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ONKOLOGIE/1437: OP mit fünf Millimetern Sicherheitsabstand vermindert das Rückfallrisiko bei Hirnmetastasen (idw)


Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Medizin / Kommunikation - 15.05.2013

OP mit fünf Millimetern Sicherheitsabstand vermindert das Rückfallrisiko bei Hirnmetastasen



Düsseldorf - Jeder dritte Gehirntumor ist die Tochtergeschwulst einer Krebserkrankung in Lunge, Brust, Haut oder Niere. Gelingt es, die Hirnmetastase mit einem Sicherheitsabstand von fünf Millimetern zum benachbarten Gewebe zu entfernen, verbessert sich die Chance für die Patienten, hier kein lokales Rezidiv zu erleiden. "Dann kann unter Umständen sogar auf eine anschließende Ganzhirnbestrahlung verzichtet werden", erklärt Professor Dr. med. Gabriele Schackert im Vorfeld der 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC). Die Behandlung von Hirnmetastasen ist ein Schwerpunkt der DGNC-Jahrestagung, die vom 26. bis 29. Mai 2013 in Düsseldorf stattfindet.

Hirnmetastasen bilden die größte Gruppe unter den Hirntumoren. Etwa die Hälfte sind Tochtergeschwülste vom Bronchialkarzinom, jede fünfte zerebrale Geschwulst ist die Folge eines Brustkrebses, der gestreut hat. "Weil sich die Krebsbehandlung insgesamt stark verbessert hat, erleben immer mehr Patienten die Entstehung einer solchen Hirnmetastase", sagt Professor Dr. med. Gabriele Schackert, Präsidentin der DGNC und Direktorin der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Dresden.

Feingewebliche Untersuchungen zeigen nun, dass sich aus Hirnmetastasen offenbar winzige Zellnester lösen, die ins benachbarte gesunde Hirngewebe einwandern. "Wir nehmen an, dass die Tumorzellen bis zu fünf Millimeter tief eindringen können", erklärt Gabriele Schackert. "Diese Infiltration ist der Grund, weshalb bereits entfernte Tumoren wieder nachwachsen." Ziel moderner neurochirurgischer Behandlungskonzepte könnte daher sein, eine Metastase mit einem Sicherheitsabstand von fünf Millimetern zu entfernen - sofern dies möglich ist. "Eine solche weiträumige Operation kommt in Frage, wenn der Tumor in einer Hirnregion liegt, die nicht für wichtige Funktionen wie etwa Sprache oder Bewegung zuständig ist", so Schackert.

Eine viel beachtete Studie aus Südkorea hat dieses Konzept an 94 Patienten überprüft, die an einer einzelnen Hirnmetastase litten. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass eine Operation mit einem Sicherheitsabstand von fünf Millimetern das Risiko einer nachwachsenden Metastase auch ohne nachfolgende Ganzhirnbestrahlung vermindert. Eine solche Bestrahlung verordnen die Ärzte häufig, um sicher zu gehen, dass nach einer Operation keine Krebszellen im Gehirn zurückbleiben. Sie birgt jedoch die Gefahr eines deutlichen geistigen Abbaus.

"Wenn weitere Studien die guten Ergebnisse bestätigen, können wir bei OPs mit Sicherheitsabstand und MR-tomografisch bestätigter kompletter Entfernung der Metastase womöglich auf die Ganzhirnbestrahlung zunächst verzichten und diese erst dann einsetzen, wenn es zu einer erneuten Metastasierung in das Gehirn kommt", folgert DGNC-Präsidentin Schackert. Davon würden vor allem Langzeitüberlebende profitieren, die länger als zwei Jahre nach der Diagnose einer Hirnmetastase leben und bis zu zehn Prozent aller Fälle ausmachen. "Für sie würde der Verzicht auf eine Ganzhirnbestrahlung einen Zugewinn an Lebensqualität bedeuten."

Welche biologischen Faktoren ein Langzeitüberleben ermöglichen und welche Verfahren zur Behandlung von Hirnmetastasen besonders Erfolg versprechend sind, diskutieren Experten auf der 64. Jahrestagung der DGNC.


Weitere Informationen sowie das Programm der 64. DGNC-Jahrestagung sind unter
www.dgnc.de/2013/ abrufbar.

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Medizin - Kommunikation, 15.05.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Mai 2013