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ERNÄHRUNG/1053: Trinken - täglich & ausreichend & regelmäßig (Diabetes Journal)



Diabetes-Journal 6/2010 - aktiv gesund leben

täglich & ausreichend & regelmäßig
Trinken

Von Kirsten Metternich

Je höher die Temperaturen sind, umso schneller meldet sich der Durst. Doch nicht nur dann gilt es zu trinken. Genug Flüssigkeit schützt den Körper vor so manchem Leistungseinbruch, fördert die Konzentration, hält wach und tut einfach nur gut.


Jeder zweite Deutsche, vor allem Kinder und Senioren, trinken laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zu wenig. Häufig wird es schlicht vergessen, oder die Gewohnheit fehlt. Anders sieht es bei Kamelen aus: Sie können in 10 Minuten bis zu 120 Liter aufnehmen. Bei Wassermangel kommen sie damit bis zu drei Wochen aus. Das geht beim Menschen nicht, die meisten wären dann bereits tot.


Mensch und Kamel

Trotzdem haben wir in puncto Trinken etwas mit den Kamelen gemeinsam: Sie speichern ihren Wasservorrat nicht, wie oft angenommen, in ihren Höckern - da lagern sie Fett; der Wasservorrat sitzt in den roten Blutkörperchen wie beim Menschen. Doch bei ihnen sind diese oval und können das 200-Fache ihres Volumens aufnehmen und auch wieder abgeben. Auch Kamele nutzen die Möglichkeit zu trinken, wenn sich ihnen die Möglichkeit bietet - selbstverständlich nicht erst alle drei Wochen.


Kopfschmerzen, schlapp: Trinken Sie genug?

Viele Menschen wundern sich, warum sie oft so müde, schlapp, antriebslos oder unkonzentriert sind - und von Kopfschmerzen geplagt. Dass es mit einem Flüssigkeitsdefizit zu tun haben kann, steht in der Ursachenforschung wohl eher am Ende. Das ist aber oft die Lösung: Bevor ein starker Kaffee oder eine Kopfschmerztablette zur Symptombekämpfung genommen wird, sollte es erst einmal ein großes Glas Wasser sein. Wie ein Wunder schwinden Müdigkeit und Kopfschmerzen. Damit es nicht bei einer einmaligen Symptombekämpfung bleibt, heißt es, regelmäßig trinken. Vielleicht geht es Ihnen so, dass es mit dem Trinken auf der Arbeit klappt und in der Freizeit hapert? Oder umgekehrt? Trinken lässt sich dann nur in begrenztem Maß nachholen, ähnlich wie Schlafmangel. Und Trinken steigert tatsächlich die Konzentration! Damit dies reibungslos klappt, fließen täglich rund 1400 Liter Flüssigkeit durchs Gehirn und versorgen so die Zellen mit wichtigen Nährstoffen. Je weniger es zu trinken gibt, desto träger und müder werden Körper und Geist.


2 Prozent Wasserverlust: 20 Prozent weniger Leistung!

Bereits ein Flüssigkeitsverlust von nur 2 Prozent senkt die Leistungsfähigkeit um 20 Prozent. Das Blut fließt langsamer, Muskel- und Gehirnzellen werden mit weniger Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Steigt der Flüssigkeitsmangel auf 3 bis 5 Prozent, sind ein trockener Mund, Kopfschmerzen, beschleunigter Puls, Schlappheit und eine ansteigende Körpertemperatur typisch. Bei 10-prozentigem Mangel sind Desorientierung und Verwirrtheit typisch, ähnlich den Symptomen bei Unterzuckerungen. Steigt das Flüssigkeitsminus auf über 15 Prozent, kann dies zum Tod führen.


Leistungsminderung durch Flüssigkeitsverlust

mehr als 0,5 %: Durstempfinden (bei einem Erwachsenen zirka 300 bis 400 ml Flüssigkeitsverlust)
ab 2 %: die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sinkt um etwa ein Fünftel
ab etwa 3 bis 5 %: Mundtrockenheit, Kopfschmerzen, der Körper baut kräftemäßig ab, beschleunigter Puls, ansteigende Körpertemperatur
ab 10 %: psychische Störungen wie Desorientierung und Verwirrtheit
Defizit von 15 %: kann zum Tod führen.

Quelle: Ökotest 8/2008, Prof. Dr. oec. troph. Helmut Heseker, Prof. Dr. med. Michael Weiß: Trinken und Leistungsfähigkeit in Beruf und Freizeit, 2003


Mehr trinken - aber wie?

Anderthalb bis drei Liter und mehr sind Empfehlungen, die umhergeistern. Optimal sind Mengen von anderthalb bis zwei Litern täglich. Dazu zählt auch die Flüssigkeit (etwa 500 ml) aus festen Lebensmitteln wie Suppen, Saucen, Obst, Gemüse oder Milchprodukten wie Buttermilch. Wussten Sie, dass Spargel mit zu den wasserreichsten Gemüsen gehört und zu etwa 92 Prozent daraus besteht? Für viele Menschen bedeutet mehr Trinken eine unüberwindbare Last, die sie am liebsten von sich wegschieben; so schwer ist es gar nicht, Übung macht den Meister. Ob Sie genug trinken, können Sie auch an der Farbe des Urins feststellen: Je dunkler er ist, desto weniger Flüssigkeit ist im Körperumlauf; je heller und durchsichtiger er ist, desto besser steht es um Ihre Trinkbalance.


So klappt es, mehr zu trinken

• Trinken Sie bevor der Durst kommt!
• Trinken Sie zu jeder Mahlzeit und auch zwischendurch etwas.
• Starten Sie morgens mit ein bis zwei Tassen Kaffee oder Tee.
• Trinken Sie vormittags und nachmittags ein bis zwei Gläser Wasser oder Tee.
• Trinken Sie zum Mittag- und Abendessen ein bis zwei Gläser.
• Zwei Stunden vor der Bettruhe trinken Sie am besten nichts mehr, damit Sie nachts nicht zur Toilette müssen.
• Löffeln Sie regelmäßig eine Suppe.
• Essen Sie täglich frisches Obst und Gemüse wie Spargel, Gurken, Tomaten, Wassermelonen, Beerenobst, Zitrusfrüchte.
• Nehmen Sie sich eine 1- bis 1,5-Liter-Flasche Wasser mit zur Arbeit, die Sie an einem Tag allein austrinken.
• Auch eine Thermoskanne Tee in Sichtweite erinnert ans Trinken.
• Sind Sie unterwegs, packen Sie eine 0,5-Liter-Flasche kalorienarme oder -freie Flüssigkeit ein.
• Denken Sie beim Autofahren und auf Reisen an ausreichendes Trinken.
• Aktivieren Sie in ihrem PC einen Trinkwecker.
• Lassen Sie sich durch die Weckfunktion einer Uhr ans Trinken erinnern.
• Kohlenhydrathaltige (BE/KE-)Milchprodukte wie Shakes, Buttermilch oder Molke füllen das Trinkkonto mit auf.
• Ab 25°C aufwärts gilt es, zusätzlich einen halben Liter täglich mehr zu trinken.
• Sind Sie sportlich aktiv, heißt es: Nehmen Sie pro Stunde Sport etwa 1 Liter zusätzlich auf.
• Behalten Sie Energie und Kohlenhydrate im Auge. Passend sind kalorienfreie Getränke und solche, die maximal 20 kcal in    100 ml (kalorienarm) enthalten.


Haut: fahl, grau, müde

Weitere Parameter sind Konzentration, Kopfschmerzen und auch das Hautbild: Wer dauernd zu wenig trinkt, hat meist eine fahle, graue und müde Haut. Wird genug getrunken, ist sie prall, rosig und gut durchblutet - eine günstige Hautpflege von innen. Jetzt sagen Sie vielleicht, dass ständiges Trinken ein Abo auf der Toilette nach sich zieht. Tatsächlich gibt es Getränke, die harnfördernder sind als andere, z. B. grüner Tee, Kaffee oder Bier. Bier, das aktuell dank der Fußball-WM in großen Mengen in viele Körper fließt, eignet sich weniger zur Deckung des Flüssigkeitsbedarfs; das liegt am Alkohol und an der Energie. Bei erhöhten Harnsäurewerten und Gicht wird es als harntreibendes Getränk im Volksmund gern empfohlen, doch besonders mit Bier und allen anderen alkoholischen Getränken würde der Harnsäurespiegel belastet - die Wirkung wäre kontraproduktiv für dessen Senkung. Je regelmäßiger Sie Alkoholfreies trinken, umso eher gewöhnt sich der Körper daran, sodass nach jedem Glas oder jeder Tasse der Weg zum WC erspart bleibt.

Wer mit dem vermehrten Trinken angefangen hat, spürt schnell, dass er sich fitter und leistungsfähiger fühlt. Unterversorgte Tage lassen sich dann viel besser spüren. Auf Vorrat zu trinken klappt leider nicht. Mehr als einen halben Liter kann der Körper auf einmal schlecht verwerten. Regelmäßigkeit über den Tag verteilt ist also gefragt.

Wasser, Wasser und noch mal Wasser. Diese Empfehlung kennen Sie, und vielen ist das einfach zu langweilig. Kein Wunder, denn ab und zu freut sich die Zunge über einen geschmacklichen Reiz. Wenn Sie sich für Mineralwasser entscheiden, spielt es keine Rolle, ob still, medium oder spritzig. Je mehr Kohlensäure darin steckt, desto eher wirkt es durstlöschend. Bei sportlichen Aktivitäten oder für Menschen, denen das Trinken schwerfällt, lässt sich stilles Wasser sehr gut trinken. Magenempfindliche kommen häufig mit der Mediumvariante gut zurecht.


Abwechslung ist gefragt

Light- und Zero-Getränke können in die Flüssigkeitsmenge einbezogen werden. Ihr Energiegehalt ist meist sehr niedrig, und damit haben sie auch keine Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel. Europaweit geregelt ist die Bezeichnung "kalorienarm". Diese darf nur dann auf dem Getränk deklariert werden, wenn nicht mehr als 20 Kalorien in 100 ml enthalten sind. Hier empfiehlt es sich, einen Blick auf die Nährwertanalyse zu werfen. Je nach Menge kann der enthaltene Kohlenhydratgehalt zur Blutzuckerwirkung beitragen, wenn große Mengen des Getränks konsumiert werden.

Wenn Sie lieber Säfte mögen, wählen Sie Produkte, die zu 100 Prozent aus Frucht bestehen (Direktsaft); hier ist nur der fruchteigene Zucker enthalten - so, als wenn Sie die Orange oder den Apfel frisch pressen. Mischen Sie den Saft am besten im Verhältnis drei Teile Wasser und ein Teil Saft. Auch drei bis vier normal große Tassen Kaffee, grüner oder schwarzer Tee können aufs tägliche Flüssigkeitskonto gebucht werden. Lecker schmecken Früchte- und Roibuschtee. Sie werden von Erdbeer-Sahne bis zu roter Grütze angeboten und sind eine wunderbare Abwechslung im Trinkalltag. Probieren Sie diese Tees mit oder ohne künstlichen Süßstoff doch auch einmal eisgekühlt, serviert in einem schönen Glas. Eine herrliche Erfrischung an heißen Tagen und bei spannenden WM-Spielen.


BE/KE-Gehalt verschiedener Getränke
Apfelsaft, 100% Frucht
Orangensaft, 100% Frucht
Grapefruitsaft, 100% Frucht
Multivitaminsaft, 100% Frucht
Traubensaft, 100% Frucht
Eistee Zitrone gezuckert
Eistee selbstgemacht ohne Zucker
Bitter Lemon
Limonade
Cola
Bio-Limonade
Mezzo-Mix
Tonic Water
Cola light/Zero
Limo light/Zero
200-ml-Glas
200-ml-Glas
200-ml-Glas
200-ml-Glas
200-ml-Glas
200-ml-Glas
200-ml-Glas
200-ml-Glas
200-ml-Glas
200-ml-Glas
330-ml-Flasche
330-ml-Flasche
200-ml-Glas
200-ml-Glas
200-ml-Glas
2,0 BE/2,2 KE
1,6 BE/1,9 KE
1,1 BE/1,3 KE
1,8 BE/2,2 KE
2,8 BE/3,3 KE
1,3 BE/1,5 KE
0 BE/0 KE
1,3 BE/1,6 KE
1,7 BE/2,0 KE
1,9 BE/2,3 KE
1,3 BE/1,6 KE
2,9 BE/3,5 KE
1,2 BE/1,4 KE
0 BE/0 KE
0 BE/0 KE

Quelle: Die Diabetes-Journal-Nährwert-Tabelle, BE, KE und Kalorien auf einen Blick, Kirchheim-Verlag, 2009


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Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. S.77:
Der menschliche Körper besteht zum überwiegenden Teil aus Wasser. Beim Säugling macht es bis zu 75 Prozent des Körpergewichts aus, bis zum Erwachsenenalter sinkt der Wassergehalt auf 50 bis 70 Prozent - abhängig von Alter und Geschlecht.

79% (1) - Säugling
50% (2) - Frau
60% (2) - Mann
Etwa 47% (3) - übergewichtiger Mann

Quellen: (1) Schumm, Wagner: Wasser als Lebensmittel, 2004; (2) Herold et al.: Innere Medizin, 2008; (3) Elmadfa, Leitzmann Ernährung des Menschen, 3. Aufl. Stuttgart: Ulmer 1998

Abb. S.78:
Flüssigkeitsindikator Urin
Ob Sie genug trinken, können Sie auch an der Farbe des Urins feststellen. Je dunkler er ist, desto weniger Flüssigkeit ist im Körperumlauf. Je heller und durchsichtiger er ist, desto besser steht es um Ihre Trinkbalance.

Quelle: Nutrition for Athletes. A practical guide to eating for health and performance. 2008


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Quelle:
Diabetes-Journal 6/2010, Seite 76 - 79
Herausgeber: Verlag Kirchheim + Co GmbH
Kaiserstr. 41, 55116 Mainz
Tel.: 06131/960 70 30, Fax: 06131/960 70 90
E-Mail: info@kirchheim-verlag.de
Internet: www.diabetes-journal.de

Das Diabetes-Journal erscheint monatlich.
Einzelheft: 3,80 Euro
Jahres-Abonnement: 39,00 Euro

Diabetes-Journal gibt es auch auf CD als
Daisy/MP3-Hörzeitschrift für Blinde und Sehbehinderte:
Westdeutsche Blindenhörbücherei
Harkortstr. 9, 48163 Münster, Tel.: 0251/71 99 01


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juli 2010