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GENETIK/425: DNA Schäden - Zellatmung mit fatalen Folgen (idw)


Ludwig-Maximilians-Universität München - 21.05.2013

DNA Schäden - Zellatmung mit fatalen Folgen



Fehler im Erbmolekül DNA können dem ganzen Organismus gefährlich werden und schwere Erkrankungen wie Krebs nach sich ziehen. LMU-Wissenschaftler konnten nun zeigen, wie die zelluläre Atmung Fehlpaarungen bei DNA-Bausteinen verursacht.

In der DNA ist der Bau- und Funktionsplan jeder höheren Zelle durch die vier Basen Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin kodiert. Fehler in der Abfolge dieser Bausteine führen zu zellulären Fehlfunktionen bis hin zur unkontrollierten Zellteilung und der Entstehung von Krebs. Ausgelöst werden derartige Mutationen unter anderem durch die Zellatmung, bei der eingeatmeter Sauerstoff zu Wasser reduziert wird. Dabei entstehen als Zwischenprodukte sehr reaktive Sauerstoffteilchen, die die DNA angreifen. Besonders empfindlich für derartige Attacken sind die Basen Guanin (G) und Adenin (A).

"Reaktive Sauerstoffspezies verursachen zwei unterschiedliche DNA-Schäden, die man 8-oxo-G und FaPy-G nennt", sagt Professor Thomas Carell vom Department Chemie der LMU. Bereits 2004 klärte Carell mit seinem Team den Mechanismus auf, wie 8-oxo-G Mutationen auslöst. Über FaPy-G war allerdings nur wenig bekannt - bis jetzt: In einer neuen Studie zeigen Carell und seine Mitarbeiter, wie FaPY-G zu Fehlpaarungen in der DNA führt.

Gefährlicher Partnertausch

Guanin bildet in der DNA normalweise mit Cytosin (C) ein Basenpaar (G:C). Wird das Guanin durch die reaktiven Sauerstoffteilchen geschädigt, ergibt sich demnach zunächst ein FaPy-G:C Basenpaar. "Wir konnten nun zeigen, dass das FaPy-G während der Zellteilung auch mit Adenin eine Verbindung eingeht, sodass FaPy-G:A Basenpaare entstehen. Dieser Partnertausch ist ungewöhnlich, weil Adenin normalerweise nicht mit Guanin gepaart ist", sagt Carell.

Später wird FaPy-G allerdings im Rahmen von DNA Reparaturprozessen als Schaden erkannt und aus der DNA entfernt. Die entstehende Lücke wird dann durch Reparaturenzyme mit Thymin (T) aufgefüllt, dem normalen Partner von Adenin - so verwandelt der Schaden das ursprüngliche G:C Basenpaar am Ende in ein A:T Basenpaar, führt also zu einer falschen Basenabfolge.

Möglich ist dieser Mechanismus, weil die Natur zur Überraschung der Wissenschaftler offenbar große Probleme hat, bei der Zellteilung ein gesundes Guanin von einer kranken FaPy-G Base zu unterscheiden. "Dass dann auch noch eine Fehlpaarung mit Adenin gebildet wird, ist ein wesentlicher Grund für die spontane Entstehung von Tumoren", sagt Carell, "mit jedem Atemzug erhöhen wir die Tumorgefahr um ein klitzekleines bisschen". Ein Einblick in die Mechanismen, mit denen FaPy-G zellulären Reparaturmechanismen entkommt, könnte zukünftig aber auch helfen, Tumore zu bekämpfen, denn die Hemmung von Reparaturprozessen kann die Effizienz und Wirksamkeit von Chemotherapeutika steigern. Göd


Die Arbeiten wurden von der DFG im Rahmen des SFB 646 und des SFB 749 sowie des Exzellenzclusters "Center for Integrated Protein Science Munich" (CIPSM) gefördert
(Nature Chemical Biology 2013)

Publikation:
Unexpected non-Hoogsteen-based mutagenicity mechanism of FaPy-DNA lesions
Tim H Gehrke, Ulrike Lischke, Karola L Gasteiger, Sabine Schneider, Simone Arnold, Heiko C Müller, David S Stephenson, Hendrik Zipse & Thomas Carell
Nature Chemical Biology 2013
Doi: 10.1038/nchembio.1254

Kontakt:
Prof. Dr. Thomas Carell
Department Chemie
Email: Thomas.Carell@cup.uni-muenchen.de
Web: http://www.carellgroup.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution114

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Ludwig-Maximilians-Universität München, Luise Dirscherl, 21.05.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2013