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FRAGEN/012: Menschen des Kontinents eine Stimme geben - Zehn Jahre "Pambazuka News" (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 2. November 2010

Afrika: Menschen des Kontinents eine Stimme geben - Zehn Jahre 'Pambazuka News'

Von Jutta Wolf


Berlin/Oxford, 2. November (IPS) - 'Pambazuka News' steht laut seinem Gründer Firoze Manji für "den Beginn einer neuen Ära, in der die Völker Afrikas erneut ihre Entschlossenheit bekräftigen, ihr eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen". Das Nachrichtenportal, das in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen feiert, will mit neuen Initiativen die Nachhaltigkeit des Projekts absichern. Denn gerade in diesen Zeiten müssen Medien zahlreiche Hürden überwinden.

"In den vergangenen zehn Jahren ist 'Pambazuka News' stärker gewachsen und hat sich weiter verbreitet, als wir es uns vorgestellt hätten", sagte Manji, der Chefredakteur des preisgekrönten pan-afrikanischen Newsletters für soziale Gerechtigkeit und des Internet-Nachrichtenportals. Die Angebote werden von mehr als 2.500 Bürgern und Organisationen aus ganz Afrika erstellt. Unter ihnen sind Wissenschaftler, Politiker, Sozialaktivisten, Frauengruppen, zivilgesellschaftliche Vereinigungen, Schriftsteller, Künstler, Blogger und Kommentatoren. Die Zahl der Leser wird auf rund 660.000 geschätzt.

Manji ist außerdem Gründer und Leiter des Verlags 'Pambazuka Presse', der Menschen aus Afrika und anderen Ländern des Südens eine Stimme gibt. Der Kenianer blickt auf 40 Jahre Erfahrung in den Bereichen internationale Entwicklung, Gesundheit und Menschenrechte zurück. Von 1997 bis 2000 war er auch Geschäftsführer der von ihm begründeten Organisation 'Fahamu - Networks for Social Justice', die Büros in Kenia, dem Senegal, Südafrika und Großbritannien unterhält.

Firoze Manji war früher Afrika-Programmdirektor für Amnesty International, Geschäftsführer der 'Agha Khan Foundation', regionaler Vertreter in Ost- und Südasien für das 'Canadian International Development Research Centre (IDRC). Außerdem leitete er die alternative Handelsgesellschaft 'TWIN and TWIN Trading' in Großbritannien.

Manji hat zahlreiche Artikel über Gesundheit, Sozialpolitik, Menschenrechte und Politologie veröffentlicht und Bücher zum Thema soziale Gerechtigkeit in Afrika geschrieben. Er war außerdem Gründungsmitglied des Steuerungsgruppe für die Kampagne zur Ratifizierung des Protokolls über Rechte von Frauen in Afrika ('Solidarity for African Women's Rights'). Überdies gehört er dem Internationalen Beratungsausschuss des 'Centre for the Study of Global Media and Democracy' am Goldsmith's College der Universität London an.

Es folgen Auszüge aus einem jüngsten Interview mit Manji, der zurzeit Visiting Fellow am Kellogg College der Universität Oxford ist.


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Frage: Wer hatte die Idee zu 'Pambazuka News'? Welche Erwartungen verbanden sich damit?

Firoze Manji: Den Anstoß gaben Umfragen, die 'Fahamu' 1998 bei etwa 120 Organisationen in acht afrikanischen Staaten durchführte. Wir wollten erfahren, welche Fortbildungen und Informationen Menschenrechtsgruppen benötigten. Dabei wurde uns klar, dass der Zugang zum Internet in vielen Ländern des Kontinents sehr schwierig und teuer ist.

Viele Organisationen hatten um Hilfe gebeten, um aktuelle Informationen aus dem Internet zu bekommen und ihre eigene Arbeit bekannter zu machen. Wir begannen daraufhin mit regelmäßigen Online-Untersuchungen zu bestimmten Themen und fassten die Ergebnisse für die Organisationen zusammen.

Wir wollten aber nicht nur Informationen verbreiten, sondern auch Diskussionen über Afrika-Themen in Gang bringen. Wir nutzten das Internet dazu, eine progressive pan-afrikanische Bewegung aufzubauen, die denjenigen, die den Kontinent, seine Völker und seine Ressourcen ausbeuten wollten, auf internationaler und lokaler Ebene die Stirn bieten konnte.

'Pambazuka News' wurde im Dezember 2000 gegründet. Zunächst arbeiteten wir dabei mit anderen Organisationen zusammen. Bald kam es jedoch zu politischen Differenzen, so dass schließlich nur noch 'Fahamu' Gelder einwarb und für den elektronischen Newsletter verantwortlich war. Erst vier Jahre später ging unsere Nachrichten-Website online.

Frage: Wie kann man 'Fahamu' übersetzen?

Manji: Auf Kisuaheli bedeutet das Wort 'Verständnis' und 'Bewusstsein'. 'Fahamu' vertritt eine Weltsicht, nach der sich die Völker zusammenschließen, um sich von allen Formen der Unterdrückung zu befreien. Dabei erkennen sie ihre soziale Verantwortung an, respektieren ihre jeweilige Andersartigkeit und schöpfen ihr gesamtes Potential aus.

Das Wort 'Pambazuka' bedeutet 'Erwachen' oder 'Morgenröte'. Das Nachrichtenportal steht für "den Beginn einer neuen Ära, in der die Völker Afrikas erneut ihre Entschlossenheit bekräftigen, ihr eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen".

Frage: Haben die Erfolge in den vergangenen zehn Jahren die Schwierigkeiten wettmachen können? Worin sehen Sie den größten Fortschritt?

Manji: In den vergangenen zehn Jahren ist 'Pambazuka News' stärker gewachsen und hat sich weiter verbreitet, als wir es uns vorgestellt hätten. Auf unserer Website, wo rund 70.000 Nachrichten und Berichte abrufbar sind, haben wir heute mehr als 600.000 'unique visitors'. Über 2.500 Autoren liefern Beiträge für unser Portal. Jede Woche veröffentlichen wir 20 bis 30 Artikel und verlinken zu etwa hundert anderen Websites mit relevanten Inhalten.

In zehn Jahren haben wir 500 englischsprachige Ausgaben produziert. Seit Kurzem bieten wir auch Artikel auf Französisch und Portugiesisch an. Die Begeisterung unserer Pambazuka-Community nimmt immer weiter zu.

Einen der wesentlichen Gründe für unseren Erfolg sehe ich darin, dass 'Pambazuka News' soziale Bewegungen unterstützt. So haben wir uns für die pan-afrikanische Koalition 'Solidarity for Women's Rights' (SOAWR) eingesetzt. Dieses Bündnis führte eine Kampagne für die Ratifizierung und Umsetzung des Protokolls der Afrikanischen Union (AU) über Frauenrechte auf dem Kontinent.

'Pambazuka News' hat einen wirksamen Beitrag zu einer Kampagne geleistet, die dazu führte, dass mehr als 25 Länder das Protokoll ratizierten und in Kraft setzten. Außerdem haben wir Bewohnern von Elendsvierteln und Schwulenverbänden eine Plattform gegeben. Wir unterstützen auch Frauen, die nachhaltige Landwirtschaft betreiben und die Artenvielfalt schützen, um zu verhindern wollen, dass internationale Konzerne die Kontrolle über ihr Leben übernehmen.

Frage: Lassen Ihre Sponsoren Ihnen freie Hand?

Manji: Wir haben nur wenige Geldgeber. Die meisten von ihnen ermöglichen uns die Flexibilität und die Kreativität, die wir zur Unterstützung sozialer Bewegungen brauchen.

Frage: Wie hoch sind Ihre Gesamteinnahmen? In welchem Verhältnis stehen Spenden und Einkünfte aus Verkäufen?

Manji: Zurzeit erhalten wir jährliche Zuschüsse in Höhe von umgerechnet rund 180.000 Euro. Fast 70.000 Euro erwirtschaften wir durch den Verkauf von Büchern. In geringerem Umfang erhalten wir überdies Spenden. Für spezielle Initiativen werden uns außerdem weitere Zuschüsse gewährt. Wir arbeiten daran, die Verlagsaktivitäten der 'Pambazuka Press' auszuweiten und planen weitere Initiativen, um die Nachhaltigkeit unseres Projekts zu fördern.

Frage: Worin liegen die Stärken Ihrer Journalisten? Wie viele Autoren arbeiten für Sie?

Manji: Die Mehrzahl der Artikel stammt von rund 2.500 Schriftstellern, Wissenschaftlern, Bloggern, Aktivisten und Organisationen. 'Pambazuka News' ist wahrscheinlich das beste Beispiel für Bürgerjournalismus, obwohl dies allgemein nur wenig bekannt ist. Unser Newsletter entstand bereits zu einem Zeitpunkt, als dieses Phänomen noch nicht in aller Munde war. Dennoch sind wir mehr als nur eine Website für Bürgerjournalisten.

Die Mitglieder unserer Redaktion schreiben nur wenige Artikel. Die englische Ausgabe wird von 2,5 Vollzeitkräften erstellt, die französische von einem Redakteur und die portugiesische von einem Mitarbeiter mit halber Stelle. Uns fehlt einfach das Geld, um mehr eigenes Personal zu beschäftigen. Honorare können wir unseren Autoren aus diesem Grund nicht zahlen. (Ende/IPS/ck/2010)


* Der von 'Global Cooperation Council' und 'Globalom Media' erstellte Informations- und Analysendienst IDN-InDepthNews ist Partner von IPS-Deutschland.

Links:
http://www.pambazuka.org/en/
http://www.soawr.org/en/
http://www.fahamubooks.org/
http://www.indepthnews.net/news/news.php?key1=2010-10-25%2016:50:22&key2=1

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 2. November 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. November 2010