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ROTFUCHS/190: Tribüne für Kommunisten und Sozialisten Nr. 236 - September 2017


ROTFUCHS

Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutschland

20. Jahrgang, Nr. 236, September 2017



Aus dem Inhalt

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Jede Stimme für eine humanistische Politik!

Im Sommer 2007, vor zehn Jahren, erreichte die von den USA ausgehende Welle von Bankpleiten die Bundesrepublik. Die Zockerschulden der kleinen Düsseldorfer Bank IKB in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro wurden vom Staat übernommen. Ein gutes Jahr später traten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der damalige Finanzminister Peer Steinbrück an einem Sonntagnachmittag vor die Fernsehkameras und behaupteten, die deutschen Spareinlagen seien sicher. Das war gelogen, es gab vielmehr klare Anzeichen für einen bevorstehenden Ansturm vor allem der Kleinsparer an die Automaten und Schalter der Banken. Man habe in den Abgrund geblickt, erklärte Steinbrück später. Der Bundestag stellte fast über Nacht eine halbe Billion Euro für Bürgschaften und Kredite zur "Bankenrettung" zur Verfügung. Seither hat allein die Bundesregierung weit über 200 Milliarden Euro für die "Rettung" bankrotter Finanzinstitute ausgegeben, verstaatlichte verschiedene Banken oder stieg als Mitbesitzer ein - nur, damit das globale ebenso wie das bundesdeutsche Finanzkasino am Laufen blieb. Die Bundeskanzlerin forderte das Parlament zu einer "marktkonformen" Demokratie auf, nannte u. a. die Staatsgarantie für Banken "alternativlos" und erfüllte so ihre oberste Pflicht: die Geiselnahme des Staates durch das Finanzkapital schönzureden.

Möchte jemand tatsächlich wissen, wann die Re-Nationalisierung der EU, die massive Einschränkung der Macht des Parlaments begann und "Rechtspopulismus", vor allem nationalistische Demagogie, von den Regierenden genutzt wurde, dann schaue er sich die Finanzoperationen jener Jahre an: Jeder Staat kämpfte zunächst um die "Rettung" seiner Banken mit Notstandsmaßnahmen, d. h. mit diktatorischen Mitteln. An diesem Ausnahmezustand hat sich seither nichts geändert, Spekulanten und Abzocker "regieren durch". Das Resultat: Die Reichen wurden reicher, die Armen ärmer.

Der inneren Verwahrlosung entspricht die nach außen: Krise und Beteiligung an Kriegen, forcierte Aufrüstung, Aufmarsch gegen Rußland sowie eine fortgesetzte Irrsinnsdebatte um deutsche Atomwaffen prägen die Realität in diesem Land, wenn am 24. September Bundestagswahlen stattfinden. Anders als bei den vorangegangenen 2009 und 2013, die nach dem Beginn der Weltwirtschaftskrise stattfanden, bestimmt in diesem Jahr zudem der Aufschwung nationalistischer und neofaschistischer Kräfte außerhalb der Unionsparteien das politische Klima.

Drei Punkte sind vor diesem Hintergrund für die Kampagnen der bürgerlichen Parteien maßgebend. Zunächst haben sie die Themen Krise und Krieg aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Das scheint zu gelingen, zumal die Kriege mit deutscher Beteiligung von der breiten Öffentlichkeit medial ferngehalten werden. Auch in der Linkspartei sind es nur wenige, die in dieser Hinsicht konsequent Position beziehen. Das Motto aller anderen Parteien aber lautet: "Deutschland geht es gut." Da das für mindestens ein Drittel der Bevölkerung nicht gilt, wird es von Regierungspolitikern nicht lautstark verkündet, dafür von Medien, willfährigen Ökonomen und den Unternehmerverbänden. Die Existenz von Armut, jahrzehntelanger Reallohnsenkung und Umverteilung von unten nach oben wird bestritten. Das funktioniert, weil die etablierten Parteien davon ausgehen, daß das "untere" Drittel nicht mehr wählen geht. Bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai betrug die Wahlbeteiligung z. B. im reichsten Kölner Stadtbezirk über 80 Prozent, im ärmsten gut 30 Prozent. Ähnliches gilt für alle Ballungsräume.

Zweitens bestimmt ähnlich unterschwellig der Satz "Deutschland ist stark" den Wahlkampf 2017. Die Kanzlerin dosiert Äußerungen in dieser Hinsicht sehr genau, läßt aber selbst gegenüber den USA aggressive Töne hören wie "nicht mehr verläßlich" und "das Schicksal in die eigenen Hände nehmen". Gegenüber den EU-Partnern spielt sie sich immer öfter als Zahl- und Zuchtmeister auf. Flankiert wird das von systematischer Kriegführung, Kriegsvorbereitung und Bürgerkriegsproben wie beim G20-Gipfel in Hamburg. Dritter Punkt: Der Aufschwung der AfD wurde vor diesem Hintergrund eingedämmt, als Herrschaftsreserve für Krisensituationen bleibt sie aber erhalten. Ihr Programm wird, das läßt sich vorhersagen, von der nächsten Merkel-Regierung weitgehend übernommen werden.

In solcher Lage, in der die Aushöhlung der bürgerlich-parlamentarischen Demokratie weit vorangeschritten ist, wird die Wahlteilnahme für Kommunisten und Sozialisten Pflicht. Es gilt, die Parteien zu stärken, welche die Urheber der Krise haftbar machen wollen, die konsequent Stellung gegen imperialistische Kriege nehmen und Nationalisten und Neofaschisten offensiv entgegentreten. Es geht um jede Stimme für eine humanistische Politik.

Arnold Schölzel

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UN beschließen historisches Abkommen

122 Staaten haben am 7. Juli bei den Vereinten Nationen in New York einen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen verabschiedet (siehe RF 235, Seite 3). Nach Jahrzehnten stockender Abrüstung senden sie eine klare Botschaft an die Atomwaffenstaaten: Die internationale Staatengemeinschaft akzeptiert den bisherigen Sonderstatus der Atommächte nicht länger. Das völkerrechtlich verbindliche Abkommen verbietet neben der Herstellung, dem Einsatz und Besitz auch die Drohung mit einem Nuklearschlag sowie die Stationierung von Atomwaffen in anderen Staaten.

Mit dem Atomwaffenverbotsvertrag werden Atomwaffen weltweit stigmatisiert und delegitimiert. Aus der Präambel des Vertrags ist zu entnehmen, daß die katastrophalen Folgen eines Einsatzes und die Risiken, die die schlichte Existenz der Atomwaffen mit sich bringen, ein Verbot von Atomwaffen rechtfertigen. Der Vertrag verbietet unter jeglichen Umständen den Einsatz von Atomwaffen. Auch die Drohung mit Atomwaffen wird untersagt, was bedeutet, daß auch die nukleare Abschreckung unter das Verbot fällt.

Der Vertrag verbietet allen Staaten, die ihn unterzeichnen, die Entwicklung und Herstellung oder den anderweitigen Erwerb von Atomwaffen. Es folgt zudem logischerweise ein Verbot des Besitzes und der Lagerung von Atomwaffen. Auch Hilfeleistung zu diesen Aktivitäten ist Staaten untersagt. Darunter fällt beispielsweise die nukleare Teilhabe der NATO, in deren Rahmen die US-Atomwaffen in fünf europäischen Ländern gelagert sind. Ziel der Verhandlungen - laut Mandat der Resolution der UN-Vollversammlung - war neben dem Verbot von Atomwaffen auch ein Vertragswerk, das zur Eliminierung von Atomwaffen beitragen kann. Der Vertragstext orientiert sich nun an anderen Verträgen, die Massenvernichtungswaffen ächten, wie die Konventionen zu chemischen und biologischen Waffen, sowie dem Anti-Personenminenvertrag und dem Streumunitionsvertrag. Ein Atomwaffenstaat, der plant, dem Vertrag beizutreten, muß alle Informationen über seinen Atomwaffenbestand offenlegen, seine Atomwaffen außer Betrieb nehmen und einen Plan vorlegen, wie sie zerstört werden.

Für die Staaten, die momentan im Rahmen der nuklearen Teilhabe Atomwaffen lagern und Infrastruktur sowie Trägersysteme zur Verfügung stellen, gibt es explizit einen Weg zum Beitritt, in dem sie zuerst und innerhalb einer bestimmten Zeit den Abzug der Atomwaffen veranlassen. Der Vertrag muß sich zunächst im internationalen Völkerrecht etablieren und argumentativ angewendet werden. Dies wird sicherlich im Rahmen der Konferenzen zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags geschehen. Mit dem Vertragswerk haben die atomwaffenfreien Staaten jetzt ein Mittel, mehr Druck auf die Atomwaffenstaaten in bezug auf ihre Abrüstungsverpflichtung auszuüben. Auch die Zivilgesellschaft kann den Vertrag nutzen und fordern, daß die Atomwaffenstaaten und ihre Bündnispartner sich nicht nur auf schwache Argumente wie "Realpolitik" stützen. Sie sind nun politisch verpflichtet, sich mit dem Atomwaffenverbot auseinanderzusetzen. Künftige Regierungen und Parlamente werden immer wieder prüfen müssen, ob sie nicht doch mit der Mehrheit der Staaten einig werden und Atomwaffen ein für alle Male abschaffen wollen.

Xanthe Hall und Birte Vogel
IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs)

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Eine atomwaffenfreie Welt ist nötig und möglich

Während die Welt auf den G20-Gipfel schaute, wurde in New York Geschichte geschrieben. 122 UN-Mitgliedstaaten beschlossen nach monatelangen Verhandlungen einen Verbotsvertrag für Atomwaffen. Das völkerrechtlich bindende Abkommen verbietet Entwicklung, Produktion, Besitz, Stationierung und Einsatz von Atomwaffen. Allem Widerstand der Atommächte zum Trotz wird der Verbotsvertrag nach der Ratifizierung vermutlich noch in diesem Jahr in Kraft treten.

Während biologische und chemische Waffen, Landminen und Streubomben bereits international geächtet werden, klaffte im humanitären Völkerrecht bislang eine große Lücke: Die schrecklichsten und gefährlichsten Massenvernichtungswaffen wurden über mehr als 70 Jahre vom Völkerrecht toleriert. Nun soll endlich der Tatsache Rechnung getragen werden, daß Atomwaffen mit den Genfer Konventionen, dem Kriegsrecht und den universellen Menschenrechten nicht vereinbar sind.

Die Atomwaffenstaaten haben den weltweiten Widerstand gegen diese Massenvernichtungswaffen ins Leere laufen lassen und sich auf die Formulierung hohler Versprechen beschränkt. Abrüstungsverpflichtungen wurden ignoriert, und statt dessen wurde unter dem Deckmantel von "Modernisierungen" atomare Aufrüstung betrieben - auch in Deutschland, wo Luftwaffenpiloten vom Fliegerhorst Büchel aus weiterhin den Einsatz von Atomwaffen gegen Rußland trainieren.

Auch wenn der Verbotsvertrag selbst noch keinen einzigen Atomsprengkopf abschaffen wird, stellt er doch unmißverständlich fest, daß der Besitz von Atomwaffen mit dem humanitären Völkerrecht nicht vereinbar ist. Er erhöht damit den rechtlichen und moralischen Druck auf die neun Atomwaffenstaaten, den Rest der Welt nicht länger in atomare Geiselhaft zu nehmen.

Wie effektiv diese Maßnahmen sein können, hat man bei der Ächtung von Streubomben sehen können. Am Ende waren es die Rüstungsfirmen, die die Produktion der international stigmatisierten Waffensysteme einstellten. Mit völkerrechtswidrigen Waffen kann man nun mal keine guten Geschäfte machen.

Nationale und globale Sicherheit läßt sich eben nicht durch Atomwaffen schaffen, sondern nur durch deren Abschaffung. Solange ein einzelner Mensch in der Lage ist, die Menschheit durch einen Knopfdruck auszulöschen, kann von Sicherheit keine Rede sein.

Der Atomwaffenverbotsvertrag läutet auch das Ende der Abschreckungspolitik ein. Die Stationierung von US-Atomwaffen auf deutschem Boden ist mit dem Vertrag nicht vereinbar. Tritt der Verbotsvertrag in Kraft, verstößt die nukleare Teilhabe Deutschlands und anderer NATO-Staaten künftig gegen geltendes Völkerrecht.

Ein kritischer Punkt im Vertrag ist die Verankerung des Rechts auf zivile Nutzung von Atomtechnologie in der Präambel. Damit wurde die Chance verpaßt, eine wichtige Lehre aus dem Atomwaffensperrvertrag zu ziehen: Die zivile Nutzung von Atomenergie ist eine der Hauptursachen für die Proliferation von Atomwaffen.

Daß Staats- und Regierungsvertreter endlich über eine völkerrechtliche Ächtung von Atomwaffen verhandelten, ist der hartnäckigen Arbeit der Zivilgesellschaft und vor allem der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) zu verdanken.

Die Argumente der Atombomben-Überlebenden, der Mediziner und von Hilfsorganisationen wie dem Internationalen Roten Kreuz waren ausschlaggebend für den Erfolg.

Mit der völkerrechtlichen Ächtung und Stigmatisierung von Atomwaffen wird auch die Bundesregierung vor die Wahl gestellt: Will sie trotz internationalem Verbot weiterhin atomare Massenvernichtungswaffen in Deutschland stationieren und deren Einsatz trainieren? Oder wird sie dem Wunsch der großen Mehrheit der Bevölkerung folgen und Atomwaffen auf deutschem Staatsgebiet endlich verbieten?

Die völkerrechtliche Ächtung von Atomwaffen wird unsere Welt grundlegender und nachhaltiger verändern als alle vollmundigen Versprechen der G20. Ein atomwaffenfreies Deutschland, ein atomwaffenfreies Europa, ja sogar eine atomwaffenfreie Welt sind in greifbare Nähe gerückt. Es ist Zeit, daß Deutschland seine Blockadehaltung aufgibt und sich endlich der weltweiten Bewegung zur Abschaffung von Atomwaffen anschließt.

Dr. Alex Rosen

Dr. Rosen ist Kinderarzt und Vorsitzender der deutschen Sektion der IPPNW

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Abrüstung jetzt und hier beginnen!

Wolfgang Gehrcke (PDL) sprach am 29. Juni in der Plenardebatte des Deutschen Bundestags zu einem friedenspolitischen Antrag der Abgeordneten Gehrcke, Neu, Höger, van Aken, Buchholz, Dehm, Groth, Hänsel, Hunko, Kunert, Liebich, Movassat, Sitte, Ulrich, Vogler und der Fraktion Die Linke, den wir hier in Auszügen dokumentieren:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. statt einer Agenda der Aufrüstung der NATO ein Programm der Abrüstung aufzulegen. Als großes Land in der Mitte Europas hat Deutschland die Verantwortung, Entspannung und Vertrauensbildung voranzubringen;

2. die auf verschiedenen NATO-Gipfeln debattierte Orientierung, zwei Prozent des BIP für Rüstung einzusetzen, abzulehnen;

3. jegliche Exporte von deutschen Rüstungsgütern, inklusive Kleinwaffen, in die Länder außerhalb Europas sofort zu verbieten;

4. einen umfassenden Plan für die Industrie-Konversion zu erarbeiten, um ohne Verlust von Arbeitsplätzen den Ausstieg aus der Rüstungsindustrie einzuleiten und einen entsprechenden Strukturwandel in Gang zu setzen;

5. die Initiative für eine ständige Abrüstungskonferenz zu konventionellen und nuklearen Waffen in Europa im Rahmen der OSZE zu ergreifen, auf der Verhandlungen zu Truppenstärken, Waffenobergrenzen, Abstandsregeln und taktischen Atomwaffen mit Rußland aufgenommen werden;

6. die Stationierung von Bundeswehreinheiten an den Westgrenzen Rußlands sofort zu beenden. Deutschland wird sich nicht weiter an militärischen Manövern an den Grenzen Rußlands beteiligen;

7. die Stationierung von US-Atomwaffen auf dem Boden der Bundesrepublik und die nukleare Teilhabe umgehend aufzukündigen;

8. eine weitere Mitarbeit Deutschlands am Raketenschirm in Osteuropa einzustellen: Die Übernahme des Kommandos durch AIRCOM in Ramstein wird gestoppt und der Betrieb der Überwachungszentrale untersagt. Die Zahlung von finanziellen Projekt-Beiträgen wird eingestellt;

9. sich sofort im Rahmen der Vereinten Nationen an den Verhandlungen über ein Verbot von Atomwaffen zu beteiligen und den rechtsverbindlichen deutschen Verzicht auf Atomwaffen zu bekräftigen. Die Bundesregierung wird an der nächsten Verbots-Verhandlungsrunde in New York konstruktiv teilnehmen;

10. eine Initiative für ein völkerrechtlich bindendes Verbot von bewaffneten Drohnen, autonomen Waffensystemen und von atomwaffenfähigen Marschflugkörpern auf den Weg zu bringen;

11. desgleichen Initiativen zur Eindämmung von Cyber Warfare zu unternehmen;

12. den Etat des Verteidigungsministeriums 2018 in einem ersten Schritt um sechs Milliarden Euro zu kürzen. Die Beschaffung u. a. der Waffensysteme Korvette 130, der bewaffnungsfähigen Drohne Heron TP, des Kampfpanzers Leopard 2 (Nachlieferung), Transportpanzer Boxer, Airbus A400M sowie Mehrzweckkampfschiff 180, European Drone und taktisches Luftverteidigungssystem MEADS sind zu streichen bzw. zu stoppen. Über diese Entscheidung hinaus wird Deutschland ab 2018 seine jährlichen Rüstungsausgaben um zehn Prozent senken.

Berlin, den 20. Juni 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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Albert Schweitzer: Warnung vor einem Atomkrieg (1958)

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Patrik Köbele: Stoppt die Hochrüstung! Raus aus der NATO!

Mitglieder der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) haben am 24. Juni die Zufahrten des Fliegerhorstes Büchel in Rheinland-Pfalz blockiert. Hier (leicht gekürzt) die auf der Kundgebung gehaltene Rede des DKP-Vorsitzenden Patrik Köbele:

"1. Wir fordern die Bundesregierung auf, an den gegenwärtig laufenden UN-Verhandlungen zur Ächtung von Kernwaffen teilzunehmen und diese nicht weiterhin zu boykottieren.

2. Wir fordern die Bundesregierung auf, die 'nukleare Teilhabe' der Bundesrepublik Deutschland jetzt aufzugeben und die Lagerung von Kernwaffen auf deutschem Boden, wie beispielsweise im US-amerikanischen Atomwaffenlager in Büchel/Rheinland-Pfalz, zu verbieten. Diese Art der 'militärischen Friedenssicherung' muß der Vergangenheit angehören!"

Dieser Text ist nicht von mir, er ist keine Resolution der Kommunisten, er ist ein Beschluß des evangelischen Kirchentages.

Was lerne ich daraus?

• Obwohl ich überzeugter Atheist bin, lerne ich daraus, daß mir viele Christen, die ehrlich für den Frieden eintreten, tausendmal näher sind als ein Außenminister, der sich mit SPD-Mitgliedsbuch Sozialdemokrat nennt und die Verhandlungen über die Ächtung der Atomwaffen boykottiert.

• Ich lerne daraus, daß dank dieser Christen auch in den Kirchen die Militaristen einen schweren Stand haben - obwohl es würgt, wenn bei Kirchentagen die Bundeswehr vertreten ist und die AfD im Podium sitzt.

• Ich lerne daraus, daß eine Bundesregierung selbst diese ausgehöhlte Verfassung bricht, weil sie das Wohl der Menschen gefährdet, indem sie diese Verhandlungen boykottiert und Büchel zuläßt.

• Ich lerne daraus, daß man keinesfalls glauben darf, der Frieden, die Abrüstung würden alleine über Wahlen und Resolutionen kommen, nein, alles muß man selber machen - wir brauchen eine starke Friedensbewegung, um sie müssen wir kämpfen.

• Ich lerne daraus, daß es richtig und zwingend war und ist, daß wir, die Deutsche Kommunistische Partei, uns gemeinsam mit Genossinnen und Genossen der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend, der SDAJ, mit Genossinnen und Genossen unserer Schwesterparteien aus Luxemburg, Belgien und den Niederlanden, also mit Genossinnen und Genossen der KPL, der PTB und der NCPN, an dieser 20 Wochen dauernden Aktion der Friedensbewegung beteiligt haben. Heute morgen haben wir dichtgemacht - nichts ging mehr. Ein Dank an alle, die geholfen haben.

• Ich lerne daraus, daß man den Medien bei ihrem Kriegsbegleitungskurs auf die Finger schauen muß. Wie kann es denn sein, daß jedes Gerücht eines Bloggers, das sich für den kriegstreibenden Kurs gegen Rußland und China, für das Waffengerassel vor der koreanischen Halbinsel instrumentalisieren läßt, durch die Medien geht, Titelseiten, Schlagzeilen, Headlines zur besten Sendezeit bekommt, während eine Konferenz, an der 132 von 193 Staaten der Vereinten Nationen teilnehmen, medial einfach nicht stattfindet.

Liebe Freundinnen und Freunde,
wir standen vor einem Jahr in Büchel, wir hatten zwei Tore blockiert, diesmal haben wir unser Versprechen eingelöst, diesen Fliegerhorst, in dem völkerrechtswidrig Atomwaffen lagern, komplett zu blockieren. Liebe Genossinnen und Genossen, im letzten Jahr in Büchel hatten wir die Grußworte eines unseren Genossen, die damals von besonderer Bedeutung waren, die es jetzt erst recht sind. Es waren Grußworte unseres Genossen Heinz Keßler, Kommunist, im Faschismus zur Roten Armee übergelaufen, seine Familie saß dafür im KZ, er wurde in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Er war Mitunterzeichner des Gründungmanifests des Nationalkomitees Freies Deutschland, das Soldaten und Offiziere vereinigte, die sich gegen den faschistischen Krieg stellten. Unter Lebensgefahr ging er an die Front, um deutsche Soldaten aufzufordern, den Krieg zu beenden. Er ging zurück ins befreite Deutschland, um ein antifaschistisch-demokratisches Deutschland aufzubauen. Deutschland wurde gespalten, er übernahm Funktionen in der jungen DDR, nach der Gründung der BRD, der Gründung der Bundeswehr und der Integration in die Vorläufer der NATO stellte er sich dem Aufbau der Nationalen Volksarmee. Sie war und ist die einzige deutsche Armee, die sich nie an einem Krieg beteiligt hat, und die Aussage von Heinz ist legendär (er traf sie zu Zeiten, als er noch Verteidigungsminister war): "Wenn diese Armee (also die NVA) in den Krieg zieht, dann hat sie ihren wichtigsten Klassenauftrag nicht erfüllt, den Krieg nicht zuzulassen."

Es macht mir Angst, wenn es in der Linkspartei Überlegungen gibt, vom kategorischen Nein zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr abzurücken.

Ich ringe um jeden Grünen, ich ringe um jeden Sozialdemokraten, ich ringe um jedes Mitglied der Linkspartei, dem die Beteiligung an Regierungen wichtiger ist als das Nein zur NATO. Ich ringe um jeden Gewerkschafter, der aus Hoffnung auf Erhalt seines Arbeitsplatzes dem Rüstungskapital auf den Leim geht. Ich ringe um jeden Christen, der irrt, wenn er glaubt, eine Bundeswehr, die Armee eines der höchstentwickelten Imperialismen, könnte humanitäre Interessen als Antrieb haben. Ich ringe um jeden Intellektuellen, der glaubt, sein Weg müsse auf die Seite der herrschenden Klasse und ihres Militarismus führen.

Dabei weiß ich aber eines: Entscheidend ist der Kurs der Arbeiterbewegung! Das weiß auch die herrschende Klasse, sie denkt voll Schrecken an die 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück, als sich landauf, landab in Betrieben Friedensinitiativen bildeten und gleichzeitig und damit verbunden um die 35 Stunden Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich gekämpft wurde.

Aus dieser Zeit können wir viel lernen. Wir müssen den Friedenskampf dorthin tragen, wo wir leben und arbeiten. Wir brauchen Kämpfe um die sozialen Interessen, gegen die wachsende Ausbeutung, gegen die Spaltung der Ausgebeuteten. Und in beidem müssen wir die Verbindungen deutlich machen. Kriege werden geführt für die imperialistischen Ziele des Monopolkapitals, für seine Profite, für Transportwege, für Rohstoffe und Absatzmärkte. Und Kriege und Hochrüstung kosten Geld, das über die Steuern, über die Umverteilung aus den Massen gepreßt wird, zu ihren Lasten geht.

Einen Zwischenruf höre ich: "Ist doch immer noch besser als Trump!" Nun, Trump ist ein Kriegstreiber, Rassist und Frauenfeind - das hat die Herrschenden in unserem Land an amerikanischen Präsidenten noch nie gestört. Reagan und Bush waren Kriegstreiber, Rassisten und Frauenfeinde, Obama zumindest Kriegstreiber. Was sie stört, ist sein möglicher Protektionismus, der stört die Exportwalze als Krisenbewältigung auf Kosten anderer Ökonomien. Was stört, ist seine geringe Kalkulierbarkeit vor allem auch bei der gemeinsamen Haltung gegen den Hauptgegner Rußland. Wenn aber was stört, dann nützt man es aus, für eigene Hochrüstungsrunden. Dabei hat der deutsche Imperialismus drei Eisen im Feuer, die nationale Hochrüstung, die Militarisierung der EU und der Terraingewinn innerhalb der NATO. Deswegen dürfen wir uns nicht von der Gefährlichkeit des deutschen Imperialismus ablenken lassen. Das Problem Trump müssen vor allem die Massen und die Klasse in den USA lösen. Natürlich muß man gemeinsam und weltweit den Kriegstreibern in den Arm fallen - aber eben nicht auf Basis des Vergessens der eigenen Kriegstreiber.

Deshalb gegen die NATO, den ideellen Gesamtmilitaristen der führenden Imperialisten - raus aus diesem Kriegstreiberverein!

Deshalb gegen die aggressive Einkreisungspolitik gegenüber der VR China und Rußland - Frieden mit Rußland!

Deswegen: Stoppt die Hochrüstungspläne der Bundesregierung, egal ob dazu die NATO-Vorgaben genutzt oder eigene Pläne umgesetzt werden!

Deshalb: Stopp aller Rüstungsexporte und Stopp aller Auslandseinsätze der Bundeswehr! Kein Werben fürs Sterben, Bundeswehr raus aus Schulen, Universitäten und Arbeitsagenturen, verhindert ihre Werbekampagnen!

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Wie steht es um die Friedensbewegung in den USA?

Sonne in Kalifornien, Regenwetter in Oregon, tiefer Winter in Boston und Frühling in Salt Lake City - eine sechswöchige Tour durch die USA von Ende Februar bis Mitte April 2017 war ein besonderes Erlebnis. Während meiner friedenspolitischen "speaker's tour" konnte ich hautnah den politischen Umbruch spüren und dabei fast gleichzeitig diese kontrastreichen Eindrücke von Landschaften und deren Schönheit genießen. Für ihren Erhalt wird überall gekämpft. Vielleicht ist es eine Errungenschaft, daß um Umwelt und Umweltgestaltung heftig gestritten wird, fast in jeder Region und in jedem Staat. Umwelt- und Klimabewußtsein sind weit über die kritisch-engagierten Akteure hinaus vorhanden, es prägt das Handeln der sogenannten Mittelschichten, auch wenn es immer noch Tabuthemen gibt.

Ich habe während meiner USA-Reise bisher keinen Vortrag erlebt, bei dem nicht nach Deutschland und den erneuerbaren Energien mit viel Sympathie für die deutsche Entwicklung gefragt wurde. Klima- und Umweltfragen sind ein mobilisierender Faktor für US-Bewegungen.

So waren auch die Klimamärsche am 29. April mit insgesamt mehr als einer Million Teilnehmern eine Absage an die hemmungslose Politik der Ausbeutung aller Ressourcen durch die Trump-Administration und die Konzerne. Im Aufruf zur Demonstration wird die Friedensfrage als untrennbar mit der Klima-Problematik verbunden erwähnt. Die Ökologisierung hat sich stark in die Regionen, ja lokal in die Städte verlagert. Besonders Kalifornien wird "erneuerbar" und "grün".

Vieles hat sich seit der Inauguration von Trump geändert. Die Frustration über Trumps Wahl (sie war kaum eine Enttäuschung über Clintons Nichtwahl), die Erkenntnis, daß rechtsradikale Politik und Ideologie die Gesellschaft negativ umkrempeln können, ja die Wut auf unverantwortliche rassistische und sexistische Hetze hat zu einer nicht erwarteten Mobilisierung besonders junger Menschen in den USA geführt. Tolle Kontakte mit diesen Menschen haben mir in den letzten Tagen ein tieferes Gefühl der Frustration über die zutiefst unmenschlichen Sprüche und politischen Vorstellungen des neoliberalen Milliardärs Trump mit seiner zumindest halbkriminellen Vergangenheit vermittelt.

Demonstrationen gegen Trump sind ein Aufstand des Anstandes. Selten habe ich das Wort dignity (Würde) mit so einer tiefen individuellen Empathie (Einfühlung) gehört wie jetzt bei der Ankündigung weiterer und intensiverer Proteste gegen die Politik der Milliardäre und Generäle. Aus dieser moralischen Bewegung, die an Martin Luther Kings Bürgerrechtsbewegung anknüpft, muß jetzt eine soziale und Friedensbewegung werden, oder, wie es viele ältere Mitstreiterinnen formulieren, eine Bewegung gegen das schlimmste Übel der USA, den Militarismus.

Die Bewegung ist schon in den ersten Ansätzen weit mehr als eine Anti-Trump-Bewegung, mehr auch als eine Bewegung gegen die korrupte neoliberale individualistische Globalisierungspolitik à la Clinton. Sie ist deutlich mehr als eine Unterstützungsbewegung für Bernie Sanders, obwohl seine Unterstützer so etwas wie das Rückgrat der Bewegungen sind. Sie ist der politische Ausdruck der tiefen Unzufriedenheit der progressiven Kräfte und des Vertrauensverlusts von Millionen US-Bürger gegenüber den Macht-und-Geld-Eliten.

Die ersten Aktionen der Bewegung waren mehr als erfolgreich, z. B die Demonstration der Wissenschaftler (hat es in dieser Größe in den USA noch nie gegeben) für Wissenschaftsfreiheit und für eine öffentliche Finanzierung der Forschung. Riesig auch die Märsche für das Klima am 29. April in Washington, der "Women's March Against the Bomb" am 18. Juni in New York sowie vielfältige Aktionen gegen die Dakota Access Pipeline an fast jedem Wochenende. Sie beeinflussen das öffentliche Klima und beschränken die Aktions- und Entscheidungsmöglichkeiten von Trump doch erheblich.

Die Handlungen des US-Präsidenten Donald Trump stehen in der Tradition des Reaktionärsten, was die USA in den letzten Jahrzehnten hervorgebracht haben. Der Mann knüpft unter anderem an Ronald Reagans aggressiven Antikommunismus und Militarismus an. Seine "America First"-Politik ist sicherheitspolitisch ein ungehemmter Aufrüstungskurs.

Das belegen die geplante Erhöhung des Rüstungsetats um 54 Milliarden US-Dollar 2018 und vergleichbare weitere Erhöhungen für die folgenden Jahre, der Bau von zwei neuen Flugzeugträgern und von mehr als 100 Kriegsschiffen, angeblich um auf Augenhöhe mit allen anderen Marinemächten zu sein; die Fortsetzung der Modernisierung der Atomwaffen und die Entwicklung neuer, die - so der Auftrag an das Verteidigungsministerium - punktgenau auch regional eingesetzt werden können. Außerdem die Modernisierung und Ausweitung der US-Streitkräfte, besonders der Marine und der Luftwaffe; die Verstärkung der Programme für "Waffen im Weltraum", Drohnen und der Cyber-war. Begleitet werden diese Aufrüstungsschritte durch öffentliche Erklärungen zur Notwendigkeit und Stärkung der NATO bei neuer Arbeitsverteilung und deutlich ausgeweiteter Finanz- (und Kriegs-)Beteiligung der europäischen Verbündeten; Ankündigungen zur Ausweitung des militärischen Engagements, aktuell vor allem im Jemen (einschließlich von Spezialeinheiten für Bodeneinsätze und Drohnen) sowie, neben dem völkerrechtswidrigen Luftschlag, Planungen für einen Bodeneinsatz in Syrien.

Gegenüber Nordkorea und Iran sollen Szenarien entwickelt werden, die militärisches Eingreifen - zurückhaltend formuliert - nicht ausschließen. 5000 weitere Soldaten sind schon auf dem Weg nach Afghanistan. Zudem plant die neue US-Administration eine Intensivierung des Raketenabwehrprogramms in Asien und Europa.

Jegliche Illusionen über den Militarismus der neuen US-Regierung sind fehl am Platz. "Regime Change"-Planungen unter anderem für Kuba, Iran, Nordkorea sind Teil dieser strategischen Überlegungen. Bewegungen sind dabei, sich zu entwickeln. Sie sind im Kern, auch wenn das die Mehrheit der jetzt aktiv werdenden Menschen vielleicht noch nicht so sieht: antioligarchisch, sozial und emanzipatorisch, sicher kaum antikapitalistisch. Diese Bewegungen sind ermutigend, aufmunternd. Sie brechen die Resignation und Verzweiflung nach Trumps Wahlsieg auf.

Es bleibt die große Gefahr weiterer Kriege, eint die positive Einstellung zu Krieg und Militär doch alle "Fraktionen" der politischen Eliten der USA: Ein Beispiel ist der völkerrechtswidrige Einsatz der Tomahawks auf Syrien. Militarismus prägt die US-Gesellschaft. Die Friedensbewegungen beider Seiten des Atlantiks stehen vor großen Herausforderungen.

Reiner Braun

Reiner Braun ist Co-Präsident des Internationalen Friedensbüros (IPB).

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Friedenserziehung in der DDR?

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Erinnerung an einen britischen Friedensaktivisten
Lord Bertrand Russell (1872-1970)

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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DKP: Erklärung des Parteivorstands und des Bezirksvorstands Hamburg

Der G20-Gipfel ist beendet. Hamburg atmet auf. Das Ergebnis des Zusammentreffens der G7 mit den Schwellenländern und der EU steht in keinem Verhältnis zu Kosten, Aufwand und Ausnahmezustand, der vor allem die Hamburgerinnen und Hamburger getroffen hat. Es gibt eine Einigung darauf, daß die Märkte offen sein müssen und Protektionismus, also der Schutz des jeweiligen heimischen Marktes, vermieden werden soll. Damit kann das Groß- und Monopolkapital bestens leben. Dort, wo der Handel in ihrem Interesse reguliert werden soll, gab es auch ein Ergebnis: den Abschluß eines Freihandelsabkommens zwischen Japan und der EU.

Groß angekündigt war die Teilnahme Afrikas an diesem Gipfel. Die dortigen Märkte werden weiterhin mit Subventionen zum Beispiel der hiesigen Landwirtschaft für die Verwertungsbedingungen des Kapitals ausgeblutet. Den Menschen wird die Lebensgrundlage entzogen. Weitere Flüchtlingsströme und Tote im Mittelmeer werden die Folge sein.

Der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz hat sich mit seiner Großmannssucht eine blutige Nase geholt. Statt ernsthaft die sozialen Probleme in der Stadt anzugehen, versucht er, sich mit Großprojekten wie den Olympischen Spielen und dem Treffen der G20 als Staatsmann zu präsentieren. Während er sich im Millionengrab Elbphilharmonie amüsierte, lief die Veranstaltung draußen aus dem Ruder. Sein Innensenator Andy Grote hatte vor der Presse verkündet, er erwarte ein "Festival der Demokratie".

Die Fakten sprechen eine andere Sprache: Wochen vor dem Gipfel haben die bürgerlichen Medien ein Klima von Angst mit dem Hinweis auf erwartete Gewalt erzeugt. Bereits im Vorfeld wurde der Protest kriminalisiert. Bei mehreren Aktivisten fanden Hausdurchsuchungen statt. In einem Drittel Hamburgs wurden Grundrechte, insbesondere die Versammlungsfreiheit, mittels behördlicher Allgemeinverfügung außer Kraft gesetzt, mehr als 22.000 Polizei- und Spezialkräfte mit modernstem technischem Equipment wurden eingesetzt. Gerichtsurteile zum Campen in der Stadt wurden mißachtet, und gegen Protestierende wurde zum Teil brutal vorgegangen. Es kam zu lebensgefährlichen Situationen durch Polizeigewalt.

Der martialische Einsatz des staatlichen Gewaltpotentials war nicht nur gegen die unmittelbar Betroffenen gerichtet. Er war ein Signal an alle fortschrittlichen Kräfte, daß die Herrschenden, das Monopolkapital und seine politischen Vertreter, bereit sind, alle Machtmittel innerhalb und außerhalb des Rechts einzusetzen, wenn ihr Herrschaftsanspruch auch nur ansatzweise in Frage gestellt wird. Zudem boten Randalierer und Provokateure die Möglichkeit, mit Bildern von brennenden Autos, Barrikaden und geplünderten Läden Bürger, die sich in die Protest gegen die Großmannssucht unter den Politikern eingereiht hatten, in den Schoß von Ruhe und Ordnung zurückzuholen und wieder einzubinden.

Diese Bilder waren gewollt. Personen, die in Hamburg für eine autonome Politik stehen, haben erklärt, daß sie mit diesen sinnentleerten Aktionen nichts zu tun haben. Sie lehnen sie als völlig destruktiv ab.

Das politische Ziel der Spaltung der Bewegung gegen den G20-Gipfel ging nicht auf. Deutlich mehr als 150.000 Menschen haben sich in der Woche vor und während des Gipfels an Demonstrationen, Aktionen, Blockaden und Veranstaltungen gegen den Gipfel engagiert. An der abschließenden Großdemonstration beteiligten sich Umweltschutzverbände, Christen, Gewerkschaften, Organisationen der Migranten, Schüler, Bürgerinitiativen und viele Einzelpersonen.

Der internationale kommunistische Block mit Genossinnen und Genossen aus Hamburg, Deutschland, dem europäischen und weltweiten Ausland zeigte die Ursachen und den Gegner auf: "Fight Imperialism". Um Alternativen zum Imperialismus, den Sozialismus, ging es auch bei der Podiumsdiskussion mit Mitgliedern von fünf kommunistischen Parteien, die die DKP im Rahmen der Proteste organisiert hatte. Wer die Not der Menschen dauerhaft beseitigen will, muß nicht nur die politischen Repräsentanten bekämpfen. Er muß die eigentlichen Träger dieser Politik, das Monopolkapital, bekämpfen. Er muß für eine andere, eine bessere, eine gerechte Welt, für den Sozialismus kämpfen.

(redaktionell gekürzt)


Ich weiß, daß wir bei brisanten Großdemos verdeckt agierende Beamte, die als taktische Provokateure, als vermummte Steinewerfer fungieren, unter die Demonstranten schleusen. Sie werfen auf Befehl Steine oder Flaschen in Richtung der Polizei, damit die dann mit der Räumung beginnen kann.

Aussage eines Polizisten, zitiert von Jörg Heuer in einem Artikel im "Hamburger Abendblatt" vom 18. Oktober 2010


Unter den angeblichen "Linksextremisten", die während des G20-Gipfels in Hamburg randalierten, hat der Fotojournalist Andreas Scheffel mehr als 70 Rechte erkannt. "Die Personen konnte ich anhand von eigenen Daten identifizieren, die mir durch meine langjährige Arbeit zur Verfügung stehen - aus dem Bereich der Demonstrationen oder anderen Veranstaltungen, bei denen ich immer wieder zugegen bin", erklärte er in einem Interview mit dem Südwestdeutschen Rundfunk (SWR). Es handle sich um Personen aus Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, aus Sachsen und aus Hessen, so Scheffel, der sich seit Jahren mit der Neonaziszene befaßt. Das Phänomen des Randalierens unter "falscher Flagge" ist ihm zufolge nicht neu: "Nein, das sieht man immer wieder, daß rechte Gruppierungen sich bei größeren Veranstaltungen versuchen, autonom drunterzumischen."

(jW, 19. Juli)


Wie habe ich die Proteste erlebt, als jemand, der dem Aufruf von Pax Christi, Attac, der Partei Die Linke und vielen anderen gefolgt war und an der großen Demonstration am 8. Juli teilnahm? Um es kurz zu sagen: Die Gewalt habe ich nur im Fernsehen gesehen. Auf der großen Demonstration selbst herrschte ein völlig anderer Geist. Dieser Geist war international, bunt und kreativ, entspannt und gutgelaunt, aber auch politisch sehr entschlossen und kämpferisch. Eine Vielzahl von Menschen und Gruppen kam zusammen: Pflanzen- und Tierschützer, Chinesen und Kurden, bunt geschminkte Clowns und schwarz gekleidete Antifas, dogmatische Kommunisten und vorher lange auf keiner kapitalismuskritischen Demo gesichtete Grüne. Christen, Muslime, Freidenker. Sie alle stellten sich gegen die mörderischen Auswüchse eines grenzenlosen Kapitalismus und protestierten für eine Politik des sozialen Ausgleichs, der ökologischen Vernunft sowie eines gewaltfreien und solidarischen Internationalismus. Es wurde gesungen, getanzt, aber auch skandiert und agitiert ...

Jonas Christopher Höpken, Oldenburg (jW, 17. Juli)

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Kubanische Regierung weist US-Angriffe zurück

Am 16. Juni kündigte US-Präsident Donald Trump in einer von feindlicher Rhetorik geprägten Rede in Miami eine Politik seiner Regierung gegenüber Kuba an, welche die Fortschritte der letzten Jahre rückgängig macht.

Neben der Rede unterzeichnete Trump in derselben Veranstaltung ein "präsidentielles Memorandum der nationalen Sicherheit zur Stärkung der Politik der Vereinigten Staaten gegenüber Kuba", in dem die Beseitigung des Bildungsaustauschs "people to people" und eine stärkere Überprüfung derjenigen, die aus den Vereinigten Staaten nach Kuba reisen, verfügt wird sowie das Verbot von Wirtschafts-, Handels- und Finanztransaktionen von US-Firmen mit kubanischen Unternehmen, die mit den Revolutionären Streitkräften und Nachrichten- und Sicherheitsdiensten in Verbindung stehen. Der Präsident der Vereinigten Staaten rechtfertigte diese Politik mit Bedenken über die Situation der Menschenrechte in Kuba und der Notwendigkeit, die Blockadegesetze anzuwenden und deren Aufhebung sowie jegliche Verbesserung in den bilateralen Beziehungen davon abhängig zu machen, daß Kuba Veränderungen in seiner verfassungsmäßigen Ordnung durchführt.

Trump setzte die Präsidialdirektive "Normalisierung der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba" außer Kraft, die am 14. Oktober 2016 von Präsident Obama erlassen wurde. Auch wenn diese Direktive weder den Charakter der Einmischung der Politik der Vereinigten Staaten noch deren Ziel verhehlte, weiterhin das Interesse an der Änderung der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Ordnung unseres Landes zu verfolgen, anerkannte sie dennoch die Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung Kubas. Sie akzeptierte die Regierung Kubas als einen legitimen und gleichwertigen Gesprächspartner und sah auch den Nutzen, der sich für beide Länder und Völker aus einer Beziehung des zivilisierten Miteinanderlebens trotz der großen Unterschiede, die zwischen beiden Regierungen bestehen, ergibt. Darin wurde auch eingestanden, daß die Blockade eine veraltete Politik sei und beseitigt werden müsse.

Erneut greift die Regierung der Vereinigten Staaten jetzt auf die Zwangsmethoden der Vergangenheit zurück, indem sie Maßnahmen zur Verschärfung der Blockade anwendet, die seit Februar 1962 besteht und nicht nur Schäden und Entbehrungen für das kubanische Volk mit sich bringt und unleugbar ein Hindernis für die Entwicklung unserer Wirtschaft darstellt, sondern auch die Souveränität und die Interessen anderer Länder beeinträchtigt und international auf Ablehnung stößt.

Die angekündigten Maßnahmen legen den ohnehin sehr beschränkten Möglichkeiten, über die der industrielle Sektor der Vereinigten Staaten bei Handel und Investitionen in Kuba verfügte, weitere Fesseln an. Gleichzeitig wird auch das Recht der Bürger der Vereinigten Staaten, unser Land zu besuchen, eingeschränkt.

Die Ankündigungen Präsident Trumps stehen im Widerspruch zur öffentlichen Meinung in den Vereinigten Staaten, wozu auch die dortige kubanische Emigration gehört, die sich mehrheitlich für die völlige Aufhebung der Blockade und die Normalisierung der Beziehungen zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten ausspricht.

Statt dessen trifft der einmal mehr schlecht beratene Präsident der Vereinigten Staaten Entscheidungen, die den politischen Interessen einer extremistischen Minderheit kubanischen Ursprungs im Staat Florida entgegenkommen, die aus niedrigen Motiven dem Bestreben nicht widerstehen kann, Kuba und sein Volk zu bestrafen, weil es das legitime und souveräne Recht ausübt, frei zu sein und die Zügel seines Schicksals in die eigenen Hände genommen hat.

Die Regierung Kubas weist die neuen Maßnahmen zur Verschärfung der Blockade zurück, die zum Scheitern verurteilt sind und weder die Revolution schwächen noch das kubanische Volk in die Knie zwingen werden. Seine Widerstandskraft gegen Aggressionen jedweder Art und Herkunft wurde im Laufe von fast sechs Jahrzehnten unter Beweis gestellt.

Die Regierung Kubas weist die unterschiedlichen Maßstäbe beim Thema Menschenrechte zurück. Das kubanische Volk erfreut sich elementarer Rechte und Freiheiten und hat vieles erreicht, auf das es stolz ist und das für viele Länder der Welt, die Vereinigten Staaten eingeschlossen, nur ein Wunschtraum ist; dazu gehört das Recht auf Gesundheit, Bildung, soziale Sicherheit, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Rechte der Kinder und das Recht auf Ernährung, Frieden und Entwicklung. Mit seinen bescheidenen Mitteln hat Kuba auch zur Verbesserung der Menschenrechte an vielen Orten der Welt beigetragen. Es ist nicht Sache der USA, uns Lehren zu erteilen.

Wir sind sehr besorgt, was den Respekt vor den Menschenrechten und die Garantien für dieselben in diesem Land betrifft, wo es zu zahlreichen Fällen von Morden, Brutalität und polizeilichen Übergriffen gekommen ist, namentlich an Afroamerikanern. Das Lebensrecht wird verletzt, indem man Menschen mit Schußwaffen umbringt. Die Arbeitskraft von Kindern wird ausgebeutet, und es gibt schwerwiegende Fälle rassistischer Diskriminierung. Man droht damit, an den medizinischen Dienstleistungen weitere Einschnitte vorzunehmen, was 23 Millionen Menschen ohne Krankenversicherung läßt. Es existiert Ungleichheit bei der Entlohnung von Männern und Frauen. Emigranten und Flüchtlinge werden marginalisiert, vor allem solche aus islamischen Ländern. Man beabsichtigt, Mauern zu errichten, die Nachbarn herabsetzen, und man gibt internationale Verpflichtungen preis, die Umwelt zu erhalten und sich dem Klimawandel zu stellen.

In gleicher Weise sind von den Vereinigten Staaten in anderen Ländern begangene Menschenrechtsverletzungen Anlaß zur Besorgnis wie die willkürliche Inhaftierung Dutzender Gefangener im durch die Marinebasis illegal besetzten Territorium von Guantanamo, wo auch gefoltert wird, des weiteren die außergerichtlichen Hinrichtungen und die zivilen Bombenopfer durch Einsatz von Drohnen, die gegen verschiedene Länder entfesselten Kriege wie beispielsweise gegen den Irak, dies mit verheerenden Auswirkungen auf den Frieden, die Sicherheit und die Stabilität in der Region des Mittleren Ostens.

In ihrer am 1. Juli 2015 herausgegebenen Deklaration bestätigte die kubanische Regierung, daß zwischennationale "Beziehungen sich auf den absoluten Respekt vor unserer Unabhängigkeit und Souveränität gründen müssen, dem unveräußerlichen Recht des ganzen Staates, sein politisches, wirtschaftliches, soziales und kulturelles System ohne Einmischung irgendwelcher Art selbst wählen zu können wie auch die souveräne Gleichheit und Gegenseitigkeit, die unverzichtbare Grundsätze des internationalen Rechts konstituieren", wie es die Proklamation Lateinamerikas und der Karibik als Zone des Friedens festschreibt, die von den Staats- und Regierungschefs der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC) auf deren II. Gipfel in Havanna unterzeichnet wurde. Kuba hat nie auf diese Prinzipien verzichtet, noch wird es dies jemals tun.

Die Regierung Kubas bekräftigt ihren Willen, einen respektvollen Dialog und die Zusammenarbeit bei Themen von beiderseitigem Interesse sowie der Verhandlung anstehender bilateraler Angelegenheiten mit der Regierung der Vereinigten Staaten fortzusetzen.

Jegliche Strategie, die darauf gerichtet ist, das politische, wirtschaftliche und soziale System in Kuba zu ändern, sei es, daß man dieses Ziel mittels Druck und Belastungen oder unter Anwendung subtiler Methoden anstrebt, wird zum Scheitern verurteilt sein. Über die in Kuba notwendigen Veränderungen wird weiterhin souverän das kubanische Volk entscheiden.

Wie wir es seit dem Sieg vom 1. Januar 1959 gehalten haben, werden wir kein Risiko scheuen und weiter fest und sicher am Aufbau einer souveränen, unabhängigen, sozialistischen, demokratischen, gedeihlichen und nachhaltigen Nation arbeiten.

Havanna, 16. Juni 2017
(gekürzt und red. bearbeitet)

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Erfolgreicher Streik für Freiheit und Würde

Ende Mai 2017 konnten palästinensische politische Gefangene einen eindrucksvollen Sieg über die repressiven Haftbedingungen in israelischen Gefängnissen verkünden. Nachdem Vertreter der israelischen Gefängnisverwaltung Konzessionen gegenüber den Häftlingen gemacht hatten, erklärten diese ihren Hungerstreik nach einundvierzig Tagen für beendet.

Nach Angaben der israelischen Offiziellen waren insgesamt mehr als 1570 Häftlinge an dem Streik beteiligt. Rund 800 Gefangene hungerten noch, als sie am Vorabend des heiligen Fastenmonats Ramadan ihre Kampfmaßnahme nach mehr als zwanzigstündigen Dauerverhandlungen einstellten. Achtzehn der Streikenden befanden sich zu diesem Zeitpunkt mit schweren gesundheitlichen Komplikationen zur stationären Behandlung im Krankenhaus.

Der Hungerstreik wurde von Marwan Barghuthi angeführt, einem politischen Gefangenen, den die israelische Besatzungsmacht seit dreizehn Jahren in Haft hält. Barghuthi ist Kommandeur der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO.

(Laut der US-Zeitung "Liberation", dem Blatt der "Party for Socialism and Liberation", erklärte der Streikführer, der Hungerstreik sei "der längste kollektive Streik" und "ein heldenhafter historischer Sieg in der fünfzigjährigen Geschichte der Gefangenenbewegung" gewesen. Er stelle einen "Wendepunkt" in der Beziehung der palästinensischen Häftlinge zu den Offiziellen des israelischen Gefängnissystems dar. jW)

Mit ihrem Streik hatten die Häftlinge gegen schlechtes Essen, Überbelegung der Haftanstalten und mangelnde Bildungsangebote protestiert. Sie forderten eine Verbesserung der medizinischen Versorgung und die sofortige Beendigung der Isolationshaft. Eine weitere Hauptforderung richtete sich gegen das, was die israelische Justiz "Administrativhaft" nennt, also die Inhaftierung ohne jede Anklage und Gerichtsverhandlung.

Die palästinensischen Gefangenen erklärten, in all ihren Forderungen Erfolge erzielt zu haben. Der Hungerstreik, der unter dem Motto "Streik für Würde und Freiheit" geführt wurde, war eine wagemutige politische Kampfaktion gegen den israelischen Apartheidsstaat.

Das "Palästinensische Unterstützungsnetzwerk für Gefangene" lobte die Hungerstreikenden für ihre Standhaftigkeit und begrüßte ihren Sieg. Das Netzwerk kritisierte aber auch das Internationale Rote Kreuz, weil es sich nicht angemessen dafür eingesetzt habe, daß die Gefangenen wegen angeblicher "haushaltspolitischer Bedenken" der Regierung seit mehr als einem Jahr nur an einem Tag pro Monat und nicht wie zuvor an mindestens zwei Tagen Besuch von ihren Familien erhalten konnten. Der Staat Israel hält derzeit mehr als 6000 Palästinenser in Gefangenschaft, darunter in rechtswidriger Weise auch viele Kinder und Jugendliche.

Neben dem Widerstand in den besetzten Gebieten spielte auch die internationale Solidarität eine entscheidende Rolle beim erfolgreichen Kampf der palästinensischen Gefangenen. Prominente Unterstützer und politische Gefangene aus vielen Ländern hatten sich mit den Streikenden solidarisch erklärt. Darunter René Gonzáles von den "Cuban Five", der fünfzehn Jahre in US-Gefängnissen eingesperrt war, und Oscar López Rivera. Der puertoricanische Unabhängigkeitskämpfer war erst kürzlich nach 36 Jahren hinter US-Gittern freigelassen worden.

Mumia Abu-Jamal
("junge Welt", 10. Juni,
Übersetzung: Jürgen Heiser)

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Vertrauen in die Zukunft

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Der kalte Krieg, die CIA und Allen Dulles

Die Geschichte der CIA konnte in den vergangenen Jahren wegen der Veröffentlichung wichtiger Aktenbestände sowie durch manche der in Untersuchungsausschüssen des Kongresses bekanntgewordenen skandalösen Operationen des geheimnisumwitterten Dienstes recht gut erforscht werden. Nicht selten wurden Ergebnisse dieser Forschungsarbeiten in der Presse und in Fernsehdokumentationen präsentiert.

Und dennoch schaffte es jüngst ein Buch, das sich mit dem US-amerikanischen Geheimdienst von seiner Gründung 1947 bis in die späten 60er Jahre befaßt, in die Bestsellerlisten nicht nur der USA, sondern auch der BRD. "Das Schachbrett des Teufels" lautet sein eher für einen Kriminalroman geeignet erscheinender Titel. Erst der Untertitel gibt Aufschluß über den Inhalt des Bandes: "Die CIA, Allen Dulles und der Aufstieg von Amerikas heimlicher Regierung".

Tatsächlich liest sich das Werk des Publizisten David Talbot streckenweise wie ein Thriller, erscheinen die gut dokumentierten "verdeckten" Aktionen der CIA, als seien sie der Phantasie eines zweitklassigen Drehbuchautors entsprungen. Doch weit gefehlt.

In der plastischen und mit vielen Details angereicherten Darstellung US-amerikanischer Geheimdienst-Operationen in vielen Teilen der Welt, seien sie in Guatemala, im Iran, im Kongo oder gegen das sozialistische Kuba organisiert worden, liegt der Vorzug des lesenswerten Buches. Die Stärke des Bandes ist jedoch zugleich seine Schwäche: Der Autor erzählt zwar spannend und läßt dabei die handelnden Personen plastisch vor das Auge der Leserinnen und Leser treten. Allerdings geht dabei mitunter der "rote Faden" in der Fülle der ausgebreiteten Details verloren.

Doch zunächst zu einigen der wichtigsten Themen und Thesen des Buches. Talbot zeichnet die Biographie von Allen Dulles nach, dessen weltanschaulich-politische Grundierung militant antikommunistisch war. Der erfolgreiche New Yorker Anwalt war im Zweiten Weltkrieg als Leiter des US-amerikanischen Geheimdienstes Office of Strategic Services (OSS) in der Schweiz weniger darauf bedacht, zum Erfolg der Anti-Hitler-Koalition beizutragen als vielmehr enge Beziehungen zu Würdenträgern des seiner Niederlage entgegentaumelnden Nazi-Regimes zu knüpfen. Ein besonders vertrauensvolles Verhältnis unterhielt er mit SS-Obergruppenführer Karl Wolff, dem Chef des persönlichen Stabes von Heinrich Himmler und obersten SS- und Polizeiführer in Italien. Für den OSS-Residenten in Bern war dies die logische Folge seiner Weltsicht. Denn Dulles gehörte zu denjenigen Repräsentanten seines Landes, die schon immer der Meinung waren, daß nicht das faschistische Deutschland, sondern die Sowjetunion der eigentliche Feind seines Landes sei, den es zu vernichten gelte.

Der militante Antikommunismus von Allen Dulles war auch die Ursache für seine Bemühungen um einen Separatfrieden mit Hitlerdeutschland sowie seine Unterstützung für Nazi-Verbrecher, die nach dem Ende des Krieges auf der "Rattenlinie" über Italien nach Lateinamerika geschleust wurden. Talbot bringt präzise auf den Begriff, worum es Dulles dabei ging: Ihm war "daran gelegen, den Sicherheitsapparat des Dritten Reiches zu retten und ihn gegen die Sowjetunion zu wenden - die für ihn immer der wahre Feind Amerikas war." Allen Dulles war führend daran beteiligt, daß der faschistische Geheimdienst "Fremde Heere Ost" unter der Aufsicht der CIA seine Agentenkartei und seine Erfahrungen aus dem Aggressionskrieg gegen die UdSSR im kalten Krieg für den US-Imperialismus "nutzbringend" einbringen konnte. Zwischen Dulles und dem Chef des späteren Bundesnachrichtendienstes General Reinhard Gehlen entwickelten sich nicht nur "produktive" Arbeits-, sondern sogar freundschaftliche Beziehungen. Hierzu bietet Talbots Buch manche neue Informationen. Dem Autor ist zuzustimmen, wenn er schreibt: "Hätten die US-Geheimdienste Gehlen nach dem Krieg nicht gerettet, wäre er in Nürnberg sicherlich als Kriegsverbrecher verurteilt worden."

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kehrte Allen Dulles zunächst an den Schreibtisch seiner New Yorker Anwaltskanzlei zurück, um sich wieder seinen prominenten Kunden aus der US-amerikanischen Großindustrie zu widmen. Doch 1950 wurde er "Direktor für spezielle Operationen" der CIA, bei denen es sich um die Einmischung der USA in die inneren Angelegenheiten anderer Länder handelte. Es ging um die Manipulation von Wahlen, die Gewinnung von Marionetten der CIA innerhalb von Parteien und Regierungen, um Akte der Diversion in den volksdemokratischen und sozialistischen Ländern, aber auch um die Auslösung von Militärputschen gegen Regierungen, die als "feindlich" gegenüber den USA angesehen wurden. Allen Dulles, der seit 1953 als Direktor der CIA amtierte, handelte vollkommen skrupellos. Er schreckte nicht vor gesetzwidrigen Handlungen jeglicher Art zurück, einschließlich der Anzettelung von politischen Morden. Finanzielle Mittel standen dem US-Geheimdienst in fast unbeschränkter Höhe zur Verfügung, sein Personalbestand erreichte immer größere Dimensionen, und schließlich wuchsen unübersehbar Tendenzen seiner Verselbständigung gegenüber den verschiedenen Administrationen. Die CIA - so die Kernthese des Buches - entwickelte sich immer stärker zu einer Art "heimlicher Regierung" des Landes, wobei sie im Laufe der Jahre ihre Aktivitäten auch auf die USA ausdehnte. Dabei unterstützten Allen Dulles und die CIA aktiv alle von reaktionären politischen Kräften unternommenen Bestrebungen, der Sympathie mit dem "Kommunismus" verdächtige Personen aufzuspüren und zu diskreditieren, wodurch eine Atmosphäre der Intoleranz und der Einschüchterung gegenüber allen liberalen Kräften ausgelöst wurde.

Jedenfalls entstand ein bürokratischer Moloch, der nur schwer zu kontrollieren war. Nicht selten betrieb der Geheimdienst so etwas wie eine "Politik auf eigene Rechnung", zumal das Weiße Haus und das Außenministerium sich mitunter aus außenpolitischen Rücksichtnahmen und im Hinblick auf die "öffentliche Meinung" gegen eine offen aggressive Politik des US-Imperialismus aussprachen. Besonders lesenswert sind in diesem Zusammenhang die Passagen des Bandes, in denen der Autor beschreibt, wie schwer es dem im November 1960 gewählten Präsidenten John F. Kennedy fiel, die Absetzung von Allen Dulles durchzusetzen, der inzwischen in Washington ein dichtes Netzwerk von Beziehungen geknüpft hatte und mit vielen Repräsentanten des Big Business seit seiner Zeit als Anwalt großindustrieller Unternehmen auf vertrautem Fuße stand.

Auch nach seiner Absetzung agierte Dulles so, als sei er unverändert der Direktor der CIA. Fast regelmäßig lud er seine Mitarbeiter zu Unterredungen, ließ sich über neueste Projekte des Geheimdienstes informieren und sparte nicht mit "Ratschlägen".

Talbot schildert den Alltag des pensionierten Geheimdienstchefs so, als habe er ungeachtet seines Ruhestandes immer noch viele Fäden in der Hand gehalten. Daß er, wie der Autor unterstellt, seine Hände bei der Vorbereitung der Ermordung John F. Kennedys im Spiel hatte, scheint allerdings nicht zweifelsfrei belegt.

Welche Defizite hat Talbots Geschichte der CIA? Er verabsolutiert die gewiß sehr einflußreiche Rolle, welche die CIA in den Zeiten des kalten Krieges spielte, im Vergleich zu den Einwirkungsmöglichkeiten der wirtschaftlichen Eliten, deren Geldzuwendungen bis zum heutigen Tag die Präsidentenwahlen entscheidend beeinflussen und die über die Entsendung von Kadern in den Regierungsapparat sowie mit Hilfe der Medien das politische Geschäft in ihrem Sinne kontrollieren und wesentlich bestimmen können. Auch darf die Rolle des Militärs nicht unterschätzt werden. Die "Joint Chiefs of Staff" spielten nicht nur in allen weltpolitischen Krisen des kalten Krieges eine unheilvolle Rolle als Scharfmacher, sondern sie üben auch im politischen Alltag als wichtige Ratgeber des Präsidenten eine nicht zu unterschätzende Funktion aus. Ob also die CIA tatsächlich "Amerikas heimliche Regierung" darstellt bzw. im untersuchten Zeitraum darstellte, erscheint diskussionswürdig.

Der Autor schildert in eindrucksvoller Weise die völkerrechtswidrigen CIA-Aktionen im Iran (1953), in Guatemala (1954), gegenüber dem sozialistischen Kuba (seit 1960) und dem Kongo (1961). Leider kommen dabei die zahlreichen "verdeckten" Aktionen gegenüber den sozialistischen und volksdemokratischen Ländern in Mittel- und Osteuropa, darunter die DDR, bei weitem zu kurz. Das verwundert um so mehr, als diese Seite der CIA-Aktivitäten in den vergangenen Jahren von US-amerikanischen Historikern gut erforscht worden ist. Insgesamt mangelt es der Darstellung an einer analytischen Durchdringung der behandelten Themen. Viele anekdotische Details aus dem Leben von Allen Dulles und seiner Familie wären besser vom Lektor gestrichen worden. Und dennoch: Wer sich zuverlässig über die Geschichte der CIA im kalten Krieg der 50er und 60er Jahre und ihren langjährigen Direktor Allen Welsh Dulles informieren möchte, der sollte unbedingt zu David Talbots Buch greifen.

Dr. Reiner Zilkenat

David Talbot: Das Schachbrett des Teufels. Die CIA, Allen Dulles und der Aufstieg von Amerikas heimlicher Regierung.
Westend-Verlag, Frankfurt am Main 2016, 604 S., zahlr. Fotos, 28 €

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Charitonow fordert Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Polen
Protest gegen Denkmalschändungen

Der russische Abgeordnete Nikolai Charitonow (KPRF) hat Anfang Juli einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Polen und den Abzug des Botschafters aus Warschau gefordert. Die Duma solle eine entsprechende Erklärung abgeben, forderte der ehemalige Präsidentschaftskandidat.

Damit solle Rußland auf den angekündigten Abriß sowjetischer Kriegsdenkmäler in Polen reagieren. "Wir müssen eine Erklärung zum Gesetz des polnischen Sejms annehmen", so der Abgeordnete.

Der polnische Sejm hatte am 22. Juni (!) ein Gesetz verabschiedet, welches den Abriß von Denkmälern aus Sowjetzeiten vorschreibt. Laut Schätzungen des Instituts für Nationales Gedenken in Warschau fallen landesweit rund 230 Denkmäler für die Rote Armee unter dieses Gesetz.

Nikolai Charitonow erreichte bei den russischen Präsidentschaftswahlen 2004 mit 13,7 Prozent Platz zwei hinter Amtsinhaber Wladimir Putin. Die KPFR ist die zweitstärkste Kraft in der Duma hinter der Partei Geeintes Rußland.

Das russische Außenministerium hat inzwischen die polnischen Gesetzesänderungen scharf kritisiert und als "empörende Provokation" bezeichnet. Die Änderungen, laut denen in Polen Hunderte Denkmäler und Gedenksymbole für die sowjetischen Kämpfer, die Polen zwischen 1944 und 1945 befreiten, abgerissen werden sollen, wurden am 17. Juli durch Präsident Andrzej Duda gebilligt und sollen am 17. Oktober in Kraft treten.

"Die Denkmäler der Dankbarkeit an die Rote Armee und die sowjetischen Befreiungskämpfer erinnern daran, daß Polen dank dem Sieg über den Faschismus, zu dem die Sowjetunion den entscheidenden Beitrag leistete, als Staat erhalten blieb und das polnische Volk nicht vernichtet bzw. vertrieben wurde, sondern weiter auf seinem Boden leben konnte. Die Sowjetunion zahlte einen hohen Preis für die Befreiung Polens - allein bei den Kämpfen gegen den Feind auf diesem Territorium kamen mehr als 600.000 sowjetische Soldaten ums Leben. Hunderttausende sowjetische Kriegsgefangene, die in den Konzentrationslagern Hitlers festgehalten worden waren, ruhen ebenfalls in polnischer Erde", hieß es im russischen Außenministerium.

"Polens Behörden wissen natürlich sehr gut, welch ungeheure Beleidigung dies für das russische Volk und die Völker der Länder ist, die zur Sowjetunion gehörten, deren Söhne und Töchter gegen den gemeinsamen Feind um Leben und Freiheit der Völker Europas, darunter der Polen, kämpften", so russische Diplomaten.

(Gestützt auf "Sputnik news")

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Ungarn gegen George Soros

In diesem Jahr gab es in Ungarn Protestaktionen gegen ein neues Hochschulgesetz, nach dem eine ausländische Universität einen Lehrbetrieb im Mutterland unterhalten muß. Hinter dieser Gesetzesinitiative soll Ministerpräsident Viktor Orbàn stecken, dem sicherlich jedes Mittel recht ist, seine Macht und die Herrschaft seiner rechten Partei Fidesz zu sichern. Die angemahnte Regelung würde eine einzige von 28 Hochschulen, die "Zentraleuropäische Universität" (CEU), betreffen. Sie wurde 1991 von dem US-Amerikaner und Milliardär George Soros, einem gebürtigen Ungarn, geschaffen.

"Mehr als 14.000 Nachwuchswissenschaftler aus rund 100 Ländern haben an der englischsprachigen Privatuniversität im letzten Vierteljahrhundert anspruchsvolle Aufbaustudiengänge absolviert und auch in den USA anerkannte Magister- oder Doktortitel erworben", hieß es im April bei "Zeit Online".

In diesem Zusammenhang soll ein Blick auf die schillernde Figur des George Soros geworfen werden. Er wurde 1930 in Budapest geboren und überlebte trotz seiner jüdischen Herkunft die faschistische deutsche Besetzung (1944). 1947 setzte er sich nach Großbritannien ab, studierte und promovierte dort. 1956 zog es ihn in die USA. Hier stieg er in die Finanzwelt ein und raffte ein riesiges Vermögen durch Spekulationen zusammen, die ganze Volkswirtschaften schwer schädigten. Berühmt-berüchtigt ist der Quantum-Fonds, ein Hedge-Fonds, mit dem Soros auf Grundlage makroökonomischer Beobachtung spekuliert. Ein Beispiel dafür ist die Spekulation gegen das überbewertete Britische Pfund. Es brach 1992 zusammen, weil die Bank of England nicht mehr in der Lage war, den feststehenden Wechselkurs im Europäischen Währungssystem durch Devisenmarktintervention aufrechtzuerhalten. Im Hintergrund stand Soros. Er verkaufte an den Börsen geliehene 10 Mrd. Pfund, hauptsächlich gegen Deutsche Mark und Französische Franc. Damit setzte eine Flucht aus der britischen Währung ein. Sie wurde an den Märkten entwertet. Nach der Abwertung kaufte Soros die Britischen Pfund zu einem weitaus günstigeren Kurs/Preis zurück. Der Hedge-Fonds machte so in kurzer Zeit einen Gewinn von 1 Mrd. US-Dollar. Die Folge war, daß Großbritannien aus dem Europäischen Währungssystem austrat. Eine ähnlich üble Rolle spielte Soros während der Asienkrise 1997/1998. Mit gezielten Angriffen gegen die thailändische Währung trug Soros zur Auslösung der ostasiatischen Wirtschaftskrise bei. Insgesamt soll er durch Spekulationen ein Vermögen von ca. 25 Mrd. US-Dollar zusammengerafft haben. Er gehört heute zu den 30 reichsten Personen in der Welt.

Soros ist nicht nur reich, sondern auch einflußreich. In den vergangenen Jahrzehnten hat er 12 Mrd. US-Dollar an Organisationen und Personen "gespendet", die sich für "Demokratie und Freiheit" einsetzten. Dazu bediente er sich u. a. seiner Stiftung "Open Society Foundation", die übrigens auch die Münchener Sicherheitskonferenz mitfinanziert. Zu den Geldempfängern gehören der Washingtoner "Think Tank" Atlantic Council, das Chatham House, das International Institute for Strategic Studies (IISS) mit Sitz in Großbritannien und die Organisation Transparency International. Das IISS z. B. wurde 1958 in Großbritannien gegründet und ist ein führendes Institut, das militärstrategische Studien für die NATO entwickelt, Konflikte analysiert, die militärische Stärke von Ländern untersucht und Vorstellungen für "Konfliktlösungen" entwickelt. Im Jahre 2012 erhielt sogar das internationale Friedensforschungsinstitut in Stockholm (SIPRI) finanzielle Unterstützung.

Soros' zahlreichen Fonds, Organisationen und internationalen Stiftungen wird vorgeworfen, daß sie sich in einer Reihe von Ländern einen Regimewechsel zum Ziel gesetzt haben und in Umstürze verwickelt sind. Der Milliardär bestreitet nicht, daß seine Gelder in der Ukraine die "Orangene Revolution" im Jahre 2004 und den sogenannten Euro-Maidan im Jahre 2013/14 mitfinanziert haben. Der "Euro-Maidan" sollte die damalige ukrainische Regierung zwingen, ein Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterzeichnen. Die "friedlichen" Kräfte waren plötzlich militant und übernahmen am 22. Februar 2014 mit Unterstützung der USA, Polens, Frankreichs, der BRD u. a. gewaltsam die politische Macht. Seitdem übt eine Clique von nationalistischen und faschistischen Kräften die Macht in Kiew aus, welche die Ukraine in einen Bürgerkrieg gegen den Donbass führten.

Soros' fünfte Kolonne war und ist in vielen osteuropäischen Ländern tätig. Dazu zählen u. a. Rußland und Weißrußland. Seine Nichtregierungsorganisationen arbeiteten eng mit der CIA zusammen, um beispielsweise die Macht Serbiens einzuschränken und statt dessen den Einfluß der Muslime auf dem Balkan zu vergrößern. Beobachter meinen, eine ähnliche Zusammenarbeit zwischen der CIA und Soros gäbe es heute im Zusammenhang mit der Förderung des radikal-islamischen Wahhabismus in Syrien, dem Irak, dem Libanon, der Türkei, in Libyen und anderen Ländern. Die Ursprünge dieser unheiligen Allianz zwischen der CIA, Soros und den Wahhabiten würden auf die Medien- und Propagandaoperationen im früheren Jugoslawien und die Regierung unter Präsident Bill Clinton zurückgehen. In Moldawien und Transnistrien richte sich die Tätigkeit der Desinformations- und Destabilisierungs-Experten von Soros und der CIA allerdings nicht gegen Serben, sondern gegen die Russen.

Unter dem Deckmantel von Menschenrechten, Pressefreiheit und freiem Unternehmertum sowie mit Hilfe eines weitverzweigtes Netzwerkes versucht George Soros, sich weltweit einen Informationsvorsprung zu sichern. Diesen nutzt er, um neue wirtschaftliche und gesellschaftliche Strömungen zu erkennen, zu beobachten und zu beeinflussen. Daraus kann er wirtschaftlichen Profit schlagen.

Hier schließt sich der Kreis: Viktor Orbàn arbeitete von April 1988 für die Soros Foundation of Central Europe Research Group, von der er auch ein Stipendium für ein Studium der Geschichte erhielt. Dieses Studium brach er 1990 ab, um vor der ungarischen Parlamentswahl für die Partei Fidesz in die Politik zu gehen. Orbàn, ein ehemaliger "Jungkommunist" und Jurist, kennt die inneren Strukturen und die politischen sowie wirtschaftlichen Ziele der Soros-Leute sehr genau.

Orbàn und die gegenwärtig herrschende ungarische "Elite" versuchen mit aller Kraft, ihre politischen und wirtschaftlichen Ziele gegen eine deutsch-französische Übermacht und deren Zuwanderungspolitik in der Europäischen Union durchzusetzen. Dazu bedienen sie sich einer rechtskonservativen und ungarisch-nationalistischen Ideologie mit dem Ziel, den ungarischen Nationalstaat gegen wirtschaftliche und politische Angriffe von außen im Rahmen der EU und NATO zu sichern. Das ist natürlich ein Widerspruch in sich. Ob Orbàn den Kampf gewinnen kann, ist fraglich. Jean-Claude Juncker (Präsident der EU-Kommission) und Soros trafen sich am 27. April in Brüssel. Sie stimmten die Strategie ab, um das Bestehen der Soros-Uni "Central European University" zu sichern. Einen Tag zuvor leitete die EU-Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die ungarische Regierung ein, welches das Fortbestehen der Soros-Uni sichern soll.

Dr. Ulrich Sommerfeld, Berlin

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Enttäuschte Hoffnungen oder doch eine Perspektive für Afghanistan?
(3 und Schluß)

VIII. VR China und Rußland als neue Akteure

Die Versuche des Westens, auch die bewaffnete Opposition (die Taliban) zu integrieren, sind gescheitert. "Die Interventionen des Westens waren kontraproduktiv", betonte der sichtlich verärgerte pakistanische Verteidigungsminister Khawaja Muhammad Asif am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz 2017. Der Westen sei für die verfehlten militärischen Eingriffe sowohl in Afghanistan als auch in Irak, Libyen und Syrien und deren Folgen verantwortlich, hob Asif hervor und sagte weiter, am Hindukusch habe eine internationale Militärkoalition unter US-Führung "ein einziges Chaos zurückgelassen". Für eine politische Lösung des Konflikts in und um Afghanistan hätte eine regionale Kooperation der Länder wie Afghanistan, Pakistan, VR China, Iran und Indien Aussicht auf Erfolg.

Nun versuchen zwei neue Akteure, die Regierungen Chinas und der Russischen Föderation, eine politische Lösung zu ermöglichen. Da die VR China als strategischer Partner Pakistans gilt, haben die Taliban ihre Zustimmung signalisiert. Rußland wird als neutraler Vermittler von allen beteiligten Seiten akzeptiert. Ende Dezember 2016 haben China, Rußland und Pakistan sich darauf geeinigt, ausgewählte Taliban-Vertreter von der Sanktionsliste der UNO zu streichen. Damit soll ein friedlicher Dialog zwischen Kabuler Administration und Taliban gefördert werden. Während die Regierung in Kabul zurückhaltend reagierte, begrüßten die Taliban den Vorschlag.

Der Sprecher der NATO in Kabul, Charles Cleveland, sagte dem Kabuler Tolo-TV, daß "das russische Engagement mit den Taliban" ihm Sorge bereite. Denn damit würden die Taliban als Organisation legitimiert. Man wolle aber die Kabuler Regierung stärken, betonte Cleveland.

Trotzdem hatte die Regierung der Russischen Föderation erneut zu Afghanistan-Gesprächen für den 14. April nach Moskau eingeladen. Während die Kabuler Administration einen Abteilungsleiter nach Moskau schickte, waren an dem Treffen neben Experten aus Rußland und Afghanistan Vertreter aus China, Iran, Indien und Pakistan sowie den fünf zentralasiatischen Ex-Sowjetrepubliken beteiligt. Auch die USA und die Taliban waren dazu eingeladen.

Beide hatten eine Teilnahme abgelehnt, was einem Boykott gleichkam. Die Teilnehmer der Konferenz riefen die Taliban zu Friedensgesprächen auf. Ihre Führung solle von einer gewaltsamen Lösung des Konflikts abrücken und mit der Regierung in Kabul Verhandlungen aufnehmen, hieß es am 14. April im russischen Außenministerium. Mögliche Friedensgespräche könnten in Moskau stattfinden.

Statt an den Friedensverhandlungen teilzunehmen, hatte die US-Armee am Vorabend der Friedenskonferenz in Moskau im Osten Afghanistans eine 16 Millionen US-Dollar teure Bombe abgeworfen. "Aber eine 10.000 Kilogramm schwere Bombe auf eine Gruppe leicht bewaffneter Terroristen abzuwerfen, ist so, als ob man mit Kanonen auf Spatzen schießen würde." ("De Telegraf ", Amsterdam, 15.4.) Mindestens 36 Menschen, die vom US-Militär als IS-Kämpfer bezeichnet wurden, sind getötet worden. Nach Angaben der Regionalregierung hat es jedoch mindestens 94 Tote gegeben. Die afghanische Bevölkerung sieht dieses massive Bombardement als einen Racheakt der USA an. Denn wenige Tage zuvor war in der gleichen Region ein US-amerikanischer Elitesoldat bei einem Einsatz getötet worden. (FAZ, 15.4.)

Mit dieser Bombardierung haben die USA ein Tunnelsystem zerstört, das sie selbst in den 80er Jahren für die terroristischen Modjahedin gebaut hatten.

IX. Afghanistan könnte eine Perspektive haben

Externe Faktoren haben auch in Afghanistan den Konflikt nicht gelöst, sondern es wurden im Gegenteil lediglich fremde Interessen nach Afghanistan transportiert und damit politische Lösungen zunichte gemacht.

Erst nach 16 Jahren NATO-Krieg, Zerstörung und menschlichen Katastrophen am Hindukusch sind manche westliche Politiker, wie der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel, zu der Erkenntnis gelangt, daß "Militärinterventionen fehlgeschlagen sind und [...] es keine Stabilisierung gegeben hat". Deswegen verlassen die Menschen scharenweise Afghanistan. Es ist an der Zeit, den Konflikt durch Afghanen, in Afghanistan und im Sinne der nationalen Interessen Afghanistans zu lösen.

Die "internationale Gemeinschaft" führt seit mehr als neununddreißig Jahren einen verdeckten und seit fünfzehn Jahren einen offenen Krieg gegen Afghanistan und hat damit das gesellschaftliche Gefüge des Landes weitgehend zerstört: die Infrastruktur, die ökonomischen, politischen und sozialen Fundamente sind in einem Ausmaß zerrüttet, daß es eine funktionsfähige Gesellschaft am Hindukusch auf absehbare Zeit nicht geben wird. Auf Grundlage eigener Feldforschungen und zahlreicher Gespräche mit der Bevölkerung aus verschiedensten Schichten und Klassen in Afghanistan bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß es längst an der Zeit ist, über Alternativen zum NATO-Krieg nachzudenken. Neununddreißig Jahre Krieg sind mehr als genug. Wir müssen ernsthaft nach neuen Wegen zum Frieden suchen. Folgendes schlage ich vor:

1. Einseitiger und bedingungsloser Waffenstillstand seitens der NATO, zunächst für die Dauer von mindestens sechs Monaten.

2. Ablösung der NATO-Einheiten durch eine International Security Assistance Force (ISAF), bestehend aus Einheiten der islamischen und blockfreien Staaten. Vier Fünftel aller UN-Blauhelmsoldaten kommen aus den blockfreien Staaten, warum nicht auch in Afghanistan?

3. Auflösung aller NATO-Militärbasen und Stützpunkte sowie diesbezüglich mit der Kabuler Administration geschlossener Verträge.

4. Einladung zu einer nationalen Versöhnungspolitik mit allen politischen Gruppierungen, einschließlich der islamisch geprägten, wie den Taliban, der Hesbe Islami von Gulbudin Hekmatyar und dem Haqani-Netzwerk.

5. Bildung einer "Wahrheitskommission" nach dem Muster Südafrikas.

6. Auflösung aller militärischen und paramilitärischen Verbände der Warlords sowie der ausländischen und afghanischen privaten Sicherheitsfirmen.

7. Vorbereitung von landesweiten Wahlen in den Dörfern, Kreisen, Bezirken usw. zu einer nationalen Loya Djerga (Ratsversammlung) unter der Kontrolle unabhängiger internationaler Organisationen wie Friedens-, Frauen-, Studenten- und Gewerkschaftsbewegungen.

8. Konstituierung einer vom Volk gewählten Loya Djerga, jedoch keine Ernennung ihrer Abgeordneten durch den Präsidenten.

9. Auf dieser Loya Djerga sollen eine provisorische Regierung und Kommissionen zur Ausarbeitung eines Verfassungsentwurfes, basierend auf der Abschaffung des Präsidialsystems, sowie eines Wahl-, Parteien- und Gewerkschaftsgesetzes gewählt werden.

10. Durchführung von allgemeinen, freien und von unabhängigen Gremien kontrollierten Parlamentswahlen.

11. Wahl einer neuen Regierung unmittelbar durch das Parlament, ohne vorherigen Vorschlag des noch amtierenden Interimsministerpräsidenten.

12. Abschaffung der Politik der offenen Tür und Einleitung einer auf nationalen Interessen basierenden Wirtschafts-, Finanz-, Zoll- und Steuerpolitik.

13. Maßnahmen zum Wiederaufbau des zerstörten Landes, wofür ein Viertel der NATO-Kriegskosten aufzuwenden wäre. Diese Mittel sollen auf einem unter unabhängiger Kontrolle stehenden Treuhandkonto geparkt und nur projektgebunden verwendet werden können.

14. An den Wiederaufbaumaßnahmen sollten die Nachbarn Afghanistans bevorzugt beteiligt werden. Dies wird die regionale Kooperation und Stabilität fördern.

15. In der Region um Afghanistan sollte auf eine mittel-südasiatische Union hingearbeitet werden. Neben Afghanistan sollten ihr die fünf mittelasiatischen Länder Tadschikistan, Usbekistan, Turkmenistan, Kirgistan und Kasachstan sowie Iran, Pakistan und Indien angehören. Denn alle diese Länder haben viele Gemeinsamkeiten wie Sprachen, Religionen und Geschichte.

16. Als vertrauensbildende Maßnahme sollte Afghanistan als erstes Land nach etwa fünf Jahren damit beginnen, seine nationale Armee aufzulösen.

17. Eine mittel-südasiatische Union könnte zu einer endgültigen Lösung des Kaschmir-Konfliktes zwischen Indien und Pakistan und des Konfliktes um die Durand-Linie zwischen Afghanistan und Pakistan beitragen.

18. Dann wäre es an der Zeit, die Atomwaffenarsenale Indiens und Pakistans zu reduzieren und abzuschaffen. Dadurch könnte eine der konfliktreichsten Regionen des asiatischen Kontinents zu einer Zone des Friedens, der Stabilität und der Prosperität werden.

Dr. Matin Baraki

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Die letzten Wochen vor der Oktoberrevolution (5)
Riga wird dem Gegner preisgegeben

Alle reaktionären Kräfte Rußlands und die mit der Provisorischen Regierung verbündeten Westmächte betrieben Anfang September 1917 verstärkt die Vorbereitung einer konterrevolutionären Verschwörung, um eine Militärdiktatur zu errichten. Als Führer des Putsches war der Oberste Befehlshaber, General Kornilow, vorgesehen.

Zur Absicherung dieses Planes verrieten reaktionäre Offiziere ihre Truppen und gaben am 3. September die Stadt Riga den deutschen Truppen preis. Damit war der Weg nach Petrograd geöffnet.

Die so entstandene Lage nahm das Hauptquartier zum Anlaß, um die Verschiebung der ihr treuen Truppen in die Nähe der Hauptstadt zu beschleunigen. Gleichzeitig wurden militärische Aktionen gegen Moskau, Kiew und andere große Städte vorbereitet.

Kornilow marschiert nach Petrograd

Am 7. September setzte Kornilow gegen Petrograd Truppen in Marsch und forderte den Rücktritt der Provisorischen Regierung. Als Antwort erklärte Ministerpräsident Kerenski Kornilow zum Meuterer und setzte ihn vom Posten des Obersten Befehlshabers ab.

Die Wendung Kerenskis von der Beteiligung am Putsch zum Kampf gegen Kornilow entstand durch dessen Befürchtung, daß Kornilow nicht nur mit den Bolschewiki abrechnen, sondern auch ihn, Kerenski, entmachten werde.

Die Kornilow-Truppen wollten am 9. September in Petrograd einrücken. Kornilow hatte einen Befehl vorbereitet, der nach der Einnahme Petrograds in Kraft treten sollte. Danach sollte über die Hauptstadt der Ausnahmezustand verhängt werden, Kundgebungen, Streiks und Versammlungen sollten verboten und Standgerichte eingesetzt werden.

Die Putschisten rechneten damit, die Arbeiter und die revolutionären Truppen der Petrograder Garnison rasch zu entwaffnen und die Bolschewiki verhaften zu können.

Der Appell der Bolschewiki

Lenin hatte in der Presse eine Reihe Artikel veröffentlicht, die den Aktionsplan der Arbeiterklasse für den Fall eines Aufstandes der Kornilow-Leute umrissen. Er forderte, den Hauptschlag gegen den Kornilow-Putsch zu richten. Gleichzeitig sollten die Provisorische Regierung und ihre sozialrevolutionären und menschewistischen Helfershelfer entlarvt werden.

Als Führer und Organisator des Kampfes gegen Kornilow wandte sich das Zentralkomitee der Partei Lenins - die SDAPR (B) - am 9. September an alle Arbeiter und Soldaten Petrograds mit dem Appell, sich zur Verteidigung der Revolution zu erheben.

Die Verteidiger Petrograds

In Fabriken, Werken, Truppeneinheiten und Institutionen fanden gleich nach dem Eintreffen der ersten Meldungen vom Anrücken der Kornilow-Truppen Massenmeetings statt. Neue Abteilungen der Roten Garden wurden aufgestellt, in die im Verlaufe von drei Tagen 25.000 Arbeiter eintraten. Insgesamt betrug die Zahl der Rotgardisten Petrograds in den Tagen der Zerschlagung des Kornilow-Putsches 13.000 bis 15.000 Mann. Soldaten der Petrograder Garnison und Matrosen der Baltischen Flotte unterstützten die bewaffneten Arbeiter. Mehr als 3000 Kronstädter Matrosen kamen den Arbeitern zum Kampf gegen die Putschisten zu Hilfe.

Innerhalb von drei Tagen standen vor Petrograd 60.000 bewaffnete Arbeiter, revolutionäre Soldaten und Matrosen. Die Putschisten verfügten nicht einmal über ein Drittel jener Kräfte, die sich ihnen vor Petrograd entgegenstellten.

An anderen Orten, an denen die Kornilow-Leute ebenfalls Aktionen geplant hatten, gestaltete sich das Kräfteverhältnis ähnlich.

Der Putsch ist niedergeschlagen

Am 12. September war der Vormarsch der Kornilow-Leute überall zum Stillstand gekommen. In ihren Truppen begann die Zersetzung. Im Hauptquartier und in den Frontstäben wurden die Generale Kornilow, Lukomski, Markow, Denikin u. a. die ebenfalls maßgeblich am Putsch beteiligt waren, verhaftet. Am 13. September wurde offiziell die Zerschlagung des Kornilow-Putsches bekanntgegeben.

Die Volkswirtschaft verfällt

Nach der Zerschlagung des Kornilow-Putsches am 12. September entwickelte sich in Rußland eine allgemeine nationale Krise. Ein deutliches Zeichen dafür war der Verfall der Volkswirtschaft. Es gab kaum noch Rohstoffe, die Kohleförderung war seit März um 23,4 Prozent zurückgegangen, die Hochöfen wurden nur zu 54 Prozent genutzt.

Im September/Oktober stiegen die Lebensmittelpreise um 340 Prozent und erreichten damit den Stand von 1020 Prozent des Vorkriegsniveaus. Den Arbeiterfamilien stand wegen der stagnierenden Löhne und rasant steigenden Preise oft nur ein Viertel des Existenzminimums zur Verfügung.

Die Ernährungslage war äußerst kritisch. Im September erhielt Moskau nur 15,2 Prozent der notwendigen Menge an Nahrungsmitteln. Das bedeutete eine tägliche Brotration von 100 Gramm, die oft noch nicht einmal ausgegeben werden konnte. Eine Hungersnot brach aus.

Die drohende Katastrophe

Das Land stand vor einer Situation, die Lenin im September in seiner Arbeit "Die drohende Katastrophe und wie man sie bekämpfen soll" analysierte. Er entwickelte und begründete darin jene Maßnahmen, die das Volk ergreifen mußte, um die Katastrophe abzuwenden:

• Arbeiterkontrolle über die Produktion und Verteilung,
• Nationalisierung der Banken und der Großindustrie.
• Beschlagnahme des Gutsbesitzerlandes und Nationalisierung des gesamten Bodens.

Der Volkskampf wächst an

Das Anwachsen der Krise und der zunehmende Einfluß der Bolschewiki wurden in der Zuspitzung aller Formen des Volkskampfes deutlich.

Die Arbeiter begannen die Betriebsverwaltungen aufzulösen, verhafteten die Direktoren und nahmen die Leitungen der Produktion in ihre Hände. Ihre Aktionen waren um ein Vielfaches größer als kurz vor dem Sturz des Zaren im März. Während im Januar/Februar im ganzen Land etwa 700.000 Arbeiter streikten, waren es von August bis Oktober etwa zwei Millionen.

Die Bauern verjagten die Gutsbesitzer und teilten den Boden und das Inventar unter sich auf. Mehr als die Hälfte des europäischen Teils des Landes war von Bauernaufständen erfaßt, die nicht selten zu bewaffneten Auseinandersetzungen gegen die Provisorische Regierung und deren örtliche Machtorgane hinüberwuchsen.

An der Front setzten die Soldaten die reaktionären Offiziere ab und wählten an deren Stelle neue, die ihr Vertrauen genossen. Im September/Oktober kam es immer häufiger zu Verbrüderungen mit österreichischen und deutschen Soldaten. Die Mehrheit der 1,7 Millionen Soldaten der Nord- und Westfront, die Matrosen der Baltischen Flotte und die Garnisonen der großen Städte standen auf seiten der Bolschewiki. Unter dem Einfluß der anwachsenden revolutionären Bewegung verstärkten die unterdrückten Völker Rußlands ihren Kampf für ihre nationale Befreiung.

Der Aufstand muß vorbereitet werden

Die außenpolitische Situation gestaltete sich ebenfalls günstig für die revolutionären Kräfte. Die Hauptkräfte der beiden imperialistischen Gruppierungen - England, Frankreich und USA einerseits sowie die Länder des österreichisch-deutschen Blocks andererseits - waren an der Front gebunden. Sie konnten der russischen Konterrevolution nicht sofort zu Hilfe kommen. Anhand all dieser Ereignisse kam W.I. Lenin zu dem Schluß, daß mit der Vorbereitung des bewaffneten Aufstandes begonnen werden muß.

Sowjets verändern ihre Zusammensetzung

Seit der Niederschlagung des Kornilow-Putsches im August 1917 hatten sich die Volksmassen Rußlands mehr und mehr davon überzeugt, daß weder die Provisorische Regierung noch die Menschewiki und Sozialrevolutionäre ihre Forderungen nach Frieden, Land und Brot erfüllen wollten. Es wurde für sie immer deutlicher, daß nur die Partei der Bolschewiki ihre Interessen vertrat. Das führte zu einer Kräfteverschiebung in den wichtigsten Sowjets, vor allem in Petrograd und Moskau, in denen bis Ende September die Bolschewiki die Mehrheit errangen.

(gestützt auf UZ)

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Wissenschaftliche Weltanschauung
Über den W. I. Lenins Schrift "Die nächsten Aufgaben der Sowjetmacht"

Sendung des Deutschlandsenders vom 14. Februar 1974

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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"Das Kapital", aktuell diskutiert

Globalisierung, Finanz-Crash, Klima, Armutsrevolten, Wachstumsschwäche - die multiple Krise, die die westlichen Gesellschaften durchleben, dauert an. Ist der Kapitalismus am Ende? Diese Frage wird inzwischen auch unter den Eliten der Weltwirtschaftsgipfel diskutiert. Grund genug, "Das Kapital" noch einmal zu lesen - das Buch, das die Bewegungsgesetze kapitalistischer Gesellschaften enthüllt, die weißen Flecken der ökonomischen Wissenschaften kritisiert, die Begriffe geschärft hat, mit denen wir die Welt, in der wir leben, begreifen können.

Die Phänomene unserer Gegenwart scheinen weit entfernt von der Welt, in der Karl Marx sein Buch schrieb. Aber "Das Kapital" erklärt nicht nur die Keimformen, aus denen diese Welt entstand, sondern identifiziert in der Entstehungsgeschichte und der Dynamik der kapitalistischen Produktionsweise, die den Wohlstand der Welt in unvorstellbarer Weise gemehrt hat, zugleich die Mechanismen seiner Zerstörung, seiner Endlichkeit - und die Kräfte zu seiner Überwindung.

Zehn Soziologen, Publizisten, Politiker, Philosophen und Wirtschaftswissenschaftler haben "Das Kapital" noch einmal gelesen. Ausgehend von jeweils einem Kapitel des Werkes ziehen sie die Linien zur Gegenwart und denken über die Aktualität und die Grenzen der Marxschen Theorie nach, subjektiv, essayistisch und mit dem Blick auf die politischen Möglichkeiten heute.

Denn darauf kommt es an: die Welt nicht nur zu interpretieren, sondern sie zu verändern.


Re: Das Kapital. Politische Ökonomie im 21. Jahrhundert.
Verlag Antje Kunstmann, München 2017, 200 S., 22 €

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Über die Entstehung des Marxschen "Kapitals" vor 150 Jahren
Grundlage unserer Gesellschaftstheorie bis heute

Im November 1842 reiste der 22jährige Friedrich Engels im Auftrag seines Vaters, eines Textilfabrikanten in Barmen (heute Wuppertal), nach Manchester. Er sollte dort seine in Bremen erworbenen kaufmännischen Kenntnisse in der Fabrik Ermen & Engels anwenden und vertiefen. Auf seiner Reise dorthin machte Engels in Köln Station, um den 24jährigen Redakteur der "Rheinischen Zeitung" Karl Marx persönlich kennenzulernen.

Schon einen Monat später schrieb Engels für diese Zeitung den Artikel "Lage der arbeitenden Klasse in England", worin er feststellte, daß "die Lage der arbeitenden Klassen in England täglich prekärer [wird]".(1) Mitte Mai 1843 formulierte er: "Es ist bekannt, daß in England die Parteien mit den sozialen Stufen und Klassen identisch sind [...] So zeigt England das merkwürdige Faktum, daß, je tiefer eine Klasse in der Gesellschaft steht, je 'ungebildeter' sie im gewöhnlichen Sinne des Wortes ist, desto näher steht sie dem Fortschritt, desto mehr Zukunft hat sie. Im ganzen ist dies der Charakter jeder revolutionären Epoche [...]"(2) Engels erkannte, daß "die Sozialisten für die Bildung der arbeitenden Klassen in England unglaublich viel getan" haben, "aber wenn man die merkwürdigen Volksschriften aufspürt, wenn man die Lektüren der Sozialisten, z. B. Watts in Manchester hört, so nimmt es einen nicht mehr wunder. Die Arbeiter besitzen gegenwärtig in sauberen wohlfeilen Ausgaben die Übersetzungen der französischen Philosophie des verflossenen Jahrhunderts, [...] außerdem in Pfennig- und Zweipfennigbroschüren und Journalen die Auseinandersetzung der kommunistischen Grundsätze [...] Dazu kommen noch die sonntäglichen Vorlesungen, welche sehr fleißig besucht werden; so sah ich bei meiner Anwesenheit in Manchester die Kommunisten-Hall, welche 3000 Menschen faßt, jeden Sonntag gedrängt voll und hörte da Reden, welche unmittelbare Wirkung haben [...]"(3)

In "Fortschritte der Sozialreform auf dem Kontinent" schrieb Engels Anfang November 1843: "So sind die drei großen zivilisierten Länder Europas, England, Frankreich und Deutschland, alle zu dem Schluß gekommen, daß eine durchgreifende Revolution der sozialen Verhältnisse auf der Grundlage des Gemeineigentums jetzt zu einer dringenden und unvermeidlichen Notwendigkeit geworden ist. [...] es kann keinen stärkeren Beweis als diesen geben, daß der Kommunismus nicht bloß die Konsequenz aus der besonderen Lage der englischen oder einer beliebigen anderen Nation ist, sondern eine notwendige Folgerung, die aus den Voraussetzungen, wie sie in den allgemeinen Bedingungen der modernen Zivilisation gegeben sind, unvermeidlich gezogen werden muß. Es wäre daher wünschenswert, daß die drei Nationen einander verstünden [...]"(4) - Engels hat damit in spezifischer Form den wichtigsten Grundsatz fortschrittlicher Weltanschauung ausgedrückt: Es gibt objektive Realität (Materie), die in Zusammenhängen und ständiger Veränderung existiert (Dialektik), die daher vom Menschen erkannt (Erkenntnistheorie) und dann zielgerichtet verändert werden kann (Praxis).

Ab Herbst 1843 plante Marx, der inzwischen nach Paris übergesiedelt war, mit Arnold Ruge "Deutsch-französische Jahrbücher" herauszugeben. Dafür schrieb Engels "Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie" und sandte sie Anfang 1844 an Marx. Die ökonomische Lehre der bürgerlichen Klasse nannte Engels "ein ausgebildetes System des erlaubten Betrugs, eine komplette Bereicherungswissenschaft".(5) Er legte u. a. dar: "Nach dem Ökonomen bestehen die Produktionskosten einer Ware aus drei Elementen: dem Grundzins für das nötige Stück Land, um das rohe Material zu produzieren, dem Kapital mit dem Gewinn darauf und dem Lohn für die Arbeit, die zur Produktion und Verarbeitung erforderlich waren."(6)

In dem ebendort veröffentlichten Beitrag "Die Lage Englands. Thomas Carlyles 'Past and Present'" erklärte Engels bemerkenswerterweise, daß "die eigentliche Hauptfrage [...] die Zukunft der Arbeit" sei.(7) Der studierte Jurist und promovierte Philosoph Karl Marx plante damals, die Politik des feudalen Preußen unter der Form einer "Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie" öffentlich anzugreifen, und veröffentlichte in den genannten Jahrbüchern die Einleitung dazu. An deren Schluß hieß es u. a.: "Wie die Philosophie im Proletariat ihre materiellen, so findet das Proletariat in der Philosophie seine geistigen Waffen [...]"(8)

Marx hat durch die von Engels übersandten "Umrisse" sofort erkannt, daß nicht die politischen und rechtlichen, sondern die ökonomischen Verhältnisse die Basis der gesellschaftlichen Ordnungen oder Formationen sind. Im Frühjahr 1844 begann er Schriften der von Engels genannten Ökonomen zu studieren und schloß am 1. Februar 1845 mit dem Buchhändler Leske in Darmstadt einen Vertrag über sein Werk "Kritik der Politik und Nationalökonomie", welches zwei Bände umfassen sollte, ab.(9) Von April bis August 1844 verfaßte er die redaktionell so genannten "Ökonomisch-philosophischen Manuskripte".(10) Marx teilte die Blätter in die Spalten "Arbeit", "Profit des Capitals" und "Grundrente" und setzte die entsprechenden Passagen aus Schriften studierter Ökonomen ein.(11) Jedoch hielt er den Vertrag nicht ein. Mitte 1845 erschien in Leipzig das Buch von Engels "Die Lage der arbeitenden Klasse in England".(12) Im Vorwort traf er eine Aussage, die noch immer gültig ist: "Die Lage der arbeitenden Klasse ist der tatsächliche Boden und Ausgangspunkt aller sozialen Bewegungen der Gegenwart, weil sie die höchste, unverhüllteste Spitze unserer bestehenden sozialen Misere ist."(13) Damit hat er auf den historischen und aktuellen Entwicklungszusammenhang von Natur (mit Mineralien, Pflanzen und Tieren) und Mensch hingewiesen. Das Tier findet seine Existenzbedingungen vor, verdaut oder benutzt sie und pflanzt sich fort; der Mensch muß wichtige Existenzbedingungen wie Nahrung, Kleidung, Wohnung, Gesundheit, Bildung unter bewußter Nutzung der Naturgesetze erzeugen, produzieren.(14) Marx schrieb etwa 20 Jahre später: "Die Arbeit ist zunächst ein Prozeß zwischen Mensch und Natur, ein Prozeß, worin der Mensch seinen Stoffwechsel mit der Natur durch seine eigne Tat vermittelt, regelt und kontrolliert."(15) Auch heute erkennt man an der Lage, am Entwicklungsniveau der arbeitenden Klasse den sozialen Entwicklungsgrad von Gesellschaftsformationen.

Engels und Marx schrieben 1846 im Kapitel "Feuerbach" der geplanten Publikation "Die deutsche Ideologie": "Der Kommunismus ist für uns nicht [...] ein Ideal, wonach die Wirklichkeit sich zu richten haben [wird]. Wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt. Die Bedingungen dieser Bewegung ergeben sich aus der jetzt bestehenden Voraussetzung."(16) Man findet hier den oben von Engels zitierten philosophischen Grundsatz von Voraussetzung und Wirkungsmöglichkeit wieder. Sie formulierten detaillierter: "Die Voraussetzungen, mit denen wir beginnen, sind keine willkürlichen, keine Dogmen, es sind wirkliche Voraussetzungen, von denen man nur in der Einbildung abstrahieren kann. Es sind die wirklichen Individuen, ihre Aktion und ihre materiellen Lebensbedingungen, sowohl die vorgefundenen wie die durch ihre eigne Aktion erzeugten. Diese Voraussetzungen sind also auf rein empirischem Wege konstatierbar [...] Der erste zu konstatierende Tatbestand ist also die körperliche Organisation dieser Individuen und ihr dadurch gegebenes Verhältnis zur übrigen Natur. Wir können hier natürlich weder auf die physische Beschaffenheit der Menschen selbst noch auf die von den Menschen vorgefundenen Naturbedingungen, die geologischen, orohydrographischen, klimatischen und andern Verhältnisse eingehen. Alle Geschichtsschreibung [also Gesellschaftstheorie - E. K.] muß von diesen natürlichen Grundlagen und ihrer Modifikation im Lauf der Geschichte durch die Aktion der Menschen ausgehen."(17)

Der Weltmarkt wurde als Lebensquelle der Arbeit erkannt; das Proletariat kann daher nur weltgeschichtlich existieren; seine Existenz sei unmittelbar mit der Weltgeschichte verknüpft.(18)

Für Engels und Marx war also das gründliche Studium des Entstehens und Werdens der gesellschaftlichen Wirklichkeit ein Grundprinzip einer wissenschaftlichen Gesellschaftstheorie.

Man darf nicht vergessen, daß alle hier nur kurz angedeuteten Erkenntnisse, die bezeugen, daß Marx und Engels von Positionen bürgerlicher Demokraten zu denen von proletarischen Kommunisten übergegangen waren, im feudalen Preußen machten.

Für den internationalen Bund der Kommunisten entwarf Engels 1847 zwei Fassungen des Parteiprogramms: "Entwurf des Kommunistischen Glaubensbekenntnisses"(19) und "Grundsätze des Kommunismus".(20) Ende Februar 1848, noch vor Ausbruch der bürgerlichen Revolution in Frankreich, schrieben Engels und Marx im schließlich angenommenen Programm, dem "Manifest der Kommunistischen Partei": "Die Bourgeoisie hat in der Geschichte eine höchst revolutionäre Rolle gespielt."(21) Die beiden machten also ihre Voraussagen über die schließliche Überlebtheit der Bürgerklasse zu einem Zeitpunkt, als deren revolutionierende Rolle noch nicht auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung angelangt war.

Nach der Revolution 1848/49 und seiner Übersiedelung nach London nahm Marx seine ökonomischen Studien wieder auf. Er schrieb 1858 an Engels, daß die "eigentliche Aufgabe", sozusagen die historische "Mission" der "bürgerlichen Gesellschaft", die "Herstellung des Weltmarkts" und "einer auf seiner Basis ruhenden Produktion" ist.(22) Von seinem Werk, das sein Lebenswerk wurde, erschien 1859 "Zur Kritik der politischen Ökonomie. Erstes Heft" mit den Kapiteln über die Ware und über das Geld.(23) Im Vorwort legte er sein Forschungsprogramm dar: "Ich betrachte das System der bürgerlichen Ökonomie in dieser Reihenfolge: Kapital, Grundeigentum, Lohnarbeit; Staat, auswärtiger Handel, Weltmarkt. Unter den drei ersten Rubriken untersuche ich die ökonomischen Lebensbedingungen der drei großen Klassen, worin die moderne bürgerliche Gesellschaft zerfällt; der Zusammenhang der drei andern Rubriken springt in die Augen."(24) Marx' Forschungen für das damals geplante zweite Heft mit dem Kapitel über das Kapital führten zu zwei weiteren Rohfassungen seiner "Kritik ...", so daß erst 1867 der erste Band mit dem 1. Buch des "Kapitals" erschien, worin der Produktionsprozeß (in der Fabrik) behandelt wurde. Leser nahmen Engels' "Lage der arbeitenden Klasse" wieder zur Hand und begriffen, daß Marx sozusagen dessen Fortsetzung geschrieben hat. Vor allem nach der Herrschaft der Pariser Kommune 1871 meldeten sich Ideologen der herrschenden Klassen zu Wort. Der namhafte Historiker Prof. Heinrich von Sybel verwies ausdrücklich auf die Konsequenzen, als er 1872 in zwei Vorträgen Fabrikanten die Marxsche Lehre "erläuterte": "Es bleibt", so referierte er Marx' "Kapital", "nur der Weg, [...] alle Arbeitsmittel, Grund und Boden, Geräth und Rohstoffe der Gesammtheit zu überweisen [...], mit anderen Worten, das Privateigenthum aufzuheben. Ich habe Ihnen diese Entwicklung in ihrem ganzen Zusammenhange wiederholt, um Ihnen die Bündigkeit, Geschlossenheit und Folgerichtigkeit derselben anschaulich zu machen. Gibt man den ersten Satz [die menschliche Arbeit sei Quelle und Maß des Wertes der Waren - E. K.] zu, so ist an kein Aufhalten der Folgerungen zu denken. Aber wir haben schon vorhergesehen: der erste Satz ist falsch."(25)

"Das Kapital" war sozusagen der "Knackpunkt" in der Wirkungsgeschichte des Marxismus überhaupt. Von nun an - auch unter Berücksichtigung von Engels' "Anti-Dühring" (1878) - wurde von den Gegnern der revolutionären Arbeiterbewegung begriffen, daß die Strategie und Taktik der ab 1878 verbotenen Sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei systematisch mit der Politische Ökonomie und der neuartigen philosophischen Betrachtung der Geschichte der Menschheit durch Marx und Engels zusammenhing.

Marx kam nicht mehr dazu, die weiteren Bücher des "Kapitals" selbst fertigzustellen und herauszugeben. Seine letzten Bemerkungen zum ersten Buch notierte er kurz vor seinem Tode 1883 gegenüber dem renommierten Ökonomen Adolph Wagner; und es sollte auch heute noch bedacht werden: »Was ein "Abzug am Arbeiter" ist, Abzug seiner Haut etc., ist nicht erfindlich. Nun ist in meiner Darstellung "in der Tat auch der Kapitalgewinn" nicht "nur ein Abzug oder 'Raub' am Arbeiter". Ich stelle umgekehrt den Kapitalist als notwendigen Funktionär der kapitalistischen Produktion [! - E. K.] dar und zeige sehr weitläufig dar, daß er nicht nur "abzieht" oder "raubt", sondern die Produktion des Mehrwerts erzwingt, also das Abzuziehende erst schaffen hilft;(26) ich zeige ferner ausführlich nach, daß, selbst wenn im Warenaustausch nur Äquivalente sich austauschten, der Kapitalist - sobald er dem Arbeiter den wirklichen Wert seiner Arbeitskraft zahlt - mit vollem Recht, d. h. dem dieser Produktionsweise entsprechenden Recht, den Mehrwert gewänne. Aber all dies macht den "Kapitalgewinn" nicht zum "konstitutiven" Element des Wertes, sondern beweist nur, daß in dem nicht durch die Arbeit des Kapitalisten "konstituierten" Wert ein Stück steckt, das er sich "rechtlich" aneignen kann, d. h. ohne das dem Warenaustausch entsprechende Recht(27) zu verletzen.«(28)

Um einen Überblick zum 2. und 3. Buch des "Kapitals" zu geben, die Engels 1885 und 1894 herausgab, sei Engels (1894) zitiert: "Dieses dritte Buch des Marxschen Hauptwerks bildet den Abschluß des theoretischen Theils. Das erste Buch behandelte den Produktionsprozeß, das zweite den Cirkulationsprozeß des Kapitals. Nachdem somit die beiden Hauptfunktionen, worin das Kapital sich bethätigt, jede einzeln und für sich in ihren Bedingungen, ihrem Verlauf und ihren Resultaten untersucht [sind - E. K.], geht der Verfasser im dritten Buch über zur Darstellung des Gesamtverlaufs des kapitalistischen Bewegungsprozesses, der beide Phasen, Produktion und Cirkulation, als seine Momente einschließt. Wenn das erste Buch entwickelte, wie der Mehrwert produziert wird, und das zweite wie er realisiert wird, so weist uns das dritte nach, wie er verteilt wird. Es ist gerade die Spaltung des Mehrwerts in seine einzelnen Unterabteilungen: industrieller Profit, Handelsgewinn, Zins, Grundrente und deren Aneignung durch die verschiedenen Interessenten, worin die Gesamtbewegung des Kapitals augenfällig und als entscheidende Macht an die Oberfläche der Gesellschaft tritt. Die Gesetze dieser Spaltung und Verteilung unter Industrielle, Warenhändler, Geldhändler, Kredithändler, Spekulanten, Grundeigentümer werden hier vom Verfasser im einzelnen nachgewiesen ..."(29)

1905 und 1910 gab Karl Kautsky das 4. Buch des Marxschen "Kapitals" "Theorien über den Mehrwert" heraus, worin Marx 1861 bis 1863 den Aufstieg, Höhepunkt und Niedergang der bürgerlichen ökonomischen Auffassungen über die Entstehung des Mehrwerts niedergeschrieben hatte.(30)

Lohnarbeit ist mit der Entstehung und Entwicklung des Bürgertums in Handwerk bzw. Industrie und Landwirtschaft erforderlich. Die Staaten regulieren sowohl die politischen und rechtlichen Beziehungen zwischen sozialen Klassen und Schichten innerhalb der Länder und haben auch ökonomische Funktionen im internationalen Handel (Gesetze über Maße, Münzen, Zölle, Handelsverträge usw.). Kein Land verfügt über alle Rohstoffe für die Produktion der Existenzbedingungen seiner Bevölkerung. Die tägliche Praktizierung des Wettbewerbs (Konkurrenz) im Welthandel entwickelt den Weltmarkt. Es zeigt sich auch oder gerade heutzutage die Tatsache, worauf Engels und Marx schon 1846 hinwiesen: Mit der Entwicklung der Produktion "wird die Geschichte zur Weltgeschichte".(31)

Wenn jemand hochmütig oder neunmalklug mäkeln sollte, daß Marx von seinem großen Forschungsprogramm nur den ersten Band des "Kapitals" herausgegeben hat, so möge er bedenken: "Als die Löwin der Fabel von einer Katze verhöhnt ward, weil sie nur ein Junges geboren und nicht ein halbes Dutzend, da sagte sie stolz: nur eins, aber ein Löwe."(32)

Prof. Dr. Eike Kopf, Erfurt


Anmerkungen

(1) Karl Marx/Friedrich Engels: Werke. Dietz-Verlag, Berlin 1956 ff. (nachfolgend: MEW), Bd. 1, S. 464
(2) Ebenda, S. 468
(3) Ebenda, S. 475 f.
(4) Ebenda, S. 480 (Hervorhebungen: E. K.)
(5) Ebenda, S. 499
(6) Ebenda, S. 508 (Hervorhebungen: E. K.)
(7) Ebenda, S. 541
(8) Ebenda, S. 391
(9) MEW, Bd. 27, S. 669, Anmerkung 365
(10) MEW, Bd. 40 (= Ergänzungsband Schriften bis 1844, Teil I), S. 465-588
(11) Siehe ebenda, Fotokopie nach S. 496
(12) Siehe MEW, Bd. 2, S. 225-506
(13) Ebenda, S. 232
(14) Vgl. Marx: Das Kapital. Bd. 1. "Arbeitsprozeß". In: MEW, Bd. 23, S. 192-200
(15) MEW, Bd. 23, S. 192
(16) MEW, Bd. 3, S. 35
(17) Ebenda, S. 20 f.
(18) Siehe ebenda, S. 36
(19) Der Bund der Kommunisten. Dokumente und Materialien. Band 1. Dietz-Verlag, Berlin 1970, S. 470-475
(20) Siehe MEW, Bd. 4, S. 361-380
(21) MEW, Bd. 4, S. 464
(22) Siehe Marx an Engels, 8.10.1858. In: MEW, Bd. 29, S. 360
(23) Siehe MEW, Bd. 13, S. 3-160
(24) MEW, Bd. 13, S. 7
(25) H. von Sybel, a.a.O., Nr. 90 vom 3.3.1872, 1. Blatt
(26) Zur Funktion des Kapitalisten im Produktionsprozeß siehe K. Marx: Das Kapital. Bd. 1. In: MEW 23, S. 199 f., 207 f., 328, 349-352, 617-620
(27) Siehe K. Marx: Kritik des Gothaer Programms 1875. In: MEW 19, S. 18, 20 f.
(28) MEW, Bd. 19, S. 359 f.
(29) Aus der von Engels entworfenen Annonce des Verlegers Otto Meißner im "Börsenblatt für den deutschen Buchhandel ..." Leipzig. Nr. 265, 14. November 1894. S. 7208 f.
(30) Siehe MEW, Bd. 26.1-26.3
(31) Marx/Engels: Die deutsche Ideologie. In: MEW, Bd. 3, S. 45
(32) Wilhelm Liebknecht: Karl Marx zum Gedächtnis. In: Mohr und General. Erinnerungen an Marx und Engels. Dietz-Verlag, Berlin 1961, S. 34

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Kritisches zu Sahra Wagenknechts wirtschaftspolitischen Vorstellungen
Ein Plädoyer für Volkseigentum

Nicht erst seit Marx und Engels ist bekannt, daß die Eigentumsverhältnisse maßgeblich den Charakter der jeweiligen Gesellschaftsordnung bestimmen. Und seitdem es Privateigentum an Produktionsmitteln gibt, wird ein ewiger Kampf um eben dieses Eigentum, seine Erlangung, Verteidigung, Vermehrung, vor allem der maximalen Nutzung zum Vorteil der Eigentümer geführt. Wer über solches Eigentum die Verfügungsgewalt hat, sitzt an der Quelle von Reichtum und Macht und vermag jene, die nicht zu den Eigentümern zählen, von diesen Quellen fernzuhalten. Verfügungsmacht über Produktionsmittel erstreckt sich nicht auf das Objekt allein - Ländereien, Bodenschätze, Fabriken, Geldvermögen etc. -, sondern auch auf die Ausgeschlossenen, die Nichteigentümer. Sie wird zu deren Schicksalsbestimmer, durchdringt mehr und mehr auch die übrigen Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und bestimmt letztlich maßgeblich die Politik des jeweiligen Staates. Ohne zu verkennen, daß Privateigentum auch die Entwicklung der Produktivkräfte beflügelt hat, kann man doch feststellen, daß die Geschichte des Privateigentums an Produktionsmitteln die Geschichte der Ausbeutung der Menschen durch Menschen ist, die Geschichte von Elend, Verbrechen, Krisen und Kriegen.

Erschreckend für mich ist, daß diese jahrtausendealte Menschheitserfahrung in Diskussionen über die katastrophalen Zustände unserer heutigen gesellschaftlichen Verhältnisse völlig ignoriert wird. In Analysen und Studien werden die zunehmende soziale Spaltung der Gesellschaft, Zukunftsängste ganzer Generationen, Terror und Massenfluchten, Umweltzerstörung, Krisen und Kriege beklagt. Was jedoch fehlt, ist die Tatsache, daß die eigentliche Ursache aller dieser Mißstände, das Privateigentum an Produktionsmitteln, nicht klar erkannt und benannt wird. Selbst Sahra Wagenknecht, die scharfsinnige Kapitalismus-Kritikerin, verkennt diese Zusammenhänge, indem sie bestenfalls einige Extremformen des Privateigentums anprangert. So stellt sie fast nur die ein Prozent Superreichen, nicht aber den gesamten kapitalistischen, auf Profitmaximierung ausgerichteten Wirtschaftsmechanismus in den Mittelpunkt ihrer Kritik ("Reichtum ohne Gier", campus-Verlag, Frankfurt a.M./New York 2016).

Es ist aber die Gesamtheit der Kapitaleigentümer, die den Kurs bestimmt. Sie entscheiden nicht danach, was für die Volkswirtschaft, die Gesellschaft insgesamt von Vorteil ist, sondern ausschließlich nach ihrem eigenen Interesse, und das ist die Erwirtschaftung von maximalem Profit. Dieser Interessenkonflikt zwischen einzelnen betriebswirtschaftlichen, gewinnorientierten Entscheidungen einerseits und volkswirtschaftlichen sowie gesamtgesellschaftlichen Erfordernissen andererseits ist das eigentliche Problem jeder auf Privateigentum an Produktionsmitteln beruhenden Gesellschaft.

Er ist durch allgemeine Forderungen nach Marktwirtschaft, wie sie Sahra Wagenknecht erhebt - sie fordert ausdrücklich: "Marktwirtschaft statt Wirtschaftsfeudalismus!" -, nicht lösbar. In Wirklichkeit ist die Marktwirtschaft nicht die Lösung des Problems, sie ist das Problem selbst, wenn sie von privatem - also von der Allgemeinheit abgegrenztem - Eigentum getragen ist. Die Vorschläge, die Sahra Wagenknecht unterbreitet (statt bisheriger Kapitalgesellschaften vier neue Rechtsformen: Personengesellschaften, Mitarbeitergesellschaften, Öffentliche Gesellschaften, Gemeinwohlgesellschaften), unterliegen den gleichen spontanen marktwirtschaftlichen Gesetzen wie die Kapitalgesellschaften. In jedem Fall ist es nicht die gesamtgesellschaftliche Vernunft, die die unternehmenspolitischen Entscheidungen bestimmt, sondern sind es die je eigenen unternehmensindividuellen Interessen.

Auf dieser Grundlage sind die dem Kapitalismus wesenseigenen Probleme nicht lösbar, zumal auch das regierungspolitische Agieren die Quadratur des Kreises nicht zustande bringt. Einerseits wird mit solchen Maßnahmen wie Mindestlöhne, Energiewende, Mietpreisbremsen, Bankenkontrolle u. ä. versucht gegenzusteuern, andererseits wird die wirtschaftspolitischen Doktrin der "freien Marktwirtschaft" und Unantastbarkeit des Privateigentums nicht berührt.

Wenn man die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse wirklich ändern will, dann muß man zuerst die Eigentumsverhältnisse ändern. Dazu braucht man nicht nur entsprechende tragfähige theoretisch-politische Konzepte, es geht im Kern um den Kampf zur Erlangung der tatsächlichen Verfügungsmacht über alle Potentiale und Energien einer Gesellschaft. Das bedeutet, eine zukünftige sozialistische Gesellschaft muß zwingend auch über die Produktionsmittel verfügen, will sie sich behaupten.

Die Wirtschaftspolitik der DDR hatte diesen Erfordernissen Rechnung getragen und mit der Überführung des weitaus größten Teils der Betriebe und Einrichtungen in Volkseigentum und der dadurch möglich gewordenen zentralen staatlichen Planung ein völlig neuartiges Wirtschaftssystem errichtet - mit beachtenswerten Erfolgen. Nicht nur, daß wir unter unvergleichlich schwierigeren Bedingungen über die Jahre hinweg ein stetes Wirtschaftswachstum mit Zuwachsraten erreicht hatten, von denen entwickelte Volkswirtschaften heute nur träumen können. (Um dieses auf Dauer durchstehen zu können, wären allerdings grundlegende wirtschaftspolitische Reformen nötig gewesen.) Von besonderer Bedeutung waren auch die nachweisbaren Ergebnisse, die bei der Überwindung aller Mißstände, welche die privatkapitalistische Marktwirtschaft kennzeichnen, erreicht wurden. In der DDR gab es eben keine Arbeitslosigkeit, wie sie systembedingt zum Kapitalismus gehört. Die himmelschreienden sozialen Ungerechtigkeiten wie auch Zukunftsängste ganzer Generationen kannten wir nicht. Befürchtungen, daß Bürger wegen Mietwucher oder Luxussanierungen aus angestammten Wohnvierteln in Ghettos verdrängt werden könnten, waren unbegründet.

Dem Sterben von Industrieregionen oder der Entvölkerung ganzer Landstriche konnte durch umfassende und vorausschauende Strukturentscheidungen entgegengewirkt werden. Finanz-, Banken- und Immobilienkrisen waren ausgeschlossen. Soldaten der Nationalen Volksarmee brauchten nicht zu befürchten, zur "Verteidigung" von Rohstoffbasen, Handelswegen und Absatzmärkten in kriegerische Abenteuer geschickt zu werden. Die DDR brachte den Nachweis, daß eine auf Volkseigentum beruhende Planwirtschaft in der Lage ist, alle einer kapitalistischen Gesellschaft anhaftende Gebrechen zu überwinden.

Daß diese Fakten der Überlegenheit eines planwirtschaftlichen Modells gegenüber einem privatwirtschaftlichen Marktwirtschaftsmodell völlig ignoriert werden, ist unverzeihlich. In dem oben genannten Buch, das bezeichnenderweise den Untertitel trägt: "Wie wir uns vor dem Kapitalismus retten", widmet Sahra Wagenknecht ganze sieben Zeilen dem Wirtschaftssystem der DDR und beschreibt es mit Schlamperei, Lotterwirtschaft und technologischer Stagnation. Und dann: "Nein, dahin wollen wir nicht zurück." Als noch erschreckender empfinde ich es, wenn im Parteiprogramm der "Linken" erklärt wird, daß "... aufgrund bitterer historischer Erfahrungen" ein allumfassendes Staatseigentum nicht das Ziel sein könne. Also nicht etwa die weit mehr als tausendjährige Geschichte des Privateigentums an Produktionsmitteln hat "bittere historische Erfahrungen" gelehrt, sondern angeblich die rund 40 Jahre Planwirtschaft. Daß in dieser historisch sehr kurzen Zeitspanne nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind und letztlich der ökonomische Wettbewerb nicht gewonnen wurde, ist eine Tatsache.

Aber die Instrumentarien, die wir geschaffen hatten, haben zweifelsfrei ihre prinzipielle Wirksamkeit gezeigt. Leider wurden sie nur sehr unvollkommen genutzt, anstatt sie weiterzuentwickeln. Hilfreich und konstruktiv wäre eine kritisch-sachliche Analyse dessen, was in der DDR tatsächlich geleistet wurde, warum der erste Anlauf nicht gelungen war und welche Erkenntnisse bewahrenswert sind bzw. welche Fehler künftig vermieden werden müßten.

Dr. Peter Elz

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Zum geschichtlichen Ort Ernst Blochs
Philosophie in der Zeitwende

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GEDANKEN ZUR ZEIT
Die Würde der Behörden ist unantastbar

Im Fernsehen wurde über eine Musikerin, eine Violinistin, berichtet, die, hochbetagt, ihre Wohnung hatte räumen sollen und nach einer temperamentvollen Auseinandersetzung mit ihrem Hauswirt laut Gerichtsbeschluß als "tobsüchtig" in die Psychiatrie eingewiesen worden war.

Die Behördenangestellten, die mit der Auflösung ihres Hausstandes betraut waren, hatten offenbar nicht damit gerechnet, daß sie je wieder aus der Klinik entlassen werden würde, und hatten ihre gesamte Habe kurzerhand auf die Straße zum Sperrmüll gestellt: außer altgedientem Mobiliar vor allem Kartons mit Büchern, Noten, Fotos, Briefen und persönlichen Aufzeichnungen, kurz das Unschätzbare, nicht Quantifizierbare, Unersetzliche.

Dann aber geschah das Unerhörte: Ein junger Arzt, der die alte Dame in der Klinik untersucht hatte, erklärte sie für gesund, attestierte ihr eine bemerkenswerte Selbstkompetenz und Persönlichkeitsstärke, nannte ihre Zornausbrüche situationsgerecht, völlig adäquat und sozial zumutbar und sorgte für ihre umgehende Entlassung.

Inzwischen war aber die Sperrmüllabfuhr dagewesen - und der Schaden, der Verlust der gesamten persönlichen Habe der alten Dame, war irreversibel. Man hatte der Frau den Schlüssel zu ihrer - nunmehr leeren - Wohnung zurückgegeben und ihr süßsäuerlich alles Gute gewünscht.

Eine Woche später, nach neuerlicher Intervention des Hauswirts, hatte man die Frau in ihrer Wohnung aufgesucht und sie in der Toilette angetroffen. Sie habe keine andere Sitzgelegenheit, hatte die Frau gesagt. Sie besaß weder Bett noch Stuhl, noch Tisch und hatte, da sie auch keine Gardinen mehr besaß, die Fensterscheiben mit Zeitungen zugeklebt. Das sah (auch von außen) nicht gut aus. So war sie erneut auffällig geworden.

Zudem hatte sie nichts gegessen, wollte auch keine Nahrung zu sich nehmen - es sei ihr, so sagte sie, der Appetit vergangen -, und folglich wurde sie erneut in die Klinik gebracht. Jetzt hatte man sie wieder da, wo man sie haben wollte, und ihr weiteres Schicksal würde wiederum abhängen vom austauschbaren Urteil launischer Ärzte, die je nach Studiengang und Lehrmeinung zu unterschiedlichen Diagnosen und Prognosen gelangten (bei denen jeder dreimal raten durfte), die je nach Plan (es ging reihum) auf der Aufnahmestation gerade Tag- oder Nachtdienst hatten und die sich durch die Bank eher als Agenten der Behörden denn der Patienten verstanden. (Die Leute vom Sozialamt, so sagte der Kommentator, hatten innerhalb ihres Ermessensspielraums korrekt nach Vorschrift gehandelt.)

Mir schnürte es die Kehle. Das Entsetzlichste war, dachte ich, daß die Frau ihre persönliche Habe verloren hatte, daß sie des Speichers ihrer Erinnerungen, ihrer geistigen Nahrung, ihrer Lebensgeschichte, ihrer Welt und somit ihrer Identität beraubt war.

Das Wichtigste, das sie ihr Leben lang verwahrt hatte: Fotos, Notizen, Briefe, die Träger von Ideen, die unerschöpflichen Stimulantien der Phantasie, kurz: ihr persönlicher Kosmos hätte womöglich Raum gehabt in einer Plastiktüte, die man ihr hätte mitgeben können, die sie bei sich getragen hätte wie ihren Kopf. Den, immerhin, hatte man ihr gelassen, aber man würde ihn vollstopfen mit Surrogaten und Giften.

Kein Buch, kein Foto, kein Brief - nicht einmal eine Tüte. Nun mußte sie das Verlorene, Vergangene in ihrem Innern tragen, sich die verlöschenden Bilder ihrer Welt vor ihr inneres Auge halten, ganz nah, um sie zu erkennen, einmal noch zu sehen in einem schon verdämmernden Licht. Nur dies noch war ihr geblieben: das, was sie sah, wenn sie die Augen schloß. Dieser Frau war behördlicherseits recht geschehen. Sie war Humanobjekt des Sozialvollzugs, und was noch ausstand, war lediglich die Vollstreckung der Finalbetreuung.

Theodor Weißenborn

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"Rechter Populismus"

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Von Wilna nach Schlieben

Eigentlich wollte er nur für seine Kinder schreiben, doch Freunde drängten und rieten ihm, aus dieser Idee ein größeres Werk zu machen und es der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Ein schwieriges Unterfangen, denn es war nicht einfach, zu recherchieren, Material zu sichten und in Archiven im In- und Ausland nach Quellen und Urkunden zu suchen.

Es brauchte Jahre, bis sich endlich Tausende Puzzle-Teilchen zu einem Buch zusammenfügten. Uwe Schwarz hat darin seinem Vater und in dessen Person dem Leidensweg und dem Widerstand all jener, die durch Hitlers Konzentrationslager gingen, ein Denkmal gesetzt. Es ist die Geschichte der jüdischen Familie Schwarz, deren Spuren sich durch ein ganzes Jahrhundert und durch ganz Europa ziehen.

Peter, der jüngste Sohn der Familie Schwarz, wuchs in Wilna auf, diente in der polnischen Armee und geriet 1939 in deutsche Kriegsgefangenschaft - der Beginn eines langen Martyriums im Konzentrationslager Majdanek, im Zwangsarbeitslager der HASAG sowie im KZ Buchenwald und dessen Außenlager in Schlieben-Berga. Viele Angehörige überlebten den Holocaust nicht, fanden im Ghetto von Wilna und den Erschießungsgruben vor den Toren der Stadt den Tod. Im April 1945 befreite die Rote Armee das KZ Schlieben, in dem Peter Schwarz zuletzt gefangengehalten wurde. Damit begann für ihn der langersehnte Weg in die Freiheit.

Dem Autor, der weder Historiker noch Schriftsteller, noch Journalist ist, gelang es, ein für die politische Auseinandersetzung in der Gegenwart bedeutsames Dokument zu erarbeiten, detailgenau, tiefgründig, faktenreich und umfassend - eine akribische Recherchearbeit, der ebenso Respekt zu zollen ist wie der Kunst des Autors, historische Fakten mit biographischen Erzählungen von Zeitzeugen und Weggefährten des Vaters zu verbinden. Er taucht tief in das Denken und Fühlen jener ein, die der Willkür, den Schikanen, der Brutalität und Unmenschlichkeit der faschistischen Mörder ausgeliefert waren. Das Geschehen entzieht sich jedem menschlichen Vorstellungsvermögen, doch Uwe Schwarz schildert es mit den Augen und der Stimme der Betroffenen. Originaldokumente und Fotos, vor allem aber eigene Kommentare und Wertungen des Verfassers machen das Buch zu einem wissenschaftlichen wie den geistigen Horizont des Lesers erweiternden und aufklärerischen Lesestoff, der zur Parteinahme herausfordert. Nahezu jeder Satz offenbart seine persönliche Betroffenheit und seine Absicht, die historische Wahrheit festzuhalten und zu verteidigen. Dazu gehört der Beitrag der Wirtschaft zur Aufrechterhaltung des Hitler-Regimes und seines Krieges. Das KZ Schlieben-Berga - ein Lager der systematischen Vernichtung der Häftlinge durch Arbeit -, war auf das engste mit dem HASAG-Rüstungskonzern (Hugo Schneider AG) verknüpft. Uwe Schwarz gibt detailgenau Auskunft über dessen Vernetzung mit dem KZ. Er schreibt: "Man wollte sich bei der Neuaufteilung der Welt seinen Platz an der Sonne, seinen Anteil am Raubgut des deutschen Imperialismus sichern. Alle Gewinne gelangten zum Firmensitz nach Leipzig."

Schwarz wehrt sich dagegen, Geschichte dem Vergessen zu überantworten. Er will aufklären, den "Finger auf die Wunde" legen. So schildert er ausführlich den Umgang der BRD-Justiz mit vielen der Täter, die oft wegen angeblicher "begrenzter Aufklärungsmöglichkeiten" für ihre Verbrechen nicht oder kaum bestraft worden sind. Es läßt auf immer noch "unbewältigte Vergangenheit" und verbreiteten rechten Ungeist schließen, wenn das Buch, wie Uwe Schwarz schrieb, besonders in der Region Schlieben "regelrecht boykottiert" wurde und man ihn mit üblen Anrufen schikanierte.

Der Autor signierte das mir zugesandte Exemplar mit den Worten: "Wer schweigt, von dem wird angenommen, daß er zustimmt" - ein Satz, der aufrüttelt, so wie sein Buch.

Bruni Steiniger


Uwe Schwarz: Von Wilna nach Schlieben. Verlag Bücherkammer, Herzberg/Elster 2015, 234 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen und Dokumenten, 19,95 €

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Am 31. Mai feierten wir den 200. Geburtstag von Georg Herwegh, einem der populärsten deutschsprachigen Dichter des 19. Jahrhunderts, mutigem Streiter für Demokratie und Freiheit.

Der Zeitgenosse von Heinrich Heine, Hoffmann von Fallersleben, Karl Marx und Ferdinand Lassalle (siehe RF 232, S. 27) floh mit 22 Jahren in die Schweiz, um einer Haftstrafe wegen "Subordination" und der Zwangsrekrutierung zu entgehen. Zwei Jahre später gelang ihm mit den "Gedichten eines Lebendigen" einer der größten literarischen Erfolge im Deutschland des 19. Jahrhunderts, was ihm sogar eine Privataudienz beim preußischen König einbrachte, der ihn aber anschließend des Landes verwies.

Bis heute gibt es keine umfassendere musikalische Würdigung seiner Lieder, von denen viele aber immer noch von großer Aktualität sind.

Soeben ist als achtes Album der Bremer Gruppe "Die Grenzgänger" (siehe auch RF 235, S. 29) die CD "Lieder eines Lebendigen" von Georg Herwegh erschienen. www.musikvonwelt.de

Georg Herwegh kam dem Ideal eines "Working-Class-Hero", wie John Lennon ihn besungen hat, recht nah. Manches aus seiner Feder erinnert an Ralph Möbius alias Rio Reiser, der seinen Künstlernamen dem Roman "Anton Reiser" aus der Zeit der französischen Revolution entlieh. Sang dieser mit "Ton Steine Scherben": "Fabriken bauen, Maschinen bauen, Motoren bauen, Kanonen bauen. Für wen?" mit dem Refrain "Macht kaputt, was euch kaputt macht!", so schrieb Herwegh: "Wirkst am Webstuhl Tag und Nacht, schürfst im Erz- und Kohlenschacht, füllst des Überflusses Horn, füllst es hoch mit Wein und Korn" mit dem bis heute bekannten Aufruf: "Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will".

Als Georg Herwegh mit gerade 24 Jahren die "Lieder eines Lebendigen" aus dem Schweizer Exil veröffentlichte, konnte kaum jemand ahnen, daß seine Gedichte voll Zorn und Zärtlichkeit sich öfter verkaufen würden als die Verse Goethes, Schillers und Heines. Sie trafen den Nerv der Zeit und bereiteten die Revolution von 1848 vor, in der er gemeinsam mit seiner Frau Emma mit der Waffe in der Hand für eine deutsche Republik in einem freien Europa kämpfte.

Zwölf extra für dieses Album entstandene Kompositionen werden ergänzt durch zwei neu arrangierte Melodien aus dem 19. Jahrhundert - eine moderne Musik zwischen Chanson, Jazz, Klassik, Folk, inklusive dreier Live-Aufnahmen der umjubelten Premiere. RF

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Gespräch mit Patrik Köbele zur Bundestagswahl

Patrik, wer wäre eigentlich das kleinere Übel, Angela Merkel oder Martin Schulz?

Patrik: Ich weiß nicht, wie groß die beiden sind. In Phasen, in denen es nicht gelingt, eine Massenbewegung der Ausgebeuteten zu entwickeln, sind beide von Übel. Natürlich sind Sozialdemokraten oft empfänglicher für Druck, zum Beispiel der Gewerkschaften. Gleichzeitig können sie aber zur Einbindung der Gewerkschaften genutzt werden. So wurde die letzte "Wechselstimmung" von Kohl zu Schröder/Fischer genutzt, um Angriffskriege der Bundeswehr und die Agenda 2010 durchzusetzen.

Über 60 Millionen Menschen sind auf der Flucht, und die NATO ist auf Kriegskurs. Warum meint die DKP, es sei eine gute Idee, alle Kraft in den Bundestagswahlkampf zu stecken? In die Nähe der 5-%-Hürde kommt Ihr ja doch nicht, und der Kapitalismus läßt sich ja auch nicht abwählen.

Wir wollen den Wahlkampf als Tribüne nutzen, um unsere Inhalte zu verbreiten und damit dazu beitragen, daß Menschen in Bewegung für ihre Interessen kommen. Natürlich sollen sie wählen gehen, am besten uns - sie sollen aber keinesfalls ihre Stimme abgeben, die sollen sie besser erheben. Es geht uns ja gerade darum, die Fragen von Krieg, Flucht und Armut sowie deren Instrumentalisierung für Rassismus in den Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung zu rücken. Wir sagen: Krieg, Flucht und Armut haben Ursachen, Verursacher und Profiteure - gegen die wollen wir den Kampf organisieren, und dafür wollen wir den Wahlkampf nutzen. Das ist Inhalt unseres Sofortprogramms, es richtet sich damit gegen das Monopolkapital und seine aggressive Rolle nach innen und außen.

Wäre angesichts von Rechtsentwicklung und Sozialabbau nicht Rot-Rot-Grün eine realistischere Alternative?

Die SPD regiert ja bereits als Teil der großen Koalition. Die letzte Regierung aus SPD und Grünen setzte, wie bereits gesagt, die ersten Kriegseinsätze und die Agenda 2010, also Hartz IV, durch. Was soll da eine Linke als Juniorpartner? Das führt zur Anpassung an die Interessen der herrschenden Klasse.

Die Linkspartei will nun nur noch die militärischen Strukturen der NATO verlassen und sieht Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht länger als rote Haltelinie. Was bedeutet das für die Friedensbewegung?

Diese Aufweichung ist eine Katastrophe. Die Friedensbewegung muß bei ihrer klaren Haltung bleiben. Raus aus der NATO, keinerlei Auslandseinsätze der Bundeswehr, Stop aller Rüstungsexporte! In diesem Sinne muß die Friedensbewegung auch Druck auf die Partei Die Linke machen.

Es ist zu befürchten, daß auch die AfD in den Bundestag einzieht Wie muß angesichts dessen effektiver Antifaschismus heute aussehen?

Er muß die Perspektivangst der Arbeiterklasse und anderer lohnabhängiger Schichten ernst nehmen. Diese Perspektivangst ist berechtigt. Allerdings ist ihre Ursache das Profitsystem, der Kapitalismus. Den antikapitalistischen Kräften ist es nicht gelungen, dies zu vermitteln. Der Nährboden dafür sind Standortlogik und Nationalismus. Auf diesem Nährboden und in diesem Vakuum wird die AfD auch medial großgemacht. Antifaschismus muß sich mit dem sozialen Kampf und dem Kampf gegen Krieg verbinden, sonst wird er nicht überzeugen.

Ein Großteil der DKP-Mitglieder hat bereits graue Haare. Warum sollten Jugendliche auf die Idee kommen, Euch zu wählen?

Wenn es nach der Haarfarbe ginge, könnte ich meine ja rot färben - Quatsch! Wenn man eine Partei wählen will, die 100 % Antikriegspartei ist, die 100 % antifaschistische Partei und die 100 % antikapitalistische Partei ist, dann muß man DKP wählen. Damit kann man auch wunderbar Druck von links machen - und man kann sicher sein, daß die Stimme nicht im parlamentaristischen Sumpf landet.


Patrik Köbele war von 1989 bis 1994 Bundesvorsitzender der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) und ist seit März 2013 Vorsitzender der DKP.

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Das Betriebsrentengesetz - eine Erfindung der SPD

Die SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles hat kurz vor der Bundestagspause ein Betriebsrentengesetz eingebracht, bei dem man sich fragen muß, wer ihr das in die Feder diktiert hat. Wer von den hohen Würdenträgern in der SPD konnte denn auf derart lebensfremde Ideen kommen? Essens- und Einkaufsgutscheine - was haben diese mit einer späteren Rente zu tun? Oder waren hier Einflüsterer großer Privatversicherer am Werk? Vor Jahren tourte ein Prof. Raffelhüschen von der Uni Freiburg durch alle Talkshows und pries die private Rentenversicherung als die sicherste aller Vorsorgen.

Offensichtlich gingen ihm hauptsächlich junge Menschen auf den Leim. Er tat das nicht für die späteren Rentenempfänger, sondern für die Versicherungskonzerne, die ihm vermutlich die Spesen bezahlten. Nachdem er sein Werk für die Versicherer vollbracht hat, ist der Herr völlig in der Versenkung verschwunden. Ebenso Herr Renten-Riester als früherer SPD-Minister. Übrig bleibt ein Rentenstückwerk, dem jetzt nochmals der "letzte Schliff" gegeben wird, und ein derart verklausuliertes Machwerk, das der Normalverbraucher so schnell nicht durchschaut, auch nicht durchschauen soll. Schon gar nicht vermag er sich die späteren Auswirkungen vorzustellen. Deshalb sind Vermittlerunternehmen zwischengeschaltet, die in blumenreicher und nebulöser Sprache die Vorzüge darzustellen versuchen. Die Kosten trägt der Rentenanleger.

Niedrig- und Geringverdiener sollen privat für ihre Rente vorsorgen und vom Verdienst, welcher schon gegenwärtig kaum zum Leben reicht, einen Vorsorgebetrag abzweigen, den sie einem privaten Kapitalanleger zum Zocken zur Verfügung stellen. Wer weiß denn heute als 25jähriger, wie die Welt in 30, 40 oder 50 Jahren aussieht? Garantien sieht das Gesetz nicht vor. Es kann also durchaus sein, daß sich mit Renteneintritt rückblickend der gesamte Aufwand für den Rentenempfänger nicht gelohnt hat, weil sich die Anleger verzockt haben und von dem eventuell verbleibenden Rest Steuern und Sozialbeiträge abzuführen sind - ein Nullsummenspiel, wenn man Pech hat. Es ist genauso ein Elendsmodell wie die vormalige Riesterrente.

Das einstmals funktionierende Vorsorgeprinzip des Staates wird Schritt für Schritt ausgehebelt und dem Bürger überlassen. Man beklagt die Überalterung der Gesellschaft und übersieht geflissentlich, daß das Rentenproblem einfacher zu lösen wäre. Aber die SPD traut sich nicht.

Das neue Betriebsrentengesetz widerspricht dem, was Kanzlerkandidat Martin Schulz vollmundig verspricht - mehr Gerechtigkeit. Wo ist denn die Gerechtigkeit, wenn dem Niedrig- und Geringverdiener in die Tasche gefaßt und ihm eine Privatvorsorge vorgegaukelt wird, die mit höchster Wahrscheinlichkeit so niemals eintreten wird. Die Unwägbarkeiten in einem nicht überschaubaren Zeitraum von Jahrzehnten sind dermaßen unberechenbar, daß das auch und erst recht eine Bundesregierung erkennen müßte.

Die SPD war der Durchpeitscher der Hartz-IV-Gesetze. Wieder einmal zeigte sie sich von der "arbeiterfreundlichen" Seite. Doch deutsche Sozialdemokratie und Arbeiterpartei, respektive "Partei der kleinen Leute", passen heute so wenig zusammen wie zwei linke Latschen. Sozialdemokratische Arbeiterpartei ist längst Geschichte. Das liegt mehr als 100 Jahre zurück.

Die DDR wirkte einstmals als Korrektiv zu den herrschenden Verhältnissen in der Alt-BRD; sie saß - wie Gewerkschafter es ausdrückten - bei Tarifverhandlungen als unsichtbarer Dritter mit am Tisch. Jetzt, wo es sie nicht mehr gibt, werden die sozialpolitischen Folgen immer offensichtlicher.

Reiner Neubert, Berlin

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Vom Mythos der Zwangsvereinigung

Unmittelbar nach dem Vereinigungsparteitag von SPD und KPD im April 1946 herrschte in den Zeitungen der Westzonen noch keine antikommunistische Stimmung. Die Berichte waren, wie der Bericht meiner Lokalzeitung, der "Passauer Neuen Presse" (PNP), zeigt, unbelastet von Hetze gegen die Menschen in der "Ostzone". Dieses Blatt ist heute neben dem "Bayernkurier" die größte antikommunistische Zeitung in Bayern. Am 23. April 1946 berichtete sie schlicht vom Manifest der Einheitspartei: "Der Vereinigungsparteikongreß der Kommunistischen Partei und der Verschmelzungsanhänger der Sozialdemokratischen Partei vollzog Ostermontag in der 'deutschen Staatsoper', dem früheren Admiralspalast, feierlich die endgültig Vereinigung zur neuen 'Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands'. Der Parteikongreß, der Ostersonntag begonnen hatte, war insgesamt von 1055 Delegierten besucht, von denen 507 die frühere Kommunistische Partei und 548 die Verschmelzungsanhänger der Sozialdemokraten vertraten. 380 Kommunisten und 445 Sozialdemokraten kamen aus der russischen Zone, 127 Kommunisten und 103 Sozialdemokraten aus den westlichen Zonen."

Auch der Bericht in der Wochenzeitung "Die Zeit" vom April 1946 unter der Überschrift "Umstrittene Einheit" überraschte mich. Kein Wort über Zwang. Details dieses Berichts über die Vereinigung von KPD und SPD zur SED sucht man heute in den Geschichtsbüchern vergebens: "Es ist erstaunlich, festzustellen, daß die täglich massiver gewordenen Debatten um den Nutzen oder die Abwegigkeit der Verschmelzung der beiden Arbeiterparteien die politische Beweglichkeit der um Essen und Heizen besorgten Millionenmasse Berlins zum ersten Male erreicht haben. Und das sowohl für wie gegen die beschlossene und zu Teilen wohl schon durchgeführte Verschmelzung [...] Ein demokratischer Akkord, wie man an der Zulassung der vier Parteien erkennen konnte, die von den Kommunisten über die Sozialdemokraten, die Christlich-Demokratische Union bis zu den Liberaldemokraten reichte. Die sowjetischen Behörden, die zu einem so frühen Zeitpunkt wie in keiner anderen deutschen Zone diese Parteien zu reger Tätigkeit ermunterten, sparten sichtlich nicht mit allen Formen der Unterstützung, gerade auch gegenüber den nichtkommunistischen Parteien. Es ist selbstverständlich, daß diese Haltung auf ein Volk, das der Zwangsjacke des Einparteienstaates (des Hitlerfaschismus) eben entschlüpft war, wohltuend wirkte. (...)

So erklärt es sich, daß die grundsätzliche Bereitschaft der SPD zu einer Sozialistischen Einheitspartei gerade in den Wochen und Monaten einer heftigen psychologischen Belastung ausgesetzt war, als die Notwendigkeit der Einheitspartei, nunmehr von den bis dahin zögernden Kommunisten mit aller Leidenschaft forciert, zum fast einzigen Thema kommunistischer Politik wurde. (...)

Über alle diese äußeren Erscheinungen hinweg hat dieser Kampf freilich ein demokratisches Prinzip überhaupt von allen Begriffsverwirrungen freigelegt - und das ist es, was die außerordentliche politische Bewegtheit Berlins in diesen Wochen, gerade auch die der Nichtmitglieder der in Frage stehenden Parteien, charakterisiert: Es geht um das Recht, entscheiden zu dürfen, ein erstes wirklich demokratisches Urteil fällen zu dürfen. Die Gegner der sofortigen Vereinigung argumentieren ständig, ihre Beförderer wendeten ein diktatorisches und totalitäres Prinzip an, um eine angeblich demokratische Sache zu erreichen. Sie wittern, nach Hergang und Methode, eine Vergewaltigung."

Tatsächlich läßt der Gegenangriff nicht lange auf sich warten. Bereits im Februar 1946 führte die West-SPD unter Kurt Schumacher in einem Berliner Restaurant in Tempelhof eine Sonderberatung der leitenden Funktionäre der SPD durch, an der rund 40 Personen teilnahmen. Die gesamte Tätigkeit des "Leitenden Ausschusses" erfolgte gemäß den Anweisungen der Amerikaner und Engländer. Schon im März 1946, also im Monat nach der Gründung des "Leitenden Ausschusses", führte der Mitarbeiter der amerikanischen Militäradministration, Morriss, eine Beratung mit dem Ausschuß in Berlin-Zehlendorf durch, an der auch der Lizenzträger und Redakteur des "Tagesspiegels", Erik Reger, die Amerikaner Wiesner, Morriss und Silver sowie der Engländer Albu teilnahmen. Aufgabe dieses Ausschusses war, die Sozialdemokraten in der Ostzone so zu beeinflussen, daß die Vereinigung scheitert. Dieser Ausschuß mündete dann in die Gründung der Terror- und Sabotageorganisation SPD-Ostbüro.

Den Startschuß zu den antikommunistischen Hetzorgien gab der SPD-Vorsitzende Kurt Schumacher auf dem ersten SPD-Parteitag vom 9. Mai 1946 in Hannover. Er schäumte geradezu vor Haß gegen die SED und die sowjetische Besatzungsmacht, wie die Quellen belegen:

- "Man braucht nur daran zu denken, wie ungeheuerlich die Propaganda vor der Vereinigung war, ... ihr müßt Kommunisten werden, dann werdet Ihr Eure Industrie behalten." ... "Und dann ist die Vereinigung zwangsweise erfolgt, und die Ausschlachtung der deutschen Industrie hat in einem Maße eingesetzt, das alles Vorhergehende übertrifft. Wir im Westen lassen uns nicht dumm machen."

- "Wir haben in den Westzonen erhebliche Teile der alten politischen Klassen, und wir haben in der Ostzone ein Bild der Klassen der neureichen Profiteure der politischen Situation genauso wie im Dritten Reich. Wir haben dort das Bild, daß Beamte Kommunisten und Kommunisten Beamte sind, trotzdem beide dazu nicht tauglich waren, wir haben das Bild einer Fäulnis und Korruption wie im Dritten Reich."

- "Der neue Nationalismus, wie er heute aus dem Osten zu uns herüberdrängt, findet seinen stärksten Ausdruck bei den vereinigten Kommunisten, die sich jetzt Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, SED, nennen."

Erstes Opfer dieses Antikommunismus Schumachers war Hans Venedey aus der SPD in Hessen. Innenminister Hans Venedey mußte wegen seines Engagements für die SED im Frühjahr 1946 sowohl die Regierung als auch die SPD verlassen.

Fazit: Für mich hat sich der Mythos einer Zwangsvereinigung aufgelöst. Pure antikommunistische Propaganda!

Johann Weber, Ruhstorf

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Protest gegen Geschichtsfälschung in Thüringen

Vor einiger Zeit wurde in der Gedenkstätte Auschwitz eine neue Ausstellung eröffnet. Sie zeigt die Geschichte der Erfurter Firma Topf & Söhne. Diese Firma produzierte bis zum Kriegsende Krematoriumsöfen, die in die deutschen Vernichtungslager, so auch nach Auschwitz, geliefert wurden. Bodo Ramelow, Thüringens Ministerpräsident, legte am Ort des Geschehens einen Kranz nieder und hob dabei besonders den hohen Stellenwert von Erinnerungsarbeit hervor.

Was damit gemeint war, führte dann die thüringische Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) aus. Diese Ausstellung dokumentiere die Geschäftsbeziehungen des genannten Unternehmens mit der SS und zeige, wie dieser Teil seiner Geschichte über Jahre sowohl in der DDR wie auch in der alten Bundesrepublik verdrängt worden sei. Dreistigkeit kennt offenbar keine Grenzen mehr, und Geschichtsverdrehung ist an der Tagesordnung. Helfen wir also Frau Grütters auf die Sprünge. - Ich bin in Erfurt geboren und habe in meiner Heimatstadt bis 1964 gelebt und gearbeitet. Mein Elternhaus stand unweit der Erfurter Schmiedstedter Brücke. Bog man hinter dieser Brücke links ab Richtung Weimar und Melchendorf, fiel unweigerlich der Blick auf das imposante, aus roten Klinkern errichtete Betriebsgebäude der Firma Topf & Söhne. Für uns Kinder war dies ein unheimlicher Ort. Denn schon sehr früh hatten wir in der Schule erfahren, was hier produziert wurde und welchem Zweck diese Produktion diente.

Fest verankert in den Lehrplänen unserer Schule war ein Schulausflug in das benachbarte KZ Buchenwald. Buchenwald, in die Geschichte eingegangen als ein Terrorlager, in dem die Häftlinge geschlagen, gequält, totgeprügelt, durch Hunger und Durst ermordet wurden, verfügte auch über ein kleines Krematorium, was die Firma Topf & Söhne geliefert und installiert hatte. Auf dem Hof dieses Krematoriums wurde Ernst Thälmann ermordet. Die Lehrer, die uns auf diesen Schulausflügen begleiteten, machten uns immer auf das an den Öfen angebrachte Firmenschild aufmerksam. So wurden wir bereits als junge Menschen über die unsagbaren Verbrechen des faschistischen Deutschland aufgeklärt.

Die Verstrickung dieses Erfurter Unternehmens in den Vernichtungsapparat der Nazis war kein Einzelfall. Ebenfalls bereits in der Schule erfuhren wir von den ungeheuren Dimensionen der Zusammenarbeit deutscher Großunternehmen und Monopole mit dem faschistischen System zur Durchsetzung seiner Weltherrschaftsziele.

Für mich ist die Leugnung und Verfälschung historischer Fakten durch die Landesregierung meiner Thüringer Heimat - geduldet von einem PDL-Ministerpräsidenten - nicht hinnehmbar. Immer deutlicher wird, wie die heute Herrschenden versuchen, von eigenem Versagen bei der Verfolgung und Bestrafung von Nazi- und Kriegsverbrechen abzulenken, indem sie Falschmeldungen, Lügen und Unwahrheiten über den antifaschistischen Charakter unseres sozialistischen Staates verbreiten.

Peter Truppel, Cottbus

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BUCHTIPS

Peter Rau: Der Spanienkrieg 1936-39
Als im Juli 1936 in Spanien die Reaktion gegen die demokratisch gewählte Volksfrontregierung putschte und bereits nach wenigen Tagen die Schützenhilfe aus Deutschland und Italien zugunsten der Militärs um Franco unumstößlich bewiesen war, eilten Tausende Antifaschisten aus aller Welt der Republik zu Hilfe und kämpften in den Internationalen Brigaden. Die Vorgeschichte dieser Ereignisse wird hier ebenso beschrieben wie die umfangreiche materielle Unterstützung Francos durch den internationalen Faschismus. Thematisiert wird zudem die verhängnisvolle Nichteinmischungspolitik der "Demokratien" des Westens, die - neben der massiven Intervention seitens Hitlers und Mussolinis - letztlich für die Niederlage der Republik verantwortlich war. Beleuchtet werden aber auch deren Versäumnisse und Fehler sowie die Rolle der Kommunistischen Internationale und die Hilfe der Sowjetunion.

PapyRossa-Verlag, Köln 2017,
Reihe Basiswissen, 130 S., 9,90 €


Erich Hahn: Lukács und der orthodoxe Marxismus
"Geschichte und Klassenbewußtsein" von Georg Lukács zählt zu den bedeutendsten Grundlagenwerken der marxistischen Philosophie. Erich Hahn hat sich mit dem einflußreichen Buch auseinandergesetzt, um es für aktuelle Debatten neu zu erschließen. Warum scheiterte die europäische Arbeiterbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts? Wieso findet die Revolution nicht statt, obwohl objektiv alles zu ihr drängt? Und wie entsteht Klassenbewußtsein überhaupt? Hahn bietet mehr als bloßen Kommentar und politische Meinung. Er analysiert die widersprüchliche Rezeptionsgeschichte und bleibt dicht am ursprünglichen Text. Damit liefert er einen unverzichtbaren Schlüssel zum Verständnis der historisch-materialistischen Geschichtsauffassung.

Aurora-Verlag, Berlin 2017, 144 S., 15 €


Kuba im Wandel

Herausgegeben von V. Hermsdorf u. a.
In diesem Buch gehen sechzehn Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz verschiedenen Fragen der aktuellen Entwicklung in Kuba nach. Vorurteilen begegnen sie mit in Europa wenig bekannten Fakten und eigenen Erfahrungen. Das Ergebnis sind Beiträge zu einer Vielzahl von Themen:

Wie wirken sich die aktuellen Entwicklungen auf Kuba im Alltag aus? Gibt es dort noch Rassismus, und welche Rolle spielt der Umweltschutz? Wo kommen all die Oldtimer her, und wie wird im Sozialismus gearbeitet? Wie steht es um die Rechte der Frauen? Wie "frei" ist das Internet, und wie demokratisch sind die Wahlen? Welche Rolle spielt Kuba in Südamerika, und wie entwickelt sich das Verhältnis zu den USA?

Verlag Wiljo Heinen, Berlin 2017, 160 S., 10 €


Antiquarisch

Die Tabus der bundesdeutschen Presse
Herausgegeben von Eckart Spoo mit Beiträgen u. a. von Klaus Peter Kisker, Ansgar Skriver und Günther Wallraff

Nicht der Zufall bestimmt die Tabus der bundesdeutschen Presse. Das Fazit einer ersten, gewiß nur kursorischen Bestandsaufnahme lautet: Tabu sind nicht x-beliebige Themen - warum sollten Nebensächlichkeiten tabu sein? Tabu sind vielmehr gerade Themen, denen größtes öffentliches Interesse zukommt. Privatleben ist nicht tabu. Jede Zeitung kann - wir lesen es täglich - über jedes Menschen Privatleben berichten, über Familienverhältnisse, sexuelle Neigungen, Marotten, Verstöße gegen geltende Rechtsnormen, über alle erdenklichen Belanglosigkeiten aus der Individualsphäre. Das Ausgefallene, Absonderliche, Elitäre, Exzentrische, Ausgestoßene, Anomale wird in Millionenauflage zum Gegenstand des Staunens gemacht. Das Alltägliche ist der öffentlichen Erörterung entzogen. Tabu sind die Lebensverhältnisse des Volkes, die Produktionsverhältnisse, die Eigentumsverhältnisse, die Herrschaftsverhältnisse.

Die Berichterstattung der bundesdeutschen Presse ist von der Angst geprägt, die Darstellung der Wirklichkeit könnte Unzufriedenheit mit der Wirklichkeit anstacheln und Aktivität auslösen, die sich gegen bestehende Herrschaft richten würde. Der Apfel der Erkenntnis bleibt am Baum, und das Volk bleibt im Paradies herrschender Ideologie.

Carl-Hanser-Verlag, München 1971, 140 S.

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Unentdecktes Land e. V.
Wer wir sind und was wir wollen

Anlaß zur Gründung des Vereins Unentdecktes Land war der 9. November 2014. Damals versammelten sich einige wenige junge Leute auf dem Berliner Alexanderplatz und überraschten - angeregt von einer Antikriegsaktion gegen den Jugoslawienkrieg 1999 - Passanten mit einem überdimensionalen Großtransparant: "Diese Grenze wurde aufgehoben, damit wir gemeinsam wieder in den Krieg ziehen." Diese Losung fiel uns relativ spontan ein, was uns freute, denn die mediale Glorifizierung des 25. Jahrestages des Mauerfalls war unerträglich. Dazu bastelten wir eine Konstruktion, die es erlaubte, das Transparent in vier Metern Höhe aufzuspannen, und gestalteten unübersehbare Tafeln mit Fakten über den deutschen Militarismus, den seit 1990 leider keine DDR mehr daran hindern kann, durch die Welt zu stolzieren. Aber die Bürger dieses Landes leben; immer mehr wollen die Entwicklung seit 1990 nicht hinnehmen und geben ihr Wissen und ihre Erfahrungen den Nachkommen weiter. Wir lernen von ihnen. Am 3. Oktober 2015 sollte eine weitere Aktion auf dem Pariser Platz starten. Sie wurde - offenbar, weil man unsere Aufklärungsarbeit fürchtete, von den "Staatsschützern der deutschen Einheit" auf den Potsdamer Platz abgeschoben, so daß sie ihre volle Wirkung nicht entfalten konnte.

Zuletzt waren wir am 13. August 2016 auf dem Pariser Platz präsent, übrigens in direkter Konfrontation mit Hubertus Knabe, der zum selben Tag am selben Ort sein stattliches Gruselkabinett auffuhr. Zähneknirschend und durchaus mit allerlei für uns ungünstigen Einschränkungen kamen Beamte des Staatsapparates dennoch ihrer Aufgabe nach, unsere Aktion vor Knabes angriffslustigen Trupps zu schützen.

Und noch eine Aktivität soll nicht verschwiegen werden. Am 8. Mai 2015 führten wir an der Neuen Wache eine Aktion zum Tag der Befreiung durch. Neben neuen und alten Fakten über den deutschen Militarismus und einem Aufruf in vier Sprachen - Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch - präsentierten wir unter dem Titel "Zerstörung durch Umdeutung" auch eine Ausstellung zur Geschichte der Neuen Wache, in der wir zeigten, wie die BRD die antifaschistische Gedenkstätte zu einer Art deutscher Opferstätte umfunktionierte. Unsere Aktion auf dem Alexanderplatz 2014 ermutigte uns zur Gründung des Vereins, in dessen Satzung es unter anderem heißt: "Der Verein 'Unentdecktes Land e. V.' fördert die wissenschaftliche und publizistische Auseinandersetzung mit der Deutschen Demokratischen Republik als der bisher größten Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung. Hierfür erstellt der Verein eine eigene, regelmäßig öffentlich durchgeführte Ausstellung zu den Ursachen und Folgen der Gründung und des Endes der DDR." Gegenwärtig sind wir dabei, eine solche Ausstellung vorzubereiten. Wir wollen die Entstehung der DDR, ihr Blühen, ihre Widersprüche und ihre seit 1990 bis heute fortlaufende Abwicklung, Zerstörung und Verteufelung faktenreich darstellen und dabei auch die soziale Lage in Ostdeutschland heute thematisieren. Das ist ein großes Unterfangen, denn 40 Jahre DDR, Forschungs- und Archivmaterialien, die Auswertung der Materialien über die wirtschaftlichen, sozialen und geopolitischen Folgen ihrer Annexion wollen erst einmal gesichtet sein.

Mit unserer Ausstellung, die ab 2018 vor allem auf öffentlichen Plätzen in Städten und Ortschaften präsentiert werden soll, werden wir unseren Beitrag zur unerträglichen Legendenbildung über Platz und Geschichte der DDR leisten. Es wäre gut, wenn es gelingt, möglichst viele, vor allem die Jungen, zu Gesprächen über "das unentdeckte Land" einzuladen, Fragen aufzuwerfen und die angebliche Alternativlosigkeit des Kapitalismus aufs Korn zu nehmen. Unser Anliegen ist es, mit der Bevölkerung über Frieden, Antifaschismus, Sozialismus einerseits, Krieg, Faschismus und imperialistische Annexion und Konterrevolution andererseits in die Diskussion zu kommen. Daß dies unbedingt notwendig ist, zeigt eine von uns durchgeführte Veranstaltung zum Film "Spur der Steine" im Berliner Café "Sibylle", bei der wir über Probleme der Arbeitswelt der DDR, über Unterschiede zwischen Film und Buch, Aufgaben und Möglichkeiten von Kulturschaffenden in der DDR debattierten. Unser Verein hat ein antifaschistisches Profil. Das bedeutet vor allem, Lehren aus der deutschen Geschichte bewußtzumachen. Mit ihr wollen wir uns wissenschaftlich und publizistisch auseinandersetzen, Ursachen und Folgen ihrer Gründung und ihres Endes erkennen.

Im Verein kann man - unabhängig von der Stellung und Haltung zu verschiedenen Fragen der internationalen Politik - als Mitglied, Förderer und/oder Ausstellungsredakteur tätig werden. Messen lassen wir uns an unserer kritischen, aber unbedingt solidarischen Haltung zur DDR als Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung. Wir meinen, damit eine Orientierung in den antifaschistischen, antimilitaristischen und sozialen Kämpfen in diesem Land zu haben. Bündnispolitisch sind wir momentan im Ostdeutschen Kuratorium von Verbänden e. V. (OKV), im Aktionsbündnis Thälmann-Denkmal des Freundeskreises Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals e. V. und in "RotFuchs"-Regionalgruppen aktiv.

So versuchen wir, Veranstaltungen von Mitgliedsorganisationen des OKV zu besuchen, und unterstützen das OKV bei der Vorbereitung und Durchführung der großen Protestveranstaltung zum 3. Oktober, auf der wir einander alle zu sehen hoffen. Von verschiedenen "RotFuchs"-Regionalgruppen sind wir - auch jetzt im zweiten Halbjahr - herzlich eingeladen worden, unseren Verein vor Ort vorzustellen. Wir freuen uns auf diese Begegnungen und grüßen all jene solidarisch, die gegen Krieg und Faschismus, gegen Verelendung und Reaktion, gegen Anti-DDR-Hetze und Antikommunismus kämpfen.

Unentdecktes Land e. V.

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Siegfried Lachmann
neuer künstlerischer Mitstreiter des "RotFuchs"

Geboren am 1. Juli 1936 in Vetschau; von 1953 bis 1958 Fachhochschule für Angewandte Kunst Berlin/Potsdam; 1958 bis 1978 Bezirksmuseum Potsdam, Tätigkeit als Ausstellungsgestalter und Grafiker; 1970 bis 1972 Gastdozent für museale Ausstellungsgestaltung an der Fachhochschule Leipzig; ab 1978 freischaffend tätig als Grafik- und Ausstellungsdesigner; seit 1980 Mitglied des Verbands Bildender Künstler der DDR, seit 1990 Brandenburgischer Künstlerverband.

Ausstellungsgestaltungen u. a. in Potsdam, Prag, Minsk, Paris, Berlin, Opole, Frankfurt/Main, Gera, Frankfurt/Oder, Bonn, München und Naumburg. Jahrelange Jury-, Berater- und Gestaltertätigkeit für den Kulturbund, den FDGB und die Abteilung Volksbildung des Rates des Bezirks Potsdam u. a. für die Projekte: Bezirksfotoschau, Fotoausstellungen der Arbeiterfestspiele der DDR, Gestaltungen für die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück und die Galerien der Freundschaft (Kinderkunstwettbewerb der DDR), seit 1990 weiterhin Ausstellungen für die Gesellschaft für Fotografie, die BUGA Potsdam und die Gewerkschaft ver.di Berlin.

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Stimmen aus aller Welt über die DDR

Solange der sozialistische deutsche Staat, die DDR, existierte, haben sich immer wieder Persönlichkeiten aus der ganzen Welt bei oder nach Besuchen über die DDR geäußert. Zum 30. Jahrestag am 7. Oktober 1979 hat die Auslandspresseagentur Panorama DDR über hundert solcher Stellungnahmen in einem Buch vereint.

Entstanden ist so ein Mosaik persönlicher Erfahrungen und Erkenntnisse, die jeweils ein Stück gesellschaftlicher Wirklichkeit widerspiegeln. Stellvertretend für die anderen veröffentlichen wir hier einige dieser Äußerungen - Älteren zur Erinnerung, Jüngeren zur Verdeutlichung dessen, was die DDR für die Welt - und für uns - war.


Jalila Hafsia

Leiterin des staatlichen Kulturzentrums in der Altstadt von Tunis, Tunesien (geb. 1927)

Wie ich die DDR entdeckt habe? Vielleicht ähnlich wie ein Geologe, der sich in der Erdrinde eine Schicht nach der anderen erschließt. Ich hatte das Glück, ausschwärmen zu können auf dem Boden dieses Landes, und bei jedem Erkundungsgang erschien mir das Land in einem neuen Licht.

Was mich immer wieder aufs neue frappiert hat, ist die Arbeitsfähigkeit eines ganzen Volkes. Man kann sie wahrnehmen, diese Arbeitsfähigkeit, an allen Ecken und Enden. Männer und Frauen, Ältere und Jüngere - alle arbeiten. Und dabei spürt man so eine Art Befriedigung, die mich einfach überwältigt hat. Es ist ein Elan vorhanden, der seine natürlichen Wurzeln haben muß. Und mit diesem Elan sind die Menschen tätig, heute und morgen und übermorgen, und ihr Leben pulsiert. Und dieses pulsierende Leben hat bei mir einen sehr zukunftsträchtigen Eindruck hinterlassen. Es hätte mich nicht gewundert, wenn die Menschen auf Grund dessen, was sie leisten, stolz oder gar hochmütig aufgetreten wären. Aber das war eine weitere Entdeckung: Sie neigen eher zur Bescheidenheit. Sie kommen einem mit einer gewissen inneren Würde entgegen, aber diese Würde hat nichts Aufdringliches an sich. Man spürt Warmherzigkeit und viel innere Anteilnahme im Verhältnis zum eigenen Land.

Ich habe auch den Thüringer Wald in seinem nuancenreichen Grün schimmern sehen, und ich habe im Bezirk Suhl die Arbeiterfestspiele erlebt - jenes Fest der Volkskunst, bei dem erkennbar wird, auf welch vielfältige Art Kreativität geweckt werden kann in allen Schichten der Bevölkerung. Daß die Volkskunstschaffenden der DDR sich alle zwei Jahre in einem anderen Bezirk treffen und daß bei diesem Treffen nicht nur die jeweilige Bezirksstadt, sondern auch alle kleineren Städte und auch die Dörfer zum Festspielterrain werden, das halte ich für sehr interessant.

Und ich habe Weimar gesehen, den Quell wunderbaren Reichtums, der eingeflossen ist in die Menschheitskultur. Ja, und dann, am Rande von Weimar - es war, als stürze man nach einem Wandel durchs Paradies in einen Abgrund: dann dieses Buchenwald! Diese Stätte des Grauens, die auch ein Zeugnis ist der deutschen Geschichte.

Daß meine Gastgeber um dieses Buchenwald nicht herumgefahren sind, daß sie vor dem, was da gewesen ist, die Augen nicht verschließen, daß sie auf kritische Weise sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen - auch das gehört zu meinen Entdeckungen in der DDR.


Ahti Pekkala

Präsident des finnischen Reichstages, Vorstandsmitglied der Gesellschaft Finnland-DDR (1924-2014)

Es bestehen gute Beziehungen zwischen Finnland und der DDR, und sie werden von wachsender Zusammenarbeit in vielen Lebensbereichen geprägt. Das ist selbstverständlich, weil es um Nachbarländer geht, die ja durch die Ostsee verbunden werden. Die positive Entwicklung ist auch deshalb selbstverständlich, weil unsere Länder friedliche Außenpolitik treiben, die vom allgemeinen Bestreben nach Entspannung und Völkerfreundschaft geprägt ist.

Das Hauptverdienst in diesem Streben und bei den erreichten Ergebnissen hat die offizielle Außenpolitik unserer Länder, aber auch die Arbeit, die zahlreiche gesellschaftliche Organisationen für die weitere Vertiefung und Erweiterung der Beziehungen leisten, muß man hoch einschätzen.

Einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung guter Beziehungen zwischen unseren Ländern hat die Gesellschaft Finnland-DDR geleistet. Sie wurde am 30. Mai 1956 mit dem Ziel gegründet, die durch Faschismus und den zweiten Weltkrieg abgebrochenen Beziehungen zur humanistischen deutschen Kulturtradition wiederherzustellen und für freundschaftliche Zusammenarbeit mit dem neuen deutschen Staat einzutreten.

Die über 20jährige Geschichte der Gesellschaft Finnland-DDR kennt aktive und vielseitige Tätigkeit auf vielen Gebieten. Das Hauptgewicht der Arbeit lag in den ersten Jahren auf dem kulturellen Austausch, der bis heute als eine der wichtigsten Arbeitsformen beibehalten wurde.

Vor einigen Jahren wurde das Abkommen über die kulturelle Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern abgeschlossen. Schon in den früheren Jahren sind Städtepartnerschaften entstanden, wobei Mämeenlinna und Weimar die Bahnbrecher waren. Es wurden Konzertbesuche, Ausstellungen, Schülerreisen, verschiedene Spezialistendelegationen, Touristenreisen der Gesellschaftsmitglieder organisiert, in deren Rahmen man die Kultur, die touristischen Sehenswürdigkeiten, das Wirtschaftsleben kennenlernen und persönliche Freundschaftsbeziehungen knüpfen konnte.

Von Bedeutung sind auch die regelmäßigen Treffen zwischen den leitenden Persönlichkeiten der Gesellschaft Finnland-DDR und der Liga für Völkerfreundschaft der DDR, bei denen weitere Schritte zur Entwicklung der Zusammenarbeit beschlossen wurden.

Eine der wichtigsten Perioden in der Arbeit der Gesellschaft Finnland-DDR begann 1968, da die internationale Bewegung für die Anerkennung der DDR entstand. Dem finnischen Komitee schlossen sich viele Organisationen und Einzelpersonen an, und die Mitgliederzahl überschritt bald die Millionengrenze. Am 8. Dezember 1972 wurden zwischen unseren Ländern diplomatische Beziehungen aufgenommen.

Im Mai 1976 würdigte der Präsident der Republik Finnland in seinem Grußschreiben zum 20. Jahrestag der Gründung der Gesellschaft Finnland-DDR unsere Arbeit und sagte unter anderem: "Die traditionell guten Beziehungen zwischen Finnland und der DDR haben sich auf der Grundlage des im Jahre 1972 unterzeichneten Abkommens über die Regelung der Beziehungen während der letzten Jahre rasch erweitert. Diese positive Entwicklung hat ihren Ausdruck in zahlreichen wichtigen staatlichen Vereinbarungen, in der Erweiterung und Vervielfältigung des Handels und der ökonomischen Zusammenarbeit sowie in der Zunahme des Kulturaustausches gehabt.

Die Wechselbeziehungen zwischen Finnland und der DDR sind meines Erachtens ein hervorragendes Beispiel der gegenseitig nützlichen Zusammenarbeit zwischen Staaten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung und der Verwirklichung jener Prinzipien in der Praxis, die in der Schlußakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vereinbart wurden. Ich glaube, daß wir auf dieser festen Grundlage gute Möglichkeiten haben, die Beziehungen zwischen unseren Ländern zu erweitern und zu vertiefen."

Einer der wichtigsten Meilensteine in den Beziehungen zwischen Finnland und der DDR war der Besuch des Staatspräsidenten Urho Kekkonen in der DDR im September 1977 auf Einladung des Staatsoberhauptes der DDR, Erich Honecker. Der Besuch verlief in einer sehr positiven Atmosphäre, und während des Besuches konnten viele Prinzipien vereinbart werden, die sich auf die Erweiterung der kommerziellen wie der kulturellen Zusammenarbeit richten.

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Gisela Steineckert: Hand aufs Herz

Alles soll mich erinnern. Immer! Alles, was mich erschüttert hat, hochgetrieben, in den Rücken geboxt. Was in mein Gehirn gelangt ist, in meine Seele, in mein Herz. Ich will mich erinnern, was mich innerhalb eines Augenblicks beeinflußt hat, verändert oder erschreckt, weil ich es anders wußte, glaubte oder vorher nicht erkannt habe. Ich will wissen, was meine Augen gesehen haben. Die Straße Unter den Linden, einmal, mit einem Netz überzogen und mit Tannen bestückt, um sie vor Bomben zu schützen. Nicht gerade erfolgreich, wie ich später sah. Den Georgenkirchplatz weiß ich noch, kann ihn riechen, mit Bildern ausstatten, so daß es für einen Moment scheint, als ob er nicht spurlos, vom Krieg zerstört, abgeräumt worden wäre. Die ungenaue Erinnerung meint, daß ich in einen Omnibus die Linden entlanggefahren bin, und so zwischen Bus und Himmel diese Verdunklung am hellen Tag gesehen habe. Damals war ich zwölf Jahre alt. Eine andere Erinnerung: Ich war mit meiner sechsten Klasse, auch Unter den Linden, in der Ausstellung "Das Sowjetparadies", in der ich viele Fotos von schrecklichen Verhältnissen beim "russischen Feind" gesehen habe, ohne sie zu verstehen. Erst Jahre später konnte ich diese merkwürdige Erinnerung einreihen in mein persönliches Gedenkbuch. Noch später sah ich den Gedenkstein für die jungen Widerstandskämpfer, die jene Ausstellung angezündet haben und diese mutige Tat mit ihrem Leben bezahlten. Wann hat eine andere Erinnerung ihren bleibenden Platz eingenommen? Sie will wissen, daß ich stolz darauf war, den Gipskopf von Hitler aus dem alten Schulhaus in Aspach am Inn über die Landstraße zu tragen. Bis zum Kinosaal des Altnazis Hoffmann, der sehr reich und sehr unbarmherzig zu Kriegsgefangenen und auch zu seiner Tochter war. Sie hatte ein Kind und sollte wegen Lebensgefahr kein zweites bekommen. Ihr Vater wollte aber, daß sie dem Führer viele Kinder schenkt. Sie hat die zweite Entbindung nicht überlebt ...

Ich will aber auch wissen und nie vergessen, daß ich trotz meiner miserablen Herkunft Stolz empfinden konnte. Ein früher Anflug von Würde: für kriegsgefangene Franzosen, die im Dorf Zwangsarbeit verrichteten, Schmiere zu stehen. Damit sie in ihrer Sprache "feindliche" Nachrichten hören konnten. Immer das Neueste vom Rückzug, neunzehnhundertdreiundvierzig - ein Rückzug, in dem auch unser junger Bauer irgendwo starb.

Ich will mich erinnern. An Selma Meerbaum-Eisinger, ein Mädchen aus einem rumänischen Dorf. Sie hat ihre wunderschönen Gedichte in düsterster Zeit und ihren drohenden Tod ahnend, nein, wissend, aus einer Seele offenbart, die für alles Schöne im Lebendigen geschaffen war. Der Junge, der ihre erste Liebe war, konnte sich nach Amerika retten. So blieben wenigstens jene Gedichte erhalten, die sie ihm schickte. Sie wurden 1981 im "Poesiealbum" 166 veröffentlicht, bei uns, in der DDR. Gedichte, die mein Leben beeinflußt haben.

Ich lernte, Unverzeihliches auch so zu nennen, für immer. Ich will mich erinnern daran, daß ich Menschen kennenlernen durfte, die mir Lehrer, Vorbild und Freund wurden. Eine Chance, die mir als halbgebildeter Person weiblichen Geschlechts unverdient zuteil wurde. Ich durfte, manchmal überanstrengt, immer bedrückt, stundenlang zuhören, wenn Peter Edel mir aus der entstehenden Autobiographie "Wenn es ans Leben geht" vorlas. Jene zwei Bände, die er dem Krebs abtrotzte.

Was habe ich ihm denn geben können, außer meinem Hunger danach, auch das Unerträgliche zu hören. Solche Beachtung hätte stolz machen können, aber mein Interesse war, es sollte etwas auf das Unwissen einstürzen, einhämmern. Meine Erinnerung sagt, daß jene Schule anstrengend war, daß sie aber auch für mehr Angemessenheit sorgte, wo sie nötig war.

Es war ein netter Anfang, mich in Feuilletons über die Gedanken einer Pariser Hausfrau zu äußern. Besser war, daß mich Kurt Huhn, Chefredakteur der "Schatulle" und kluger alter Genosse, nach ein paar Texten solcher Art aufforderte, über mich selber nachzudenken und zu schreiben, statt über Madeleine in Paris. Ich bin damals aus einem Wegdenken erwacht, das ich später noch oft genug bremsen mußte. Ich erinnere mich, wie ich beim Rundfunk in einer Lyriksendung zum ersten Mal ein eigenes Gedicht vortrug. Meine Knie zitterten, mein Herz schlug so laut, daß ich Angst hatte, man könne dies statt meiner Verse hören. Es war ein unreifes Geschreibsel, ein auf dem Weg verlorener Seelenkäse. Ich war jung und weiß nicht einmal, wer außer mir in jener Sendung Verse sprach. An jenem Tag hatte ich nicht einmal eine Ahnung davon, wie wenig dieser Auftritt bedeutete.

Ich darf nicht vergessen, woran meine Jugendehe zerbrach. Ich war siebzehn. Und die Trennung wurde nötig durch den Dokumentarfilm "Du und mancher Kamerad". Er löste bei mir eine Revolution im scheinbaren Wissen aus, und bei ihm eine unsägliche Reaktion auf die Bilder aus Auschwitz. Es war die Trennung, sofort und unabänderlich. Ich will nie vergessen, wie das gewesen ist, als der Herzschlag der Mutter aus der hohen, steinernen Figur über das ganze ehemalige Lager dröhnte. Immer. Ich konnte nur fühlen, weinen und hoffen, daß ich zusammenbreche und liegenbleibe.

Nicht meine Überforderung ist mir unvergeßlich, sondern, wer mich da in den Arm genommen hat und zu trösten versuchte, wer mich freisprach. Das waren Menschen aus Moskau, aus Kiew, aus Leningrad, Besucher wie ich. Sie haben auch geweint. Und zu mir gesagt: "Du warst ein Kind. Du bist nicht schuldig."

Was immer seither geschehen ist - in Kiew, Leningrad oder Moskau -, was immer ich verstand oder zu verstehen suchte, ich werde auch die Ausstellung mit den Bildern von der Belagerung in Leningrad nie vergessen. Und fühle mich persönlich verletzt, wenn verfügt wird, daß für Leningrad - heute wieder Sankt Petersburg - das Brandenburger Tor kein Lichtzeichen der Anteilnahme geben darf. Und Auschwitz blieb für mich ein Wort, das ich immer wußte, wenn ich zu Hause meine Zweifel an der neuen Gesellschaft und ihren Entwürfen hatte.

Ich weiß, daß man eine Kindheit haben kann, die den Blick auf Tod und Leben überheblich macht. Ich hatte sie nicht. Vom Tod meines Großvaters war ich weniger erschüttert als am Grab von Annemarie Bostroem. Sie hat mich ermutigt, Gedichte zu lieben und mich ein Leben lang mit ihnen zu beschäftigen. Mein Großvater dagegen hat mir nur einen Spruch hinterlassen, den er jeden Tag abnutzte: "Was nützt des Menschen hoher Geist, wenn er im Bette sitzt und schwitzt?" Er war ein Fußballfan und machte die Erfahrung, daß ihm sonntäglicher, jahrzehntelanger Besuch der Spiele dann beim Fußball-Toto gar nichts nützte.

Er hat gesehen, wie wir in dieser Großfamilie gelebt haben, und hat zu allem geschwiegen. Ob wir Kinder geschlagen wurden oder ausgelacht oder einfach vernachlässigt, er hatte seine Sammlung von Wanduhren, seinen Fußball und sein Schweigen. Vermutlich hat er uns auch nicht mehr geliebt, als er sich geliebt fühlte. Von der Frau, die er als Sechzehnjährige im Böhmischen geheiratet und nach Berlin gebracht hat. Sie verlor von acht Kindern fünf im Kindesalter und fühlte sich von allen und für immer ungeliebt. Wahrscheinlich hatte sie recht.

Ich will mich an alles erinnern. Um es aufzuschreiben? Auch das. Als Protokoll, als Buch, als alltägliche politische Haltung, als etwas, das man ohnehin nicht verdrängen kann. Erinnerung bleibt nicht, was sie im Augenblick der Entstehung ist. Aus all den Momenten, Bildern, gefährlichen Fallen und Sekunden des Glücks entwickelt sich unser Charakter. Nur ein Leben? Ein einziges? Die Hälfte unseres Atems ist Erinnerung. Ich staune oft, wieviel ich noch weiß.

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LESERBRIEFE

Für Annie Lacroix-Riz, emeritierte Professorin für zeitgenössische Geschichte an der Universität Paris, war der Tod von Prof. Dr. Kurt Gossweiler am 15. Mai Anlaß zu folgender Erklärung: "Von diesem ewig jungen Kommunisten, der noch mit hundert Jahren E-Mails schrieb, gibt es gegenwärtig nur ein Werk auf Französisch: 'Hitler, l'irrésistible ascension? Essais sur le fascisme' (Hitler, der unaufhaltsame Aufstieg? Aufsätze zum Faschismus). Aden Editions, Brüssel 2006. Diese Studie, welche die Funktion des Nazismus und seiner führenden Köpfe sowie des großen Kapitals erläutert, beweist die Lebendigkeit eines angeblich toten Marxismus. Trotz des gegenwärtigen Triumphs eines langen und wirksamen Kreuzzugs gegen eine solche Klassenanalyse findet man in der Persönlichkeit Kurt Gossweilers die Zukunft wissenschaftlicher Geschichtsbetrachtung."

Dr. Eva Ruppert, Bad Homburg


Zu Horst Schneider und Vladimiro Giacché: Über die Produktion falscher Geschichtsbilder (RF 234, Beilage)

Wir hatten Gelegenheit, einen Blick in die Beilage der Juli-Ausgabe zu werfen und sind der Meinung, daß diese Texte außerordentlich geeignet sein könnten, unter der Nachwuchsgeneration Überzeugungsarbeit zu leisten.
Könnte ich 3 Exemplare per Post bekommen?

Dr. Siegfried Lietz, Potthagen


"Auf ins Jahr 1917!" So hieß eine Revue, die Tom Kühnel am Schauspielhaus Hannover inszenierte und die danach auch bei den Ruhrfestspielen aufgeführt wurde. Daß an dieser Stelle die Große Sozialistische Oktoberrevolution verunglimpft wurde, verwundert nicht. Etwas anderes ist es schon, wenn das ND am 20. Juni unter der Überschrift "Geisterbahn mit Lenin" diesem Spektakel eine ganze Seite widmet. Rezensent ist natürlich dessen Hauspoet Hans-Dieter Schütt. Dieser ist dafür bekannt, daß er bei seinen Besprechungen meistens seine eigene Befindlichkeit bekundet und seinen Haß auf den Sozialismus und die DDR zum Ausdruck bringt. Dabei hat er doch in dieser Zeit Karriere gemacht! Schütt meint zu dem Spektakel, es sei die "romantische bis rotzige Umschreibung einer zustandssprengenden Idee", es sei "ein fragendes Abklopfen herumgeisternder Leninismus-Trümmer".
Lenin war für Schütt ein "Genie des Massen mobilisierenden Putsches". Es lassen sich nicht alle Absurditäten aufzählen, die der Artikel von Schütt enthält. Zum Teil werden die Kommentare auch durch das blödsinnige Stück provoziert. Da bittet das Kabarett die Operette zu einem Tanz, dem Foxtrottel. "Lenin mit Hammer und Sichel. Von oben bis unten gleichsam eine Pappnase. Ein augenfunkelndes Geisterbahnwesen, überm eigenen Sperrholz-Mausoleum hockend." Für Schütt ist Stalin nicht der Verderber von Lenins Ideen, sondern er ist die Konsequenz. Als eine lebenswerte (westliche) Erfahrung sieht Schütt an, unbehelligt von ideologischen Doktrinen geblieben zu sein. Als hätte es die Doktrin des Faschismus nie gegeben ...
Vielen Dank für den Beitrag von Horst Schneider in der Beilage zum "RotFuchs", Nr. 234!

Dr. Kurt Laser, Berlin


Zu "Frieden und Völkerrecht statt globalisierte NATO" (RF 234, S. 6)

Was wurde beim G20-Gipfel erreicht? Der Möchtegern-US-Weltgendarm wurde isoliert - positiv! Das Gespräch mit China - positiv! Das Gespräch Putin-Trump - ein kleiner Lichtblick! Die Bürgerkriegsübung der Polizei - negativ. Die Berichterstattung der Medien: sehr einseitig: Pseudolinke Chaoten (kriminelle Brandstifter, Diebe, Körperverletzer, Steinewerfer) wurden hochgespielt, die mehr als 76.000 friedlichen Demonstranten auf der zentralen Kundgebung gegen G20 wurden unterbelichtet.
Ich habe einige Fragen: Wieviel Waffen exportierten die NATO-Staaten in Krisengebiete? Wie viele Menschen wurden damit umgebracht (in Afghanistan, Irak, Syrien, Jemen, in Afrika) oder in die Flucht getrieben? Wer macht mit Waffenexport, Krieg, Flüchtlingen Profit?

Horst Jäkel, Potsdam


Am 8. Juli hat ein breites Bündnis internationaler kapitalismuskritischer Gruppen eine friedliche Protestdemonstration "Grenzenlose Solidarität statt G20" mit über 76.000 Teilnehmern durchgeführt. Am Zielpunkt Millerntorplatz gab es ein regelrechtes Volksfest mit regem Zustrom Tausender weiterer Menschen. Über 30 friedliche Kundgebungen, Umzüge und der Alternative Gipfel in der Kampnagel-Fabrik fanden nur wenig mediale Aufmerksamkeit. Sie waren unerwünscht, weil systemkritisch. Thomas de Maizière, Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen und Innensenator Andy Grote hatten schon im Vorfeld zwei Ziele: die Provokation und Niederschlagung autonomer Gruppen und die Diffamierung aller linken Systemkritiker als "geistige Urheber und Unterstützer krimineller linksextremer Terroristen" - gleichzusetzen mit Faschisten und Dschihadisten.
Wer Kriege im Nahen Osten führt und Afrika durch Neokolonialismus ausbeutet, mußte letztendlich Flüchtlinge und auch Dschihadisten ins eigene Land bekommen. Ein Wohlstandswunder-Deutschland als "Insel der Seligen" gibt es nicht.
Die "schönen Bilder" von Glanz und Gloria des weitgehend erfolglosen Gipfeltreffens sind verbrannt. Erbärmlich jetzt das Wahlgezänk von SPD und CDU mit gegenseitigen Schuldzuweisungen.
Und dann die bedrohliche, gemeinsam mit der AfD betriebene mediale Hetzkampagne gegen alle Linken! So will man Panik verbreiten und von eigener Verantwortung ablenken, um Zustimmung für den Rechtsruck erlangen.

Jobst Heinrich Müller, Lüneburg


Nach dem G20-Gipfel und den teilweise schweren Ausschreitungen rückt das Ergebnis dieses Gipfels in den Hintergrund. Niemand fragt, ob dieses Treffen der mächtigsten Staatschefs der Welt ein Erfolg war! Nach meiner Meinung mitnichten, denn für die normale Bevölkerung in der Welt ist nichts dabei herausgekommen, und die ärmsten Länder haben auch weiterhin das Nachsehen. Einziges Resultat: Es wurden weitere Freihandelsabkommen auf den Weg gebracht, und wir alle wissen ja, daß der "kleine Mann" sowieso nichts davon hat! Aber o.k., wenden wir uns den Gegenprotesten zu. In den Medien wird kaum darüber berichtet, wieviel Tausende von Menschen friedlich gegen diesen Gipfel in Hamburg auf die Straße gingen. Das einzige, was herumgeistert und in vielen Medien zu lesen und zu hören war, sind die zum Teil schweren Ausschreitungen und die Zerstörungswut. Und nun wird bei nicht wenigen Bürgern das alte Feindbild wieder entdeckt! So wird schnell - gerade aus den Unionsparteien - erneut der Ruf nach härteren Gesetzen und mehr Überwachung der linken Szene laut und die Forderung, sämtliche linken Zentren zu schließen. Auch wird schnell der politisch Schuldige gefunden: Es ist natürlich der politische Gegner - Die Linke, das war doch auch nicht anders zu erwarten! Doch wir lassen uns nicht diesen schwarzen Peter in die Schuhe schieben! Wer jetzt polarisiert und alles, was dem Anschein nach links sein könnte, einfach mal so kriminalisiert, der macht sich des billigsten Populismus schuldig! Anstatt im Schema-F-Verfahren gegen alles, was links ist, zu wettern, brauchen wir eine schonungslose Aufklärung des gesamten G20-Gipfels, ohne daß irgend etwas unter den Teppich gekehrt wird. Natürlich müssen Ausschreitungen aufgeklärt werden, denn Gewalt, egal von wem sie ausgeht, ist keine Lösung! Wir, Die Linke, stehen für Frieden und soziale Gerechtigkeit, und das lassen wir uns nicht von den anderen Parteien in Abrede stellen!

René Osselmann, Magdeburg


Auf den ersten Blick möchte man der emotionalisierten Bevölkerung und deren erwünschter Empörung zu den Bildern der Gewalt und Randale während des G20-Gipfels in Hamburg zustimmen. Auf den zweiten Blick wäre Denken und Fragen-Stellen sinnvoll. Bertolt Brecht hätte sicher den Gipfel des Zynismus, der puren Heuchelei und der Machtdemonstration dahin gehend hinterfragt, um wieviel gewalttätiger das ist, was die Großmächte in der Welt seit Jahrzehnten anrichten. Wir sollten fragen, warum die Meinung der Tausenden friedlich Demonstrierenden in Hamburg von den Herrschenden ignoriert wurde. Statt dessen führte man vor, was der "Rechtsstaat" bereit ist, gegen sein Volk an Gewaltpotential einzusetzen.
Ist es nicht auffallend, wie Gewaltszenen - offenbar herbeigewünscht und herbeigesehnt - schon Wochen vorher zum medialen Hauptthema wurden, was sich vorzüglich eignete, vom Gipfeltreffen selbst abzulenken. Wer fragt da noch nach Ergebnissen?
Schließlich darf gefragt werden, wozu es dienlich ist, den Linksextremismus in Hamburg als Hauptfeind vorzuführen. Wer kann sagen, wieviel an den Krawallen inszeniert wurde, wie viele "Verdeckte" und Staatsdiener daran mitgewirkt haben, das gewünschte Bild zu erzeugen?
All das nennen die Regierenden den Gipfel ihrer Demokratie.

Roland Winkler, Aue


Nein, Plünderungen und Brandstiftungen sind nicht links. Nach Hamburg sind die Chefs von 20 Staaten mit zirka 10.000 Mitarbeitern gekommen, und was haben sie vereinbart? Außer Spesen nichts gewesen, gesprochen wird dagegen nur von linker Gewalt. Die friedliche Demonstration und die Exzesse der Polizei werden ausgeblendet. Doch links ist nur, wer sich für Bürgerrechte stark macht. Linke fordern die Veränderung von Besitzverhältnissen, aber nicht die Zerstörung. Was haben sogenannte Linksautonome mit den Ausschreitungen und Gewaltexzessen erreicht? Sie gaben der Politik ein Argument zur Räumung der "Roten Flora" in Hamburg, die vielen schon lange ein Dorn im Auge war. Das Thema innere Sicherheit wird nun zum Hauptthema des Bundestagswahlkampfes. Und die Partei Die Linke wird allein dadurch diskreditiert, daß immer wieder von linkem Terror, von Linksextremismus die Rede ist, der mit Rechtsextremismus und Islamterroristen gleichgesetzt wird.
Mich macht das Ganze sehr nachdenklich, denn: "In der Politik geschieht nichts zufällig. Wenn etwas geschieht, kann man sicher sein, daß es auch auf diese Weise geplant war", erklärte Franklin D. Roosevelt, 32. Präsident der USA.

Stanislav Sedlacik, Weimar


Spätestens, wenn die Karawane der Weltmächtigen weitergezogen ist, wird die Frage nach den Kosten laut werden. Die Akteure, wie Hamburgs 1. Bürgermeister, Olaf Scholz, werden ja nicht müde zu erklären, daß es den Steuerzahler nichts kostet. Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), sieht das anders. In seinem Bundesland fand 2008 ein sogenannter G8-Gipfel in Heiligendamm statt. Herr Caffier bezifferte dessen Kosten für den Steuerzahler auf ca. 100 Mio. Euro. Hamburg 2017 dürfte um ein Vielfaches teurer werden.
Für die Erhaltung bzw. die Wiederherstellung des Friedens in Ländern, in denen die G20 ihre Interessen mit Waffengewalt durchzusetzen suchen, gäbe ich gern meine Steuern. Bedingung wäre: Frieden schaffen für alle!
Es gab schon viele sogenannte Gipfel - G7, G8, EU-Gipfel, NATO-Gipfel - sie alle kosteten viel Geld. Friedlicher wurde die Welt dadurch nicht. Schon im Vorfeld erklärte Angela Merkel, man solle nicht so viel erwarten. Warum dann so ein Aufmarsch der Mächtigen?
Solche Politshows mit abschließendem "Familienfoto", wo alle brav in die Kamera lächeln, brauchen wir nicht. Die 20 Akteure hatten nicht vor, die Welt zum Vorteil der Völker zu ändern. Wie auch, wo sie doch die Interessen der mächtigen Weltkonzerne befriedigen müssen.
Derartige Veranstaltungen bringen der Menschheit nichts. Im Zeitalter von Videokonferenzen sind sie auch nicht nötig. Darum sollte man sie abschaffen!

Wilfried Steinfath, Berlin


Der G20-Gipfel in Hamburg war von den herrschenden Kreisen in Deutschland eine gewollte Machtprobe gegenüber der Bevölkerung und ein Signal, das auch über seine Grenzen hinaus gehört werden sollte. Es war eine Provokation, mit der man demonstrieren wollte, wie der Polizeistaat in Zukunft gegenüber seinem Volk (und besonders den Linken) umzugehen gedenkt, falls der Widerstand in Hamburg Schule machen sollte. Damit verteidige ich nicht "Unruhestifter", Provokateure oder Randalierer. Sie waren in der Minderheit. Die Mehrheit brachte ihren Unmut gegen die herrschenden politischen Verhältnisse zum Ausdruck. Zu Recht stand in der "jungen Welt": "Jetzt erst recht!"

Hans-Georg Vogl, Zwickau


In den aktuelle Umfragewerten liegt die SPD bei ca. 24 % der Wählerstimmen für die kommende Bundestagswahl. Der Abstand zur CDU/CSU beträgt "rekordverdächtige" 15 %. Bei der ersten Bundestagswahl 1949 erzielte die SPD aus heutiger Sicht "traumhafte" 29,2 %. Die CDU/CSU erreichte 31 %. Die SPD rechnete bei der ersten Bundestagswahl mit einem Sieg. Jedoch, es kam anders. Warum die SPD nicht in die Regierung gewählt wurde, erklärt Wilhelm Karl Gerst in seinem Buch "Bundesrepublik Deutschland unter Adenauer", erschienen 1957 im Verlag der Wirtschaft in Berlin/DDR.
Wilhelm Karl Gerst, Mitbegründer der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Bonner Mitarbeiter von DDR-Zeitungen und ADN, beschreibt die Gründe, warum die SPD die Wahl verlor: "Die SPD wurde durch den Wahlausgang am 14. August 1949 in die Opposition gezwungen, ohne im eigentlichen Sinne eine Oppositionspartei zu sein. Opposition setzt revolutionären Elan voraus, von dem die SPD-Führung aber nichts wissen will. Sie bewegt sich nur in dem Rahmen, den das Grundgesetz zuläßt, ja, sie nutzt es nicht einmal aus; von außerparlamentarischen Aktionen spricht sie zwar zuweilen, ohne sie jemals auszuführen. Oftmals arbeitet sie sogar mit der Regierungskoalition zusammen, wie das z. B. bei der Vorbereitung der Wehrgesetze in den Bundestagsausschüssen der Fall war. Daß die SPD-Fraktion im Plenum gegen die Gesetze stimmte, ändert nichts an dieser Tatsache. Unter diesem Aspekt muß die Rolle der SPD-Führung im politischen Geschehen der Bundesrepublik, wie sie hier dargestellt wird, gesehen werden."
Ich denke, aktueller kann diese Zustandsbeschreibung der SPD nicht sein.
Die Adenauer-Regierung leitete ein Verfahren gegen Wilhelm Karl Gerst wegen dieses Buches ein. Auf Drängen Adenauers hatte der Bundesgerichtshof eine Voruntersuchung gegen ihn angeordnet. Unter dem Vorwand, er habe die Bundesrepublik "verächtlich" gemacht, sollte der Mann vor Gericht gestellt werden, obwohl dieses Buch nur in der DDR erschienen war.

Johann Weber, Niederbayern


Es darf nicht übersehen werden, daß der Hauptkonflikt zwischen den drei Monarchien - Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Katar - mit dem islamischen Terrorismus nichts zu tun hat. Die Regierungen dieser Länder, vor allem die von Saudi-Arabien, sind die Hauptförderer des internationalen islamischen Terrorismus. Bei diesem Konflikt geht es lediglich um die Durchsetzung des Führungsanspruchs in der Region, den die saudiarabischen Herrscher allein für sich beanspruchen. Die Regierung des kleinen Staates Katar akzeptiert dies nicht und betreibt ihre eigene Außenpolitik, was von den anderen Golf-Monarchien als Bruch des vermeintlichen Konsens' betrachtet wird. Am meistens stören sich die Saudis daran, daß Katar zur islamischen Republik Iran - dem Hauptrivalen Saudi-Arabiens - gute Beziehungen pflegt.

Dr. Matin Baraki, Marburg


Zu Dr. Thomas Köhler: 60 Jahre DTSB - ein würdiges Jubiläum, RF 233, S. 14

Sehr sinnvoll, dieser Beitrag! Es würde mich freuen, von ihm oder anderen sportpolitisch beschlagenen Autoren hin und wieder einen Beitrag zu historischen und aktuellen Themen lesen zu können. Zum Beispiel interessiert mich das Gebaren um die Aufnahme bzw. Nichtaufnahme von Sportlern und Sportfunktionären in die sogenannte Hall of Fame des deutschen Sports. Interessant wäre auch eine Anknüpfung an das Buch von Klaus Huhn "Die DDR bei Olympia".

Manfred Jantsch, Pirna


Jeden Monat freue ich mich über unseren "RotFuchs". Der Artikel in der Mai-Ausgabe "Ehrung für DDR-Sportlegenden" war gut und würdevoll. Diese Sportler stammten aus dem Volk und waren vom Volk geachtet und geliebt. Warum wird in der BRD nicht dafür gesorgt, daß die Doping-Vergangenheit öffentlich gemacht und aufgearbeitet wird? Woher nimmt sie das Recht, einen Sportler wie Täve Schur, den ich sehr gut kenne, zu diskriminieren?

Lothar Heimann, Crimmitschau


Das Internationale Deutsche Turnfest vom 3. bis 10. Juni in Berlin ist Geschichte. Die weltgrößte Breiten- und Wettkampfveranstaltung hatte 80 000 Teilnehmer - davon 70 Prozent weibliche - aus 3161 Vereinen in Deutschland und mehr als 3100 Gästen aus elf Ländern zusammengeführt.
Ich habe zwischen 1954 und 1987 sieben Deutsche Turn- und Sportfeste der DDR als Aktiver ebenso wie als Gestalter und Organisator miterlebt. Seit 1990 sind es sieben Deutsche Turnfeste des DTB, die ich als im Ehrenamt Tätiger begleitete. Ich war also fast immer hautnah dabei. Mein Fazit: Die Turn- und Sportfeste in der DDR wurden in und von der Bevölkerung Leipzigs intensiver wahrgenommen. Die feierliche Eröffnung, die Fahnenweihe, der Festzug, die Abschlußveranstaltung und vor allem die große Sportschau waren einmalig in ihrer Art, auch vom Zuspruch der Bevölkerung und vom Ambiente her.
Berlin 2017 war sicher bunter und lockerer, aber die Bindung zur Bevölkerung oder ihr Mitnehmen waren kaum zu erkennen. Sonst wäre beispielsweise das 76.000 Zuschauer fassende Olympiastadion zur begeisternden "Stadiongala" nicht mit nur 55.000 Zuschauern besetzt und die hochkarätige Turnfestgala in der Mercedes-Benz-Arena, die dreimal stattfand, mit jeweils 8000 Plätzen wenigstens einmal ausverkauft gewesen.

Bernd Schenke, Berlin


"Die Erinnerung ist unsere zweite Gegenwart." (Novalis)

Es erfüllt mich bis heute mit Stolz und Dankbarkeit, daß ich an einer großen Aufgabe der Sportwissenschaft der DDR an der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) in Leipzig mitwirken konnte. ... - Dem Redaktions- und Autoren-Kreis des "RotFuchs" hohe Anerkennung für die zeitgeschichtlich konsequente Bewahrung unseres wahren, gelebten Lebens in der DDR. In bleibender, gütiger Verbundenheit,

Dr. Lothar Kalb, Leipzig


Zu Hermann Jacobs: "Sozialismus 'mit oder ohne Wertgesetz'?", RF 232, S. 19

Anstatt sich erneut auf einen bisher schon ergebnislos verlaufenen Streit einzulassen, wäre es vielleicht doch sinnvoller, zunächst nochmals auf Vorgaben zurückzugreifen, die uns der wissenschaftliche Sozialismus zu diesem Thema überliefert hat:
"Also I. 'lange Geburtswehen'; II. 'erste Phase der kommunistischen Gesellschaft'; III.' höhere Phase der kommunistischen Gesellschaft'". (Lenin, Marxismus und Staat, Berlin 1960, S. 47)
Wir haben es also mit einer einheitlichen, in sich identischen Gesellschaftsformation ("Kommunismus", "kommunistische Gesellschaft") zu tun, deren Phasen sich im wesentlichen nur durch das Verteilungsprinzip unterscheiden. Ihr vorgelagert und ausdrücklich davon abgehoben sind "lange Geburtswehen", mit anderen Worten eine Übergangsphase oder ein Zwischenstadium, das sich logischerweise nur aus Elementen der alten und Elementen der zukünftigen Gesellschaft zusammensetzen kann. Ökonomisch gesprochen würde es sich dann um eine Kombination des kapitalistischen Wertprinzips ("Kapitalismus") einerseits mit dem sozialistischen Planprinzip andererseits handeln. In seiner optimalen Kombination ergibt das - politisch einen Staat vom Sowjettypus vorausgesetzt - den "Staatskapitalismus der außergewöhnlichen Art" (Lenin), wie er sich sowohl während der NÖP-Periode in der Sowjetunion als auch in der VR China seit der Einführung der "sozialistischen Marktwirtschaft" bewährt hat.
Nebenbei bemerkt: Falls man der Dialektik treu bleiben, also keine Konzessionen an das altmetaphysische Identitätsprinzip (a = a) machen will, muß man sich schon zu der Einsicht bequemen: Kapitalismus ist nicht gleich Kapitalismus.
Angesicht der historischen Erfahrungen eines halben Jahrhunderts, die Pariser Kommune eingerechnet, sah sich Marx zu einem letzten Wort über die historische Perspektive veranlaßt, das man durchaus als eine Mahnung verstehen kann: Die Arbeiterklasse hat "keine fix und fertigen Utopien durch Volksbeschluß einzuführen ...", sie hat "lange Kämpfe, eine ganze Reihe geschichtlicher Prozesse durchzumachen, durch welche die Menschen wie die Umstände gänzlich umgewandelt werden." (MEW, Bd. 17, S. 343)

Dr. M. Höfer, E-Mail


Seit dem Sommersemester 2017 bin ich Seniorenstudent an der Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Rechtswissenschaften. Die ersten Kurse sind abgeschlossen, so auch der zur "Verfassungsgeschichte". Von der Entstehung des modernen Verfassungsrechts in den USA und in Frankreich bis zur Entstehung des Grundgesetzes der BRD waren in den Vorlesungen viel Neues, viel Bekanntes und interessante Wertungen zu hören. Vielversprechend war dann schließlich das Thema "Demokratischer Neubeginn 1945 bis 1949".
Mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 endete die Verfassungsgeschichte, nicht jedoch ohne den Hinweis auf die Entstehung einer neuen "Diktatur" im Osten. Die jungen Erstsemester erfuhren nichts über die antifaschistisch-demokratische Umgestaltung in der sowjetischen Besatzungszone und in der DDR, nichts über die Verfassung von 1949 und schon gar nichts über die neue Verfassung von 1968, welcher eine umfassende Diskussion mit zahlreichen Änderungsvorschlägen vorausging. Da erinnerte ich mich wieder, was wir einmal gelernt hatten: daß das Recht Klassencharakter trägt.

Siegfried Duske, Biedenkopf


Zeitig sind wir am Sonnabend, dem 10. Juni, mit der Niederbarnimer Eisenbahn von Beeskow nach Storkow zum dortigen "Tag der Bundeswehr" gefahren, um uns ein eigenes Bild vom Geschehen machen zu können. 17.000, und bundesweit an den anderen 15 Standorten 270.000 Besucher, hat die "Attraktion" angelockt. Der Marktplatz, gelegen im historischen Zentrum, war von allen Seiten vom Militär abgesperrt. Anwohner berichteten, daß sie nur mit Passierschein in ihre Wohnungen durften. Mit E-Rollstühlen "bewaffnet" ließ man uns unkontrolliert ein, obwohl unser Aufzug (rote Windjacken und Mützen, versehen mit diversen Aufklebern (gegen die Bundeswehr in der NATO, "Kein Einsatz der Bundeswehr in Syrien", "Amis go home", Friedenstaube, DDR- und FDJ-Emblem und einem extra für diesen Anlaß bedruckten Shirt und unserem Parteiabzeichen) schon von weitem unser Sinnen verriet.
Wir wollten unbedingt hören, was der Militärpfarrer seinen "Schäfchen" im Morgengebet predigte. Die SPD-Bürgermeisterin Cornelia Schulz-Ludwig und der frisch gewählte Kreistagspräsident Herr Lindemann gehörten zu den Andachtsgästen. Inbrünstig wurde Gott um das Gelingen des Soldatenwerks in aller Herren Länder angefleht und den Fleckgetarnten Segen erteilt. Keine zehn Gebote und kein Palmwedel mahnte zum Frieden auf Erden, und ein schlechtes Gewissen schien keiner der Söldner zu haben. Es mutete schon gruselig an, eine Stadt in Kriegsbewaffnung zu sehen. Selbst vor der Kirche standen die Machtinstrumente des Kapitals.
Freundlich bemühten sich alle möglichen Waffengattungen, ihre "Gäste" (egal ob Schüler, Mütter mit ihren Kleinen auf dem Arm oder deren Väter und Großeltern) vom Sinn und der Wichtigkeit ihres Tuns zu überzeugen. Wir hatten unsere Not, irgendwie an den Geschützen vorbeizukommen, als "Krüppel" schienen wir offenbar für die Truppe ungeeignet. In einem Zelt informierten Uniformierte über Sozialleistungen, z. B. Hilfe bei der Wohnungsbeschaffung, was mich fragen ließ, ob die Soldaten, wenn sie aus ihren Auslandseinsätzen kommen, mit Wohnungen versorgt werden, nachdem sie irgendwo welche zerstört haben. Perplex antwortete die Dame im Waffenrock mit ja. Als ich wissen wollte, ob die Angehörigenbetreuung der im Sarg Heimkommenden ihr Broterwerb sei und nach einem möglichen schlechten Gewissen bei dieser Arbeit gefragt, kam ein Nein, weil so etwas nun mal zur Bundeswehr gehöre. Ein längeres Gespräch hatte ich mit einem ca. 20jährigen, der für einen riesigen Tanklastwagen zuständig war: Er sei bereits einmal in Afghanistan gewesen und gehe bald wieder raus ins "Feld". Ja, seine Mutter bange sehr um ihn, und sein Vater, der als NVA-Angehöriger nach dem "Beitritt" nicht in die Bundeswehr übergelaufen sei, mache sich Sorgen. Aber der junge Mann begriff nicht, daß eine Armee eigentlich für den Schutz des Landes gedacht ist, deren Zuständigkeit hinter der Landesgrenze zu Ende ist.
Nun hatten wir eine kleine Stärkung mit unserem mitgebrachten Kaffee nötig. Was uns plötzlich im Tiefflug über die Köpfe dröhnte, war unglaublich. So dicht über der Stadt, man konnte dem Piloten ins Gesicht sehen, das Großraumflugzeug A400M. Imponiergehabe hier, Schrecken verbreitend auf den realen Kriegsschauplätzen in der Welt. "Anschauungsmaterial" in Hülle und Fülle - Panzer, Hubschrauber, Hunde - zu Lande, zu Wasser, in der Luft ... Und mittendrin Kuchenbasar von Kindergärten, Seniorenberatungsstellen, Umweltverbänden, die Feuerwehr und das Technische Hilfswerk und im Hinterkopf, daß 250.000 für die Bundeswehr arbeiten, 1907 Minderjährige, davon 689 Soldaten auf Zeit und 1209 als Freiwillige, entgegen dem Verbot der UN-Kinderrechtskonvention. Vergessen auch nicht, daß seit Gründung der Bundeswehr 3200 Soldaten in Ausübung ihres Dienstes getötet wurden ... Uns zog es zu den etwa dreißig, die sich um die vielen blauen Luftballons versammelt hatten. Da waren Vertreter der "Linken" mit Handzetteln über die Kurmarkt-Kaserne, von UMDO, der Friedensvereinigung und wir beide von der KPD.
Auf dem Weg dorthin bot sich ein fast historisches Bild des Militarismus deutscher Nation. Des Preußenkönigs Lange Kerls standen zusammen mit welchen in weißen Bundeswehrhemden und Vertretern im Kampfanzug in illustrer Runde. Kriegsgefahr - aber nicht doch vor dem Volk, dem hat man eingeredet, daß die Bundeswehr unser Friedensstifter ist und alle mitstiften sollen, koste es, was es wolle.

Cornelia Noack, Beeskow


In der Erzgebirgskaserne Marienberg sind am 22. Juli 14 Schützenpanzer für die Reise nach Litauen auf Züge verladen worden. Sie sind für den Einsatz des Panzergrenadierregimentes 371 bestimmt.
Von dieser Nachricht betroffen, kann ich nur laut fordern: Gebietet diesem kriegerischen Wahnsinn Einhalt! Nun wird ein Bundeswehrkontingent ohne Not aus Sachsen nach Litauen entsandt. Angestachelt von der kriegerische Hysterie einiger baltischer neuer "Demokraten" wird entgegen den nach dem kalten Krieg getroffenen Absprachen und von einer unsäglichen Russophobie geleitet, Personal und Kriegsgerät der Bundeswehr exportiert. Dies wird von deutschen Politikern verantwortet, die einmal gefordert hatten: "Schwerter zu Pflugscharen!" Es war der lautstark verkündete Appell, Konflikte friedlich zu lösen und alle dafür notwendigen friedenspolitischen Voraussetzungen zu schaffen. Wir reden von und über Luther und schicken Soldatinnen und Soldaten sowie Panzer in die Welt. Beendet diesen lebensbedrohlichen Wahnsinn und erhebt dagegen Eure Stimme!

Raimon Brete, Chemnitz

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In eigener Sache

Wer den "RotFuchs" aufmerksam liest, weiß, daß wir neben unseren eigenen Beiträgen immer auch bewahrenswertes Historisches aus diversen "Schatzkammern" und Aktuelles von Bündnispartnern, uns nahestehenden oder mit uns befreundeten Parteien und Bewegungen veröffentlichen. Unabhängig davon, ob man deren Wertungen und Ansichten im einzelnen teilt oder nicht, gilt, was seit der ersten Ausgabe des RF im Impressum steht: "Die in namentlich gezeichneten Beiträgen zum Ausdruck gebrachten Auffassungen müssen nicht mit denen der Redaktion übereinstimmen."

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Der im Februar 1998 gegründete "RotFuchs" ist eine von Parteien unabhängige kommunistisch-sozialistische Zeitschrift.

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Quelle:
RotFuchs Nr. 236, 20. Jahrgang, September 2017
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Oktober 2017

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