vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 37/38 vom 9. November 2017
Ein politischer Fortschritt
von Tarek Idri
Die PdA Schweiz hat an einem breiten Treffen ihren konkreten Vorschlag für eine Alternative zum Rentensystem vorgestellt und diskutiert: Die Integration der 2. in die 1. Säule mit Besitzstandswahrung und einer Übergangsregelung.
Im September scheiterte die Reform der Altersvorsorge an der
Urne. Die rechten, bürgerlichen Parteien machten sich gleich daran,
den Sieg für sich zu beanspruchen, und brachten erneut die Erhöhung
des Rentenalters ins Spiel. Dabei zeigte eine Analyse des
Abstimmungsverhaltens, dass die Frauen den Ausschlag für das Nein zum
Reformpaket gaben, weil sie die Erhöhung des Frauenrentenalters nicht
hinnahmen. Nun herrscht bei den Renten weiterhin der Status quo, mit
dem niemand zufrieden ist. Aber auch unter den linken Kräften hat die
Diskussion über die Frage "Wie weiter?" begonnen. Am letzten Samstag
hat die Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS) zu einem Treffen in Bern
eingeladen, um möglichst breit ihren konkreten Vorschlag für eine
eidgenössische Volksinitiative zu diskutieren. Es brauche jetzt eine
Antwort der kämpferischen Linken auf die Probleme in der
Altersvorsorge, erklärte PdAS-Präsident Gavriel Pinson zu Beginn des
Treffens dem vollbesetzten Saal. Im Kern des Initiativvorschlags der
PdAS steht die Integration der 2. in die 1. Säule bei
Besitzstandswahrung des Altersguthabens aus den Pensionskassen. "Uns
ist aber klar, dass eine solche Initiative nur zum Erfolg gebracht
werden kann, wenn die kämpferische Linke vereint daran arbeitet",
meinte Pinson. Der PdAS-Nationalrat Denis de la Reussille ging auf den
geschichtlichen Hintergrund des Vorschlags ein. Die
ArbeiterInnenpartei hatte bereits 1972 eine Vorlage für eine
"wirkliche Volkspension", für eine AHV, von der man hätte leben
können, zur Abstimmung gebracht. Sie wurde abgelehnt. Stattdessen
wurde mithilfe der SP und der Gewerkschaften das Drei-Säulen-System
eingeführt.
PdAS-Sekretär Siro Torresan erläuterte die Grundprinzipien der vorgeschlagenen Initiative: Die Integration der 2. in die 1. Säule, die Besitzstandswahrung, eine Übergangsregelung ins neue System, die Festlegung der Minimalrente auf 4000 Franken, die innerhalb von zehn Jahren auch für bereits Pensionierte gelten soll. Torresan betonte, dass der Vorschlag bereits von ExpertInnen des Verfassungsrechts geprüft wurde. Im Anschluss ging Thomas Peter, der zusammen mit einer Arbeitsgruppe der PdAS die Initiative ausgearbeitet hatte, auf die technischen und finanziellen Details ein. Die Initiative soll in Form einer allgemeinen Anregung verfasst werden, die nach einer Annahme durch die Stimmberechtigten vom Parlament konkretisiert würde. Die Vorlage ist dadurch weniger komplex und es bestünden im Abstimmungskampf weniger Angriffsmöglichkeiten.
Peter erklärte, dass der Vorschlag der PdAS den überobligatorischen Teil der heutigen beruflichen Vorsorge (BVG) nicht berührt und nur den obligatorischen Teil in eine ausgebaute AHV integriert. Dieser Punkt gab im zweiten Teil der Veranstaltung während der Diskussion unter den TeilnehmerInnen einigen Widerspruch. Es könne kein alternatives Projekt zur Altersvorsorge geben, das den überobligatorischen Teil der BVG nicht einbezieht, hiess es von einem Vertreter der Westschweizer Partei Solidarités. Peter bezeichnete den obligatorischen Teil der BVG aber als den archimedischen Punkt des Drei-Säulen-Systems; mit ihm könne das System aus den Angeln gehoben werden.
Die PdAS schlägt als Minimal- und als Maximalrente der zukünftigen AHV 4000 bzw. 6000 Franken vor. Damit würde die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung weiterhin möglich sein, gleichzeitig aber der Aspekt der Umverteilung der AHV akzentuiert werden, da die Minimalrente im Vergleich zu heute in stärkerem Masse erhöht würde als die Maximalrente. Die Finanzierung der ausgebauten AHV erfolgt wie anhin über paritätische Beiträge. Die prozentual gleichbleibenden Staatsbeiträge haben allerdings in absoluten Zahlen höhere Ausgaben zu Folge. Gewisse Einsparungen können gemacht werden, aber Thomas Peter wies darauf hin, dass neue Finanzierungsquellen erschlossen werden müssen.
Der PdAS-Vorschlag wurde vom Publikum, das aus GewerkschafterInnen, VertreterInnen von linken Parteien und PdA-Mitgliedern aus allen Sektionen bestand, als gute Diskussionsgrundlage gelobt. Dass sich die verschiedenen Parteien der kämpferischen Linken zum Dialog bereit zeigten, wurde als politischer Fortschritt bewertet. Es könne "ein Projekt sein, das uns zusammenbringt". Ein Problem, das einige DiskussionsteilnehmerInnen äusserten, war die lange Übergangszeit innerhalb von einer Generation, bis das neue System vollständig in Kraft trete. Auch forderten manche, dass das Rentenalter in der Initiative ausdrücklich festgelegt werden soll. Dies könnte allerdings die Einheit der Materie verletzen und die Initiative ungültig werden lassen, kam der Einwand vom PdAS-Chef Pinson. Als ein nächster Schritt wurde beschlossen, mit einem gemeinsamen Vorschlag an der nationalen Sitzung der GegnerInnen der AV2020 in Olten teilzunehmen. Dazu soll eine überparteiliche Arbeitsgruppe eingesetzt werden.
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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 37/38 - 73. Jahrgang - 9. November 2017, S. 2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. November 2017
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