Schattenblick →INFOPOOL →MEDIEN → FAKTEN

INTERNATIONAL/004: Vietnam - Zuviel Öffnung nicht erwünscht, Regierung sperrt Zugang zu Facebook (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 13. Januar 2011

Vietnam: Zuviel Öffnung nicht erwünscht - Regierung sperrt Zugang zu Facebook

Von Marwaan Macan-Markar


Bangkok, 13. Januar - In Vietnam hat die regierende Kommunistische Partei den Zugang zur Internetplattform Facebook gesperrt. Beobachtern zufolge verspricht sich die KP von der Zensurmaßnahme einen kritikfreien und reibungslosen Ablauf ihres alle fünf Jahre stattfindenden Parteikongresses, der vom 12. bis 19. Januar in Hanoi stattfindet.

Vor Beginn des Kongresses schlossen die Behörden Webseiten und Blogs und erließen ein neues Gesetz, dass Cybercafe-Inhaber zur Installation einer Software zwingt, durch die sich Online-Aktivitäten der Kunden nachvollziehen lassen, wie Vo Van Ai, Vorsitzender des 'Vietnam Committee on Human Rights' (VCHR) mit Sitz in Paris berichtet.

Nach Angaben eines vietnamesischen Wissenschaftlers, der sich Anonymität ausbat, werden die rund 1.400 Kongressteilnehmer darüber entscheiden, ob künftig die pro-chinesische Fraktion oder der 'nationalistische Flügel' die KP dominieren wird. Ferner geht es um die Klärung der Frage, ob der Freihandel ausgebaut oder der Einfluss des Staates auf Wirtschaft erhöht werden soll.

Der Regierung ist offenbar daran gelegen, dass möglichst wenige Informationen ins Cybernetz durchsickern. Vietnam zählt zu den Ländern mit der schnellstwachsenden Online-Community. 25 Millionen der 86 Millionen Vietnamesen - quasi jedem Dritten - dient das Internet als Informationsquelle oder Kommunikationsmittel.

Erstmals hatte die Regierung Ende 2009 das soziale Netzwerk 'facebook.com' blockiert. Seither kommt es immer wieder zu Kontrollen und Schließungen. Ähnlichen Zensurmaßnahmen sind auch andere Websites und Blogs ausgesetzt.


Haftstrafen für 'Netzbürger'

Die Inhaftierung von 17 Online-Aktivisten veranlasste die Medienrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen im letzten Jahr dazu, Vietnam als das Land mit dem zweitgrößten Gefängnis für 'netizens' (Netzbürger) zu bezeichnen.

"Der opulente Lebensstil vieler Parteikader und Regierungsvertreter steht in krassem Gegensatz zur Armut der normalen Menschen im Land, in dem 77 Prozent der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft und im informellen Sektor beschäftigt sind", hieß es in einem Bericht, den die Internationale Liga für Menschenrechte (FIDH) Ende 2010 herausgab.

Vietnam ist im Zusammenhang mit dem hoch verschuldeten nationalen Schiffsbauer 'Vinashin' unlängst ins internationale Rampenlicht gerückt. Die Zahlungsunfähigkeit des Staatsbetriebs und der Wertverlust des Dong in einer Region, in der ein schwacher US-Dollar die Regionalwährungen stützt, bringen Ministerpräsident Nguyen Tien Dung erheblich unter Druck. Für den seit 2006 amtierenden 61-jährigen Politiker ist das Unternehmen ein Symbol für die rasante Entwicklung der vietnamesischen Wirtschaft, die seit zehn Jahren um durchschnittlich sieben Prozent wächst.


Staatlicher Einfluss auf Wirtschaft

"Vietnam hat sich zwar geöffnet, doch weist es im Vergleich zu seinen aufstrebenden Nachbarn einige gravierende Unterschiede auf", meint dazu Manu Bhaskaran vom 'Institute of International Affairs' in Singapur. So nehme der Staat mit etlichen Regulierungsmaßnahmen und Staatsbetrieben noch immer großen Einfluss auf die nationale Wirtschaftsperformance. Das mache die Wirtschaft anfällig für Risiken, wie das Schuldenproblem von Vinashin gezeigt habe.

Angesichts des schwächelnden Dong, der seit 2008 ein Fünftel seines Wertes gegenüber dem US-Dollar verloren hat, sind die Vietnamesen dazu übergegangen, Gold zu kaufen. (Ende/IPS/kb/2011)


Link:
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=54094

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 13. Januar 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Januar 2011