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VORWÄRTS/606: Der Kampf der ZeitungsverträgerInnen


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 35/36 vom 18. Sept. 2009

Der Kampf der ZeitungsverträgerInnen

Von Siro Torresan


Zwei Wochen nach der ersten Streikaktion legten die VerträgerInnen der Zuvo erneut ihre Arbeit nieder. Sie kämpfen gegen massive Lohnkürzungen, die im Interesse der Schweizerischen Post durchgeboxt werden sollen. Weitere Kampfmassnahmen sind wohl nötig.


Am 11. September fanden Tausende von AbonnentInnen in St. Gallen und im Thurgau ihre Tageszeitungen nicht wie gewöhnlich in ihrem Briefkästen. Es war die zweite Streikaktion der VerträgerInnen der Zustellorganisation Zuvo AG, nachdem sie am 26. August ihren ersten Warnstreik in Zürich durchgeführt hatten (vorwärts Nr. 33/34). "Die VerträgerInnen zeigten mit dieser Aktion grossen Mut und brachten ihre Bereitschaft zum Ausdruck, weiterhin gegen die von der Zuvo beschlossenen massiven Lohnsenkungen zu kämpfen", schreibt die Gewerkschaft Kommunikation in ihrer Medienmitteilung.


Lügen, nichts als Lügen!

Die Zuvo ist ein Unternehmen der Neuen Zürcher Zeitung AG und der Tamedia AG, die je 50 Prozent des Aktienkapitals besitzen. 3.600 ZustellerInnen sorgen während sieben Tagen in der Woche dafür, dass die Zeitungen bis um 6.30 Uhr (Sonntags bis um 7.30 Uhr) im Briefkasten liegen. Und folgendes steht im Leitbild der Zuvo: "Unser Denken und Handeln soll geprägt sein durch ein hohes Verantwortungsbewusstsein gegenüber Kunden, Partnerorganisationen, Mitarbeiter/innen und der Umwelt." Dann: "Die Zuvo AG fördert die Sicherheit und Gesundheit ihrer Mitarbeitenden." Weiter: "Unsere Mitarbeiter/innen arbeiten mit klaren Zielen und wir sind bereit, die erzielten Resultate leistungsgerecht zu honorieren und eine gezielte Fortbildung sicherzustellen." Und zum Schluss: "Die Leistungen und die Treue der Verträger/innen wollen wir mit gezielten Motivations- und Informationsmassnahmen laufend verbessern."

Worte, leere, heuchlerische, ja gar verlogene Worte! Denn die Zuvo will konkret die Löhne um bis zu 20 Prozent senken. Neu soll der Lohn zwischen 16 und 17 Franken betragen. Die Zuvo weigert sich, mit den Gewerkschaften in "echte Verhandlungen über die Lohnabbaumassnahmen zu treten". Auch eine Petition diesbezüglich, die von rund 15.000 KundInnen, sprich ZeitungsleserInnen, unterschrieben worden ist, wird von der Unternehmensleitung nicht zur Kenntnis genommen. Doch damit nicht genug: Nach dem ersten Streik in Zürich reagierte die Zuvo auf juristischer Ebene. Der Streik habe gegen die Friedenspflicht verstossen. Im Weiteren drohte die Zustellfirma gegen die Gewerkschaften mit Schadensersatzklagen. Festzuhalten ist aber, dass beide Gewerkschaften bis jetzt nicht in einem Vertragsverhältnis mit der Zuvo stehen, dadurch in keiner Weise einer Friedenspflicht unterstehen. Dies gilt deshalb auch für jede einzelne Verträgerin, jeden einzelnen Verträger.


Der Kampf und die Post

"Sollte die Geschäftsleitung der Zuvo weiterhin an ihrer bisher ablehnenden Haltung gegenüber den Anliegen der VerträgerInnen und Gewerkschaften festhalten, muss auch in den nächsten Tagen an weiteren Orten mit Streikaktionen gerechnet werden", kündigen die Gewerkschaften an. In der Tat scheint die Zuvo keine andere Sprache zu verstehen. Wichtig ist an dieser Stelle ein Blick nach vorne: Tamedia und die NZZ werden ihre 50 Prozent-Beteiligung an der Zuvo in eine neu zu gründende Tochtergesellschaft der Schweizerischen Post einbringen. Dadurch wird die Post in weiten Teilen der Deutschschweiz die Frühzustellung von Zeitungen und Zeitschriften beherrschen. Dieses Lohndumping geschieht also auf Wunsch des Staatsbetriebs hin. Zieht man diese Tatsache in Betracht wird klar, dass dieser Kampf nicht nur der Kampf der Zuvo-Angestellten ist. Er findet nicht isoliert im Irgendwo der Arbeitswelt statt. Nur zur Erinnerung: Die Schweizerische Post hat rund 58.000 Angestellte...!


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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 35/36 - 65. Jahrgang - 18. Sept. 2009, S. 4
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2009