischen Niederlage. Denn in das Honigfaß einer knappen prozentualen Zunahme ist der Teertropfen des Verlustes von absolut 13.000 Wählerstimmen gefallen. Zu Triumphalismus besteht also kein Anlaß.

Im folgenden soll eine wahre Geschichte erzählt werden, die vielleicht manches erklärt. Ganz locker hatte Helmut Holter in der Fernsehshow "DAS!" zur Vorstellung der Spitzenkandidaten am 7. August auf die Frage, wie er persönlich den Tag beginne, zu antworten gewußt: "Früh aufstehen, Radio an, NDR 1, Nachrichten hören und dann gleich meine Heimatzeitung, die SVZ, lesen."

Holter kennt die Geschichte der SVZ genau. Sie wurde 1946 als Organ der gerade entstandenen SED gegründet und teilte 1989 auch deren Schicksal. Sie war eine echte Heimatzeitung mit einer Auflage von über 200.000 Exemplaren und begleitete ihre Leser selbst in der Zeit des Untergangs der DDR, den manche irrtümlicherweise als Wende bezeichnen.

Die Redaktion spielte 1989/90 für kurze Zeit eine recht eigenständige Rolle. Doch die PDS konnte sich eine Zeitung, die für monatlich 3 Mark der DDR frei Haus geliefert wurde, nicht leisten. So geriet das Blatt bald in die Hände des berüchtigten Medienmagnaten Hubert Burda, dessen international operierender Konzern 2010 einen Umsatz von 1,7 Milliarden Euro erzielte. Der Burda-Verlag aber ist ein ausgesprochenes Zeitschriften-Unternehmen mit über 300 Titeln in vielen Ländern der Welt. Da stand es von Beginn an fest, daß er sich der SVZ über kurz oder lang wieder entledigen würde.

Als Käufer fand sich 2005 der Schleswig-Holstein-Zeitungsverlag aus Flensburg. Er richtete sogar eigens einen Schweriner Verlag ein. "Meine SVZ" - wie Holter die "Heimatzeitung" vertraulich nennt - gehört also längst nach Schleswig-Holstein. Dort werden die Gewinne ausgeschüttet und verteilt. Das Blatt ist "ein wenig" teurer geworden: Inzwischen kostet ein Monats-Abo schlanke 22,95 € - also rund 270 € im Jahr.

Einem Spitzenpolitiker der Linkspartei sollte - so, wie die Dinge liegen - das Wort "Heimatzeitung" nicht so glatt über die Lippen gehen. Ist dieses kapitalistische Blatt mit der entsprechenden Ausrichtung tatsächlich Holters Lieblingspostille? Das allein spräche Bände!

Ohne Zweifel gibt es heute ein weitaus vielfältigeres Warenangebot und eine buntere Zeitungspalette als zu DDR-Zeiten. Vieles hat sich verändert - auch die SVZ. Die "neue Umwelt" und der Verlust alter Gewohnheiten erzeugen bei nicht wenigen ehemaligen DDR-Bürgern "das Lebensgefühl, sie seien Emigranten ohne Auswanderung", meinte die Illustrierte "Stern". Helmut Holter sieht das offenbar anders. Möglicherweise möchte er sich den heutigen Eigentümern der SVZ als "Partner mit Linkseinfluß" andienen, um künftig mehr Druckzeilen für sich und seine Vorstellungen herauszuschinden. Bei "gegenseitiger Rücksichtnahme", versteht sich!

Viele Genossen der Linkspartei haben in den letzten Jahren diese Zeitung abbestellt. Der Grund war - gelinde gesagt - "politische Nichtübereinstimmung". Denn Sachlichkeit und ein ausgewogenes Urteil sind in den Spalten der SVZ heute nur noch selten anzutreffen. Andere Genossen lesen sie dennoch weiter, tun das aber "mit Kennerblick".

Übrigens haben enorm viele Mecklenburger seit 1990 nicht nur "ihre" Zeitung aufgegeben, sondern auch ihre Heimat. Unter den auf der Suche nach Arbeit Abgewanderten befinden sich Journalisten, Drucker und andere mit der Typographie verbundene Talente. Dessenungeachtet lobt Holter seine "Heimatzeitung", was den Grad der Anpassung an die "gegebenen Verhältnisse" reflektiert.

Summa summarum: Man kann sich schwer vorstellen, daß man mit dieser SVZ zu neuen Ufern gelangt.

Peter Pagel, Schwerin

Raute

Wie ein früherer Druckereimeister der SVZ Schwerinern die Augen öffnet

Das kleine Blatt am Großen Moor

Alle 14 Tage hängt Rainer Stankiewitz in seinem Fenster den "Seelenstorm" aus. Man sieht das eindrucksvoll gestaltete kleine und großformatige Blatt nicht nur dort, sondern auch an einer "Säule für Demokratie und Menschenrechte" vor dem Hauptpostamt auf der dichtbevölkerten Schweriner Flaniermeile. Der jederzeit parteilose Herausgeber und Autor war Meister in der Druckerei der "Schweriner Volkszeitung" und ist heute Hartz-IV-Empfänger.

Stellt euch vor, es ist Wahl und keiner geht hin. Dieses Mal raffte sich noch jeder zweite Mecklenburger und Vorpommer auf. Wie mag es bloß in fünf Jahren aussehen? Ist es dann nur noch jeder Dritte? Und wenn es so wäre: Zum Regieren reichte auch, ließen sich lediglich ein paar Bedienstete der Staatskanzlei an der Wahlurne blicken oder der eine oder andere im Dienst der Kirche stehende Pfaffe. Das Volk soll ja, darf ja, aber muß ja nicht wählen. Wenn es nicht will - nun, es wird niemand gezwungen. Aber regiert werden muß das Land schließlich!

Die Regierung regiert. In welcher Farbe sie gerade schillert, ist nicht so wichtig. Einige sagen, wir haben wieder eine Einheitspartei: ein rot-schwarz-grün-gelb gefiederter Vogel hält seine müden Fittiche über das Land gebreitet und behütet träge Paragraph 1 der alten mecklenburgischen Landesverfassung: Dat bliwwt allens so, as dat west is.

Die schöne Ministerin Schwesig oder den smarten Ministerpräsidenten Sellering und den rustikalen Herrn Caffier scheint es nicht zu stören, daß sie nur ein paar Hanseln vertreten. Sie verrichten auch in Zukunft ihr Werk, immer mit einem munteren Auge darauf gerichtet, daß ihnen niemand etwas wegnimmt. Aber mich stört es gewaltig, daß die Hälfte meiner Mitbürger sich abwendet vom politischen Geschehen. Was treibt sie zurück in die Nischen, aus denen sie vor ein paar Jahren elanvoll herausgestürmt kamen? Diese Frage stelle ich mir besorgt und versuche Antworten zu finden.

Die regierende SPD meint, MV tue gut und man sei auf gutem Weg. In ihrer Geschichte war die SPD immer auf gutem Weg. Nur ist sie selten angekommen; 1918 nicht und 1933 auch nicht. Die Funktionäre mögen dies anders sehen, das Volk jedoch nicht. Ansonsten bliebe es ja nicht der Wahl fern.

Inzwischen brodelt auch in Mecklenburg-Vorpommern ein mächtiger Kessel voller Unmut, in dem der Zorn jener Leute Druck aufbaut, die partout nicht zur Wahl gehen wollen. Irgendwann könnte alles explodieren. Die SPD - das hat sie immer gemacht - schraubt schnell ein Ventil in den Kessel und läßt ein wenig Überdruck heraus. Dann geht es erst einmal wieder. Vielleicht haben das die Mecklenburger erkannt und sagen: Rutscht mir doch den Buckel runter! Vielleicht sind sie sogar an der Gestaltung ihres Landes sehr interessiert, könnten aber vermuten, daß ihr Engagement gegen eine Mauer des Weiterso prallt und sie selbst eigentlich im Fluß einträglicher Regierungsgewohnheiten stören. Vielleicht bleiben sie deswegen weg.

Es kann doch nun wirklich niemand mehr übersehen, wie viele Menschen dieses kapitalistische System produziert, die nicht mehr ihrer verbrieften Würde entsprechend leben können. Die nicht mehr zur Wahl Gehenden brauchen nur in die kalten Gesichter mancher Staatsdiener zu blicken, um zu erkennen: Hier gehören wir nicht mehr hin, unser Revier ist die Suppenküche. Vielleicht gehen sie deswegen nicht wählen.

Es ist auch schade um "Die Linke". Doch solange dort Leute meinen, sie bräuchten den Kapitalisten nur ein paar Dukaten aus dem Beutel zu schneiden und schon wäre soziale Ausgewogenheit erreicht, werden sich ihre Stimmenanteile dauerhaft verringern. Linke sollten wissen, welche gesellschaftlichen Verhältnisse reformierbar sind und welche nicht. Ein bißchen mitregieren, ein wenig vom großen Kuchen essen, leben und leben lassen, wird am Ende Wähler eher verprellen.

Was ist wirklich nötig, um eine ausgewogene Gesellschaft zu etablieren, an der alle Menschen Teilhabe finden? Wir müssen das jetzige System gegen ein besseres ersetzen. Was übrigens durchaus grundgesetzkonform ist. Nicht daß einer denkt, nun müsse die DDR zurück! Obwohl - wir finden in diesem gescholtenen sogenannten Unrechtsstaat viele Momente, die ich mir auch in einer neuen Gesellschaft wünsche.

Manche kommen ohnehin wieder durch die Hintertür hereinspaziert, mit dem Gütesiegel "garantiert freiheitlich".

Aber auch mit der Freiheit ist das so eine Sache. Wenn es an den Speck der globalisierten Finanzbeschaffung für wenige Auserwählte geht, ist Schluß mit lustig. Dann ist eben mal Diktatur angesagt. Wer in den Lissabonner Verträgen blättert, dem kann angst und bange werden. Demokratie und Kapital vertragen sich nicht. Bislang siegte immer einer. Daß dies weiter so bleibt, dafür steht auch die Regierung in Mecklenburg, die einige von uns gerade gewählt haben. Die Folgen sind absehbar, Prognosen für viele Mecklenburger sind eher düster. Eindeutige Indikatoren sprechen dafür, daß Ängste der Menschen vor Verelendung nicht unbegründet sind. Vielleicht ziehen sich diese Menschen deswegen enttäuscht in ihre Nischen zurück, weil sie erkannt haben, wem ihre Politiker tatsächlich dienen. Zweifellos der falsche Weg, um seiner Desillusionierung Ausdruck zu verleihen, aber den Regierenden anscheinend höchst willkommen. Diese Ignoranz ist es, gepaart mit Hochmut, die den Kessel des Zorns weiter befeuern wird. Wie lange geht das noch gut?

Rainer Stankiewitz

Raute

Das Hannah-Arendt-Institut zählt zur Vorhut der Brunnenvergifter

Unikat totalitärer Geschichtsbetrachtung

Unter den etwa 100 Instituten und Stiftungen, die mit der "Erforschung" von Politik und Geschichte der vor 21 Jahren untergegangenen DDR ihre Daseinsberechtigung nachweisen wollen, nimmt das Dresdner Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung einen besonderen Platz ein: Es wurde am 17. Juni 1993 als Unikat und Ziehkind der sächsischen CDU gegründet. Ministerpräsident Kurt Biedenkopf stand Pate, Helmut Kohl feierte die Verdienste des Instituts an dessen zehntem Geburtstag. Mitarbeiter des Instituts erfüllen Aufträge, die nichts mit Wissenschaft zu tun haben. Wiederholt erschütterten Skandale das Institut, die zu Landtagsdebatten führten, u. a. bei der Ablösung der früheren Direktoren Prof. Dr. Klaus-Dietmar Henke und Prof. Dr. Gerhard Besier.

Das Institut segelt unter falscher Flagge. Hannah Arendt hat die DDR nie als "totalitäre Diktatur" betrachtet. Das entdeckte sogar Prof. Dr. Henke. Unter Verweis auf sie machte er die Totalitarismusforscher Backes, Jesse und andere darauf aufmerksam: "Bei kanonischer Auslegung der Totalitarismus-Vorstellung von Hannah Arendt müßte ein Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung von der Erforschung des Honecker-Mielke-Sozialismus gänzlich Abstand nehmen." Henke folgerte: "Der Vergleich von SED-Staatssozialismus und Nationalsozialismus - ist ... in erster Linie Ressourcenvergeudung, denn niemand ist, wenig überraschend, dazu in der Lage darzulegen, welche Erkenntnisse uns über die NS-Zeit bzw. die DDR ohne deren Vergleich bisher verschlossen blieben."

Ich konzentriere mich im folgenden auf Auseinandersetzungen in jüngster Vergangenheit.

Bis 2010 galt Dr. Michael Richter als eines der feurigsten Pferde im Institutsstall. Er hatte Anfang der 80er Jahre in der DDR Philosophie und Theologie studiert und war dann 1982 in den Westen gegangen. 1990 tauchte er im Umfeld der Konrad-Adenauer-Stiftung auf. Er besaß von Beginn an mächtige Mäzene. Schon am 5. Dezember 1990 stellte Lothar de Maizière Richters Arbeit über die Geschichte der Ost-CDU vor. Seither bestimmen dessen Wertungen weitgehend das über diese Blockpartei verbreitete Bild.

Richter etablierte sich nach Gründung des Hannah-Arendt-Instituts in Dresden. 1998 veröffentlichte er (mit Mike Schmeitzner) das Buch mit dem langen Titel "Einer von beiden muß so bald als möglich entfernt werden". Dabei handelte es sich um eine Auftragsarbeit Kurt Biedenkopfs, der bei der Präsentation des Machwerkes neben den Autoren saß, deren "Arbeit" pries und prämierte. Auf 318 Seiten hatten Richter und Schmeitzner einen Giftmord an Sachsens früherem Ministerpräsidenten Dr. Friedrichs erfunden, den Innenminister Dr. Kurt Fischer im Juni 1947 begangen haben sollte.

Besonders verwerflich: Bereits vor dem Druck wußten die Verfasser, daß der "Giftmord" ein tragischer Herztod war. Richter avancierte zum Hofhistoriker bestimmter "Wende"-Politiker in der CDU.

2009 erblickte "Die Friedliche Revolution" das Licht der Welt. Dieses zweibändige Elaborat wurde von Stanislaw Tillich vorgestellt und allen Lehrern wärmstens empfohlen. Bundespräsident Horst Köhler setzte sich bei der Verwendung des Buches allerdings in die Nesseln. Am 9. Oktober 2009 beschwor er bei seiner Festrede in Leipzig ein Horrorszenarium, das sich Richter ausgedacht hatte. Das brachte ihn in arge Bedrängnis. Aber noch deckte der Direktor des Hannah-Arendt-Instituts seinen scheinbar unersetzlichen Paladin.

Die Lage für diesen änderte sich indes dramatisch, als am 18. November 2010 im MDR, kurz danach in der "Welt" und anderen Zeitungen darüber berichtet wurde, daß Dr. Michael Richter ein "Stasi-Spitzel" gewesen sei. Das war unverzeihlich. Richter wurde entlassen.

Zu Jahresbeginn 2011 äußerte sich Direktor Prof. Dr. Heydemann wiederholt über die künftige Arbeit des Instituts. Dabei wurde ein Tätigkeitsbericht für 2010 veröffentlicht. Heydemann schlug vor, künftig auch die Nazi-Zeit stärker zu berücksichtigen. Obwohl das bei einem seriösen "Diktaturen"-Vergleich selbstverständlich sein müßte, stieß er auf heftigen Protest. Der CDU-Abgeordnete Arnold Vaatz und der Politologe Prof. Dr. Werner Patzelt, der selbst in den Führungsgremien des Hannah-Arendt-Instituts Sitz und Stimme hat, schossen in den Medien vergiftete Pfeile ab. Sie hielten eine "Kursänderung" für gefährlich, weil die "DDR-Forschung" darunter leiden würde.

Heydemann führte zu seiner Verteidigung an, bisher hätten mehr als 70 % aller Publikationen des Instituts die Abrechnung mit der DDR zum Inhalt gehabt. An dieser Stelle müßte eigentlich eine Analyse der über 160 vorliegenden Buchpublikationen versucht werden. Das ist aus Platzgründen nicht möglich. Eine Kostprobe habe ich zu den "Arbeiten" Richters gegeben. "RotFuchs"-Leser kennen überdies die schändliche Behandlung Manfred von Ardennes durch einen Autor des Hannah-Arendt-Instituts.

Die Bilanz des Jahres 2010 besteht aus sechs Monographien und der Herausgabe von fünf Büchern. Alle hätten auch ohne das Hannah-Arendt-Institut geschrieben werden können. So "Das Präsidium der Landesverwaltung Sachsen" oder der Bericht einer von der Stadt eingesetzten Kommission "Die Zerstörung Dresdens 13.-15. Februar 1945". Insgesamt ist nichts dabei, was man nicht auch an anderen Geschichtsinstituten hätte untersuchen können. Außer der Rufschädigung für die Historiker-Gilde muß auch der finanzielle Schaden bedacht werden, für den der Freistaat Sachsen, also der Steuerzahler, in Regreß genommen wird. Denn im Haushalt sind für das Hannah-Arendt-Institut stattliche Summen "eingestellt": 2010 waren es 1336,4 Mio. Euro, 2011 sind es 1336,4 Mio. Euro und 2012 werden es 1335,5 Mio. Euro sein.

Wer überdies den moralischen Schaden, den das Hannah-Arendt-Institut der Geschichtswissenschaft und dem "Zusammenwachsen der Deutschen" zugefügt hat, in Erwägung zieht, könnte sich dem Urteil Alan Poseners anschließen, der einen Beitrag in der "Welt" mit dem Titel versah: "Nicht in ihrem Namen! Zeit für den Schlußstrich. Das Hannah-Arendt-Institut hat seine Glaubwürdigkeit verspielt."

Prof. Dr. Horst Schneider

Raute

Wer den "Alten Fritz" noch immer zur Lichtgestalt verklärt

Nach dem Preußen-Finale vor 65 Jahren

Am Jahresbeginn 2012 sollte man sich zweier bedeutsamer Ereignisse der deutsch-preußischen Geschichte erinnern. Am 25. Februar 1947, also vor knapp 65 Jahren, verkündeten die vier Siegermächte des 2. Weltkrieges das Kontrollratsgesetz 46 zur Auflösung des Preußischen Staates. Sie waren der einmütigen Überzeugung, daß "Preußen seit jeher Träger des Militarismus und der Reaktion in Deutschland" gewesen ist. Seine Liquidierung als Staat erfolgte im "Interesse des Friedens, der Sicherheit und der Wiederherstellung des politischen Lebens auf demokratischer Grundlage". Der preußische Militarismus, die von ihm ausgelösten Kriege, insbesondere die beiden großen Massaker des 20. Jahrhunderts, veranlaßten die Alliierten der Antihitlerkoalition zu diesem signifikanten und nachhaltigen Schritt. Ziel war nicht zuletzt die Ausmerzung der Macht der ostelbischen Junker, die Beseitigung ihrer Dominanz in Politik und Militär sowie die Überwindung des preußischen politischen Ungeistes auf Dauer. Das dazu erlassene Gesetz befand sich in voller Übereinstimmung mit dem Potsdamer Abkommen. Angesichts der unermeßlichen Menschenopfer in den vielen preußischen Kriegen führte es den Niedergang Preußens kompromißlos zu Ende. Nicht allein einer der wechselnden Herrscher - von Wilhelm II. und Bismarck bis zu Hitler und Göring - wurde geächtet, sondern das System Preußen in seiner Gesamtheit.

Auf den 24. Januar 2012 fällt ein völlig anders geartetes Jubiläum: der 300. Geburtstag Friedrichs II. Dieser war ohne Frage eine herausragende Persönlichkeit der deutschen Geschichte und in der Kette preußischer Staatslenker von 1600 bis 1947.

Deutschlands bürgerliche Rechte haben den Preußenbezug nach dem Tode Friedrichs II. besonders in Krisensituationen aufgegriffen. Sie verweisen dann mit besonderer Vorliebe auf die "glorreichen preußischen Traditionen" als "konservatives Leitbild gegen Werteverfall und Orientierungslosigkeit". Diese Diskussion findet heute besonders am rechten Rand der CDU statt. Solche Kräfte versuchen derzeit abermals einen Rückgriff auf scheinbare Erfolgsrezepte: Die unter Friedrich II. angestrebten Maximen - z. B. Effizienz und Unbestechlichkeit der Beamtenschaft, moderne, zeitgemäße Verwaltung, relativ hohe Bildungsrate, religiöse Toleranz oder das "Eintreten für den kleinen Mann" - werden dabei mit Eifer hervorgehoben. Man stellt Friedrich II. als einen nachahmenswerten, "aufgeklärten Monarchen" dar. Er habe Wege eingeschlagen, auf denen die Rechten in der BRD nur allzugerne weiterwandeln möchten. Die Huldigungen beziehen sich vor allem auf die "menschlichen Züge des alten Fritz", die von den Folgegenerationen weitergegeben worden seien und in der Erinnerung bewahrt werden müßten. (Eine ähnliche Verklärung hat übrigens auch Königin Luise von Preußen zu ihrem 200. Todestag erfahren.)

In solcher Empfänglichkeit für stark idealisierte preußische Traditionen gab und gibt es scheinbar keine Klassenschranken. Die friderizianische Innenpolitik wird als Beispiel sozialer Harmonie verklärt. Man bedient damit auch pseudopatriotische Haltungen und antidemokratische Gefühle. Nicht zufällig wird jede aktuelle Hochzeit in Königs- und Fürstenhäusern mit Hilfe der Medien zu einem gesellschaftspolitischen Orientierungslauf hochstilisiert. In langen TV-Sendungen macht man Monarchen und Adel zu "Lenkern in schwerer See". Beinahe wäre es mit Herrn zu Guttenberg gelungen, eine solche "Lichtgestalt" zu inszenieren.

Demgegenüber ist es ein wesentliches Anliegen kritisch-sozialistischer Rezeption, die Person Friedrichs II. und Preußen in die deutsche Gesamtgeschichte einzuordnen, um deren Rolle im historischen Prozeß zu erkennen.

Friedrich II. war ein von aggressivem Großmachtstreben beseelter Monarch. Er vertrat die Ideologie des Erstschlages und griff nur solche fortschrittlichen Ideen auf, die er zur Sicherung der feudalen Verhältnisse einsetzen konnte. Er war ein intelligenter Feldherr, ein engagierter Musiker, mit zunehmendem Alter aber auch ein ausgesprochener Menschenverächter. Friedrich II. erwies sich letztlich als ein König des Übergangs im Vorfeld der Französischen Revolution sowie der Niederlage von Jena und Auerstädt. Gerade hier erlitt Friedrichs Preußen dann ein Fiasko.

Ein Volk sucht sich seine Geschichte nicht aus. Sie ist Gewesenes und Unwiederbringliches. Preußen gehört zu unserer Vergangenheit. Das Stadtbild Berlins beweist es. Die Betrachtung preußischer Geschichte führte und führt aus sozialistischer Sicht keineswegs zur Identifikation mit ihr. Die Traditionspflege in der DDR stützte sich gerade auf solche Werte, die bei der Überwindung des friderizianisch-preußischen Staates nach 1806 in Deutschland und Brandenburg entstanden. Der sozialistische Staat bezog sich vor allem auf das Preußen solcher Reformer wie Stein-Hardenberg, die antinapoleonischen Befreiungskriege und die demokratischen Kräfte der 48er Revolution. Die DDR war demzufolge nicht - wie von ihren Gegnern behauptet wird - das "Land der roten Preußen".

Die revolutionäre deutsche Arbeiterbewegung hat einen langen und oft erfolgreichen Kampf gegen den preußisch-deutschen Militarismus geführt. Sie traf nur im Schullesebuch auf den "gerechten, sein Vaterland verteidigenden, die Feinde vertreibenden Helden, den alten Fritz". Die Realität waren Kriege, Hunger, Sozialistengesetz und letztlich der faschistische Völkermord. Hitler und Goebbels versuchten, den "großen König" noch am Ende ihrer Schreckensherrschaft "für Deutschland reiten zu lassen".

Der Legendenbildung um Preußen traten Marx und Engels, Franz Mehring und Karl Liebknecht frühzeitig in dem Wissen entgegen, daß der Sturz der Klassenherrschaft des Kapitals in Deutschland das Verschwinden Preußens voraussetzen würde. Die Art und Weise der preußisch dominierten Reichsgründung 1871, der "Verpreußung" Deutschlands haben sie dazu veranlaßt. Siege in diesem Kampf waren der Kieler Matrosenaufstand, die Novemberrevolution von 1918, der Kampf gegen Fürstenabfindung und Panzerkreuzerbau. Der sichtbarste Triumph aber war die Beseitigung der Grundlagen Preußens auf dem Boden der DDR.

Demgegenüber sei daran erinnert, daß der seinerzeitige BRD-Kanzler Helmut Kohl bereits kurz nach der Annexion der DDR durch die BRD im August 1991 die Umbettung der sterblichen Überreste Friedrichs II. sowie der Skelette seiner Windhunde in den Park von Sanssouci veranlaßte. In die Kette solcher symbolischen Akte gehört auch die Diskussion um ein einheitliches Bundesland aus Berlin und Brandenburg als "Preußen".

Es zeigt sich, daß in unseren Tagen ein aktives Zusammengehen aller demokratischen Kräfte, die sich dem deutschen Imperialismus widersetzen, dringend erforderlich ist. Dazu gehört auch der Widerstand gegen eine Reanimation Preußens. Zugleich gilt es, sich einer Simplifizierung der preußischen Geschichte und der historischen Gestalt Friedrichs II. zu erwehren. Eine solide Basis ist und bleibt dabei das vor fast 65 Jahren in Kraft getretene Gesetz zur Auflösung Preußens.

Ingo Hähnel, Berlin

Raute

Von der "Hunnenrede" zum "Panthersprung nach Agadir"

Die imperialen Pläne Wilhelms II.

Am 14. Juni 1941 starb der letzte deutsche Kaiser und preußische König Wilhelm II., Enkel von Wilhelm I., der nicht nur als "Kartätschenprinz" bei der Niedermetzelung der deutschen Revolutionäre von 1848/49 unrühmlich in die Geschichte eingegangen ist, im niederländischen Exil. Dieses Ereignis vor rund 70 Jahren wäre allerdings nicht erwähnenswert, wenn es nicht am 27. August das "Preußenspektakel" gegeben hätte: die Hochzeit des Ururenkels in Potsdam.

Wilhelm wurde am 27. Januar 1859 in Potsdam geboren und war seit 1888 deutscher Kaiser und preußischer König. Seine Politik war durch Reaktion im Innern und Aggressivität nach außen geprägt.

Bei der Verabschiedung des deutschen Expeditionskorps zur Niederschlagung des Volksaufstandes der Yehetuan in China am 27. Juni 1900 in Bremerhaven forderte er in einer Rede zu unerhörter Grausamkeit auf: "Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht! Wer Euch in die Hände fällt, sei Euch verfallen! Wie vor 1000 Jahren die Hunnen sich einen Namen gemacht haben, der sie noch jetzt gewaltig erscheinen läßt, so möge der Name Deutscher in China auf 1000 Jahre durch Euch in einer Weise bestätigt werden, daß niemals wieder ein Chinese es wagt, einen Deutschen auch nur scheel anzusehen!"

Generalleutnant Helmuth von Moltke schrieb am 11. Juli 1900 an seine Frau: "Auf das eigentlich treibende Motiv der Expedition muß man freilich nicht eingehen, denn wenn wir ganz ehrlich sein wollen, ist es Geldgier, die uns bewogen hat, den großen chinesischen Kuchen anzuschneiden. Wir wollten Geld verdienen, Eisenbahnen bauen, Bergwerke in Betrieb setzen, europäische Kultur bringen, das heißt in einem Wort ausgedrückt, Geld verdienen." Für das deutsche Großkapital, dem der Kaiser diente, ging es um den "Platz an der Sonne".

Die Chinesen sind heute höflich genug, die Bundeskanzlerin nicht an die deutschen Untaten von damals zu erinnern, wenn sie Menschenrechte in anderen Ländern einklagen will, statt sich um diese im eigenen Land zu kümmern.

Am 22. September 1906 zitierte Karl Liebknecht in einem in der Zeitschrift "Die junge Garde" erschienenen Artikel "Rekrutenabschied" den Kaiser mit den Worten: "Auf Vater und Mutter, Bruder und Schwester sollt ihr nach Kommando schießen." Und er fragte: "Fürs Vaterland?", um hinzuzufügen: "Denkt an unsere chinesischen Heldentaten, an die Kämpfe in den afrikanischen Kolonien, an den Marokkohandel, der drauf und dran war, Deutschland in einen Weltkrieg zu verwickeln, Mord und Brand über Europa zu breiten. Was hatte das mit dem Schutz des Vaterlandes zu tun? Die großmannssüchtige Welt- und Kolonialpolitik mag den Interessen des großkapitalistischen Unternehmertums dienen, dem Vaterland, dem Proletariat bürdet sie nur Lasten auf."

Der rücksichtslose Land- und Viehraub sowie die Vergewaltigung einheimischer Frauen hatten 1904 zum Aufstand der Hereros in der deutschen Kolonie Südwestafrika geführt. Nach der Schlacht am Waterberg drängten die deutschen Kolonialsöldner einen Teil der Hereros in die wasserlose Kalahariwüste, wo Zehntausende von Männern, Frauen und Kindern ums Leben kamen. Ein auf deutscher Seite kämpfender Afrikaner sagte unter Eid aus: "Als das Gefecht vorüber war, entdeckten wir acht oder neun Frauen, die zurückgelassen worden waren. Einige von ihnen waren blind. Wasser und Nahrung hatten sie noch. Die Deutschen haben sie bei lebendigem Leibe in der Hütte, in der sie lagen, verbrannt."

Anfang Oktober 1904 erhoben sich unter Führung von Hendrik Witboois auch die Nama (Hottentotten). Der Aufstand konnte erst 1908 niedergeschlagen werden.

Mit dem "Marokkohandel" war die provokatorische Landung Wilhelms II. am 31. März 1905 in Tanger gemeint, die einen internationalen Konflikt heraufbeschwor. Marokkos Reichtum an Bodenschätzen und seine günstige strategische Lage ließen das Land zu einem heißumkämpften Objekt der Großmächte werden. Als Frankreich im Bündnis mit Spanien und Italien daranging, seine kolonialen Pläne zu verwirklichen, entbrannte der offene Kampf. Deutschland kam ihm ins Gehege. In einer Flugschrift des Alldeutschen Verbandes wurde 1904 auf die Frage, ob wegen Marokko ein Krieg geführt werden solle, geantwortet: "Wenn gar nichts weiter übrig bliebe, dann ja! Tausendmal ja!" Doch Anfang 1906 wurde Deutschland auf der Konferenz von Algeciras gezwungen, seine aggressiven Absichten in bezug auf Marokko zunächst aufzugeben.

Als Frankreich 1911 die Städte Fes und Meknes besetzte, entsandte Deutschland provokatorisch das Kanonenboot "Panther" in den südmarokkanischen Hafen Agadir. Der "Panthersprung nach Agadir" löste die zweite Marokkokrise aus, in der Deutschland jedoch außenpolitisch weiterhin isoliert war. Bei Wahrung eigener wirtschaftlicher Interessen erkannte die kaiserliche Berliner Regierung daher den Protektoratsvertrag mit Frankreich an, den der Sultan von Marokko unterzeichnen mußte. Der Völkerbrand war noch einmal vertagt worden.

Auch am Ausbruch des Ersten Weltkrieges hatte Wilhelm II. wesentlichen Anteil. Er beteiligte sich am 30. Juni 1914 wie alljährlich an der Segelregatta auf der Kieler Förde, als ihn die Nachricht von der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Erzherzog Ferdinand in Sarajevo erreichte. Nach Potsdam zurückgekehrt, lag ihm am 3. Juli der Bericht des deutschen Botschafters Heinrich von Tschirschky vor. Dessen Mitteilung, er höre in Wien, auch bei ernsten Leuten, vielfach den Wunsch, "es müsse einmal gründlich mit den Serben abgerechnet werden", versah der Kaiser mit der Randbemerkung "Jetzt oder nie!" Da Tschirschky aber auch vor übereilten Schritten warnte, fragte er empört: "Wer hat ihn dazu ermächtigt? Tschirschky soll den Unsinn gefälligst lassen! Mit den Serben muß aufgeräumt werden, und zwar bald!" Wilhelm II. trug so die Mitverantwortung für alle deutschen Verbrechen während des Krieges, auch wenn die von ihm 1916 eingesetzte III. Oberste Heeresleitung mit Hindenburg und Ludendorff faktisch eine Militärdiktatur in Deutschland errichtete.

Am 9. November 1918 gab Reichskanzler Max von Baden von sich aus die Abdankung und den Thronverzicht Wilhelms II. bekannt, den dieser kurz danach akzeptierte.

Die Weimarer Verfassung hob 1919 den Adel als Stand auf. Das gilt bis heute. Adelstitel sind höchstens noch Teil des Namens. Das ganze Gerede vom sogenannten deutschen Hochadel ist also leeres Geschwätz.

Dr. Kurt Laser, Berlin

Raute

Eine "Schere im Kopf"

Film- und Fernsehdokumentationen können dazu dienen, historisches Geschehen durch Faktengenauigkeit und authentische Zeitzeugenberichte lebendig zu machen, Ereignisse zu erklären, Ursachen und Absichten der Akteure zu verdeutlichen. Leider sind sie immer den politischen Vorstellungen und Erkenntnissen der jeweiligen Produzenten unterworfen. Ich meine hier nicht nur die Urheber offensichtlicher Geschichtsfälschungen, bei denen man auf Anhieb die Handschrift der Sieger erkennt, sondern auch die um Wahrheit Bemühten, deren "Schere im Kopf" sie daran hindert, diese uneingeschränkt darzustellen.

Als jemand, der deutscher Geschichte auf den Grund gehen will, verfolge ich eifrig jene Dokumentationen, welche historische Abläufe betreffen.

Nehmen wir nur das am 24. März 1933 im deutschen Reichstag durchgepeitschte "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Staat", besser und wahrhaftiger als "Ermächtigungsgesetz" bezeichnet. Es stand am Beginn der faschistischen Schreckensherrschaft in Deutschland. Das "Gesetz" wurde von eben jenem Reichstag mit Mehrheit beschlossen, der sich damit selbst abschaffte. Ein ungeheuerlicher Vorgang! In zwei offensichtlich voneinander unabhängigen Fernsehdokumentationen wurde jüngst hervorgehoben, die Sozialdemokraten seien die einzigen gewesen, die gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz gestimmt hätten. In einem Falle wird das Bekenntnis des damaligen SPD-Vorsitzenden Otto Wels zitiert: "Das Leben können Sie mir nehmen, die Ehre nicht!"

Doch waren die Sozialdemokraten tatsächlich die einzigen, die sich damals zur Wehr setzten? Wie hatten denn die Kommunisten abgestimmt? Immerhin waren der Partei Ernst Thälmanns bei den ersten (und letzten) Wahlen unter Hitler im März 1933 noch 81 Mandate zugefallen! Die eine der beiden erwähnten Dokumentationen überging diese Frage mit Stillschweigen, in der anderen hieß es süffisant: "Die Kommunisten waren abwesend." Abwesend? Feierten die Roten etwa gerade einen blauen Montag, oder hatten sie einfach keinen Bock aufs Parlament, fuhren kurz mal ins Grüne zum Hämmern und Sicheln?

Im "Volksbrockhaus" von 1934, also zu einer Zeit, als schon in faschistischer Ideologie gebadet wurde, steht zum Stichwort "Reichstag" der ebenso lapidare wie zynische Satz: "Die Kommunisten kamen nicht zur Ausübung der Mandate." Die Gründe ihrer Abwesenheit wurden abermals verschwiegen, so daß Bequemlichkeit oder eine Familienfeier angenommen werden könnten. Ist es da ein Wunder, wenn man den "gängigen" Dokumentationen solcher Machart mit äußerstem Mißtrauen begegnet?

Der historischen Wahrheit zuliebe wäre es doch sicher nicht zuviel verlangt gewesen, wenigstens eine Anmerkung hinzuzufügen, daß die Kommunisten durch brutale Gewalt, drakonische Verfolgung, Inhaftierung etlicher Abgeordneter sowie den bereits einsetzenden Massenmord - Zehntausende ihrer Genossen überlebten den Terror von SA, SS und Gestapo zwischen 1933 und 1945 nicht - daran gehindert wurden, ihre Reichstagsmandate wahrzunehmen.

Und hätte es dem nur in dieser einen Minute mutigen Otto Wels nicht gut zu Gesicht gestanden, die brutale Jagd auf in den Reichstag gewählte kommunistische Abgeordnetenkollegen wenigstens zu mißbilligen? Seine Fraktion war auf Grund des faschistischen Terrors ebenfalls bereits geschwächt. So muß Otto Wels eigentlich klar gewesen sein, daß auf Sozialdemokraten wie Kommunisten nur Zuchthaus und Lagerhaft, ja oft genug auch der Tod zukommen würden. Es ging also ums nackte Überleben! Die Ehre aber, auf die sich der SPD-Vorsitzende bezog, würden die braunen und schwarzen Horden mit Füßen treten. Nur wenige Tage nach der letzten Reichstagssitzung mußte sich Otto Wels vor den Faschisten ins Exil retten.

Heinz Ehrenfeld, z. Zt. Kreta

Raute

Marxismus für Einsteiger - Mehrwert

Ende November 1857 ertappt Karl Marx die Mehrwerträuber auf frischer Tat. Er enthüllt das spezielle Entwicklungsgesetz der kapitalistischen Gesellschaft und verwandelt dadurch den historischen Materialismus endgültig aus einer genialen wissenschaftlichen Hypothese in eine auch ökonomisch unterlegte Theorie.

Ein die notwendige Konsumtion und den Ersatz verbrauchter Produktionsmittel übersteigendes Mehrprodukt gab es schon in den früheren Klassengesellschaften. Seine Aneignung durch die Herrschenden beruhte auf unverhüllter Gewalt. Im Kapitalismus dagegen schließt der produktiv Tätige mit dem Ausbeuter einen Vertrag, der scheinbar einen äquivalenten Austausch von Arbeit gegen Lohn zum Inhalt hat. Verfällt man diesem Trugbild, läßt sich nicht entschlüsseln, wie Mehrwert zustande kommt.

Mehrwert entsteht ursächlich weder durch Handel und schon gar nicht, weil das Geld "arbeitet". Es gibt auf dem kapitalistischen Markt nur eine Mehrwert produzierende Ware. Das ist die menschliche Arbeitskraft. Die Entdeckung von Marx besteht in folgendem: Der Kapitalist bezahlt nicht die Arbeit, sondern lediglich jenen Teil der Arbeitszeit, der für den Erhalt der Arbeitskraft, die künftige Bereitstellung von Arbeitenden und die Aufrechterhaltung kapitalistischer Zustände zwingend erforderlich ist. Die Mehrarbeit in den restlichen Arbeitsstunden eignet er sich ohne Gegenleistung an.

Geld wird erst zu Kapital, wenn es in der Produktion mit dem Ziel eingesetzt wird, Profit zu erzeugen. Der Kapitalist kauft Rohstoffe, Maschinen, Gebäude usw. Das ist "konstantes Kapital". Es geht im Produktionsprozeß anteilig in den Wert der hergestellten Waren ein. Es kann also auch keinerlei Mehrwert hervorbringen. Nur der Kapitalanteil, der für lebendige produktive Arbeit verwendet wird - sei sie vorwiegend manueller oder wissenschaftlich-technischer Natur - vermag das. Diesen Teil kennzeichnet Marx deshalb als "variables Kapital". Die Kapitalisten sind durch die Konkurrenz untereinander gezwungen, menschliche Arbeit mehr und mehr durch Maschinen zu ersetzen. So wird die Arbeitsproduktivität gesteigert. Das ist die positive Seite dieses Vorgangs. Aber damit wächst zugleich das konstante Kapital zu Lasten des variablen. Der Kapitalist ist also - bei Strafe seines Untergangs - genötigt, ständig aus dem relativ kleiner werdenden variablen Teil des Gesamtkapitals größeren Mehrwert herauszupressen. Dieser Zwang verschärft sich unter den heutigen Bedingungen der "Globalisierung".

Wo er kann, verlängert der Kapitalist die Arbeitszeit, um den ihm kostenlos zufallenden Anteil zu erhöhen. Vor allem jedoch zwingt er die Lohnabhängigen zu höherer Arbeitsintensität. Wer nichts besitzt als seine Arbeitskraft und zudem ständig mit der Angst leben muß, sie nicht "verwerten" zu können, lebt in Lohnsklaverei.

Kapitalistische Mehrwertproduktion heißt auf dem Privateigentum an den entscheidenden Produktionsmitteln fußende Unterjochung.

Privateigentum und Ausbeutung sind Zwillinge. Bereits drei Jahrhunderte vor Marx' Lebzeiten war in "Utopia" von Thomas Morus zu lesen: "Bei Gott, wenn ich das alles überdenke, dann erscheint mir jeder der heutigen Staaten nur eine Verschwörung der Reichen, die unter dem Vorwand des Gemeinwohls ihren eigenen Vorteil verfolgen und mit allen Kniffen und Schlichen danach trachten, sich den Besitz dessen zu sichern, was sie unrecht erworben haben, und die Arbeit der Armen für so geringes Entgelt als möglich für sich zu erlangen und auszubeuten."

Prof. Dr. Götz Dieckmann

Raute

Wie DDR-Militäraufklärer den heißen Krieg verhindern halfen

"Topas" und andere Edelsteine

"Militärspionage. Die DDR-Aufklärung in NATO und Bundeswehr". Unter diesem Titel legen Rainer Rupp, einer der verdienstvollsten Kundschafter der DDR, sein Führungsoffizier Karl Rehbaum und der Verantwortliche für die Auswertung Klaus Eichner Band 6 der Geschichte der HV A, der Auslandsaufklärung der DDR, vor.

"Das Arbeitsgebiet Militäraufklärung war eines der entscheidenden Kampffelder unseres politischen und geheimdienstlichen Ringens um die Erhaltung und Sicherung des Friedens und bestimmte von Anfang an wesentliche Elemente des Einsatzes der 'Kundschafter an der unsichtbaren Front'. Die für sämtliche Bereiche der Aufklärung der DDR übergreifende Maxime, alles zu tun, um einen heißen Krieg - konventionell oder atomar - zu verhindern, bestimmte vorrangig die Einsatzrichtung aller Quellen und Kräfte der Militäraufklärung der HV A." So formulierte es der letzte Leiter der HV A., Generaloberst a. D. Werner Großmann, im Vorwort.

Das Buch verdeutlicht, wie die Entwicklung in der BRD - von der Remilitarisierung über die Einbeziehung in die westliche Militärallianz bis zur Stationierung von Kernwaffen - den Aufbau und Einsatz einer Militäraufklärung der DDR bedingt hat. Insofern gebührt den Autoren auch das Verdienst, die Entwicklung der Struktur dieser Linie der DDR-Aufklärung in ihrem historischen Zusammenhang dargestellt und verständlich gemacht zu haben. So erläutern sie, "daß eine der grundlegenden Herausforderungen des am 1. September 1951 gebildeten Außenpolitischen Nachrichtendienstes (APN) der DDR die Aufklärung und Dokumentierung der massiven Bestrebungen zur Remilitarisierung der Bundesrepublik" war.

In diesem Kontext kann Rupp, Rehbaum und Eichner bescheinigt werden, daß sie damit einen wertvollen Beitrag zur Dokumentierung der Geschichte des Kalten Krieges geleistet haben. Zugleich liefern sie einen Rückblick auf das internationale Ringen um Abrüstung angesichts der realen Gefährdung des Weltfriedens durch die zugespitzte militärische Konfrontation. Es gelingt den Autoren nachzuweisen, welche wichtige Funktion gerade für den Abrüstungsfortschritt der Aufklärung auf diesem Sektor zukommt.

Gleichermaßen verdienstvoll ist, daß an diesem Aufgabengebiet das enge Zusammenwirken und die gegenseitige Ergänzung der Aufklärungs- und Abwehrlinien des MfS und des Bereiches Aufklärung der Nationalen Volksarmee illustriert wird, ihr gemeinsames Ringen zur Herstellung und Wahrung des militärstrategischen Gleichgewichts zwischen Ost und West.

Ein besonderes Kaliber erhält die Darstellung dadurch, daß Rainer Rupp kenntnisreich und authentisch, basierend auf eigenem Erleben und belegt mit zahlreichen Dokumenten, zu bezeugen weiß, wie verhindert werden konnte, daß der Kalte Krieg zu einem heißen wurde. Das wird mit aussagekräftigen Zitaten aus einer Vielzahl von Handlungsgrundsätzen der NATO, von Strategie- und Planungskonzepten sowie Langzeitrüstungsprogrammen illustriert.

Kein Zweifel wird daran gelassen, daß außer "Topas" auch weitere Quellen der HVA und Aufklärer der Nationalen Volksarmee einen maßgeblichen Anteil am Gesamtresultat hatten. Im Buch wird der Einsatz von mehr als einem Dutzend solcher verdienstvoller Informanten gewürdigt.

Die Autoren benennen auch die Bereiche, die durch die DDR-Dienste nicht oder nur unzureichend aufgeklärt werden konnten, so zur Planung der strategischen Angriffsoperationen, zur nuklearen Zielplanung, zum Gesamtkonzept der NATO, dem General Defence Plan. Und es ist aufschlußreich zu erfahren, wie sie es dennoch schafften, daß keine wirklichen Lücken blieben. Unterstrichen wird das durch die Feststellung eines so unverdächtigen Zeugen wie Egon Bahr: "Die westliche Verteidigung barg keine Geheimnisse für den Osten." Sachkundig unterzieht Rainer Rupp auch das "neue" strategische Konzept der NATO einer kritischen Prüfung und gelangt dabei zu dem Schluß, daß es eine permanente Gefahr für den Weltfrieden bedeutet.

Die Darstellung wird abgerundet durch die Wiedergabe der durch die bundesdeutsche Justiz vorgenommenen "strafrechtlichen Würdigung".

Man erfährt, wie das Oberlandesgericht Düsseldorf bewußt Passagen aus den zur Beweisführung herangezogenen Dokumenten unterschlug, welche belegen, daß die Arbeit der angeklagten und verurteilten DDR-Kundschafter auf die Friedenserhaltung ausgerichtet war, wobei ihr Wissen um die Geheimnisse des Gegners nicht zur Ausnutzung des militärischen Vorteils diente. Das hätte ohne Zweifel das im Westen gepflegte antikommunistische Propagandaklischee einer vom Osten ausgehenden Bedrohung widerlegt. Deshalb wurde vom NATO-Dokument MC161, Teil IV, zur Militärdoktrin der Sowjetunion auch die Feststellung weggelassen, daß die UdSSR keine militärischen Schläge gegen den Westen plante.

Das Buch der drei Genossen ist allen RotFüchsen als Lektüre zu empfehlen.

Oberst a. D. Bernd Fischer


Rainer Rupp, Karl Rehbaum, Klaus Eichner: Militärspionage. Die DDR-Aufklärung in NATO und Bundeswehr.
Band 6 der Geschichte der HV A,
edition ost, Berlin 2011, 288 S., 14,95 € ISBN 978-3-360-01828-1

Raute

Neue Spionage-Drohnen der BRD

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

Raute

Wie "bildungsferne Schichten" vom BRD-Schulwesen ausgesondert werden

Reiche ins Töpfchen, Arme ins Kröpfchen

An deutschen Schulen ist die soziale Herkunft der Kinder für eine erfolgreiche Laufbahn ganz entscheidend, wie PISA- (Program for International Student Assessment) und IGLU- (Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung) Studien gezeigt haben. Schüler aus dem Arbeitermilieu oder anderen "Unterschichten" der Gesellschaft schneiden in aller Regel wesentlich schlechter ab als jene, welche aus der Bourgeoisie und begüterten Verhältnissen kommen. Entscheidende Faktoren für den Lernerfolg von Kindern sind der sozio-ökonomische Status und das Bildungsniveau der Eltern. Viele Arbeiterkinder besuchen wie vorbestimmt eine Hauptschule, während der Nachwuchs der herrschenden Klasse zumeist die Gymnasien frequentiert. Selbst, wenn sie den gleichen Kenntnisstand und ähnliche intellektuelle Fähigkeiten wie Schüler aus betuchten Verhältnissen aufweisen, erhalten sie weitaus seltener eine Gymnasialempfehlung. Viele Lehrer entscheiden dabei mehr oder weniger unbewußt nach subjektiven Kriterien, welcher Schüler für eine höhere Bildungskarriere in Betracht kommt. Den meisten Pädagogen scheint es sichtlich schwerer zu fallen, jemandem, dem die Eltern immer wieder über die Schulter zu schauen in der Lage sind, weil sie dem Bildungsbürgertum angehören und sich evtl. noch zugunsten der Anstalt engagieren, eine entsprechende Schulempfehlung zu verweigern, als einem Kind aus einer "bildungsfernen" sozialen Umwelt.

Das deutsche Schulsystem gliedert sich nach vier Jahren in die Haupt- und Realschule oder das Gymnasium. Diese Differenzierung soll ein Unterrichten in annähernd ähnlichen Lerngruppen ermöglichen. Es wird davon ausgegangen, daß die Schüler dann größere Fortschritte machen, wenn sie einen vergleichbaren Wissensstand aufweisen.

Daran ist an sich nichts auszusetzen. Doch mit der Zuweisung von Kindern an die drei Schulformen findet nicht nur eine Aufgliederung nach Fähigkeiten und Kenntnissen, sondern auch eine Auslese nach jeweiliger Klassenzugehörigkeit statt.

Vergleichende Untersuchungen mit den Bildungssystemen anderer Länder haben ergeben, daß jene, welche nicht bereits nach dem vierten Schuljahr eine solche Trennung vornehmen, die Schüler also unabhängig von ihrem Wissensstand längere Zeit gemeinsam unterrichten lassen, einen größeren Lernerfolg vermelden. Die "Entscheidung" für eine Schulform hat maßgeblichen Einfluß auf den nachfolgenden Wissenserwerb. Hauptschüler lernen bei gleichem Ausgangsniveau wie Gymnasiasten weitaus weniger.

Das Schulsystem trägt durch seine rigiden und selektiven Strukturen in besonderem Maße dazu bei, daß soziale Unterschiede im Bildungsstand gewissermaßen zementiert werden, als sei dies naturbedingt. Ohnehin zählt der Verweis auf die "Veranlagung" immer noch zu den Standard-Argumenten, um den Fortbestand eines gesellschaftlichen "Gefälles" und der seit Generationen eingeschliffenen "Auswahl"kriterien zu rechtfertigen. Dieser Zustand führt letztlich zu Vorverurteilungen, verstärkt Lernschwierigkeiten und bewirkt Mißerfolge der Schüler, da Lehrer ihn als unumgänglich betrachten. Durch das Verinnerlichen solcher Argumentationsmuster potenziert sich die Gefahr, daß auch gemeinhin wohlwollende Pädagogen resignieren und den begrenzten Wissenserwerb mangelnder Intelligenz zuschreiben.

Glaubt man den Ergebnissen der PISA-Studien, dann soll zwischen 2000 und 2009 eine gewisse Verringerung des Zusammenhangs zwischen Klassenzugehörigkeit und Lernerfolgen erreicht worden sein. Praktisch hat sich in den vergangenen zehn Jahren allerdings wenig getan, was auf einen tatsächlichen Wandel im Wechselverhältnis von sozialer Herkunft und Talentförderung schließen läßt. Denkbar ist, daß - als "Lehre" aus dem schlechten Abschneiden bei PISA 2000 und PISA 2003 - fortan im Schulunterricht gezielt "PISA-typische Aufgaben" trainiert worden sind, was ein besseres Resultat bei den nachfolgenden Kontrollen bewirkt hat. Es wäre indes vorschnell anzunehmen, daß ein von PISA festgestelltes günstigeres Bildungsresultat bei Kindern aus Arbeiterfamilien etwa gleich die Auflösung des Zusammenhangs zwischen sozialer Herkunft und Kenntniserwerb bedeuten würde.

Philipp Legrand, Wunstorf


Unser niedersächsischer Autor ist in der Erwachsenenbildung tätig und arbeitet z. Zt. an seiner Dissertation.

Raute

Der "RotFuchs" bittet um eine "Gänsekeule"

Wir müssen die Hosentaschen nicht nach außen stülpen und den Offenbarungseid leisten, doch wir klopfen - wie in jedem Herbst - rechtzeitig bei Euch an. Dank Eurer Solidarität ist der "RotFuchs" während der fast 14 Jahre seines Erscheinens nicht einen Tag in die roten Zahlen geraten. Doch jetzt steht er - wie immer in dieser Saison - vor einer Durststrecke.

Während die Ausbeuter und deren Regierer ohne Unterlaß "Rettungspakete" für in Bedrängnis geratene Konzerne und Banken schnüren oder ihnen zu Ehren grelle "Rettungsschirme" aufspannen, gehen die angeblich bedachten Völker leer aus.

Da befindet sich unser "RotFuchs" in einer weitaus vorteilhafteren Lage: Ihn beschirmt die Solidarität der Mittellosen. Sie ist sein einziges, dafür aber gesichertes Hinterland. Die vieltausenköpfige Schar seiner Freunde, Genossen und Weggefährten läßt den RF nicht im Regen stehen, sondern greift ihm von Zeit zu Zeit nach dem Maß des Möglichen unter die Arme. Die Gründe dafür liegen auf der Hand:

Wir spitzen nicht nur den Mund - wir pfeifen auch. Wir bellen nicht nur - wir können auch beißen! Kein Blatt für Weichgekochte, Angepaßte, die Flinte ins Korn Werfende oder ihre eigene Herkunft Verleugnende, wird der RF von diesen als "Sprachrohr ewiggestriger Betonköpfe" geadelt. Aus der Vergangenheit schöpfend, in der Gegenwart angesiedelt und der Zukunft zugewandt, haben wir zwar nicht wie die notorischen Antikommunisten Beton im Gehirn, dafür aber um so mehr im Kreuz.

Der RF atmet den Geist der "Roten Fahne" Luxemburgs, Liebknechts und Thälmanns, läßt sich von Lenins "Iskra" inspirieren, sucht den Esprit der "Weltbühne" Tucholskys und Ossietzkys zu erfassen und greift auch mal auf Erfahrungen der in DDR-Tagen populären außenpolitischen Wochenzeitung "horizont" zurück.

Nicht wie andere vom Dreigestirn der marxistischen Klassiker desertiert, sind wir Antifaschisten und Todfeinde des imperialistischen Krieges, wobei wir die Erlösung der Menschheit durch die revolutionäre Lösung der Macht- und Eigentumsfrage als strategisches Ziel betrachten. Kurzum: Wir unterscheiden uns wie Feuer und Wasser von jenen, welche möchten, daß der Wolf satt und das Schaf nicht gefressen wird.

Liebe Leserinnen und Leser!

Wer vor dem Einkauf von Weihnachtsgeschenken oder beim Nachdenken über den Festtagsbraten zu dem Ergebnis gelangt, daß auch noch eine symbolische "Gänsekeule" für den RF mit drin ist, den bitten wir, sich des beiliegenden Überweisungsscheins zu bedienen. Für Euren kleinen roten Mutmacher wäre das eine echte Hilfe!

Wie in all den Jahren zuvor sind wir dessen gewiß, daß Ihr den RF auch diesmal nicht im Stich lassen werdet.

Den uns Verbundenen, die derzeit zu klamm sind, um dabei mithalten zu können, versichern wir, daß sie ihr Blatt auch fortan im Postkasten finden werden.

Für das RF-Kollektiv: Klaus Steiniger

Raute

Die legendäre Menschenrechtsanwältin Felicia Langer bejaht die Frage:

Dürfen Deutsche Israel kritisieren?

An einem Spätsommertag kamen weit über hundert Menschen in die kleine Ladengalerie der Gesellschaft für Bürgerrecht und Menschenwürde (GBM) in Berlin-Lichtenberg, um von Felicia Langer zu hören, wie man angesichts der immer katastrophaleren Situation in Palästina und Israel "um Hoffnung kämpfen" kann und muß. Die Atmosphäre während des gut zweistündigen Vortrags der 80jährigen deutsch-israelischen Menschenrechtsanwältin war angespannt aufmerksam. Entsprechend konstruktiv und sachbezogen gestaltete sich die anschließende Fragerunde.

Felicia Langer, Trägerin des GBM-Menschenrechtspreises, nahm die große, neue Bewegung für soziale Gerechtigkeit in Israel zum Ausgangspunkt ihrer Betrachtungen. Mit Uri Avnery schaut sie hoffnungs-, aber auch sorgenvoll auf die zuletzt 500.000 Bürger Israels in ihrer zweiten Heimat, die ihren Protest auf die Straße getragen und das Beispiel der arabischen Welt nachgeahmt haben, indem sie riefen: "Tahrir-Platz - nicht nur in Kairo!"

Sie zitierte auch Gideon Levy, der jüngst in der Zeitung "Haaretz" schrieb, die Bewegung befände sich noch am Anfang und müsse politisch werden. Dazu gehört für Felicia Langer vor allem, nach den Wurzeln des Übels zu fragen. Etwa danach, wo das viele Geld bleibt, das die israelische Regierung ständig erhält. Milliardensummen würden für die Siedlungen in den besetzten Gebieten ausgegeben, um sie attraktiv zu halten. Es handele sich um Mittel, die für soziale Investitionen im "Kernland" dringend benötigt werden. Zu den "Geschenken" gehören laut Langer aber auch nuklear ausstattbare U-Boote aus der BRD. Die Rüstungsimporte dienen der Niederhaltung der Palästinenser, deren Existenzgrundlagen man unter anderem durch die Siedlungen immer weiter zerstört. Auf viel gründlichere Weise geschieht das aber durch kriegerisches Vorgehen wie im Dezember/Januar 2008/09 während der "Operation Gegossenes Blei". Durch dieses Massaker seien in Gaza allein 1400 Palästinenser umgekommen, überwiegend Zivilisten. Dabei habe es keinen Krieg zwischen zwei Armeen gegeben.

Die Blockade des Gazastreifens sei übrigens nicht erst 2004 eröffnet worden, als die Wahlen kein von den Besatzern erhofftes Ergebnis zeitigten. Gaza sei seitdem aber Synonym für Unmenschlichkeit gegen Frauen und Kinder. Ausnahmslos jeder Politiker, der zu den dort auch weiterhin verübten Verbrechen schweige, mache sich mitschuldig. - Seit ihrer anwaltlichen Zulassung im Jahre 1967 verteidigt Felicia Langer angeklagte palästinensische Menschenrechtsaktivisten und Widerstandskämpfer vor israelischen Militärgerichten, auch vor dem Obersten Gerichtshof. Sie tut dies 23 lange Jahre, bis sie einsehen muß, daß ihre Arbeit nur als Feigenblatt dient. 1990 schließt sie ihr Büro in Jerusalem. Ihr Kampf um die Menschenrechte der Palästinenser und die Einhaltung des Völkerrechts im Nahen Osten geht seitdem auf anderer Ebene weiter. Ihre anwaltliche Arbeit, ihr Engagement für die Opfer der israelischen Staatspolitik aber war und ist, so glaubt sie zuversichtlich, nicht umsonst.

Über ihr engagiertes Wirken in Israel sagt Felicia Langer: "Mein Mann war meine Klagemauer, wenn ich von Besuchen bei Gefangenen nach Hause kam, wenn ich die Spuren der Folterungen, die gebrochenen Glieder meiner oft jugendlichen Mandanten sah. Wenn ich von meinen Landsleuten in Führungspositionen mit Schmähungen belegt, gar groteskerweise des "Antisemitismus" beschuldigt werde, dann besinne ich mich auf das Leid der palästinensischen Mütter, auf deren Schmerz um ihre Kinder. "Das Gesehene kann man nicht ungesehen machen, genausowenig wie man dem Oberbürgermeister von Nablus seine amputierten Beine zurückgeben kann, die er nach einem durch den israelisch-jüdischen 'Widerstand' verübten Attentat verloren hat."

Für die Palästinenser wird ihre Heimat immer enger, die dort herrschenden Zustände werden ständig bedrückender. Auf 78 % ihres einstigen Territoriums haben sie bereits verzichten müssen. Seit langem machen dort die schikanösen Sperren, welche die Menschen voneinander trennen und die teils noch im Bau befindliche, auf 709 km angelegte Mauer - überwiegend auf palästinensischem Gebiet - ein normales Leben unmöglich. Israel kontrolliert den Zugang zu den Wasserressourcen und enthält den dort siedelnden arabischen Menschen willkürlich diesen lebenswichtigen Rohstoff vor. Siedlertum, Mauerbau, Krieg und ein schlimmes Besatzungsregime laufen auf eine politische Kolonisierung hinaus, die das Entstehen eines eigenständigen, überlebensfähigen Palästinenserstaates, wie er von der UN-Resolution 181 aus dem Jahre 1947 neben einem jüdischen Staat angedacht war, schier unmöglich macht. Dennoch, so Frau Langer, käme der Anerkennung eines solchen Palästinenserstaates durch eine Zweidrittelmehrheit der UN-Vollversammlung eine enorme symbolische Bedeutung zu.

Bei der Veranstaltung mit Felicia Langer wurde die Antisemitismus-Resolution der Bundestagsfraktion der Linkspartei, die Solidarisierungsmöglichkeiten mit der Sache der Palästinenser nahezu ausschließt, scharf kritisiert. Die Akzeptanz eines militant pro-israelischen Arbeitskreises unter der heuchlerischen Bezeichnung "Shalom" (Frieden) in der Partei Die Linke stieß bei den Anwesenden auf Unverständnis, ebenso die Duldung sogenannter Antideutscher im antifaschistischen Umfeld.

Frau Langer schloß ihre Ausführungen mit der Beantwortung einer von ihr selbst gestellten Frage: Wie können es Deutsche wagen, Israel zu kritisieren? Sie zitierte dazu aus ihrem Buch "Die Frau, die niemals schweigt". "In der Tat sind die Deutschen, gerade wegen ihrer Vergangenheit, dazu verpflichtet, sich überall dort einzumischen, wo Menschenrechte verletzt werden. Sie haben schon einmal geschwiegen, wenn auch in einer anderen Zeit und unter anderen Umständen. Das Schweigen angesichts von Unrecht hat vor allem dann, wenn es den Opfern helfen könnte, die Stimme zu erheben, einen Beigeschmack von Mittäterschaft. ... Wer behauptet, daß man die Menschenrechtsverletzungen Israels, die dem Völkerrecht zuwiderlaufen, nicht anprangern, also etwas nicht tun dürfe, was die Menschenrechtsorganisationen in Israel und in der Welt schon seit Jahren tun, weil das Antisemitismus sei, der lügt wissentlich, frech und erpresserisch, um die Stimme der Kritik zum Schweigen zu bringen. ­...

Die Deutschen müssen ihre Verpflichtung, die aufgrund ihrer Vergangenheit im Vergleich mit anderen Völkern doppelt und dreifach wiegt, ganz entschieden wahrnehmen und gegen jedes Anzeichen von Rassismus, Menschenrechtsverletzungen, Antisemitismus oder Fremdenhaß, in welcher Form auch immer, ankämpfen."

Irene Eckert, Berlin

Raute

Standort zweier Kriegsflotten und einer Friedensmarine

Dranske im Wandel der Zeiten

Meinen Sommerurlaub verbrachte ich diesmal in Dranske auf der Insel Rügen. Ich hatte dabei Gelegenheit, mich mit Geschichte und Gegenwart dieses Ortes auf der Bug genannten Halbinsel zu beschäftigen.

Schon in der Kaiserzeit wurde die bis dahin verschlafene südliche Landzunge vom Militär in Beschlag genommen. Eine Marinefliegerstaffel nutzte das abgelegene Gebiet. Nach 1918 schleifte man fast alle Gebäude, wie es der Versailler Vertrag vorsah. Keine 20 Jahre später errichteten die Nazis an gleicher Stelle einen Militärstützpunkt. Der riesige Seefliegerhorst zerstörte die Idylle des Fischerdorfes Dranske, das sich nördlich davon befand. Neue Wohnbauten für Offiziere entstanden, die das Erscheinungsbild der Ortsmitte bis heute weitgehend prägen. Nach der Niederlage der Hitlerfaschisten wurden die militärischen Einrichtungen 1945 unter sowjetischer Aufsicht abermals demontiert. Für kurze Zeit verwandelte sich der Bug in einen Ort der Erholung. Stille kehrte ein. Dranske, das den Krieg heil überstanden hatte, wurde wieder zum Fischerdorf.

Die permanente Bedrohung durch die BRD, in der die alten Nazi-Eliten das Sagen hatten, zwang die DDR ab 1956 zum Aufbau einer eigenen Armee - der NVA. Erfordernisse der Sicherung ihrer Staatsgrenze im Ostseeraum rückten die Halbinsel Bug erneut ins Zentrum des militärischen Interesses. Man brauchte einen möglichst weit westlich gelegenen Außenposten für die seit 1960 als Volksmarine bezeichneten DDR-Seestreitkräfte. 1962 fiel die Entscheidung, den Bug für die bis dahin in Saßnitz stationierte 6. Flottille zu nutzen. Am 8. Mai 1965 - genau 20 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges - wurde der inzwischen massiv ausgebaute Standort offiziell übergeben. Nach der kaiserlichen Armee und der faschistischen Wehrmacht zogen nun zum ersten Mal Soldaten dort ein, die sich der Sicherung des Friedens verpflichtet fühlten.

Die 6. Flottille war mit Torpedoschnellbooten, Raketenschnellbooten, Raketenschiffen, Versorgungsschiffen und zahlreichen Hilfsschiffen ausgestattet. Bis zur staatlichen Auflösung der DDR versah sie ihren Dienst zum Schutz der Heimat. Dabei war sie ständig mit Provokationen von westlicher Seite konfrontiert. Mir hat sich besonders ein Foto eingeprägt, das ich im Heimatmuseum von Dranske betrachten konnte. Es zeigte ein Schnellboot der 6. Flottille, dem sich "hautnah" ein Schiff der BRD-Kriegsmarine in den Hoheitsgewässern der DDR so stark näherte, daß es fast zur Kollision kam. Dennoch ordnete der Volksmarine-Kommandant den Flaggengruß an. Die Antwort der Gegenseite war ein am Mast hochgezogener Galgen, der deutlich zum Ausdruck brachte, was man den Matrosen der "Roten" im durchaus wörtlichen Sinne "an den Hals" wünschte. Ein damals Beteiligter hat diesen dramatischen Augenblick bundesdeutscher "Liebe" zu den "Brüdern und Schwestern" im Osten auf Zelluloid gebannt.

Der enorme Ausbau des Marinestützpunktes veränderte abermals die Region. In Dranske entstanden große Neubaublöcke, um Wohnraum für Berufssoldaten und Offiziere zu schaffen. Deren Familien konnten moderne Kindergärten und -krippen, Schulen und Einkaufsmöglichkeiten nutzen. Die Einwohnerzahl schnellte steil in die Höhe. Natürlich brachte das alles nicht nur Vorteile mit sich. Der Süd-Bug war militärisches Sperrgebiet, so daß die Fischer nach Sonnenuntergang nicht mehr ausfahren durften. Das Leben in Dranske wurde vom nahen Stützpunkt und dessen Regeln geprägt.

Andererseits entstanden Kulturgruppen und Zirkel verschiedenster Art. 1971 wurde ein modernes Klubgebäude eingeweiht, in dem sich neben Kino und Konzertsaal auch die Bibliothek und verschiedene Mehrzweckräume befanden. Ein Schwimmbad mit Sauna und eine Sporthalle wurden gebaut. Diese Einrichtungen standen zwar den Militärs des Stützpunktes und deren Angehörigen zur Verfügung, den übrigen Einwohnern Dranskes aber war der Zutritt - von Ausnahmen abgesehen - nicht gestattet. Uneingeschränkt konnten alle hingegen das Haus der Armee mit seinem Kino, den Gaststätten und Veranstaltungsräumen nutzen. Es bestanden etliche Patenschaften zwischen Schulen und der Volksmarinebasis. Konzerte wie ein Auftritt der Puhdys sind unvergessen. 1972 konnte man Fidel Castro als Ehrengast in Dranske begrüßen. All das haftet im Gedächtnis der Menschen des Landstrichs ebenso wie die Hilfe des Militärs bei der Schneeräumung in den harten Rügener Wintermonaten.

Mit der Annexion der DDR endete auch die Geschichte des Flottenstützpunktes auf dem Bug. Am 2. Oktober 1990 fand die letzte Musterung der 6. Flottille statt. Deren Ausrüstung wurde bald darauf demontiert und von der BRD in Entwicklungsländer verscheuert. Am 20. Dezember 1991 schloß die Marinebasis endgültig. Das Leben in Dranske war eng mit ihr verbunden. Eine selbständige Zukunft erschien da kaum denkbar. Die meisten Gebäude auf dem Objektgelände wurden zu Ruinen und später abgerissen. Auch acht der fünfzehn Neubaublöcke teilten dieses Schicksal. Das moderne Klubhaus, die Kindereinrichtungen "Anne Frank" und "Jenny Marx", eine der zwei Schulen und das Heizkraftwerk fielen den neuen Herren zum Opfer. Das Schwimmbad ist ungenutzt und verkommt. Der zweiten Schule geht es nicht besser. Das ehemalige Haus der Armee wird nach langem Leerstand zu einem Apart-Hotel für Betuchte umgebaut. Hatte Dranske 1990 rund 4000 Einwohner, so waren es Ende 2010 gerade noch 1203!

2001 wurde das Gebiet des Militärstützpunktes an die Firma Oetken aus Oldenburg veräußert. Eine Marina für 400 Segelboote sollte entstehen, 2000 Gästebetten waren vorgesehen. Realisiert wurde von all dem nichts. Der Süd-Bug - das mag als gute Nachricht gelten - ist heute Teil des noch zu DDR-Zeiten in Angriff genommenen Nationalparks "Vorpommersche Boddenlandschaft". Hier versucht man der Natur dabei zu helfen, sich auf dem früheren Militärgelände zu regenerieren. Erste Erfolge sind vielversprechend.

An die dem Frieden dienende Geschichte der Volksmarine der DDR mußte ich denken, als ich einen Abstecher nach Warnemünde machte, wo gerade die "Hanse Sail" stattfand. Mitten unter den schönen Windjammern wie der "Greif", die einst "Wilhelm Pieck" hieß, stand grau und drohend die Fregatte "Mecklenburg-Vorpommern". Sie hat als Kriegsschiff der BRD an der berüchtigten Operation "Enduring Freedom" im Rahmen des von den USA erklärten "Krieges gegen den Terror" am Horn von Afrika teilgenommen. Dort machte sie Jagd auf somalische "Piraten", denen die Möglichkeit entzogen worden war, in ihren eigenen Gewässern zu fischen, weil sie von westlichen Fangflotten verdrängt worden waren.

Beim Großereignis "Hanse Sail" versuchte man offensichtlich, neues Kanonenfutter für die Kriege des Kapitals zu ködern. Ich fühlte mich davon angeekelt.

Vor diesem Hintergrund können die Angehörigen der 6. Flottille wie alle, die in der NVA und ihrer Volksmarine Dienst taten, von Stolz erfüllt sein. An ihren Händen klebt kein Blut. Sie ermöglichten auch mir eine sorgenfreie Kindheit in Frieden. Dafür sage ich: Danke!

Ulrich Guhl

Raute

RF-Extra

Vor 70 Jahren ermordete die SS den legendären Kommunisten Walter Krämer

Ein Schlosser als "Arzt von Buchenwald"

Ein sonniger Frühlingstag tauchte den kalten Appellplatz in ein warmes Licht. Die Fahnen der Herkunftsländer ehemaliger Häftlinge wehten im leichten Wind, sehr gealterte Zeitzeugen legten Blumen auf den zentralen Platz. Am 66. Jahrestag der Selbstbefreiung des KZ hatte die Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora zur Ehrung des Häftlings Walter Krämer eingeladen.

Den alten Lagerinsassen, meist zwischen 80 und 90, war Walter Krämer als "Arzt von Buchenwald" in Erinnerung. Nachgeborenen und Besuchern der Gedenkstätte sind Name und Leistung dieses Mannes unbekannt. Die Umwandlung der Museumsinhalte, unwürdige Interpretationen von Verhaltensweisen der "Roten Kapos" entstellten das Bild: "Akzeptierte Opfer" und "unerwünschte Opfer" gibt es jetzt. Der Kommunist Walter Krämer gehört offenbar zu den "Unerwünschten", da ihm in der DDR eine verdiente Ehrung zuteil wurde. Er erscheint in der Gedenkstätte nur noch mit kleinem Foto und nichtssagendem Text. "Gerechtes Erinnern", so das Motto des Gedenkstättenleiters Volkhard Knigge, ist dies wahrlich nicht.

Wer war Walter Krämer, und was war seine Lebensleistung?

Antworten darauf gaben Wissenschaftler, Künstler und Zeitzeugen bei der Gedenkveranstaltung. Der Marbacher Prof. Karl Prümm zitierte aus Eugen Kogons Standardwerk "Der SS-Staat": "Walter Krämer war eine starke und mutige Persönlichkeit. Er wurde ein vorzüglicher Wundbehandler und Operateur." Offensichtlich hatte Kogon seinem Mithäftling Krämer damit ein Denkmal setzen wollen. Prof. Prümm rühmte den rastlosen Einsatz und vor allem das medizinische Können, in welches der Schlosser Walter Krämer hineinwuchs.

Auch der Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora, der 90jährige Franzose Bertrand Herz, nahm in einer sehr emotionalen Rede an der Ehrung Krämers teil. Dessen Büste im Blickfeld, sagte er unter Beifall: "Ich möchte den deutschen Kommunisten, den deutschen Widerstandskämpfern meine Ehre erweisen und gedenke aller deutschen Opfer, besonders Walter Krämers und Ernst Thälmanns."

Im Anschluß daran wurde für Krämer 70 Jahre nach seiner Ermordung im ehemaligen Krematorium eine Gedenkplatte der Lagergemeinschaft Buchenwald/Dora und der VVN/BdA enthüllt.

Die Integrität Krämers und dessen Weigerung, sich zum Werkzeug der SS machen zu lassen, sind belegt. Das veranlaßte Israels zentrale Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem schon im Jahre 2000 dazu, dem deutschen Kommunisten die höchste Auszeichnung für Nichtjuden "Gerechter unter den Völkern" zu verleihen. Wie erbärmlich wirkt da die Opferdebatte in bezug auf kommunistische Helden im vergrößerten Deutschland.

Da auch Erinnerungsliteratur und Zeitzeugendarstellungen weitestgehend aus Bibliotheken entfernt wurden, ist Walter Krämer selbst in Weimar - mit der aufgelösten Medizinischen Fachschule, die seinen Namen trug - heute ein Unbekannter. Krämers Mithäftling Bruno Apitz gab in seinem Roman "Nackt unter Wölfen" dem Lagerältesten den Namen Walter Krämer, wodurch er vielen Menschen im Gedächtnis geblieben ist. Doch wer liest heute noch dieses Buch? Seine Aussagen werden von selbsternannten politischen Richtern angezweifelt und diskreditiert. Selbst die Erinnerungstafel für das gerettete polnische Kind an der Effektenkammer ist entfernt worden.


Rückblick auf ein bewegtes Leben

Walter Krämer wurde am 25. Juni 1892 in Siegen/Westfalen geboren. Sein Vater war ein Mann mit deutschnationaler Einstellung. Dies wirkte sich auch auf die Erziehung der Kinder aus. So meldete sich Walter 1911 freiwillig zur kaiserlichen Kriegsmarine. Er diente auf dem Schlachtschiff "SMS Posen". Seine Entlassung verhinderte der 1. Weltkrieg. 1917 trat bei Krämer eine Wandlung ein. Auf den Großkampfschiffen war der Gegensatz zwischen den schuftenden Matrosen und arroganten Offizieren besonders kraß.

1918 beteiligte sich Walter Krämer an den Aufständen der revolutionären Matrosen, desertierte, wurde inhaftiert und gelangte durch die Novemberrevolution wieder auf freien Fuß. Als er in Matrosenuniform - mit roter Nelke im Knopfloch - zu Hause eintraf, begrüßte ihn die Mutter mit den Worten: "Du bist also auch einer von denen, die schuld daran sind, daß unser Kaiser flüchten mußte."

Fortan schlug sein Herz links. Er wurde in den Siegener Arbeiter- und Soldatenrat gewählt. In den folgenden Jahren arbeitete er als Schlosser und Maschinenmonteur. Trotz häufiger Entlassungen wegen politischer Tätigkeit konnten die Unternehmen Walter Krämer die fachliche Anerkennung nicht versagen.

1920 trat er gemeinsam mit seiner späteren Frau Liesel in die KPD ein. In den nachfolgenden Jahren wurde Walter Krämer Sekretär der Partei in Krefeld, Wuppertal, Kassel und Hannover. 1932 zog er in den Preußischen Landtag ein. Bei einer Großveranstaltung der Nazis in Hannover trat Walter Krämer gegen den NSDAP-Stadtrat Rudolf Zilkens aus Essen auf. In seiner Rede stellte er die arbeiterfeindliche Rolle der Hitler-Partei bloß. Für Schlagzeilen sorgte er auch nach einer Sitzung des Preußischen Landtags. Als während einer Rede Wilhelm Piecks die Nazis auf diesen einstürmten, stellte sich Krämer dazwischen und wehrte dank seiner Körperkraft einige Faschisten ab.

Die Rache der neuen Machthaber ließ nicht lange auf sich warten. Noch in der Nacht des Reichstagsbrandes im Februar 1933 wurde Walter Krämer in Hannover verhaftet. Er gelangte bis zu seiner Ermordung nicht mehr auf freien Fuß. Im Januar 1937 wurde er nach Lichtenburg bei Torgau überstellt, wo neben Dachau und Sachsenhausen das dritte große KZ der Nazis für politische Gegner entstanden war. Im August 1937 wurde er in Buchenwald eingeliefert. An seine Frau schrieb er von dort: "Was uns das Schicksal auch immer auferlegen mag, wir wollen es stolz und mutig tragen und in dem Bewußtsein auf uns nehmen, daß wir es unserer inneren Überzeugung schuldig sind, unsere Straße immer geradeaus zu marschieren."

Für die Rettung von Menschenleben Buchenwalds Zweckbestimmung bestand darin, Arbeitssklaven für Konzerne bereit zustellen. Da die SS-Lagerleitung daran interessiert war, die Arbeitskraft der Häftlinge möglichst lange zu erhalten, richtete sie ein Krankenrevier ein. Hier sollten Verletzte notdürftig versorgt und mit ansteckenden Krankheiten Belastete isoliert werden, um ein Übergreifen auf die SS-Mannschaften zu verhindern.

Walter Krämer, der zuerst im Steinbruch gearbeitet hatte, wurde zunächst in das demütigende Arbeitskommando Latrinenreinigung versetzt. Die Nazis hatten sein beherztes Auftreten in Hannover, Kassel und Berlin nicht vergessen.

Nachdem die den grünen Winkel tragenden Berufsverbrecher von den meisten Posten verdrängt worden waren, gelang es den "Roten", Walter Krämer in den Krankenbau zu lancieren. Dort konnten gefährdete Häftlinge auf "Tauchstation" gehen, hier traf sich das Illegale Internationale Lagerkomitee. Nicht einmal der Lagerälteste durfte wissen, daß in diesen Räumen die illegale KPD-Leitung mit Albert Kuntz, Theodor Neubauer und Walter Stoecker konspirativ tagte.

Walter Krämer besaß keinerlei medizinische Vorkenntnisse. Doch er qualifizierte sich so rasch, daß er bereits Ende 1938 die Verantwortung für die chirurgische Ambulanz übertragen bekam. Als im April 1939 zum 50. Hitler-Geburtstag einige Häftlinge entlassen wurden, darunter auch der Kapo des Krankenreviers Willi Klangwarth, übertrug man Krämer dessen Posten.

Walter Krämer war bereits 46 Jahre alt, als er von vorne beginnen mußte. Willi Klangwarth, Sanitäter im I. Weltkrieg, war sein erster "Lehrer". Als entscheidend erwies sich aber die Hilfe jüdischer Ärzte aus Österreich, denen jede Tätigkeit in ihrem Beruf strengstens verboten war. Sie ließen sich ins Krankenrevier "einliefern", um Walter Krämer beratend zur Seite zu stehen. Selbst von SS-Ärzten und Pathologen der Universität Jena sah er sich einiges ab. Als Kapo hatte er Zutritt zur Fachliteratur im Ärztezimmer. Um diese durchzuarbeiten, schloß er sich in die Häftlingsapotheke ein. Sein Leidensgefährte Karl Brauer, damals Laborant im Krankenbau, sagte später: "Walter hat Fachbücher gewälzt, ununterbrochen studiert. Jede Operation führte er genau danach aus."


Mut und Selbstaufopferung

Es erforderte schon eine Menge Mut und Selbstvertrauen, um sich als medizinischer Autodidakt der Praxis dieses Lagers auszusetzen und nicht vor der Fülle des Elends zu kapitulieren. Bei der chronischen Unterernährung, der mangelnden Hygiene und der körperlichen Überbelastung traten bei fast allen Häftlingen typische Krankheitsbilder wie Hungerödeme, Lungenentzündungen, Ekzeme, Phlegmonen, Nierenkoliken, Furunkel und Durchfälle auf. Hinzu kamen von der SS herbeigeführte Gewaltverletzungen durch Schüsse, Schläge und Hundebisse.

Im März 1939 setzte Walter Krämer eine Schutzimpfung aller Häftlinge gegen Typhus durch, indem er die SS davon überzeugte, daß eine Lagerepidemie auf Wachmannschaften und umliegende Dörfer übergreifen könnte. 1940 und 1941 wurde die Impfung wiederholt. Verblüfft reagierte die SS, als Krämer und ein Sanitäter aus dem abgesperrten Kriegsgefangenenlager die am schwersten erkrankten sowjetischen Soldaten ins Revier brachten. Seine Autorität im Lager war so groß, daß die SS nicht einzugreifen wagte. Krämers Ruf als erfolgreicher Operateur und Wundbehandler war allgemein bekannt, so daß sich sogar Nazi-Größen von ihm behandeln ließen.

Im November 1941 wurde von den Faschisten beschlossen, in Buchenwald mit Menschenversuchen zu beginnen. Die SS-Führung war sich darüber im klaren, daß ein Mann wie Walter Krämer den Ablauf gefährden könnte.

Er war einer der vielen klassenbewußten, geradlinigen und charakterfesten, für die KPD der Weimarer Republik typischen Kommunisten. Sie verliehen der Partei Ernst Thälmanns ihre enorme Ausstrahlung. Für Walter Krämer war es selbstverständlich, persönliche Interessen zurückzustellen. Ohne diese Selbstlosigkeit wäre seine humanitäre Arbeit im Krankenrevier nicht möglich gewesen. Ihm war sicher auch klar, daß die Aufgabe, unter derart mörderischen Bedingungen Menschenleben zu retten, ihn selbst in allerhöchste Gefahr brachte. So mußte er ständig damit rechnen, einem Racheakt der SS zum Opfer zu fallen. Er ahnte, daß er als bekannter KPD-Funktionär das Lager nicht lebend verlassen würde. Er selbst sagte bisweilen: "Dann will ich wenigstens so viel für meine Kumpels getan haben, daß ich ruhig sterben kann."


"Auf der Flucht erschossen"

In den ersten Novembertagen 1941 holte die SS zum Schlag aus. Lagerkommandant Koch ließ Walter Krämer und seinen Stellvertreter Karl Peix in die Arrestzellen des gefürchteten "Bunkers" sperren. Tage später wurden beide in das Außenlager Goslar gebracht und dort "auf der Flucht" erschossen.

Walter Krämer hatte Stärken und Schwächen wie andere auch. Er besaß dabei eine Courage, die nicht jeder von uns Nachgeborenen gezeigt hätte, wäre er in der gleichen Situation gewesen. Krämer blieb sich bis zuletzt treu. Was er in den fünf Buchenwald-Jahren geleistet hat, ist beispielhaft.

Heute gilt es unter veränderten Bedingungen herauszufinden, worin das Heldentum der antifaschistischen Widerstandskämpfer bestand, worauf das völlig unheroische und unpathetische Handeln einfacher Menschen beruhte. Ohne Zweifel spielten dabei ihre politischen Erfahrungen, ihre humanistischen Ideale, ihr hohes Verantwortungsgefühl und unbändiger Haß auf die Nazis eine entscheidende Rolle.

Erinnern ist von der jeweiligen Erinnerungskultur eines Staates geprägt. Zu Ehren Walter Krämers wurde der Medizinischen Fachschule Weimar von der DDR sein Name verliehen. Jahrzehntelang erhielten Krankenschwestern, Kinderkrankenschwestern, Zahntechniker und Krippenerzieherinnen hier eine solide Ausbildung. Ihnen wurde der "Arzt von Buchenwald" als ein blutvoller Mensch, als Roter Matrose in der Novemberrevolution, als Kämpfer der Roten Ruhrarmee während des Kapp-Putsches und als aufrechter Mann in der Haft der Faschisten vermittelt. Er war für sie Vorbild. Auch der DDR-Volksmarine diente Krämers Name zur Vertiefung ihres Traditionsverständnisses. Bis 1990 trug ihn ein Raketenschnellboot.

Seitdem ist die mediale Erinnerungspolitik zu einer regelrechten "Erinnerungsschlacht" entartet, die in eine verordnete Bilderstürmerei mündete. Die Medizinische Fachschule Weimar wurde geschlossen, der Gedenkstein und die Krämer-Büste des aus der Stadt stammenden Bildhauers Eberhard Reppold waren plötzlich verschwunden, die Erinnerungsliteratur wurde entweder ausgedünnt oder einfach umgeschrieben.

Die Stadt Siegen hat am Geburtshaus Walter Krämers kurz vor der eingangs erwähnten Ehrung in Buchenwald eine Erinnerungstafel anbringen lassen. Zum Glück konnte der Autor dieses Beitrags einige wichtige Gegenstände wie die Krämer-Büste und Walters Marineuniform in Sicherheit bringen, die nun als Dauerleihgabe im Aktiven Museum Siegen zu besichtigen sind. 2009 brachte ein kleiner Verlag ein in Lexikonform gestaltetes Buch über Weimars Persönlichkeiten heraus, in dem neben Goethe, Schiller, Liszt und Cranach auch der "Arzt von Buchenwald" Aufnahme gefunden hat.

Frank Hildner, Weimar

Raute

Seit nunmehr zehn Jahren fließen in Afghanistan Ströme von Blut

Wo die NATO täglich den Tod sät

Das afghanische Jahr 1389 (21. März 2010 bis 20. März 2011) hatte blutig begonnen und ist noch blutiger zu Ende gegangen. Am stärksten betroffen war die Zivilbevölkerung. Es verging keine Woche, in der es nicht Tote gegeben hätte. Innerhalb von drei Tagen wurden 140 Menschen Opfer des NATO-Krieges. Am 20. Februar 2011 starben in der nordöstlichen Provinz Kunar mehr als 70 Zivilisten durch einen gemeinsamen Kampfeinsatz von afghanischen und NATO-Truppen. Die Hälfte der Opfer waren Kinder unter 13 Jahren. Überdies wurde eine sechsköpfige Familie ausgerottet. Am selben Tag gab es in der ostafghanischen Stadt Jalalabad 36 Tote und 48 Verletzte, angeblich durch ein Selbstmordattentat. Am 21. Februar wurden aus dem Bundeswehr-Besatzungsbezirk Kundus 38 Tote und 41 Verletzte gemeldet. Am 24. Februar starben fünf Zivilisten in der Provinz Kapisa nördlich von Kabul durch NATO-Bomber. Neun Kinder wurden am 2. März 2011 in Kunar beim Holzsammeln aus einem US-Hubschrauber gezielt erschossen. BRD-Soldaten haben am 10. März in Kundus eine Frau getötet und eine weitere verletzt.

Während General Tommy Franks, ehemaliger Oberkommandierender der US-Streitkräfte im Nahen Osten, die Opfer nicht gezählt haben will, geben die Vereinten Nationen für 2009 und 2010 insgesamt 5047 Tote und 11.180 Verletzte an. Die afghanische Bevölkerung geht von drei- bis viermal so vielen Betroffenen aus, wobei es kaum eine Familie gibt, die keine Opfer zu beklagen hat.

Zunächst morden, dann sich entschuldigen - so sieht das übliche Gebaren der NATO-Führung im Krieg gegen Afghanistan aus. Eine rhetorische Bitte um Pardon seitens des US-Generals David Petraeus - inzwischen ist er CIA-Direktor in Washington - am 3. März wurde von vielen Afghanen als pure Heuchelei betrachtet. Bei einer spontanen Demonstration in Kunar wurde die NATO als Terrororganisation bezeichnet. Auch in Kabul demonstrierten über 500 Menschen. Sie trugen die Bilder der neun getöteten Kinder und riefen: "Tod den USA, Tod den Invasoren!", "Wir wollen keine Besatzungstruppen!" Nicht ohne Grund schweigen die afghanischen Medien zu den Revolten im arabischen Raum, weil sie auch in Afghanistan einen Aufstand des Volkes befürchten.

Würden die Menschen in den NATO-Staaten nur einen Bruchteil dessen wissen, was die westliche Soldateska am Hindukusch für Greuel begeht, könnte - davon bin ich fest überzeugt - eine Antikriegsbewegung wie in der Zeit der US-Aggression gegen Vietnam entstehen.


Wer organisiert die Selbstmordattacken?

Obwohl sich der afghanische Widerstand inzwischen zu dem Selbstmordattentat vom 20. Februar bekannt hat, glauben dennoch immer weniger Afghanen daran, daß Anschläge dieser Art von der islamisch geprägten Opposition mit dem Oberbegriff Taliban begangen werden. Sie seien eher von der NATO selbst initiierte Mordtaten, um diese anschließend dem Widerstand mit dem Ziel in die Schuhe zu schieben, seine Kämpfer von der Bevölkerung zu isolieren. Weil durch die massiven NATO-Luftwaffeneinsätze immer mehr Zivilisten ermordet werden, betrachten viele Menschen die Selbstmordattacken, die den Taliban zugeordnet werden, als Ablenkungsmanöver der NATO-Propagandisten, um ihre eigenen Untaten zu relativieren.

Am 18. März sprach ich mit einem Oberst der afghanischen Nationalarmee, den ich hier aus verständlichen Gründen Ahad nenne. Er berichtete mir von seinen Kampferfahrungen, der Zusammenarbeit mit den Besatzern, festgenommenen Widerständlern und seiner eigenen Arretierung durch diese. "Wir haben des öfteren Taliban festgenommen, bei denen wir die gleichen Lebensmittel und Waffen vorfanden wie bei den US-Soldaten. Während wir bei unseren Einsätzen nicht einmal ausreichend Trinkwasser aus Brunnen oder Leitungen zur Verfügung hatten, geschweige denn Obst und Gemüse, waren die von uns verhafteten Taliban mit all dem genausogut versorgt wie die Angehörigen der U.S. Army, sogar mit Mineralwasser. Als wir die uns begleitenden Amis danach fragten, woher die Taliban dies alles hätten, stellten sie sich ahnungslos." Die Afghanen vermuten aber, daß der Widerstand von den Besatzern versorgt wird.

"Wir haben wiederholt erlebt", sagte Ahad, "daß unsere Soldaten auf dem Weg zum Kampf angegriffen wurden, jedoch nicht die Kolonne der Besatzer, die dieselben Strecken passierte. Unsere Leute sind davon überzeugt, daß es zwischen den Widerständlern, den US-Truppen und anderen NATO-Kräften geheime Absprachen gibt."

Fawad, ein Taxifahrer, dessen Dienste ich ab und zu in Anspruch genommen habe, erzählte mir, daß er mit einigen Freunden ganze LKW-Ladungen, die für die Versorgung der NATO vorgesehen sind, kaufen und damit gute Geschäfte machen kann. Da 80 % des Nachschubs von Karatschi über den Khaibarpaß nach Afghanistan gebracht werden, bietet sich des öfteren Gelegenheit, die eine oder andere Fracht zu entwenden. Das könnte eine weitere Quelle sein, wodurch die Versorgung der Taliban gewährleistet wird.


Angst vor dem Wegfall der US-Militärpräsenz

Am 13. März traf eine Delegation aus Washington in Kabul ein, um mit dem dortigen Statthalter der Besatzer über eine langfristige US-Militärpräsenz in Afghanistan zu verhandeln. Als erster meldete sich Drogenbaron und Provinzpolitiker Mahmud Karsai zu Wort. Der Bruder des Präsidenten hob die Bedeutung der US-Stützpunkte für sein Land hervor. Schon Anfang März begann "Verteidigungsminister" General Abdul Rahim Wardak, ein den Amis durch und durch höriger Mann, mit einer Propagandaoffensive, bei der er sich zunächst für das Pentagon-"Engagement" in Afghanistan bedankte und dann die Stationierung von US-Truppen am Hindukusch auch nach 2014 verlangte.

Da derzeit jeder dritte Soldat der afghanischen Nationalarmee desertiert, meistens im Süden und Osten des Landes, sind sich die Kabuler US-Marionetten nicht sicher, daß sie sich ohne die Gegenwart der Streitkräfte ihrer Schutzherren an der Macht halten können.

Der ehemalige Gouverneur von Herat, Warlord Ismael Khan, der seit längerem als Minister für Energie und Wasser amtiert, ist gegen eine dauerhafte Präsenz der "Verbündeten" in Afghanistan. "Karsai soll keine Angst haben, ohne US-Militärschutz hinweggefegt zu werden. Eine Entscheidung darüber sollte auf einer nicht bestellten und nicht handverlesenen Loya Jerga getroffen werden", verlangte er am 15. März auf einer Kundgebung in Herat.

Auch afghanische Senatoren forderten am selben Tag den Rücktritt von Karsais General Wardak und die Auflösung des Nationalen Sicherheitsrates. Dem "Verteidigungsminister" wurde Unfähigkeit vorgeworfen, da er nicht in der Lage sei, die zunehmende Unsicherheit im Lande einzudämmen. Wardak gerät auch wegen der drastischen Zunahme der Zahl von Fahnenfluchten in Bedrängnis.

Die NATO, vor allem die USA, sind bei der afghanischen Bevölkerung derart verhaßt, daß selbst Kinder mir gegenüber ihre Abneigung zum Ausdruck brachten.

Der Krieg, die Zerstörung des Landes und das Morden unschuldiger Menschen, welche auch schon von den Kleinsten wahrgenommen werden, lassen tiefe Wunden in der Psyche der afghanischen Bevölkerung zurück, die nicht so schnell verheilen werden. Die NATO sät täglich neuen Haß. Daß es das Ziel sei, Herz und Kopf der Afghanen zu gewinnen, wie die Propagandisten der westlichen Soldateska über ihre Medien verbreiten, glaubt fast keiner mehr.


Streit "um den Kopf des toten Esels"

Auch viele Monate nach dem Abschluß der Wahlen zum afghanischen Parlament war das Gremium immer noch nicht arbeitsfähig. Das Geschacher um die durch Fälschung und Stimmenkauf in das Hohe Haus gelangten Abgeordneten war kaum beendet, als der "Kampf um den Kopf des toten Esels", wie die Afghanen es nennen, mit aller Schärfe entbrannte. Der frühere Präsident des Parlaments, ein Warlord und Kriegsverbrecher namens Mohammad Jonus Qanuni, wollte weiter an dessen Spitze bleiben. Aber auch Abdul Rab Mohammad Rasul Sayaf, ein anderer Massenmörder, beanspruchte diesen Posten für sich. Der Kabuler "Staatschef" Abdul Hamid Karsai verhandelte mit beiden, um den Streit aus der Welt zu schaffen. Qanuni sollte ein wichtiges Ministerium und Sayaf das Amt des Präsidenten des Obersten Gerichts übertragen werden. Da sich dieser in seiner ideologischen Borniertheit kaum von den Taliban unterscheidet, dürfte die afghanische Justiz das islamische Recht, "die Scharia", eher anwenden als die geltenden Gesetze.

Im politischen Theater scheint zunächst einmal der Vorhang gefallen zu sein. Zum Präsidenten des Unterhauses wurde Abdul Rahman, ein Usbeke der Hesbe Islami Hekmatyars "gewählt". Auch er ist ein Krimineller wie viele andere, die in Afghanistan an führender Stelle mitmischen. Als eine Abgeordnete daran erinnerte, im neuen Kabuler Parlament säßen Menschen, die zwischen 1992 und 1994 - in den Jahren des Bürgerkrieges unter den Modjahedin - ihren Gegnern Nägel in die Köpfe getrieben hätten, kam es zu einer wilden Schlägerei, die später auch außerhalb des Gebäudes fortgesetzt wurde. Es versteht sich von selbst, daß die Afghanen solche "Volksvertreter" nicht mehr ernst nehmen. Sie haben die Nase voll von dem billigen Schauspiel einer Ansammlung Korrupter, die sich Abgeordnete nennen. Diese Leute seien nicht Vertreter der Interessen des Volkes, sondern verfolgten ihre eigenen Ziele, äußerten sinngemäß viele Kabuler im Rahmen einer Straßenumfrage.

Der Landraub, der 1992 durch die Modjahedin-Kommandanten eingeleitet wurde, wird jetzt auf höchster Ebene fortgesetzt. Staatliche Ländereien in der Daschte Padulah südwestlich von Kabul wurden durch Parlamentsfunktionäre "privatisiert". Als Journalisten in der nordöstlichen Provinz Kapisa über einige Abgeordnete und den ersten Stellvertreter des Parlamentpräsidenten Hadji Farid, die an der Landraubaktion direkt beteiligt waren, Informationen sammelten, konnten sie nur knapp einem Mordanschlag entkommen. Kurz danach begann der TV-Sender "Nuri" darüber einen Bericht auszustrahlen. Die Übertragung wurde sofort gestoppt, der verantwortliche Redakteur Naro Naderi verhaftet und die Einrichtung des Studios zertrümmert. Auch in Qole Fatehchan am Rand des Dorfes Schinah etwa 15 Kilometer östlich von Kabul wurde Staatsland durch afghanische Sicherheitskräfte aus dem Umfeld des Kabuler Präsidenten Karsai, die sich als seine Bodyguards ausgaben, beschlagnahmt. Sie teilten die für Luxusvillen bestimmten Flächen unter sich auf. Zuvor hatten dort landlose Bauern Frühjahrsweizen angebaut, um ihr nacktes Überleben zu sichern.


Karsais klägliches Marionettenspiel

Die afghanische Realität steht in diametralem Gegensatz zur Wiederaufbaupropaganda der kriegführenden Länder. Auf 40 % des Territoriums hätten die Vereinten Nationen keinen Zugang zu den Menschen, berichtete der Sonderbotschafter des UN-Generalsekretärs für Afghanistan Staffan de Mistura. In Mangan gebe es weder Schulen noch sauberes Trinkwasser. Die Einwohner tränken gespeichertes Schneewasser. Im Bezirk Schahrak der westlichen Provinz Ghor lebt die Bevölkerung wie in der Urzeit. Sie kennt weder Obst noch Gemüse, erzählte mir Oberst Ahad. In Kabul wurde bei Kindern eine dramatische Zunahme von Leukämie festgestellt. Dies wird als Folge der Bombardierung durch die U.S. Air Force und die britische Luftwaffe bei der Vertreibung der Taliban vor zehn Jahren betrachtet. Es kommt noch die enorme Luftverschmutzung hinzu, die den Hauptstädtern den Atem raubt.

Die Krönung bestand darin, daß das afghanische Jahr 1390 (2011/2012) im März mit einer Rede des US-Generals Petraeus eröffnet wurde, nicht aber mit einer Ansprache Karsais. Der Text des Besatzerchefs wurde sogar mehrfach ausgestrahlt. In ihm fand Karsai keinerlei Erwähnung. Darüber hinaus brachten die afghanischen Medien Auszüge der Reden von US-Präsident Barack Obama und Außenministerin Hillary Clinton sowie des UNO-Vertreters für Afghanistan. Doch auch Karsai durfte in Aktion treten: Mit einem Gongschlag verkündete er den Beginn des neuen Schuljahres.

Dr. Matin Baraki


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Nicht bohren, ballern!

Am 3. September gab Kriegsminister Thomas de Maizière dem Bonner General-Anzeiger ein Interview. Darin kündigte er an, daß es in Zukunft nicht mehr Sache von Soldaten im Einsatz sein werde, "Aufgaben zu erledigen, die andere nicht erledigen wollen". Er meinte damit den Bau von Brunnen, Schulen, Krankenhäusern oder andere als Entwicklungshilfe getarnte Tätigkeiten, die dem Krieg in Afghanistan einen humanitären Anstrich verleihen sollten, um die Öffentlichkeit zu täuschen. De Maizière legte sich richtig ins Zeug. "Wir hatten es bislang oft bequem mit dem Verweis, daß Deutschland mit dem Zweiten Weltkrieg eine schreckliche Spur in der Welt hinterlassen hat und sich deshalb militärisch nicht beteiligen könne. Dieses Argument wird uns von der Völkergemeinschaft nicht mehr zugestanden." Ganz unverblümt kündigte er an, daß es in Zukunft noch mehr Kriege mit BRD-Beteiligung geben solle. "Zum Brunnenbohren geht man mit Soldaten nicht in ein fremdes Land", zog der Rechtsaußen des Merkel-Kabinetts blank. Der deutsche Michel soll sich endlich daran gewöhnen, daß man Soldaten marschieren läßt, um Blut zu vergießen, nicht aber, um nach Wasser zu schürfen. Oberst Klein hat aller Welt vor Augen geführt, wozu Bundeswehr-Soldaten in fremde Länder geschickt werden.

Die Behauptung des Kriegsministers, die Völker erwarteten "von uns" militärisches "Engagement", ist eine unerhörte Provokation. Meint er etwa die Afghanen? Oder zählen die Menschen in der 3. Welt für den westlichen Herrenreiter gar nicht zur Völkergemeinschaft? Sicher ist, daß die Afghanen auf weitere Beweise teutonischer Kreuzritterallüren gerne verzichten würden.

Ulrich Guhl

Ende RF-Extra

Raute

Seit 15 Jahren politischer Gefangener in den USA, trauert unser Genosse Kurt Stand um seinen Vater Mille

Ein großer Kämpfer und gütiger Mensch

Am 19. November wäre Maximilian (Mille) Stand 92 Jahre alt geworden. Doch leider hat er sein Ziel, 2012 die Freilassung seines jüngsten Sohnes Kurt noch zu erleben, nicht erreichen können. Mille starb am 12. Februar. Seine Frau Hannelore (Holly) war ihm im August 2009 als 85jährige vorausgegangen.

Betroffen von dem schweren Verlust und der Entscheidung der US-Behörden, ihm wie beim Tod der Mutter die Teilnahme an der Trauerfeier zu verwehren, bezeichnete Kurt den Vater als "einen Mann, der ein erfülltes Leben geführt hat, in dem es keine kleinen Dinge gab". Im letzten Gespräch, nur wenige Tage vor Milles Tod, hatten beide noch Zeit gefunden, über Kurts inzwischen erwachsene Kinder, Milles Enkel Karl und Rosa, zu sprechen. Auch das nächste Kapitel von Milles Schrift zu Marxismus und Naturwissenschaft sowie jüngste Aufzeichnungen Kurts hatten die beiden thematisch berührt. "Mein Vater war in der Gegenwart engagiert und blickte dabei in die Zukunft. So fällt es mir schwer zu begreifen, daß er nicht länger bei uns geblieben ist. Auch im Alter von 91 Jahren kam sein Tod zu früh", bemerkte Kurt.

In der Gesellschaft für Rechtliche und Humanitäre Unterstützung (GRH), der Mille angehörte, galt er als zurückhaltend und zugleich voller Emotionen. Im folgenden möchte ich die Wurzeln seiner Verbundenheit mit der DDR, seiner tiefen Menschenliebe und seines unerschütterlichen sozialistischen Weltbildes ein wenig freizulegen versuchen.

Mille wuchs in einem Leipziger jüdischen Wohnquartier auf, wo noch jiddisch gesprochen wurde. Seine Familie blickte väterlicherseits auf eine lange rabbinische Tradition zurück, mit der Milles Vater brach, als er - ein Kürschnereiarbeiter - vor dem Ersten Weltkrieg SPD-Mitglied wurde und zu einem jüdischen Sozialistenzirkel stieß. Seine Mutter entstammte einer wohlhabenden jüdischen Familie, die sich nach der Oktoberrevolution für das polnische Exil entschieden hatte.

Milles Vater protestierte gegen den Ersten Weltkrieg, wurde eingesperrt, dann zum Militär entlassen und bald darauf verwundet. In einem österreichischen Lazarett lernte er seine Frau kennen, die dort als Krankenschwester tätig war. Im November 1919 wurde Mille in Wien geboren. Er wuchs in einer Familie auf, die sich von der Rassendiskriminierung und den Beschränkungen des Ghettolebens zu befreien suchte. Daraus ergaben sich sein gefestigtes Pflichtgefühl und eine selbstbewußte sozialistische Weltanschauung.

1934 wurde Milles Vater inhaftiert. Die Mutter floh zunächst zu Verwandten in Polen. Am Ende des Jahres trafen alle in Prag wieder zusammen, nachdem der Vater aus der Haft entkommen war. In der tschechischen Hauptstadt begann Milles Bildungsweg, konnte er seine berufliche Ausbildung zum Chemiker antreten. Hier kam er mit der kommunistischen Jugend in Kontakt. In Prag wurde er auch Mitglied der Partei. In ihren Reihen entwickelten sich sein tiefes Verständnis für den Marxismus und sein Talent für die illegale politisch-operative Arbeit. Gerade 17, wurde er bereits mehrfach als Grenzschleuser eingesetzt.

Nach der Unterzeichnung des berüchtigten Münchner Abkommens emigrierte Milles Vater nach Frankreich, wo er gemeinsam mit Hermann Duncker aus einem Lager entwich. Über Marokko gelangte er in die USA. Dort erwirkte er Einreisevisa für seine Familie, so daß Mille - inzwischen 19 - im Dezember 1938 in New York sein Studium fortsetzen konnte. Hier trat er der KP der USA bei und war aktiv in deren deutschem Arbeiterklub tätig. Er begegnete Holly, die aus einer kommunistischen Proletarierfamilie stammte und in Ahlen (Westfalen) aufgewachsen war. Auch sie hatte den Faschisten entkommen können.

1942 meldete sich Mille freiwillig zur U.S. Army. Er tat diesen Schritt nicht zuletzt, um die Staatsbürgerschaft zu erlangen und Holly heiraten zu können. Im Krieg wurde er Fallschirmjäger, kämpfte in den Ardennen und wurde schwer verwundet. Auch während seiner Zugehörigkeit zu den Streitkräften bewies Mille Charakter und Solidaritätsgefühl. Man steckte ihn in den Arrest der Feldarmee und versetzte ihn in eine andere Einheit, weil er gegen die Diskriminierung farbiger GIs protestiert hatte.

Mille lebte in einer kapitalistischen Umwelt, fühlte sich ihr aber nicht zugehörig. So weigerte er sich, von der BRD finanzielle Wiedergutmachung anzunehmen, solange diese nicht allen Opfern des Faschismus - auch jenen, welche zur nichtjüdischen Familie seiner Frau zählten - zugebilligt werde. Mille setzte seine Hoffnungen auf einen fundamentalen Wandel der Gesellschaft. Diesen sah er in der DDR verkörpert, mit der er sich Zeit ihrer Existenz auf das engste verbunden fühlte.

Das Leben in den 50er Jahren war für ihn und seine damals junge Familie alles andere als ein Zuckerschlecken. Milles Name stand das ganze Jahrzehnt über auf der FBI-Liste für "unverbesserliche Rote". Bis 1959 fand er keinen ständigen Job in seinem Beruf als Chemie-Ingenieur. Später erhielt er in dieser Branche einen Arbeitsplatz, der für ihn große Bedeutung erlangte. Er konnte zahlreiche Patente anmelden, machte damit aber kein Geld. Die Naturwissenschaften und die Technologie betrachtete er ohnehin nicht als Privateigentum. Freimütig teilte er sein Wissen und seine Expertise als Industrie-Chemiker mit der DDR. Seit 1960 besaßen die Beziehungen zum sozialistischen deutschen Staat für ihn höchste Priorität.

Auch in fortgeschrittenem Alter zog sich Mille nicht aus dem politischen Leben in den USA zurück. So engagierte er sich z. B. im Westchester-Aktionskomitee für den Frieden, in der Regenbogen-Koalition und bei Antikriegsdemonstrationen.

Unablässig bemühten sich Mille und Holly, die im Alter fast völlig erblindet war, seit der Festnahme ihrer Eltern um die Enkel Karl und Rosa. Sie gewannen Kurts Bruder Peter und dessen Frau Susan dafür, die Vormundschaft zu übernehmen. Zugleich waren sie bestrebt, die Enttäuschung der Heranwachsenden über die Scheidung ihrer Eltern während deren Haft zu mildern, ohne einen Zwiespalt entstehen zu lassen. Und sie ergriffen die Initiative zur Herstellung solidarischer Kontakte mit ehemaligen Kundschaftern der DDR im Westen sowie zur GRH in Berlin.

Mille war ein großer Kämpfer und ein gütiger Mensch. Er bleibt unvergessen.

Lothar Ziemer, Berlin

Raute

Bei den französischen Präsidentschaftswahlen 2012 steht auch eine Faschistin vor den Toren des Elysee-Palastes

Madame Le Pen ante portas

An der Spitze der französischen Faschisten ist im vergangenen Jahr eine Wachablösung innerhalb der Familie - und zwar im durchaus wörtlichen Sinne - erfolgt: Jean-Marie Le Pen, der langjährige Führer der frankophonen Nazipartei Front National (FN), hat den Kommandostab an seine Tochter Marine nicht nur in der Partei, sondern auch mit Blick auf die 2012 anstehenden Präsidentschaftswahlen weitergereicht. Nach Umfragen sollen mehr als 20 % der Franzosen bereit sein, für die etwas flexibler als ihr Vater auftretende Rechtsradikale zu votieren. Diese Größenordnung könnte durchaus der Realität entsprechen, bedenkt man, daß immerhin 17 % der Stimmberechtigten bei den im März abgehaltenen Kantonalwahlen die FN-Bewerber unterstützten. Allerdings trafen bei diesem Urnengang 56 % (!) der eingetragenen Wähler noch keine Entscheidung. Mit anderen Worten: Sie blieben der Abstimmung fern und machten so die Partei der Nichtwähler auch in Frankreich zur stärksten politischen Kraft. Der tatsächliche Anteil der FN lag demnach zwischen sieben und acht Prozent der potentiellen Wählerschaft. Die Partei der extremen Rechten, wie man das Wort Faschisten nicht nur in Frankreich gern zu umschreiben pflegt, führt ihren Kampf sowohl gegen die gesamte Linke, deren bei Wahlen stärkste Kraft die Sozialistische Partei (PS) ist, als auch gegen die "traditionelle" Rechte, die sich gegenwärtig vor allem um Sarkozys prononciert konservative UMP gruppiert.

Bei den Präsidentschaftswahlen im April 2002 war es der FN sogar gelungen, bis in die Stichwahl zwischen den Bestplazierten vorzudringen, während sie beim letzten Mal zwar einen relativ hohen Prozentsatz erreichte, aber in der zweiten Runde nicht mehr antreten konnte. Daraufhin rief sie ihre Klientel dazu auf, für Sarkozys Kandidatur und gegen dessen PS-Konkurrentin zu stimmen. Mit anderen Worten: Sarkozy wurde nur durch das Votum der französischen Faschisten in sein hohes Amt gehievt. Er revanchierte sich prompt, indem er Jean-Marie Le Pen als ersten Gratulanten im Elysee-Palast empfing.

Überhaupt wäre es ein Irrtum anzunehmen, die französischen Rechtsextremisten seien in der FN gewissermaßen politisch ghettoisiert und befänden sich so "unter Kontrolle". Tatsächlich spielen faschistoide und offen faschistische Tendenzen - wie in Deutschlands CDU/CSU - vor allem auch in der jetzt am Ruder befindlichen UMP eine außergewöhnlich große Rolle. Der beste Beweis dafür ist die Tatsache, daß Präsident Sarkozy - Merkels bevorzugter Umarmungsfreund - von Rechtsextremisten geradezu eingekreist ist. Nicht wenige seiner Berater und "Personen mit ständigem Zugang zum Staatschef" denken in wichtigen Fragen keineswegs anders als das FN-Lager. Vom Parteigründer Jean-Marie Le Pen, einem eingefleischten Rassisten, stammen solche durch die Equipe seiner Tochter Marine aus taktischen Erwägungen inzwischen strikt vermiedenen "Ausrutscher" wie die Äußerung: "Die Gaskammern sind nur ein Teil der Geschichte."

Jean-Luc Sallé von der linksgerichteten Union der Revolutionären und Kommunistischen Kräfte (URCF) stellte gegenüber der belgischen Wochenzeitung "Solidaire" fest: "Die UMP hat seit mehreren Jahren das Bett für die FN gemacht." Er konstatierte, der Anhang Sarkozys habe sich gezielt nach rechts bewegt und von der FN besetztes Territorium eingenommen, "um die Möbel zu retten" und die Präsidentschaftswahlen des nächsten Jahres ein zweites Mal zu gewinnen.

Nach seiner Inthronisierung als Staatspräsident schuf Sarkozy für seinen Freund Brice Hortefeux zunächst ein jedes normale Maß sprengendes Superministerium, zu dessen Kompetenzen u. a. "Einwanderungsfragen, Integration, nationale Identität und solidarische Zusammenarbeit" gehörten. Weniger als zwei Jahre später übernahm Hortefeux dann das Arbeitsressort, um nur wenige Monate darauf Frankreichs Innenminister zu werden. 2009 trugen dem "Spezi" des französischen Präsidenten rassistische Ausfälle zwei gerichtliche Strafen ein, was nicht etwa dazu führte, daß er aus dem Dunstkreis des Staatschefs verschwand. Heute ist Hortefeux UMP-Abgeordneter des Europaparlaments und Berater Sarkozys.

Sein Nachfolger im Amt des Innenministers wurde Claude Guéant. Nur wenige Tage nach dessen Aufrücken in die Schlüsselposition des innenpolitischen Repressionsapparats und unmittelbar vor der ersten Runde der Kantonalwahlen ließ Guéant die Katze ebenfalls aus dem Sack, indem er von sich gab: "Angesichts der ihnen aufgezwungenen Einwanderung Fremder haben die Franzosen bisweilen nicht mehr das Gefühl, bei sich zu Hause zu sein." Marine Le Pen, die zu diesem Zeitpunkt gerade den Platz ihres Vaters an der FN-Spitze eingenommen hatte, fragte daraufhin bei Sarkozys Innenminister ironisch an, ob sie ihm die Karte eines Ehrenmitglieds ihres schattigen Vereins zukommen lassen solle. Dadurch nicht im geringsten alarmiert, ging Guéant noch einen Schritt weiter. Diesmal wandte er sich gegen den "Gebrauch religiöser Erkennungsmerkmale im öffentlichen Dienst", was vor allem ein Affront gegen in Frankreich lebende Muslime sein sollte.

Und dann ist da auch noch der besondere Präsidentenliebling Patrick Buisson. Dieser "Elite-Journalist" und studierte Historiker stammt aus einer Familie mit langer antikommunistischer Tradition. Sein publizistisches Debüt gab Buisson nicht etwa in der rechten, sondern in der ultrarechten Presse. Sarkozy war von ihm entzückt und berief den Mann flugs in seinen Beraterstab. Buissons Reden über Immigration und die damit verbundene "Unsicherheit" im Lande stammen samt und sonders aus der Ideenküche von Jean-Marie Le Pen. Dieser bezeichnete den zum Sonderberater des Präsidenten aufgerückten Faschisten als "Intellektuellen der nationalen Rechten, der im Grunde seines Herzens mehr meine Ideen als die Sarkozys teilt". Übrigens ist Buisson inzwischen auch Direktor der Geschichtskette von TF 1, dem wichtigsten kommerziellen Fernseh-Netzwerk Frankreichs, und zugleich Chef des Instituts für politische Sondierungen und Analysen, das sich Publifact nennt. Beide "Häuser" sollen Sarkozy nahestehen.

So viel zur Rechtsentwicklung in der Französischen Republik - einem NATO-Staat, dessen Präsidentschaft 2012 auch durch eine waschechte Faschistin aus dem Familienstall der Le Pens angesteuert werden dürfte.

RF, gestützt auf Solidaire, Brüssel

Raute

Chiles Studentenführerin ist populärer als der Staatspräsident

Die Aura der Camila Vallejo

Die 23jährige Camila Vallejo ist nicht nur eine hübsche junge Frau, sondern auch die derzeit populärste Politikerin ihres Landes. Bei Umfragen eines renommierten Meinungsforschungsinstituts zum Beliebtheitsgrad chilenischer Persönlichkeiten optierten 68 Prozent für Camila, aber nur 26 Prozent für den rechtsgerichteten Staatspräsidenten Sebastián Piñera. Die Geographiestudentin der hauptstädtischen Universität von Chile ist Vorsitzende der seit Monaten machtvolle Straßendemonstrationen organisierenden Nationalen Konföderation der Studenten Chiles (CONFECH). Diese führt derzeit die breiteste Massenbewegung an, welche seit dem Ende der faschistischen Pinochet-Ära (1990) in der Andenrepublik entstanden ist. Den Zehntausenden für die Durchsetzung einer qualitativ hochwertigen und vor allem gebührenfreien Hochschulbildung kämpfenden Studenten haben sich auch Schüler, Eltern, Lehrer und Gewerkschaften angeschlossen.

Camila Vallejo, die von den überwiegend rechtslastigen Medien Chiles und anderer lateinamerikanischer Länder auf der Jagd nach Interviews regelrecht umlagert wird, steht heute an der Spitze einer neuen Generation politischer Führer, denen die Schrecken der Diktatur erspart geblieben sind.

Sie legen an das Geschehen ihre eigenen Maßstäbe und Erfahrungen mit dem kapitalistischen System an. Indem sie die Stafette der Generationen aufnehmen, können sie sich auf von ihren Eltern und Großeltern Erkämpftes und Überliefertes stützen.

Camila ist die Enkelin eines Mitglieds der seinerzeit recht einflußreichen Bewegung der Revolutionären Linken (MIR), die der Unidad Popular Salvador Allendes einerseits Rückhalt gab, ihr andererseits aber durch ultralinke Aktionen das Regieren schwermachte. Camilas Eltern sind Mitglieder der KP Chiles. Sie selbst gehört der Partei ebenfalls an. Von einem Journalisten der argentinischen Zeitung "Pagina 12" befragt, ob ihr daraus im Studentenverband Schwierigkeiten erwüchsen, antwortete Camila sehr direkt: "Ich habe das nie verheimlicht - im Gegenteil. Es war voraussehbar, daß jene, welche den derzeitigen Konflikt nicht unter Kontrolle zu bringen vermögen, nach Argumenten suchen würden, um nicht nur mich, sondern auch andere CONFECH-Führer zu attackieren. Es stimmt, daß ich heute nicht allein die Studenten der Universität von Chile, sondern die des ganzen Landes repräsentiere. Die enorme Zustimmung, die unsere Föderation und meine Arbeit seitens der Bevölkerung erhalten, liefert den Beweis, daß die Anschuldigungen lediglich Teil der verzweifelten Strategie jener sind, welche sich als unfähig erweisen, die Schlacht der Ideen zu gewinnen."

Als Antwort auf die gewaltigen Straßendemonstrationen in Santiago setzte die Polizei des faschistoiden Innenministers Rodrigo Hinzpeter alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel der Repression ein. Die Studenten mußten sogar den gewaltsamen Tod eines Kommilitonen beklagen. Doch ihr Protest sprengte die relativ engen Grenzen des eigenen Spektrums und weitete sich zu einer schlagkräftigen sozialen, das System erschütternden Bewegung aus, die gemeinsame Forderungen geltend macht und von der Sympathie der Bevölkerungsmehrheit getragen wird. Sie kann sich auf die reichen Erfahrungen vorangegangener Massenkämpfe stützen.

Die junge Kommunistin Camila Vallejo, heute Chiles politische Attraktion Nr. 1, ließ den Interviewer auch wissen, sie sehe ihre Perspektive in einer akademischen Laufbahn und strebe zunächst ein Diplom an. Sie betrachte ihren derzeitigen Einfluß als Verantwortung, ohne dabei irgendwelche Privilegien erlangen zu wollen. Sie könne indes nicht ausschließen, auch fortan bei der Vertretung von Volksinteressen ihren Platz einzunehmen.

RF, gestützt auf "Pagina 12", Buenos Aires, und "Solidaire", Brüssel

Raute

Schon 1903 konstatierte Amerikas früher Sozialistenführer Eugene V. Debs: "Der Klassenkampf hat keine Farbe."

USA: Gemeinsam gegen "Jim Crow"

Die Sozialistische Partei Amerikas wurde 1901 gegründet. Dem waren heftige politische Auseinandersetzungen und scharfe ideologische Kämpfe zwischen verschiedenen Strömungen vorausgegangen. Dabei standen sich Anhänger eher konservativer - also rechtssozialdemokratischer -, sogenannter gemäßigter und revolutionärer Tendenzen gegenüber. Für die Linken galt Eugene V. Debs - ein charismatischer Arbeiterführer, der bereits die Eisenbahner gewerkschaftlich organisiert hatte - als Symbolfigur. Er bewarb sich wiederholt als Kandidat der Sozialistischen Partei um hohe öffentliche Ämter, darunter die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten. Debs war ein leidenschaftlicher Gegner durch die herrschende Klasse geführter Kriege und zugleich ein mutiger Kämpfer gegen "Jim Crow" - ein Name, der in den USA als Synonym für weißen Rassismus steht. Dafür wurde er mehrere Male ins Gefängnis geworfen.

Auch herausragende Persönlichkeiten aus dem afro-amerikanischen Spektrum, unter ihnen William E. W. DuBois, stießen sehr bald zu den Sozialisten. Bei deren Mitgliedern und Anhängern gab es in bezug auf die Rolle der Schwarzen in der Arbeiterbewegung des Landes zwei konträre Standpunkte: Während die einen glaubten, man könne nur durch ein Herunterspielen des grassierenden Rassenwahns und der nationalen Unterdrückung von Schwarzen breitere Schichten der weißen Bevölkerung erreichen, verfochten jene, welche sich zum linken Flügel rechneten, genau entgegengesetzte Auffassungen: Man müsse den Rassenterror klar benennen und für dessen Überwindung eintreten.

Eugene Debs berichtete 1903 in einem Beitrag für die Zeitschrift "International Socialist Review" von Erfahrungen, die er im texanischen Yoakum gesammelt hatte. Dort war er Weißen begegnet, die ihren rassistischen Haß auf Afro-Amerikaner in besonders krasser Weise zur Schau stellten. Der Artikel trug die Überschrift "Der Neger und der Klassenkampf". Debs beschrieb hier die von ihm beobachteten Rassisten als "faules Produkt des kapitalistischen Systems". Solche Leute würden von den Mächtigen selbst mit Verachtung behandelt, aber glaubten dennoch, Schwarzen haushoch überlegen zu sein, wobei sie nur die Gefühle ihrer Herren reflektierten.

Debs konstatierte: "Jeder Mann steht hierzulande dem Neger gegenüber in der Pflicht. Die Tatsache, daß der weiße Hacken noch immer auf dem schwarzen Genick steht, beweist hinreichend, daß die Welt vorerst nicht besonders zivilisiert ist. Die Geschichte des Negers in den Vereinigten Staaten ist eine Geschichte von Verbrechen ohne Beispiel."

Der Sozialistenführer zog daraus den Schluß, daß es "keine Negerfrage außerhalb der Arbeiterfrage" gebe. Wörtlich schrieb er: "Der Klassenkampf hat keine Farbe." Debs blieb damit kurz vor Marx stehen, der die Feststellung getroffen hatte, daß sich "die Arbeit in weißer Haut nicht emanzipieren" könne, "wenn sie in schwarzer Haut unterdrückt" werde.

Nur wenige Jahre nach der Gründung der Sozialistischen Partei fiel die Mehrheit der großen sozialdemokratischen Formationen dem chauvinistischen Taumel des Ersten Weltkrieges zum Opfer. Die 2. Internationale brach zusammen. Erst der Sieg der russischen Oktoberrevolution und die Gründung der 3. Internationale schufen einen neuen Kristallisationspunkt für die weltweite Arbeiterbewegung. Auch eine Anzahl von Afro-Amerikanern, die kommunistischen Auffassungen zuneigte, trat in den USA auf den Plan. Das signalisierte u. a. die Gründung der African Blood Brotherhood (ABB), der Afrikanischen Blutsbrüderschaft.

In den frühen 20er Jahren schlossen sich viele ABB-Mitglieder der kommunistischen Bewegung an. Später gingen hervorragende KP-Führer aus den Reihen der Schwarzen hervor. Am markantesten war vielleicht Henry Winston, der zunächst den Jugendverband YCL leitete, bevor er - nach langjähriger Haft, in der er erblindete - Nationalvorsitzender der KP der USA wurde. Seine Äußerung nach der Haftentlassung: "I have lost my sight, but not my vision." (Ich habe mein Sehvermögen verloren, nicht aber meine Vision.) richteten viele wieder auf, die vom ideologischen und politischen Terror der McCarthy-Ära entmutigt worden waren.

Doch kehren wir noch einmal in die 20er und 30er Jahre zurück: Damals wuchs nicht nur der linke Einfluß unter Afro-Amerikanern, sondern nahmen auch der von der Klassenfrage getrennte schwarze Nationalismus und Pan-Afrikanismus zu. Beide waren ein Reflex auf den Jim Crowismus. Bereits nach dem Ersten Weltkrieg hatte die von Marcus Garvey geführte Bewegung einen explosionsartigen Aufschwung erfahren. Ihr strömten damals Millionen Schwarze zu. Die "Harlem Renaissance" basierte auf dieser neuen Militanz. Aus den Südstaaten in großer Zahl zugewanderte Afro-Amerikaner verliehen ihr besondere Schubkraft.

Nach Gründung der Leninschen Internationale wuchs auch in den USA das Verlangen nach einer inhaltlichen Vertiefung des Kampfes für einen gesellschaftlichen Wandel. Schon 1919 bemühten sich sozialistische und kommunistische Strömungen in aller Welt um eine Anerkennung durch die gerade erst entstandene Komintern, was linke Kräfte zur Bildung revolutionärer Arbeiterparteien inspirierte. In den USA schlug der kapitalistische Staat brutal zu. Eine bis dahin beispiellose Jagd auf Kommunisten, die regelrecht zum Freiwild erklärt wurden, setzte ein. Unzählige von ihnen wurden verhaftet, deportiert oder in den Untergrund getrieben. Erst 1921 konnte die Bewegung wieder aus der Illegalität hervortreten. Jahre später gab sie sich den Namen KP der USA. 1920 verkündete der 2. Kongreß der Komintern die These vom Selbstbestimmungsrecht unterdrückter Nationen. Lenin bezog sie konkret auf Iren und Afro-Amerikaner in den USA - ein Umstand, der zum weiteren Anwachsen des kommunistischen Einflusses unter ihnen beitrug. 1925 entstand der American Negro Labor Congress, der zur Verbreitung marxistisch-leninistischer Ideen unter schwarzen Proletariern beitrug.

In einer Zeit, in der die KP der USA infolge des antileninistischen und liquidatorischen Kurses ihres derzeitigen Vorsitzenden Sam Webb - einer Neuauflage Earl Browders - schwere Zeiten durchmacht, ist es von Wert, an das spezifische Gewicht zu erinnern, das diese Partei einmal besaß.

RF, gestützt auf "The New Worker", London

Raute

KKE: Griechenlands Rettung erfordert die Brechung der Macht des Kapitals

Seit zwei Jahren steckt Griechenland im eisernen Würgegriff der von Brüssel ausgestreckten "heilenden Hände" der EU. Die "Hilfspakete" fallen seinem Volk von Tag zu Tag mehr auf die Füße. Der Massenwiderstand gegen die "Retter" der Nation nimmt weiter zu. Eine Serie nationaler Streiks setzte die rechtssozialdemokratische Athener Regierung Papandreou auch von innen unter erheblichen Druck.

Gegen das Diktat des Europas der Monopole wenden sich mit besonderem Gewicht die einflußreiche Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) und die vor einigen Jahren auf deren Initiative ins Leben gerufene Panhellenische Arbeiterfront (PAME) - die klassenkämpferische Gewerkschaftszentrale des Landes. KKE-Generalsekretärin Aleka Papariga gelangte nach gründlicher Analyse der entstandenen Situation zu der Feststellung, "daß es im Rahmen der Europäischen Union keinen Ausweg aus der Krise gibt, der für die Werktätigen günstig wäre". Wenn immer mehr Griechen den Austritt des Landes aus der EU und ein Verlassen der Euro-Zone sowie die Rückkehr zur Drachme verlangten, dann füge die KKE dem eine über alles entscheidende Forderung hinzu: die Brechung der politischen und ökonomischen Macht der Kapitalisten. Ohne deren Überwindung werde das Volk die Zeche teuer bezahlen. Die gesellschaftliche Alternative bestehe im Sozialismus. Deshalb trete die KKE mit Nachdruck dafür ein, die Energieversorgung, das Telekommunikations- und Transportwesen, sämtliche Bodenschätze, die großen Industriebetriebe und andere Hebel der Entwicklung in das Eigentum des Volkes zu überführen. Neben diesen profilbestimmenden Wirtschaftszweigen sollten Genossenschaften der Bauern und der kleinen Händler geschaffen werden.

RF, gestützt auf "Solidaire", Brüssel

Raute

Der britischen Königin "gehört" ein Sechstel der Erdoberfläche

Räuber von Gottes Gnaden

Einleitend sei auf Kevin Cahill, Autor und Journalist, verwiesen, dessen Forschungsarbeit es ermöglichte, den Landbesitz von Monarchen und Magnaten weltweit zu vergleichen. Die Ergebnisse wurden am 14. März in der Londoner Zeitschrift "The New Statesman" veröffentlicht.

Seit der Industrialisierung strömten Menschen aus verarmten Landgebieten in die Städte, wo Arbeit und ein komfortablerer Lebensstil winkten. In Asien und Afrika ist dieser Prozeß noch nicht abgeschlossen. Für die sogenannten entwickelten Länder prophezeien Futuristen sogar eine Rückwanderung aufs Land, denn Mechanik und Automatik haben die Nutzung menschlicher Arbeitskraft im Produktionsablauf zunehmend eingeschränkt. Erwerbslosigkeit, Verarmung und Luftverschmutzung regen wachsendes Interesse an einer ländlichen Existenz mit Selbstverpflegung an: Schrebergarten und Hühnerstall, eine Kuh, ein Pferd, ein Schwein, Fahrrad statt Auto - eine ökologische Idylle!

Nur eine Frage bleibt unbeantwortbar: Wird es genug bestellbares Land für alle geben? Dieses liegt nämlich in wenigen Händen.

Ist es die Königin von England oder die australische Millionärsfamilie Kidman (zu der die Schauspielerin Nicole Kidman gehört) oder König Abdullah von Saudi-Arabien oder gar der US-Medienmogul Ted Turner, die über die größten Territorien der Welt verfügen?

Landnutzung geht Hand in Hand mit dem Anspruch auf Besitzerrechte. Seit der Feudalzeit hat sich die Idee eines monarchischen Eigentümers von himmlischen Gnaden konstitutionell verwurzelt. Mit der imperialistischen Expansion Großbritanniens wurde sie einem Viertel der Menschheit aufgebürdet.

Heute noch ist Queen Elizabeth II. die führende feudale Grundbesitzerin der Welt. Als Herrscherin des britischen Commonwealth, das insgesamt 54 Länder umfaßt und den größten geschlossenen Block im Rahmen der Vereinten Nationen darstellt, ist sie Oberhaupt von 32 Staaten, ein Überbleibsel des Feudalsystems, beansprucht sie Besitzerrechte über 15,7 Milliarden km² oder ein Sechstel der Erdoberfläche.

Schon seit römischen Zeiten grassiert die Idee, alle Länder mitsamt ihrer Bevölkerung gehörten den Göttern, die sie ihren irdischen Vertretern lediglich zur Nutzung überließen. Landbesitz war daher gottgegeben - ein geschickter Seitensprung ins Okkulte der ansonsten äußerst rationellen römischen Rechtsprechung, um die Plebejer von den Ländereien der Patrizier fernzuhalten und ihnen mit der Androhung göttlicher Strafe Furcht einzuflößen.

Der Kern der überkommenen feudalen Struktur ist das Erbschaftssystem. Es umfaßt viele Länder und wird durch die britische Krone sowie deren Trägerin Elizabeth II. symbolisiert. Deren offizieller Titel lautet: ­... "von Gottes Gnaden Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland und ihrer anderen Reiche und Territorien, Haupt des Commonwealth, Verteidigerin des Glaubens".

Dieses Kapitel der britischen Verfassung bezieht sich auf riesige Ländereien, welche die Königin als ihr Eigentum beansprucht. An erster Stelle steht Australien, das mit seinen Territorien in der Antarktis die größte politische Einheit der Welt darstellt. Diese aber gehört der Queen. Auch Kanada, das drittgrößte Land der Welt, ist ganz in ihrem Besitz. Dazwischen liegt nur noch König Abdullahs Saudi-Arabien, flächenmäßig die Nr. 2.

In Kanada, Neuseeland und Australien verwalten und vermitteln Regierungsstellen Ländereien im Namen der Krone. In keinem dieser Mitgliedsstaaten des Commonwealth gibt es irgendwelche Unterlagen zu Geldüberweisungen ins Vereinigte Königreich, zugunsten der Königin.

In Australien stehen die Kidmans mit rund 10 Millionen km² Farm- und Weideland an achter Stelle unter den weltgrößten privaten, nicht-monarchischen, nicht-staatlichen Landnutzern. Doch sie können kein Land in Australien als ihr Eigentum betrachten, da dieses nur der britischen Königin zusteht. Was den Kidmans gewährt wird, ist eine Mischung aus verschiedenen Pachtabkommen mit der Krone auf bestimmte oder unbefristete Zeit. Ähnliche Arrangements genießen sieben andere Unternehmen und private Landnutzer, darunter MacDonalds Holdings mit über drei Millionen km² australischen Bodens.

Ted Turner steht mit seinem Landbesitz in den Vereinigten Staaten von knapp einer Million km² erst an 24. Stelle der Weltliste, denn in den republikanisch-demokratischen USA kam es 1862 unter öffentlichem Druck zur Verabschiedung des Homestead Act, wonach die Regierung an Familien nur Grundstücke bis zu etwa 65 km² verteilen durfte. Größerer Landbesitz war vom eigenen Zahlungsvermögen der Interessenten abhängig oder konnte nach Ausrottung der Indianerstämme und Abschlachten der Büffelherden im "Wilden Westen" durch Abenteurer usurpiert werden.

Nach alter Tradition und heutigen "neoliberalen" Prinzipien ist Elizabeth II. rechtmäßige Herrscherin über 13 der größten von insgesamt 24 Räuberlagern für Steuerhinterzieher. Darunter befinden sich etliche Inseln - von den Bermudas und Bahamas bis zu denen im Ärmelkanal, aber auch Landpositionen wie Gibraltar.

Die Liberal-Demokraten, derzeitige Koalitionspartner der Konservativen des britischen Premierministers David Cameron, wollen diese kapitalistischen Freibeuter unter Kontrolle bringen und bestimmten Regeln unterwerfen. Das aber würde eine beträchtliche Einnahmequelle der Tories austrocknen.

Viele Monarchen im Nahen und Mittleren Osten leiten ebenfalls ihr Recht auf Herrschaft über Land und Leben der Untertanen von der göttlichen Gnade ihres islamischen Glaubens ab. Auflehnung gegen gottgegebene Herrscher ist Ketzerei und zieht häufig die Todesstrafe nach sich. Was sind schon Menschenrechte gegen eines Gottes Gebot? Die führenden Landbesitzer der Region sind nach der Weltliste außer dem bereits erwähnten König Abdullah von Saudi-Arabien, Marokkos König Mohammed (Nr. 4), Sultan Kabus von Oman (Nr. 6), König Abdullah von Jordanien (Nr. 9), der Emir von Kuwait (Nr. 20) und Scheich Hamad von Katar (Nr. 23).

Kaum anders ist es um den Papst bestellt, der nach dem Völkerrecht als Oberhaupt des Vatikan-Staates gilt. Katholischem Dogma gemäß ist auch hier aller Grund und Boden auf göttliche Gnade zurückzuführen. Jahrhundertelang besaß der Papst fast ebenso viele Ländereien wie die britische Königin: Etwa 20 bis 30 % der Fläche Westeuropas gehörten dem Vatikan, nicht weniger in Südamerika. Viele dieser Besitztümer sind heute zwar weltlicher Natur, aber dem Papst unterstehen noch immer sämtliche katholischen Institutionen, Klöster und Diözesen - weltweit etwa 420 Millionen km².

Die russisch-orthodoxe Kirche ist auch nicht ganz arm. Unter Lenin enteignet, besitzt sie inzwischen wieder riesige Flächen und unzählige Immobilien.

Die griechisch-orthodoxe Kirche ist Eignerin von 70 % des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens, während die hellenischen Bauern lediglich Pächter sind. Auf kirchliche Einnahmen werden keine Steuern erhoben. Als Andreas Papandreou - der Vater des heutigen Athener Premiers - ans Ruder gelangte und den Grundbesitz der Kirche nationalisieren wollte, warnte ihn der Patriarch, sämtliche Kirchengelder würden sofort in die Schweiz transferiert. Athen wäre dadurch schon damals bankrott gewesen. So wurde der Plan unverzüglich aufgegeben.

Dr. Vera Butler, Melbourne

Raute

Warum die USA Jemens Widerständler nicht als "Rebellen" bezeichnen

Ein gehätschelter Schoßhund

Seit dem Frühjahr erschüttert eine Serie aufeinanderfolgender Massenaktionen - gemessen an der Einwohnerzahl denen in Kairo durchaus ebenbürtig - den arabischen Staat Jemen. In der Hauptstadt Sanaa trugen Zehntausende immer wieder ihren Protest gegen den seit 33 Jahren im Sattel gehaltenen Präsidenten Saleh, der bei einem Anschlag schwer verletzt worden war, auf die Straße. Auch Teile der Armee gingen, als die Empörung den Siedepunkt erreichte, zu den Volkskräften über. Das Schicksal des Diktators, der in ein saudisches Hospital überführt wurde, war damit aber noch nicht besiegelt. Während Ägyptens abgenutzte US-Gewährsleute um Mubarak unverzüglich aus dem Verkehr gezogen und einige von ihnen sogar vor Gericht gestellt wurden, bleibt der Imperialismus im Falle Jemen untätig. Zur selben Zeit wurden Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um Syriens Präsident Assad durch hochgeputschte Unruhen loszuwerden, nachdem 20.000 NATO-Luftangriffe auf Libyen das "dem Westen" verhaßte Gaddafi-Regime sturmreif geschossen hatten.

Im Falle Damaskus ging es darum, das an Israel grenzende arabische Kernland "in den Griff zu bekommen", bei Tripolis handelte es sich schlichtweg um die Gier nach Öl. Unterdessen blieb ein längst fälliger Regimewechsel in Jemen außer Betracht. In der Wortwahl der imperialistischen Mäzene und Beschützer Salehs gab es dort weder "Rebellen" noch "Freiheitskämpfer", wohl aber unzählige Opfer der mit äußerster Härte vorgehenden Polizei.

Warum blieb Jemen von der Medienkampagne der NATO-Staaten weitgehend verschont?

Während Saleh taktisch zurückwich, zunächst die "Präsidentschaft auf Lebenszeit" zur Disposition stellte und dann wiederholt zu demissionieren versprach, wurde er von seinen "amerikanischen Freunden" nicht aus dem Sattel gestoßen. John Brennan, Berater US-Präsident Obamas und ein glühender Verteidiger der jemenitischen Tyrannei, empfahl lediglich eine "verantwortbare Alternative".

Seit einigen Jahren erhielt Sanaa von Washington massive Unterstützung im Kampf gegen den "Terrorismus". Die US-Militärhilfe von 11 Millionen Dollar im Jahre 2006 wurde auf 70 Millionen im Jahre 2009 erhöht. Auch die angeblich zivile "US-Entwicklungshilfe" im Volumen von 121 Millionen Dollar ging ausschließlich in jene Teile der jemenitischen Südprovinzen, wo einheimische Truppen gemeinsam mit U.S. Special Forces im Kampf gegen echte oder vermutete Stützpunkte von Al Quaida stehen.

Nach der Liquidierung der linksorientierten, indes von inneren Machtkämpfen zerrissenen Jemenitischen Volksdemokratischen Republik (VDRJ) im Jahre 1991 und der Wiedervereinigung des Landes verhielt sich Jemen zunächst insofern unbotmäßig, als es gegen den Irak-Krieg der USA auf Distanz ging. Später wurde das Saleh-Regime dann allerdings zu einem gehätschelten Schoßhund aufeinanderfolgender US-Administrationen. Die Gründe für Sanaas kurzzeitige "Oppositionsrolle" waren in erster Linie darin zu suchen, daß damals noch Mitglieder der Jemenitischen Sozialistischen Partei aus dem Süden einige Ressorts in der neuen Regierung besetzt hielten. Auf diese mußte zunächst Rücksicht genommen werden.

Saudi-Arabien, aufs engste mit den Vereinigten Staaten liiert, zahlte Sanaa dessen Zurückhaltung in Sachen Irak-Krieg auf "Empfehlung" des Pentagons heim: Riad wies kurzerhand eine Million jemenitische "Gastarbeiter" aus, was in deren Heimatland auf Grund der plötzlich nicht mehr eingehenden Geldüberweisungen heftige ökonomische Verwerfungen zur Folge hatte.

Jemens Führung verstand die Lektion und tanzte fortan nie wieder aus der Reihe. Der harte Saleh wurde zu Wachs in den Händen seiner überseeischen Gönner.

Jemen ist mit 24 Millionen in etliche Stämme aufgespaltenen Einwohnern heute das mit Abstand ärmste Land auf der arabischen Halbinsel. Das Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung beläuft sich auf ein Zehntel des in den Nachbarländern Oman und Saudi-Arabien erzielten. Die Unterentwicklung auf allen Gebieten schreit förmlich zum Himmel. Die beachtlichen Errungenschaften, die zu Zeiten der Existenz der VDRJ (Hauptstadt Aden) im Südteil durchgesetzt werden konnten, gehören der Vergangenheit an. Mit dem Wegfall der Hilfe sozialistischer Staaten hatte diese ihren internationalen Rückhalt eingebüßt. Übrigens spielt auch die Bevölkerungsstruktur eine erhebliche Rolle: 44 % der jemenitischen Bevölkerung sind jünger als 15 Jahre - den meisten Heranwachsenden eröffnet sich keinerlei soziale Perspektive.

Die Kräfte der Opposition haben sich vor Monaten in einem Forum zusammengeschlossen, zu dem sowohl radikale Islamisten als auch Anhänger der Jemenitischen Sozialistischen Partei gehören.

Während früher die Gegner Salehs häufig getrennt voneinander aufbegehrten, hat sich der Diktator von Washingtons Gnaden in langjähriger Alleinherrschaft das große Verdienst erworben, sie im Kampf gegen sich und sein Regime zumindest zeitweilig zusammengeführt zu haben.

Dafür, daß dieses nicht sofort geopfert wurde, gibt es nur eine plausible Erklärung: Die USA wollen ihren vor etlichen Jahren auf Linie gebrachten Vasallenstaat in einer Region von höchster strategischer Bedeutung unter keinen Umständen einbüßen. Deshalb erteilten sie zwar der syrischen Opposition höchste Noten und bedienten sich in Libyen der durch die NATO ins Spiel gebrachten "Rebellen", übten aber in bezug auf Jemen verdächtige Zurückhaltung. Selbst wenn Saleh aus dem Verkehr gezogen wird, dürfte sein Regime überdauern.

RF, gestützt auf "Solidaire", Brüssel

Raute

Ein Militär, dessen Waffe das Wort war: Walter Flegel

Literatur verbindet sich mit der Kunst, an gewöhnlichen Leuten Ungewöhnliches zu entdecken und dabei mit gewöhnlichen Worten Außergewöhnliches zu sagen." Ein einfacher Satz - eine Herausforderung für den, der bereit ist, seinen Sinn anzunehmen. Er zierte den Schreibtisch eines Mannes, der über Jahrzehnte mit seinem literarischen Werk Leser anzieht, die mit kritischem Interesse aufnehmen, was ihnen ein NVA-Offizier über sie, ihren oft spannungsgeladenen Alltag und die Welt, in der sie leben, unverwechselbar mitteilen will. Den 1934 geborenen Walter Flegel vertreibt jener von seinen Landsleuten verschuldete mörderische große Krieg aus der schlesischen Heimat. Er legt in Markleeberg die Reifeprüfung ab, geht - den großen Krieg im Gedächtnis - zur Kasernierten Volkspolizei, besucht eine Offiziersschule, wird NVA-Artillerieoffizier. Vor nunmehr fast vier Jahrzehnten schreibt mir der Autor in Uniform in eines seiner Bücher: "Ich hoffe, daß wir noch oft miteinander zu tun haben ..."

"Der Regimentskommandeur" erscheint 1971 im Deutschen Militärverlag, Berlin. Dort begegnete ich, damals Kulturredakteur bei der Zeitung "Die Volksarmee", dem Autor Flegel erstmals leibhaftig: Sachlich und freundlich noch dazu war unser Gespräch. Das später auch verfilmte, mehrfach aufgelegte Buch sollte zum Standardwerk über einen Lebensbereich werden, der die ganze Gesellschaft betrifft. Und ist so für den Autor zugleich ein schlagkräftiges Argument "gegen den falschen Begriff Armeeliteratur".

Seine ihm wohl angeborene starke Neigung, die Welt schreibend zu erkunden und sich uniformiert auf den Weg seiner Berufung zu machen, hat aus gutem Grunde Förderung am Leipziger Literaturinstitut gefunden. Dieses Land braucht auch sein Talent. Fürs eigene Fortkommen mit - wie die Zukunft zeigen sollte - all den sichtbaren Erfolgen, aber ebenso den unerwünschten, weil oft genug selbstverschuldeten Fehlern, Irrtümern und Illusionen.

Über die denkt Walter Flegel auch auf der Insel Rügen nach. Die Region, wo Erde und Mensch sich unaufhörlich trennen und begegnen, ist für ihn mehr als nur ein Urlaubsdomizil. Hierhin kehrt er von Potsdam aus zu sich zurück. Im Dorfe Krimnitz ist er ein Insulaner aus Passion. Ein Autor, dem Bodden und Meer, Sturm und Stille, dem Fischer und Landschaft den Stoff für feinsinnige Lyrik liefern. Wie in "Strandzeit" aus dem Band "Ansichten von Rügen":

Im reifen Kornfeld rieche ich das Brot,
bevor es krustig auf den Tischen steht.
Der Anfang allen Lebens ist der Tod,
das weiß nur der, der bis zum Ursprung geht.

Den Dingen auf den Grund gehen. Das ist es, worum sich Walter Flegel auch in seiner umfangreichen Prosa - "In Bergheide und anderswo", "Ein Katzensprung", "Es gibt kein Niemandsland", "Das einzige Leben" und andere - immer wieder mit Erfolg bemüht. Nicht ohne kritischen Unterton über konkrete Lebensumstände seiner "gewöhnlichen Leute", mit und ohne Uniform. Die Kritik darauf ist, auch das kommt vor, mitunter selbstgerecht und deshalb unvereinbar mit Anspruch und Ideal dieser Gesellschaft. Der Autor und Szenarist stellt für Buch- oder Filmprojekt vorgegebene Grenzen mit seinen künstlerischen Mitteln durchaus auch infrage. Daraus resultierende Kompromisse machen ihm zu schaffen. Den Preis, den der Körner- und Nationalpreisträger Flegel dafür zahlen muß, daß ein in voller Länge abgedrehter Film nicht bei "Wiedervorlage", sondern in der Ablage landet, kennt nur er selbst.

Flegels mehrfache Lebensprägung als NVA-Kulturhausleiter, Mitarbeiter des Militärgeschichtlichen Instituts, Stadtverordneter, Präsidiumsmitglied im DDR-Schriftstellerverband, Leiter des Aktivs Literatur und Landesverteidigung und schließlich ab 1986 als freischaffender Autor findet sich, Leser bestätigen es, in seinen Werken wieder. Literatur als Denkanstoß und Wegbegleiter. So empfinden oder verstehen es seine Partner: Soldaten in Eggesin, Matrosen in Stralsund, Grenzer in Suhl, Künstler im Kulturbundclub "Johannes R. Becher" Berlin, Werktätige der Leuna-Werke "Walter Ulbricht". In einem Doppelinterview äußert Heinz Senkbeil, wie Flegel Offizier und Schriftsteller, über seinen Autorenkollegen: "Alles, was er schreibt, greift direkt in die unmittelbare Gegenwart ein und wird aus ihr geschrieben. Er vermittelt über seine Literatur, was Arbeit und Alltag miteinander zu tun haben."

Einer damit verbundenen Haltung fühlt sich Walter Flegel weiter verpflichtet, auch als sich die Zeiten nicht nur schlechthin - wie in den 40 Jahren DDR -, sondern grundsätzlich ändern. Der besorgte Familienvater wird Mitglied des Verbandes Deutscher Schriftsteller, Mitbegründer und langjährig Geschäftsführer des Literaturkollegiums Brandenburg, betreut im Literaturklub Menschen mit und ohne Behinderung, die Werkstatt "LitMatsch" entsteht, bringt neue Talente hervor. Flegel besorgt Nachdichtungen aus dem Russischen, Zirkel Schreibender warten auf seinen sachkundigen Rat, Bibliotheken öffnen ihm zu Lesungen wieder ihre Türen.

Zur großen "überregionalen" Familie zählt wohl auch der Wildauer Kreis - Autoren, Lektoren, Literaturwissenschaftler und Journalisten -, der nun ohne seinen am 14. Juni plötzlich verstorbenen Walter und doch weiter mit ihm zusammenkommt. Treffen in einer kalten, friedlosen Welt - stets sachlich und freundlich, anregend und ermutigend weiterhin.

Als Literatur von Wert aus dem Bestand seines Landes in Containern und auf Halden verkommt sowie über die Treuhand den Bach runtergeht, beginnt Walter Flegel weiter und wieder zu schreiben. Gesamtdeutsches entsteht mit der "Reise an die Mosel", Kinder verlangen nach den "Jule"-Büchern, in "Jagodas Heimkehr", "Unter der Schlinge" und "Malvenweg" gestaltet er, was ihm das Leben in einer neuen, alten Gesellschaft an Konflikten und Tragödien, an Ungewöhnlichem bietet.

Das nun alles, dazu die Auszeichnung mit dem Ehm-Welk-Literaturpreis sowie dem Kinder- und Jugendliteraturpreis "Eberhard", kann manchen jetzt tonangebenden Instanzen und Personen - wie sich nach dem Schlaganfall-Datum zeigt, auch über den Tod hinaus! - nur wenig gefallen. Ist für sie doch eine Person wie "der rote Flegel" genau jener Typ, den es, nach Kinkel, zu delegitimieren gilt. Und mit ihm, quasi rückwirkend, sein untergegangenes Vaterland und dessen so manchem höchst suspekte Erinnerungswerte.

Ein guter Freund, Walter Flegel, unser Mann aus Potsdam, hat schon zu Lebzeiten mit seinem dauerhaften Werk und Wirken eine Antwort gegeben, die weniger den Tonangebenden, dafür aber seinen zahlreichen Mitstreitern und Sympathisanten gefallen wird.

Rudolf Hempel, Berlin

Raute

Geheimtip aus Großdobritz:

Der "RotFuchs" braucht Welpen!

Ihr seht mich hier unter der Leselampe sitzen und im "RotFuchs" blättern. Den gibt es ja schon seit fast 14 Jahren. Unsere Kinder und Enkel durften, wenn sie wollten, hineinschauen, um zu erfahren, was er anstellt. Ob er immer verstanden wurde oder gefallen hat? Denn mit der Jugend war das stets so eine Sache ...

Strichzeichung: Der Autor sitzt mit aufgeschlagener Zeitung im Sessel, ein Mädchen und ein Junge stehen daneben. - © Klaus Horn

© Klaus Horn

Neulich sahen sich meine Enkel Bilder oder Fotos im RF an und lasen manchmal die dazu passende Geschichte. Dann fragten sie mich plötzlich: "Sag mal, habt ihr immer nur dafür gesorgt, daß Max in Unterwellenborn Wasser bekam, daß die Friedländer Wiese getrocknet wurde oder daß man an der Grenze Wache schob?" Ich schaute verwundert auf. Und dann ging es munter in diesem Stil weiter: "Ihr habt euch damals doch nicht nur dafür interessiert und allein über solche Dinge gesprochen ... Den Bären könnt ihr uns nicht aufbinden!"

Ich geriet darüber in tiefes Nachdenken.

Hatten sie nicht recht, meine Enkel? Denn wir Älteren wurden lange vor der Kreditkarte geboren, und Waschautomaten gab es auch noch nicht. Ebensowenig Last-Minute-Reise mit Scannern vor der Fliegerei. Unsere persönlichen Kontakte? Ohne Hotline, ohne Handys! Auf unserer Butterbemme lag kein Analogschinken. Fiel das Wort "Kids", dachten wir an kleine Rehe. Unser Fachwissen hieß auch nicht "Know-how". Wir suchten nicht nach einem Job, sondern hatten Arbeit. Mit "Hallo" oder "Hi" ging's nicht auf zu Highlights, Events und Matthias Wendlers "Sie liebt den DJ." Superstars, Starfriseure und Models? Gab's nicht. Im TV ging es anfangs noch züchtig zu, ohne Thriller und Serienkiller. Feste der Volksmusik gab es nicht zu allen vier Jahreszeiten, gesprochen wurde und nicht Woche für Woche getalkt. Und schließlich diese Erotik heut' rings um uns her und noch mehr. Mit oder ohne Anmache ... Du heiliger Bimbam! Was müssen unsere Kinder und Enkel heute alles aushalten!

Danach kam mir eine Idee. In den Regalen meines Bücherschranks ging ich langsam die Reihen durch. Tja, sehr viele hatten doch schon immer und gerade für den jüngeren oder älteren Nachwuchs musiziert, gedichtet und geschrieben. Märchen der Gebrüder Grimm, Andersens "Des Kaisers neue Kleider", Jonathan Swifts "Gulliver", erst in Lilliputs Mildendo, dann seine Flucht ins Land der Riesen, Brobdingnag, oder Daniel Defoes Überlebenskünstler Robinson ...

Aber auch andere stehen da in Reih' und Glied ...

Strichzeichung dem jeweiligen Titelhelden nachempfunden: 1793 - 'Reinke Fuchs', Johann Wolfgang von Goethe; 1845 - 'Struwelpeter', Dr. Heinrich Hoffmann; 1882 - 'Plisch und Plum', Wilhelm Busch - © Klaus Horn

© Klaus Horn

Strichzeichung dem jeweiligen Titelhelden nachempfunden: 1932 - 'Wie der Stahl gehärtet wurde', Nikolai Ostrowski; 1944 - 'Adel im Untergang', Ludwig Renn; 1983 - 'Dialog mit meinem Urenkel', Jürgen Kuczynski - © Klaus Horn

© Klaus Horn

Vieles kann man sicher nachlesen bei uns, der älteren Generation oder auch im Internet aufsuchen. Da seid ihr als Kenner von Hard- und Software, PC, Notebook und MP3-Player, iPhone und iPad uns doch weit überlegen.

Aber warum sollte sich der "RotFuchs" nicht auch gerade dieser Sache in seinem Kessel, das heißt auf seinen Seiten, widmen? Beiträge für die Jugend. Oder weit besser: Sie schreibt an uns, stellt uns ihre Fragen. Rundum und nicht allein zur Politik ...

Sagen wir, er - unser "RotFuchs" - hat Junge bekommen. Welpen. Ich habe dafür ein Emblem entworfen:

Strichzeichung: Stilisierter Fuchskopf - dem Rotfuchsenblem angenähert - davor ein Hundekörbchen mit zwei Fuchswelpen. - © Klaus Horn

© Klaus Horn

Nun bin ich gespannt auf Zuschriften: Was schreiben unsere seit Jahren treuen und die Tag für Tag hinzukommenden Leser? Hat man mit den eigenen Kindern und Enkeln, klein oder groß, schon einmal darüber gesprochen? Machen die vielleicht mit? In einer Staffel muß der Stab ja nun einmal übergeben werden.

Klaus Horn

Raute

Bernhard Seegers "Märkische Chronik" bewegte Millionen

Ein Könner der Funk- und Fernsehdramatik

In den 60er Jahren trug sich Bernhard Seeger in das Autorenverzeichnis des DDR-Fernsehens ein. Er bereicherte die Adlershofer Bildschirmdramatik mit bewegenden Geschichten und neuen Inhalten. Seeger wies sich zunächst beim Funk durch seine erfolgreichen Hörspiele aus: "Wo die Nebel weichen" (1957), "Der Auftrag" (1958) und "Paradies im Krähenwinkel" (1960) standen am Anfang seines Weges. Er erwarb sich bald einen guten Ruf auch als Verfasser von Fernsehspielen, die oftmals aus schon früher gesendeten Hörspielen hervorgingen. Einige seien hier erwähnt: "Unterm Wind der Jahre" (1962 Hörspiel, 1967 Fernsehspiel), "Rauhreif" (1963 Hörspiel, 1964 Fernsehspiel) oder die Trilogie "Hannes Trostberg" (1966 Hör- und Fernsehspiel). Im Funk erprobte er zunächst seine Stoffe und Themen, die er dann als Fernsehfilme herausbrachte. So wurde aus dem Hörspiel "Fünfzig Nelken" der TV-Roman "Erben des Manifests" (1967). In einem Interview bekannte der Schriftsteller, die Hörspiele seien für ihn oft Vorformen für größere literarische Arbeiten gewesen. Seegers Fernsehspiel "Fiete Stein" (1970) erinnerte in Stoff und Thema an Hermann Kants Roman "Die Aula".

Die zwölfteilige Fernsehserie "Märkische Chronik" (1983), der Seegers Roman "Menschenwege" (1974) zugrunde lag, blieb sein mit Abstand größter Fernseherfolg. Darin erzählte der Autor Schicksale im Spannungsfeld von faschistischem Zusammenbruch und demokratischem Neubeginn. Im Zentrum stand die von Entbehrungen, Trennungen und auch Rivalitäten geprägte Geschichte der Freundschaft dreier junger Männer aus dem märkischen Güterlohe. Sie begann kurz vor dem zweiten Weltkrieg und endete nach 1945, als im Osten die Bodenreform vollzogen wurde. Den männlichen Hauptfiguren standen anrührende Frauengestalten gegenüber. Das Agieren der Gutsfrau, die Ursula Karusseit spielte, stellte einen Handlungsschwerpunkt dar. Seeger meinte, die Fabeln habe ihm das Leben buchstäblich zugetrieben. Er hatte drei Jahre an dem Szenarium gearbeitet. In den zwölf jeweils einstündigen Folgen erzählte er chronologisch recht abgerundete Geschichten. Das Verdienst des Regisseurs Hubert Hoelzke lag in einer bildstarken Erzählweise ohne effekthaschendes Beiwerk und im detailfreudig ins Bild gebrachten Zeitkolorit. Mit dieser Fernsehserie wurden Menschenwege überzeugend als ein Stück jüngste Geschichte optisch vermittelt. Rezensenten werteten den Fernsehroman als "bleibende Erinnerung an bewegende Schicksale" oder "wie aus Menschenwegen wahrhaft menschliche Wege geworden sind".

Anfang 1986 äußerte Bernhard Seeger, das Fernsehen der DDR beabsichtige, einen neuen Zyklus der "Märkischen Chronik" mit im wesentlichen gleicher Besetzung zu drehen. Er solle den Zeitraum von 1947/48 bis zum Beginn der 70er Jahre erfassen und künstlerisch gestalten. Die zweite Staffel, wieder mit Regisseur Hubert Hoelzke, wurde dann auch als sechsteiliger Fernsehroman noch im Herbst 1989 gesendet. Unter den Mitwirkenden befanden sich Renate Geißler, Solveig Müller, Ernstgeorg Schwill, Peter Bause, Jochen Thomas, Horst Schulze und Thomas Rümann.

Frei nach Motiven von Bernhard Seegers Roman "Der Harmonikaspieler" (1981) drehte Regisseur Joachim Hasler 1984 den Breitwandfilm in Farbe "Der Mann mit dem Ring im Ohr". Den Zimmermann Tilman Rutenschneider spielte der rumänische Schauspieler Vladimir Gaitan. Die Geschichte dieses standhaften Mannes war zwischen 1932 und 1947 angesiedelt. Der Zimmermann kehrte in sein Heimatdorf mit einer "fremdländischen" Frau zurück und baute sich dort ein Haus, um glücklich und seßhaft zu werden. Faschistisch Gesinnte brannten es nieder, wobei Frau und Kind ums Leben kamen. Tilmann selbst wurde ins Konzentrationslager verschleppt, kehrte nach Kriegsende zurück und wirkte an der Neugestaltung mit. Seegers wichtigster, früher viel gelesener Roman war "Herbstrauch" (1961). Nach einem schweren Autounfall schrieb er 1967 seinen Roman "Vater Batti singt wieder" (1972). Sein Romanzyklus "Menschenwege", von dem die ersten beiden Bände 1974 und 1987 erschienen, blieb leider unvollendet. Der durch seine Werke populäre Schriftsteller starb nach langer Krankheit am 14. März 1999 in Potsdam.

Bernhard Seeger stellte in Hörspielen, Romanen und Fernsehinszenierungen Helden vor, die dazu beitrugen, daß ein Stück Geschichte geschrieben wurde. Er ließ bewegte Zeiten in zupackenden Fabeln lebendig werden. Seine reizvolle Erzählweise, die ihm eine beachtliche Leser- und Zuschauergemeinde bescherte, kam dadurch zum Tragen, daß er Menschen und Ereignisse in kraftvollen Bildern und überzeugenden Konflikten einander zuzuordnen wußte.

Dieter Fechner

Raute

Aus Hellges Anekdotenkiste

Die "Schwarte" der Klassiker

Ich hatte gerade drei Jahre als Neulehrer an einer Grundschule unterrichtet, dann einen Jahreslehrgang für Geschichtslehrer absolviert, als ich Anfang 1950 den Auftrag erhielt, an der Pädagogischen Fachschule Gera meine in der Praxis erworbenen Kenntnisse an junge Werktätige, die zum Lehrerberuf "umsatteln" wollten, weiterzugeben. Die mir zugeteilten Fächer waren Geschichte der Pädagogik und Einführung in den dialektischen und historischen Materialismus. Natürlich besaß ich auf beiden Gebieten damals nur ein bescheidenes Grundwissen, gab mir aber den Anschein, ich stünde souverän im Stoff. Dazu gehörte viel Fleiß bei der Unterrichtsvorbereitung, was vor allem Lesen und nochmals Lesen bedeutete. Dennoch war ich mir nicht sicher, ob meine Zuhörer auch mit der Qualität des ihnen Gebotenen zufrieden waren.

Da wunderte es mich nicht, als mir mitgeteilt wurde, ich sollte mich - zusammen mit der Studentin Hella N. - am nächsten Tag im thüringischen Volksbildungsministerium in Weimar bei Dr. Stamfort einfinden. Hella war mir als wißbegierige Studentin aufgefallen. So wäre ich nicht sonderlich erstaunt gewesen, wenn sie sich bei meinen Lektionen unterfordert gefühlt und das dem Ministerium mitgeteilt hätte.

Es überraschte mich indes außerordentlich, als ich von Dr. Stamfort strengen Blickes gefragt wurde, wie ich denn dazu käme, das Kommunistische Manifest als Schwarte zu bezeichnen. Ihm läge eine Mitteilung der Studentin Hella N. vor, wonach ich im Unterricht gesagt hätte: "Auch für Nichtmarxisten ist es durchaus gewinnbringend, mal einen Blick in diese Schwarte zu werfen." So habe er die junge Frau gleich mit eingeladen.

Ich wußte sofort, daß ich diese Formulierung zwar gebraucht, das Wort Schwarte aber gedanklich in Anführungszeichen gesetzt hatte. Phonetisch waren diese indes nicht wahrzunehmen.

So versuchte ich Dr. Stamfort zu erklären, daß ich ... Der aber unterbrach mich lächelnd und meinte nur, er habe sich das schon so denken können. Schließlich sei er in meiner Kaderakte auf den Satz gestoßen: "Kollege Hellge neigt zu heiterer Selbstironie." Dennoch wurde ich darüber belehrt, daß Ironie in der pädagogischen Arbeit unangebracht sei, da Schüler mit Spott dieser Art noch nichts anzufangen wüßten. Selbst Erwachsene hätten dazu ja bisweilen keinen rechten Zugang.

Ich gelobte Besserung und hatte auf der gemeinsamen Rückfahrt mit Hella N. reichlich zu tun, der völlig Zerknirschten zu versichern, daß ich in keiner Weise nachtragend sei.

In Gera teilte mir dann die Leiterin der Fachschule mit, fortan werde ein neuer Kollege in eben jenen Fächern unterrichten, die auch die meinen seien. Es war niemand anderes als der damals weithin bekannte Prof. Otto Jensen, der zu Zeiten der Weimarer Republik viele Jahre die Heimvolkshochschule Gera-Tinz - eine renommierte Bildungsstätte für Sozialdemokraten - geleitet hatte.

Natürlich nutzte ich die erstbeste Gelegenheit, dem Unterricht dieses erfahrenen Pädagogen, der leider total erblindet war, beizuwohnen. Der Zufall wollte es, daß er gerade das Kommunistische Manifest behandelte. Am Ende der Lektion traf mich fast der Schlag, als Prof. Jensen sich für die Formulierung entschied: "Ich empfehle auch den Nichtmarxisten unter meinen Zuhörern, mal einen Blick in diese Schwarte zu werfen." Ich hörte deutlich die Anführungszeichen mit, war mir aber nicht sicher, daß alle Seminarteilnehmer ebenfalls ein so feines Ohr besaßen.

Helmuth Hellge, Berlin

Raute

Eine Kunstfigur mit autobiographischem Hintergrund

Hocke in Archies Haut

Den ständigen Lesern dieses Blattes ist Archie - sein vollständiger Name lautet Archibald Einfalt - gewiß schon lange bekannt. Es handelt sich um eine Kunstfigur mit dem autobiographischen Hintergrund ihres Erfinders Manfred Hocke. Da werden kleine Geschichten erzählt, wie ein pfiffiger, widerborstiger und oft zorniger Berliner die DDR und die Zeit der "Wende" erlebt hat und wie er sich nun bisweilen "wie ein Emigrant im eigenen Lande" fühlt.

Unlängst ist ein kleines Buch mit 60 solcher skurrilen Geschichten samt einigen lustigen Illustrationen von Heinz Herresbach unter dem Titel "Archie in den Zeiten" erschienen.

Es ist wohl kein Zufall, daß Kunstfiguren einer plebejischen Tradition, zu denen ein Simplizius Simplizissimus ebenso gehört wie der brave Soldat Schwejk, in der neueren Literatur wieder häufiger vorkommen. Volker Brauns "Flick von Lauchhammer", der arbeitslos gewordene Reparaturschlosser aus dem Braunkohlenrevier, den die erzwungene Tatenlosigkeit in die seltsamsten Abenteuer treibt, oder Armin Stolpers "Kaschpar", der kauzige polnisch-deutsche Räsoneur, der unsere Zeitläufte mit seinen "unzeitgemäßen" Ansichten begleitet, oder eben Hockes Archie gehören dazu.

In manchen dieser Geschichten geht es recht phantastisch zu, denn Archie kann mit allerlei Tieren kommunizieren, hat manch seltsame Träume und sogar einen Schutzengel namens Guste an seiner Seite; in anderen Texten kommt der normale Wahnsinn des heutigen Alltags zur Sprache. Manchmal ist es reiner Spaß, beispielsweise wenn Archie seinen amerikanischen Verwandten das Funktionieren unseres Trabbi zu erklären versucht; manchmal gerät er gewaltig in Zorn, etwa, wenn er mit Neonazi-Umtrieben in der ostdeutschen Provinz konfrontiert wird; und ein anderes mal leidet er still, wenn er als erfahrener und in die Untätigkeit entlassener Dramaturg schlecht gemachte Fernsehkrimis konsumiert.

Ich kann und will die Abenteuer und Erkenntnisse dieses Archibald Einfalt hier im einzelnen nicht wiedergeben, versichere aber, daß sie mit Amüsement zu lesen sind. Zumal Hocke mit Sprache umzugehen weiß. An passender Stelle fällt er unvermutet aus der Prosa sogar in lustige Reimereien, und oft gelingen ihm notierenswerte Aphorismen, die aus Platzgründen hier leider nicht zitiert werden können. Kurz und gut: Ich kann "gelernten" und kritisch gebliebenen DDR-Bürgern dieses kleine Buch zur Lektüre nur empfehlen.

Dr. Manfred Pauli


Manfred Hocke: Archie in den Zeiten,
GNN-Verlag Schkeuditz 2010, 204 S., 15 €,
ISBN 978-3-89819-347-4

Raute

Warum Archie als Traumtänzer galt

Der Ruf eines Traumtänzers läuft Archie seit seiner Kinderzeit auf der Tschepine, einem Breslauer Armenviertel, in dem er zunächst aufwuchs, hartnäckig hinterher. Das war vor 1945, als er sich ständig von dort wegträumte und sei es auch nur zu seiner Großmutter, die hinter dem Odertor-Bahnhof wohnte, wo man vom Fenster aus die ankommenden Züge sehen konnte. Leute aus der billigeren Volksklasse stiegen mit Geflügel unter dem Arm und in Käfigen aus, um damit auf den Markt zu eilen, während aus der vornehmen 1. Klasse Leute quollen, die - in feine Pelze und edles Tuch gehüllt - ihren Geschäften bei Banken oder in anderen lukrativen Bereichen nachzugehen bestrebt waren.

Wieso kommen die einen immer aus der Holzklasse und die anderen aus Polster und Plüsch? ging es Archie damals durch den Kopf. Wer hatte das so eingerichtet? Warum riefen die Noblen immer: "He, Dienstmann, komm her, pack an!" während die anderen unterwürfig flöteten: "Bitte sehr, hab die Ehr, was darf ich für Sie tun?"

Auf der Tschepine beschäftigte sich Archies Kinderphantasie mit dem Lesezirkel - einer Mappe voller Journale, die für die Ärmsten der Armen neu genug waren, obwohl ihr Erscheinungsdatum bereits um sechs Wochen zurücklag. Seit 1939 bestand deren Inhalt aus Kriegsverherrlichung, Lazarettberichten, Lili-Marleen-Schmonzetten, Greuelpropaganda aus dem Hause Goebbels, Berichten über Kinderlandverschickung und im Laufe der Jahre immer magerer werdenden Erfolgsmeldungen von der Front. Hinzu kam dann um die Weihnachtszeit noch der Nikolaus bei der kämpfenden Truppe, ähnlich wie heute, wenn Rührseliges über den Krieg am Hindukusch zu lesen ist, wo deutsche Soldaten einmal mehr "ihre Heimat" verteidigen.

Gleichgeschaltete Berichterstattung gab es also auch schon in Archies Kindheits-Lesezirkelmappen. Damals beeindruckten sein Gemüt besonders die Horrorzeichnungen und Lithographien von Andreas Paul Weber, dem seit 1973 ein Museum in Ratzeburg gewidmet ist. Dieser Meister des bizarren Strichs verdüsterte Archies Gemüt dermaßen, daß er anfing, seine eigene Gegenwelt mit Stiften und Pinseln im Stil naiver Malerei zu entwerfen. In seinen Zeichnungen wimmelte es von freundlichen Menschen und Tieren unter einer lächelnden Sonne. Das war Ausdruck kindlicher Sehnsucht. Als er so malte, sagte der Vater: "Der Junge ist und bleibt halt doch ein Traumtänzer!" Schade, dachte Archie, hätte er doch nur allzugern mal etwas Positives über sich aus diesem Mund gehört.

Alle Welt dachte damals, Archie würde später einmal sein Geld mit Malen verdienen, wobei im Milieu der armen Leute darunter Anstreichen verstanden wurde. Allerdings befand sich Archie in den Fächern Kunsterziehung und Zeichnen als Schüler stets auf vorderen Plätzen. Er hatte eben früh angefangen, sich seine eigene Traumwelt zu schaffen.

Auch Theaterleute neigen dazu, dasselbe auf den Brettern, welche die Welt bedeuten, zu tun. Deswegen landete Archie zunächst beim Schauspiel und später beim Film. Die Fiktion bietet wohl der Phantasie den größten Raum, vorausgesetzt, man läßt die Schöpfer gewähren. Fängt man aber damit an, sie zu gängeln, dann benutzt man sie lediglich als Chauffeure für das Vehikel Film, um die Wünsche der jeweiligen Auftraggeber mehr als die eigenen Ideen zu befördern.

Als Archie Jahre später beim DEFA-Spielfilm als Entwicklungsdramaturg Seite an Seite mit dem Regisseur, dem Kameramann, dem Dialog-Autor und dem Studio als seinem Auftraggeber arbeitete, merkte er oft, daß in den Köpfen der Beteiligten jeweils ein völlig anderer Streifen im Entstehen war. Man bezeichnete dieses Stadium als das Treatment, in dem der Film in seinen Umrissen sichtbar wurde. Von diesem Moment an wäre es richtig und nötig gewesen, daß nur noch einer das Sagen gehabt hätte. Doch leider war das nicht der Fall. Oft genug versuchten gleich mehrere Instanzen parallel oder gegeneinander Einfluß zu nehmen. Doch viele Köche verderben den Brei.

Gelegentlich schrieb Archie auf, wie er sich als Dramaturg das Ganze gedacht hätte. Der jeweilige Regisseur las sich die Niederschrift durch und sagte dann oft: "Nicht schlecht, sehr geschlossen und konsequent. Aber es ist Deine Sicht und nicht ganz die gewünschte. Das bekämen wir so nie durch. Du bist einfach ein Traumtänzer!" Danach entstanden oft die berühmt-berüchtigten DEFA-Stopfgänse. Es wurden einfach noch ein paar zusätzliche Problemchen reingenommen, wobei das Hauptthema dann oftmals unterging. Alte DEFA-Hasen waren übrigens durchaus keine Angsthasen, sondern gescheite Leute, die auf Grund langjähriger Erfahrung genau wußten, was "ging" und was "nicht ging". Manche waren auch gebrannte Kinder, denen irgendwann einmal Projekte aus der Hand genommen oder einfach aufgegeben worden waren.

Sie wollten eine Wiederholung dessen vermeiden und fingen an, faule Kompromisse einzugehen - zum Nachteil der Zuschauer. Auf die Dauer lief das schief, da man den Menschen nicht solche Themen vorenthalten darf, die ihnen auf den Nägeln brennen. Als Archie dies unbekümmert auf einer Versammlung zur Sprache brachte, meinte einer der Anwesenden, er sei wohl ein Traumtänzer.

Um das Bild abzurunden: Im großen und ganzen war Archie durchaus mit seiner Rolle als Filmdramaturg zufrieden. Allerdings wurde zuviel von Leuten hineinregiert, die zwar von Politik, nicht aber vom Filmemachen Ahnung hatten.

Archie konnte in jener Zeit nicht ahnen, daß er schon bald danach als Dramaturg überhaupt nicht mehr gefragt sein würde. Das war, als die Protagonisten der "freien Marktwirtschaft" das gekaperte Studio übernahmen. Nun wurde er in der Tat zum Traumtänzer. Hatte er in der DDR immerhin ein Dutzend Filme auf die Leinwand bringen können, wurde ihm nun beruflich und darüber hinaus einfach die Luft abgedrückt.

Manfred Hocke

Raute

Leserbriefe an RotFuchs

Danke für die prompte Hilfe! Ich wußte ja, daß Ihr mit der "jungen Welt" solidarisch seid. Das war heute eine Super-Anzeige! Ihr seid schon eine prima Truppe!

Steffen Czubowicz, Ludwigshafen


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Die große RF-Anzeige in der jW vom 24. August fand ich nicht nur inhaltlich gut, sondern auch das richtige praktische Signal gegen den von Teilen der PDL-Spitze inszenierten Anzeigenboykott.

Heinz-W. Hammer, Essen


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In der "jungen Welt" vom 15. September fanden wir in der Rubrik "Abgeschrieben" Auszüge aus einem "taz"-Artikel. Dort schrieb ein gewisser Stefan Reinecke u. a.: "Das Lob des Mauerbaus durch die jW verniedlichte Lafontaine zur 'Satire'. Davor schrieb er einen Text für das Stasi-Nostalgie-Blatt 'RotFuchs'."

Dazu fällt uns Sachsen-Anhaltern ein Ausspruch Martin Luthers ein: "Was kümmert es die Eiche, wenn sich die Schweine an ihr schubbern."

Ingrid Lämmrich/Wolfhard Goldbach, Dessau-Roßlau


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Das jW-Titelblatt zum 13. August hat mich - in Anlehnung an Johannes R. Bechers "Dank Euch, Ihr Sowjetsoldaten." - zu Versen angeregt, die ich dem RF zur Verfügung stelle.

Dank euch!

Dank euch, ihr Väter und Söhne!
Ihr standet entschlossen bereit,
Zu hüten das Gute und Schöne,
Die kostbare Friedenszeit.

Wie können wir es euch lohnen?
Ihr wachtet, statt müßiger Reden,
Für Arbeit und billiges Wohnen,
Gesundheit und Bildung für jeden.

Die Heimat konnte erblühen,
Es war ein stiller Sieg
In Jahren voller Mühen -
Kein Deutschland führte Krieg!

K. Bernhardt, Berlin


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Der 11. September ist nicht nur der Tag, an dem vor zehn Jahren der Anschlag auf die New Yorker Zwillingstürme erfolgte, sondern auch das Datum, an dem 1973 in Chile Panzer das Straßenbild bestimmten und Flugzeuge Wohngebiete Santiagos bombardierten. General Pinochet putschte im Auftrag der USA-Konzerne wie des einheimischen Kapitals, vor allem aber mit Unterstützung der CIA gegen die freigewählte und linksgerichtete Regierung der Unidad Popular. Mehr als 40.000 Sozialisten, Kommunisten, Gewerkschafter und Angehörige ultralinker Organisationen wurden verschleppt oder ermordet. Noch heute stehen mir die Bilder der im Zentralstadion zusammengetriebenen Antifaschisten vor Augen. Dort wurde Chiles großer Sänger Victor Jara umgebracht.

Carsten Hanke, Lambrechtshagen


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Bei keiner Veranstaltung zum 10. Jahrestag des 11. September 2001 wurden die Opfer durch den USA-Imperialismus geführter Aggressionskriege erwähnt. Deshalb schlagen wir allen Linkskräften die Einführung eines jährlich zu begehenden Gedenktages vor. Es böte sich das Datum des 1964 durch das Pentagon inszenierten Zwischenfalls im Golf von Tonking an, mit dem der USA-Krieg gegen die Demokratische Republik Vietnam eingeleitet wurde.

Dr. Markus Fiedler, Bayreuth / Andreas Meister, Kulmbach


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2006 wurde vom Bundeskabinett ein neues "Weißbuch" für die Bundeswehr beschlossen, das deren künftige Aufgaben definierte. Damit schrieb man die Umstellung der Bundeswehr von einer der Territorialverteidigung dienenden Truppe auf eine globale Interventionsarmee fort und fest. "Die Bundeswehr schreitet seit Jahren konsequent den Weg des Wandels zu einer Armee im Einsatz", hieß es dort. In der Praxis bedeutet das weltweite Kriegsführungsfähigkeit.

Als der seinerzeitige Bundespräsident Köhler im Mai 2010 anläßlich eines Truppenbesuchs in Afghanistan erklärte, "daß im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren ­...", löste das lautstarke Empörung aus. Köhler wurde vorgeworfen, ohne Rechtsgrundlage einem Krieg für wirtschaftliche Ziele das Wort geredet zu haben. Dabei sagte er gar nichts anderes als das, was auch im "Weißbuch" der Bundeswehr nachzulesen ist. Sein baldiger Rücktritt dürfte mit diesem Ausplaudern eines Geheimnisses, das gar keines war, zusammengehangen haben.

Oberstleutnant a. D. Roland Potstawa, Königs Wusterhausen


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Gerade las ich in der "jungen Welt" die Nachricht vom Tode des in Moskau verstorbenen großen Humanisten, Kämpfers der Roten Armee und Internationalisten Wladimir Samoilowitsch Gall. Ich lernte ihn 1971 in der UdSSR als Teilnehmer einer Delegation von Abgesandten mehrerer Jugendorganisationen der BRD kennen, in der ich den Marxistischen Studentenbund Spartakus vertrat. Meine Eltern hatten am antifaschistischen Widerstand aktiv teilgenommen und waren deshalb verfolgt worden. Wir wurden durch die Rote Armee, zu der Wladimir Gall als Offizier gehörte, befreit. Das werde ich nie vergessen.

Edwin Wesemann, Hannover


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Wladimir Gall, dem im Konrad-Wolf-Film "Ich war neunzehn" ein Denkmal gesetzt wurde, hat in der Phalanx sowjetischer Kulturoffiziere, für die Alexander Dymschiz beispielhaft stand, die Hirne der Deutschen von faschistischer Kulturbarbarei befreit. Als ausgezeichnete Kenner deutscher Literatur und Kunst haben sie für humanistisches Gedankengut und die Bekanntschaft mit den eigenen großen Geistern, die sie damals besser als die meisten Deutschen kannten, Platz geschaffen.

Für uns Angehörige der Moskauer DDR-Botschaft war Wladimir ein häufiger und gern gesehener Gast. Als Eltern hat es uns besonders gefreut, als er bei einer Feierstunde in der Botschaftsschule auch unserer Tochter das rote Halstuch überreichte. Wladimir Gall durchlebte einen Geschichtsabschnitt, der heute im Visier der Verfälscher und Verdreher steht. Mögen die Nachrufe auf ihn Rufe in die Zukunft sein.

Wolfgang Kroschel, Cottbus


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Nicht selten begleite ich verstorbene ehemalige Mitstreiter aus den bewaffneten Organen der DDR auf ihrem letzten Weg. Wenn beim Abschiednehmen deren Lebensleistung und Wirken für den Schutz ihrer sozialistischen Heimat eine gebührende Würdigung erfährt, erfüllt mich das mit Genugtuung.

Leider gibt es aber auch Bestattungen, bei denen im Leben des Verstorbenen besonders Wichtiges unerwähnt bleibt. So die langjährige Zugehörigkeit zur Partei der Arbeiterklasse oder der Ehrendienst mit der Waffe. Das geschieht bisweilen, obwohl gerade solche Faktoren das ganze Handeln des von uns Gegangenen bestimmten. Warum? Aus Angst? Vor wem denn? Wir dürfen nicht zulassen, daß die zeitweiligen Sieger der Geschichte ihren Triumph bis zur letzten Ruhestätte unserer Genossen auskosten können.

Generalmajor a. D. Dr. Dieter Lehmann, Dresden


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Endlich ist es mir gelungen, meinen 50. Abonnenten für den RF zu gewinnen. Während es bei den 49 anderen (zwischen 2003 und dem Frühjahr 2011) recht problemlos verlief, wollte sich der 50. absolut nicht einstellen. Wo und wie habe ich ihn dennoch entdeckt?

Ich erhielt eine Einladung zu einem Klassentreffen ehemaliger Absolventen des Instituts für Lehrerbildung Kyritz. Ich hatte sie drei Jahre im Fach Marxismus-Leninismus unterrichtet. Als ich plötzlich auftauchte, war das Hallo groß. Natürlich erwähnte ich gesprächsweise auch meine Mitarbeit am "RotFuchs". Allgemeines Erstaunen: Von den 35 Anwesenden hatte noch keiner je etwas davon gehört. Etliche bekundeten ihr Interesse, doch nur eine Frau entschloß sich sofort zum Bezug. Bei anderen bleibe ich dran.

Noch ein Wort zu Leo Schabbel, über den ich im September-RF berichtete: Ein Genosse vom Ernst-Busch-Chor informierte mich, daß Leo im September 89 wurde und sich in einem nahegelegenen Heim befindet. Natürlich werde ich den Kontakt mit ihm suchen.

Helmuth Hellge, Berlin


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Schon lange trage ich mich mit der Absicht, Euch für das unermüdliche Ringen Eurer Zeitschrift zu danken, unsere sozialistisch-kommunistischen Ideale nicht verleumden, diskreditieren und im historischen Sinne verfälschen zu lassen. Es hat mich berührt, daß Ihr den 85. Geburtstag meines Mannes Prof. Dr. Heinz Sonntag, der leider erkrankt ist und sich in einem Heim befindet, nicht vergessen habt.

Ein Wort zur PDL: Ohne Zweifel haben wir eine linkssozialistische Richtung, die von den Marxisten und vorwiegend alten Genossen getragen wird, wobei man wohl in der Spitze auf eine biologische Lösung hofft. Es bereitet mir Bauchschmerzen, wenn wir den Bestandteil der marxistisch-leninistischen politischen Ökonomie "begraben", weil wir dann auf die dialektisch-materialistische Gesellschaftsanalyse, die uns von anderen unterscheidet, verzichten. Leider sorgen wir nicht dafür, daß die jungen Genossen befähigt werden, marxistisch denken zu lernen. Wir formen ihr Bewußtsein nicht und überlassen es anderen an der hiesigen Friedrich-Schiller-Universität, einen fakultativen Grundkurs zum "Kapital" durchzuführen.

Dr. Gisela Sonntag, Jena


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In meinem langen politischen Leben habe ich nichts Widerwärtigeres erlebt als den Schmusekurs von Gysi, Bisky, Holter, Lederer, Brie u. a., die in der Anbiederung an die Herrschenden unverzichtbare Grundpositionen der marxistischleninistischen Theorie und Praxis bedenkenlos über Bord geworfen haben. Der massive Angriff auf die "junge Welt" stellte den bisherigen Höhepunkt des Abrückens von linken Positionen dar. Wer zum Boykott der jW aufruft, schadet der Sache und sollte darum lieber seinen Hut nehmen. Da ist mir Oskar Lafontaine wesentlich lieber, der mit seinen früheren "Genossen" Schröder und Müntefering brach und sich wiederholt recht deutlich zur Machtund Eigentumsfrage geäußert hat.

Oberstleutnant a. D. Hans-Joachim Hartlieb, Dresden


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Glückwunsch zur September-Ausgabe! Der RF ist für mich eine Orientierungshilfe und bietet zugleich die Möglichkeit, eigenes Denken zu überprüfen. Für mehrere Stunden bin ich dann nicht ansprechbar. Die Überlegungen Gleichgesinnter zu lesen, ist ein Lichtblick im heutigen Medienalltag. Schließlich wird Zeitunglesen immer mehr zum Kreislauftraining. Ein Beispiel: das "Tagesspiegel"-Interview des früheren PDS/PDL-Vorsitzenden Lothar Bisky. Er konstruiert dort ein Generationenproblem und hofft, auf diese Weise die alten Genossen mit ihren Erfahrungen und ihrem historischen Erleben ausklinken zu können. Er bezeichnete sie 1999 als Parteivorsitzender (!) im öffentlichen Gespräch mit Egon Bahr als "Klotz am Bein". Und nun nennt der über 70jährige es "eine gute Idee, wenn die älteren Damen oder Herren den Hut nehmen würden". Will er jene ausschalten, die den prinzipienlosen "Erneuerern" ihre geschichtlichen Erfahrungen vorhalten könnten? Eine ahistorische Verurteilung des 13. August 1961 läßt sich mit "jungen Leuten" lockerer durchsetzen als mit jenen, die damals dabei waren.

Wenn Bisky der Meinung ist, "Jüngere" könnten es besser richten, sollte er als "älterer Herr" selbst den Hut nehmen und seinen lukrativen Posten in Brüssel anderen übertragen.

Rudolf Krause, Berlin


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Während sich die Basis der Linkspartei im Wahlkampf den Interessen der Mehrheit der Bevölkerung zuwandte, schien für einige führende Genossen in den Landesvorständen M-V und Berlin ein anderer Schwerpunkt zu bestehen. Gemeinsam mit sich als "Reformer" ausgebenden Funktionären aus Fraktionen und höheren Etagen steckten sie viel Energie in innerparteiliche Auseinandersetzungen. Sie führen offensichtlich einen immer schärferen Kampf für eine andere Ausrichtung der Partei. Wie soll man sonst die Angriffe im Zusammenhang mit dem Glückwunsch an Fidel Castro werten? Oder die Art und Weise, wie die Kommunismus- und die Mauer-Diskussion geführt wurden. Hinzu kam der mit Druck und Drohungen durchgesetzte Fraktionsbeschluß zu Israel. Als Krönung des Ganzen folgte dann noch der Boykottaufruf gegen die linke Tageszeitung "junge Welt".

Hier geht es schon nicht mehr um Meinungsvielfalt in einer pluralistischen Partei, sondern um die Durchsetzung der eigenen Deutungshoheit zu aktueller linker Politik, strategischer Ausrichtung der Partei und Geschichtsbetrachtung aus linker Sicht.

All das zeigt Wirkung: Genossen verlassen die Partei, weil sie der Querelen und ständigen Verbeugungen vor dem "Zeitgeist" überdrüssig sind. Für junge Leute ist sie aus dem gleichen Grund nicht sonderlich attraktiv. Wähler wandern ins Lager der Nichtwähler ab. Bei diesen Zerreißproben gibt es keine Sieger außer den Herrschenden und ihrem Verfassungsschutz.

Horst Neumann, Bad Kleinen


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1990 gehörte ich der "ersten frei gewählten" Volkskammer als Mitglied der CDU-Fraktion an. Mit Freude habe ich damals dem Beitritt der DDR zum Grundgesetz der BRD zugestimmt. Doch schon kurze Zeit später kam die Ernüchterung. Eine solche Unrechtsgesellschaft wie die heutige hatte ich nicht erwartet. Viele Menschen sind jetzt gezwungen, sich als Leiharbeiter und Billiglöhner zu verdingen, um überhaupt einen Job zu haben.

Mein Leben in der DDR war besser, ruhiger, ehrlicher und damit schöner. Ich gehörte keiner Partei an. Die Propaganda habe ich als "bloßen Agitprop" abgetan, als etwas "für Parteileute". Dabei hat die SED damals nur das vorausgesagt, was ich nun sehe und erlebe. Mein Versäumnis kann ich aber aufholen. Gerne gehe ich zu den Veranstaltungen der Leipziger "RotFuchs"-Gruppe, wo alte Genossen sagen, wie es wirklich gewesen ist. Heute gehöre ich der Partei Die Linke an. Ich hätte bei ihr gerne weniger Worte und mehr Kampfgeist, denn den am Ruder Befindlichen kann nur ein harter Gegner die Grenzen ihrer Macht zeigen.

Gerhard Masuch, Leipzig


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Erst heute hat mich Eure Zeitschrift - glücklicherweise nicht auf dem falschen, sondern auf dem richtigen Fuß - erwischt. Zu meinem Bedauern muß ich gestehen, daß ich 1989 wie vor den Kopf geschlagen war und das innere Verhältnis zu meiner DDR verloren hatte. Erst mit den Jahren änderte sich das Schritt für Schritt. Heute bin ich wieder der Alte, jetzt allerdings auf anderem Niveau. Da tut mir Euer RF wirklich gut. Er faßt meine Gedanken so zusammen, daß sie schlüssiger werden. Danke!

PS: Seit gestern bin ich Abonnent des RF.

Jürgen Bauch, Dresden


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Wir waren unlängst im Oderbruch bei der Künstlerin Goll zu Gast. Das ist eine sehr spannende Frau. Zuerst haben wir Tee getrunken und über die alten Zeiten, die sie erlebte, als sie dort hinkam, politisch diskutiert. Vor allem auch darüber, was für Schrott uns heute als "Politik" angeboten wird. Die übliche Geschichtsverfälschung war dabei unser Thema. Die böse DDR, die bösen Kommunisten - immer drastischere Volksverdummung.

Dann kam Frau Goll auf Ihren "RotFuchs" zu sprechen, den sie uns wärmstens empfahl. Eine kurze Leseprobe genügte vollauf. Auch wir möchten gerne Ihre Zeitschrift beziehen.

Dr. Ellen und Max Witte, Heilbronn


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Den Glückwünschen für Almos Csongár zum 91. Geburtstag schließe ich mich gern an. Ich freue mich, daß ich im RF Nr. 164 einen Artikel meines früheren Ungarisch-Lehrers über Majakowski lesen konnte.

Der Leitartikel Klaus Steinigers findet meine Zustimmung. Der Beschluß der PDL-Bundestagsfraktion zum Antisemitismus war wirklich überflüssig, da es an der klaren Haltung der Parteimitglieder in dieser Frage keinen Zweifel geben kann. Das Existenzrecht eines israelischen und einen palästinensischen Staates muß anerkannt werden. Voraussetzung dafür ist der Rückzug Israels aus allen 1967 okkupierten arabischen Gebieten. Natürlich muß die Mauer auf palästinensischem Gebiet weg. Man stelle sich einmal vor, wir hätten 1961 die Mauer auf Westberliner Territorium errichtet.

Dr. Kurt Laser, Berlin


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Ich möchte Euch bitten, ein Wort der Anerkennung für Euren Grafiker Klaus Parche an diesen weiterzuleiten: Lieber Klaus, Deine Grafiken sind phantastisch! Ich wünschte, ich hätte ein solches Talent. Ich verstehe mich halt "nur" auf Comics und Karikaturen. Mach weiter so! Auch ich werde mein möglichstes tun.

Kai Friedrich (Kaivel), Kassel


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In seiner Ausgabe vom 11. August warb das ND für eine Broschüre der Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik e. V. Herausgeber sind Wolfgang Scheler und Rolf Ziegenbein. Titel "Grenzschutz und Grenzregime an der deutschdeutschen Grenze". Behandelt wird der schon länger währende Streit um die Doppelfunktion der Deutschen Grenzpolizei/Grenztruppen der DDR. Dieses Organ erfüllte sowohl polizeiliche als auch Aufgaben der Landesverteidigung. Scheler, der das Vorwort schrieb, war Professor an der Dresdner Militärakademie "Friedrich Engels", wo ich ihn kennenlernte. In dem Text heißt es u. a.: "Seine früheren Ansichten ... zu korrigieren, halte ich für die unabdingbare Voraussetzung, um in der ... Debatte um das politisch und emotional brisante Thema der deutsch-deutschen Grenze ernst genommen zu werden."

Auch ich bin für Meinungsstreit. Doch hier handelt es sich wohl eher um den Versuch einer elitären Studiengemeinschaft, sich die Deutungshoheit anzumaßen.

Oberst a. D. Hans Linke, Suhl


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Seit etwa zehn Jahren gibt es in einigen Ländern Ehrenstätten für Sportler. Meist nennt man sie "Hall of Fame" oder "Walk of Fame". Einen der schönsten Ruhmesorte findet man im österreichischen Podersdorf inmitten des Burgenlandes. Dort werden Straßenradweltmeister geehrt. Vor einem Jahrzehnt gab es ein internationales Ausschreiben der Radsport-Illustrierten, wer die weltweit Besten dieser Disziplin seien.

Gustav-Adolf Schur stand dabei als erster und einziger Amateur an vierter Stelle. In dieser Reihenfolge wurde dann auch die Ehrung vorgenommen. Im Juni 2007 verewigte man Täve dort nach Laurent Figon, Freddy Maertens und Helmut Wechselberger. Für die Geehrten wird eine Steinplatte eingelassen, auf der das Land, der Name des Sportlers und dessen größte Erfolge vermerkt werden. Ein großer Stern und ein Gipsabdruck der Hand des Athleten vervollständigen das Ensemble.

Die "Hall of Fame" der BRD existiert nur im Internet und nirgendwo sonst.

Gerhard Pfefferkorn, Lichtenstein


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Als junger Genosse besuchte ich im Februar 1946 die Kreisparteischule der KPD in Weifa. Dort habe ich mir erste Kenntnisse der marxistisch-leninistischen Philosophie und der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung angeeignet. Mir wurde klar, daß deren fehlende Einheit der entscheidende Grund dafür war, daß Hitler 1932/33 an die Macht gelangen konnte. Auf der Schule war von einem unmittelbar bevorstehenden Zusammenschluß der beiden Arbeiterparteien vorerst noch nicht die Rede.

Die alten Zerwürfnisse und Feindseligkeiten, die bewußt in die Arbeiterbewegung hineingetragen worden waren, wirkten auch in den Vorständen und Grundorganisationen von KPD und SPD nach. Heute glaube ich, daß die Vereinigung beider Parteien ideologisch viel gründlicher hätte vorbereitet werden müssen. Auch bei der Jahre später erfolgenden Parteiüberprüfung mangelte es an Konsequenz. Dennoch waren wir stolz darauf, mit dem Zusammenschluß zur SED eine neue Ära in der Geschichte der Arbeiterbewegung eingeleitet zu haben. Niemand von uns wäre damals auf die absurde Idee gekommen, von einer Zwangsvereinigung zu reden.

Heinz Handrich, Leipzig


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Nun liegt der 50. Jahrestag des Mauerbaus bereits um Monate zurück. Viel Schmutz wurde ausgeschüttet, ganze Seen haben sich mit Krokodilstränen "gefüllt". Die "Märkische Allgemeine" bat um Berichte darüber, was Oma und Opa ihren Enkeln aus dieser Zeit erzählen würden. Auch ich beteiligte mich daran, ohne Berücksichtigung zu finden. In meinem Bericht schrieb ich, was ich meinen Nachkommen über den Mauerbau und dessen Gründe zu sagen gedächte. Auch, daß es ohne ihn mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Atomkrieg gekommen wäre. Der letzte Satz lautete: "Ohne die Mauer würde es Euch nicht geben."

Hans-Peter Hoffmann, Velten


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Wir essen, um zu leben, doch um leben zu können, benötigen wir Lebensmittel. Was uns von dieser Branche angeboten wird, reicht aber bestenfalls zum Überleben: Das wird getrickst, gefärbt, chemisch konserviert, präpariert, sterilisiert, genmanipuliert, extrahiert und aufpoliert. Vieles wird probiert, bis man die Gesundheit verliert! Dann wird operiert, man erhält reichlich Pillen, alles patentiert, Hilfe nicht garantiert, der Kunde nicht informiert.

So könnte alles weiterlaufen, wenn wir jeden Unrat kaufen! Doch wir wollen weiterleben, statt Dax und Dollar hochzuheben! Nur Gesundheit ist uns wichtig - auf den Dax verzicht' ich.

Dr. sc. med. Siegfried Wiesner, Sternberg


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Mein Vater hatte mir vor Jahren einmal den RF zu lesen gegeben. Ich fand ihn interessant, bin ich doch als 50jähriger einer aus jener Generation, welche die DDR noch bewußt kennengelernt hat.

Ich dachte, in der Zeitschrift würde der Versuch unternommen, zukunftsorientiert eine Alternative zum bestehenden System zu entwickeln. Mein Bestreben war es, angesichts der Einbindung von "Entscheidungsträgern" und Mitarbeitern aus Schlüsselbereichen der DDR in Euer Autorenkollektiv mehr Hintergrundwissen darüber zu erhalten, was mit unserer DDR schiefgelaufen ist.

Nach zwei Jahren RF-Lektüre muß ich jedoch feststellen, daß sich Euer Blatt nicht weiterentwickelt hat und leider keinerlei Gefahr, nicht einmal intellektuell, darstellt, einen Beitrag im obengenannten Sinne zu leisten.

Warum? Nach meinem Eindruck ist die Leserschaft zu alt. Es gibt weder Ansatz noch Anreiz für junge Menschen, den RF zu lesen. Ihr drescht nach alter Manier auf jeden ein, der andere Ideen und Gedankengänge entwickelt. Der Marxismus-Leninismus in Gestalt der Werke der Klassiker hat in einer bestimmten Phase der gesellschaftlichen Entwicklung unbestritten seine Berechtigung gehabt.

Aber die Welt ist nun mal komplizierter, vielfältiger und dynamischer, und damit sind das auch die Ideen zu ihrer Bewältigung und Entwicklung. Ihr müßt Euch allem ernsthaften linken Gedankengut unvoreingenommen öffnen. Leider schmort Ihr viel zu sehr im eigenen Saft.

Ich möchte nicht die vielen Leser und Autoren beleidigen, die ehrlichen Herzens diese Zeitschrift verfolgen und unterstützen. Mein letztes Jahr verstorbener Vater war für mich der Prototyp Eurer Leserschaft. Ich werde Euch trotz der Kündigung als gelegentlicher Leser erhalten bleiben.

Uwe Liebscher, Dresden


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Wiederholt befassen sich RF-Autoren mit den Gründen des Untergangs der DDR. Im neunten Lebensjahrzehnt stehend, erinnere ich mich an die sträfliche Mißachtung der politischen Hinterlassenschaft Walter Ulbrichts.

In meiner Diplomarbeit (Staatsrecht 1964) hatte ich mich einer seiner Formulierungen bedient, deren Inhalt später zunehmend außer acht gelassen wurde. Ulbrichts Satz lautete: ... "die Initiative und die Mitarbeit der Volksmassen (sind) notwendig, denn die Einbeziehung der Werktätigen in die Leitung unseres Staates und der Wirtschaft ist kein Lippenbekenntnis, sondern eine Lebensfrage unserer sozialistischen Gesellschaftsordnung."

Arndt Näser, Riesa


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Eine Bemerkung zum Leitartikel der August-Ausgabe ("Als sie an ihre Grenzen stießen"): Ich halte die Formulierung "unsensible Entscheidungen von Staatsorganen bzw. einzelnen Funktionären" als fluchtauslösenden Grund neben materiellen Beweggründen vieler DDR-Bürger für eine unsensible Verniedlichung unserer Fehler.

Ich halte unsere Methoden bei der Schaffung Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften und der Verstaatlichung von Klein- und Mittelbetrieben sowie die Zugangsbeschränkungen zu EOS und Unis für Kinder von Angehörigen der Intelligenz, Kirchenamtsträgern, Handwerkern und anderen Mittelständlern, die Ausgrenzung Andersdenkender und deren Verortung ins feindliche Lager, in das beileibe nicht alle gehörten, für grobe Fehler und nicht lediglich für unsensibles Handeln. Wir haben uns damit diskreditiert und dem Gegner in die Hände gespielt.

Thomas Fritsche, Berlin


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Ich möchte den Artikel von Christine Buchholz "Nicht in unserem Namen!" im September-RF etwas ergänzen: Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in seiner Entscheidung über Auslandeinsätze der Bundeswehr in Jugoslawien, über der Adria und in Somalia am 12. Juli 1994 entschieden, daß Akte der auswärtigen Gewalt (Art. 20, Abs. 2 GG) grundsätzlich in den Kompetenzbereich der Bundesregierung fallen. Danach bleibt dieser die Möglichkeit vorbehalten, auch ohne Zustimmung des Bundestages Völkervertragsrecht (s. NATO-Vertrag) mittels "dynamischer" und "authentischer Interpretation" weiterzuentwickeln. Dabei darf es sich aber um keine ausdrückliche Vertragsänderung handeln.

Vier Richter des Bundesverfassungsgerichts sahen die mit dem Einsatz demonstrierte "Strategie der Friedenssicherung und Krisenbewältigung" bereits als Änderung des ausschließlichen Verteidigungsauftrags nach Artikel 5 des NATO-Vertrages an und forderten dafür eine Zustimmung des Bundestages.

Der außenpolitische Entscheidungsspielraum der Exekutive (Regierung) bleibt demnach ohne Einflußnahme der Legislative erhalten. Damit ist das in Art. 59, Abs. 2 des Grundgesetzes festgelegte Zustimmungsrecht des Bundestages Makulatur.

Günter Finke, Bramsche


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Beim Hubschrauberabsturz in Afghanistan, der von der "Mitteldeutschen Zeitung" am 8. August als "bisher schwerster Verlust" gemeldet wurde, war die US-Eliteeinheit "Navy Seals" betroffen. Dabei handelt es sich um knallharte Militärgangster.

Man sollte sich daran erinnern, daß "Navy Seals" in höchstem staatlichem Auftrag Osama bin Laden ermordeten. Damals hatte nicht nur die gesamte Obama-Administration die Bluttat live am Bildschirm verfolgt. Auch unsere Christin Angela Merkel konnte unter geringfügiger Abweichung vom fünften Gebot ihr Entzücken über die gezielte Tötung in Pakistan nicht verbergen.

Dr. Günther Freudenberg, Bernburg


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Günter Vehoff wirft in seinem Leserbrief (RF 164) die Frage nach dem Unterschied von Idealismus und Materialismus auf und bittet um deren Beantwortung durch einen Philosophen. Ich bin zwar keiner, doch die Frage hat mich schon seit der Schulzeit in ihren Bann gezogen. Im Grunde genommen geht es darum, was das Ursprüngliche ist - der Geist oder die Materie. Der Materialismus vertritt den Standpunkt, daß die Materie ursprünglich und erkennbar ist. Sie widerspiegelt sich im menschlichen Bewußtsein.

Der Idealismus geht demgegenüber vom Primat des Ideellen und von der Annahme aus, das Bewußtsein existiere außerhalb des materiellen Zusammenhangs.

Walter Drexler, Berlin


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Seit der Einverleibung der DDR treibt man die Christianisierung systematisch voran. Es existiert kein Bereich, in dem die Kirche - besonders die katholische - nicht ihren Senf dazugibt. Dabei ist der Anteil der Christen bei uns im Osten doch sehr gering. Das Theater um den Papstbesuch war aus meiner Sicht Personenkult in höchster Potenz.

Der SPD-Abgeordnete Rolf Schwanitz schrieb am 17./18. September in der "Sächsischen Zeitung": "Der Bundestag wird für den Papst mißbraucht." Das spricht mir aus dem Herzen.

Marianne Wuschko, Hoyerswerda


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Der Bundestagsauftritt des bajuwarischen Herrn Ratzinger, der jetzt als "Stellvertreter Gottes" amtiert, ist ein glatter Bruch der vorgeschriebenen Trennung von Staat und Kirche. Wir verspürten keinerlei Lust, uns das Spektakel anzutun. Schließlich ist Benedikt XVI. ja der Repräsentant einer Institution, die sich während ihrer 2000jährigen Geschichte krimineller Methoden bediente. Bevor er Papst wurde, leitete er im Vatikan - was keineswegs alle wissen - die Nachfolgeeinrichtung der Heiligen Römischen Inquisition.

Falk Moldenhauer, Bochum / Uwe Moldenhauer, Altena


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Es ist nicht allzu lange her, da bemerkte ein Medium giftig: Die Franzosen haben ihren Hessel und die Deutschen ihren Sarrazin. Ein Kommunist ist Hessel nie gewesen. Er ist ein gestandener Antifaschist und Anhänger des bürgerlichen Humanismus. Die Regierung der BRD könnte sich glücklich schätzen, wenigstens einen einzigen dieser Art in ihrem Kreis zu haben.

Ich würde Hessels Text nicht als generelle Absage an Gewalt verstehen. Schließlich wurde von der französischen Résistance, in deren Reihen Hessel stand, bekanntlich Gewalt angewendet.

Jochen Singer, Leipzig


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Seit Jahren Leser Ihrer Zeitschrift, melde ich mich, angeregt durch die Zeilen von Dr.-Ing. Helmut Kinne aus Zepernick zu Wort. Ich gehörte 1951 als Oberwachtmeister der VP an und nahm wiederholt an den Einsätzen zur Sicherung des friedlichen Verlaufs der 3. Weltfestspiele teil. Später diente ich als Offizier bei den Grenztruppen der DDR. Noch immer bin ich politisch aktiv.

Sigurd Dittrich, Bestensee


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Jobst-Heinrich Müller aus Lüneburg gibt in seinem Artikel (RF 164) Anregungen, wie die Geschichte der DDR erarbeitet werden sollte. Man könnte noch mehr dazu sagen. So wäre z. B. die Frage zu beantworten, ob die DDR ohne äußere Einwirkung eine neue Gesellschaft, die sich an Marx und Engels orientierte, aufbauen konnte. Wohl kaum. Im Kalten Krieg standen 18 Millionen DDR-Bürgern 60 Millionen überwiegend antikommunistisch manipulierte Westdeutsche gegenüber. Die BRD fügte der DDR enormen Schaden zu. Andererseits gestalteten sich die Beziehungen zwischen der UdSSR und der DDR nicht immer auf "gleicher Augenhöhe". Unsere Wirtschaft wurde - auch nach Zahlung der Reparationen - ganz schön zur Ader gelassen. Es wäre also unrichtig, die DDR als eine Insel im friedlichen Weltmeer zu beschreiben, auf der Männer und Frauen zu bestimmen hatten, die so manches, wie wir heute wissen, hätten besser machen können.

Siegfried Spantig, Hagenow


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Ich befand mich zu einer Operation im Leipziger Klinikum St. Georg. Kurz vor der Entlassung entdeckte ich an der Nordseite des Areals eine etwa anderthalb Meter hohe Aufschichtung mit Mörtel verbundener großer und kleiner Steine. Auf einer Tafel stand: "Dank für den Schutz in der Nacht des Terrors. Errichtet von einer Gruppe sowjetischer Kriegsgefangener am 19. April 1945."

Ich machte mich mit der Geschichte der Einrichtung näher vertraut. Über den seinerzeitigen Direktor des Klinikums, Prof. Dr. Karl Seyfarth, erfuhr ich, daß er sich während des Zweiten Weltkrieges nachdrücklich für auf dem Krankenhausgelände untergebrachte Kriegsgefangene eingesetzt und deren Verschleppung in ein Konzentrationslager verhindert hatte.

Klaus Pinkau, Leipzig


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Es erstaunt mich, daß die missionierungswütige westliche, christliche und freiheitlich-demokratische Wertegemeinschaft so plötzlich und alternativlos in der Bredouille steckt. Billionen Schulden "winken", wohin man nur blickt. Selbst die USA sind in ihrer Kreditwürdigkeit heruntergestuft worden. Dennoch wird "angestrengt an Lösungen gearbeitet". Worin sollen diese wohl bestehen? Geld drucken, die Banken aufpäppeln, Börsenspekulanten bedienen und die Inflation weiter vorantreiben. Es kann doch niemand ernsthaft behaupten, daß der Schuldenberg der USA und der EU von unserer, der nächsten oder der übernächsten Generation jemals abgetragen werden kann.

Wirtschaften, so behaupten die bürgerlichen Medien, könne nur der Kapitalismus. Diese These wird Tag für Tag widerlegt. Die DDR leistete sich im Prinzip nur das, was ihre Menschen erarbeiteten. Dabei wurde sicher nicht immer das Erreichbare ausgeschöpft. Ich glaube mittlerweile, daß wir die besseren Ökonomen besaßen. Die der DDR unterstellte "versteckte" Arbeitslosigkeit, d. h. die Absicht, Menschen in jedem Falle einer mehr oder weniger sinnvollen Tätigkeit zuzuführen, war allemal besser, als im Kapitalismus durch Hartz IV alimentiert zu werden.

Reiner Neubert, Berlin

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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Dezember 2011