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ETHIK/937: Migration und Gesundheit (7) Spezielle Patientenrechte für Migranten? (Deutscher Ethikrat)


Dokumentation der Jahrestagung des Deutschen Ethikrates 2010
Migration und Gesundheit - Kulturelle Vielfalt als Herausforderung für die medizinische Versorgung

Spezielle Patientenrechte für Migranten?
Juristische und rechtsethische Überlegungen

Von Andreas Spickhoff


Problemstellung: die Internationalisierung der medizinischen Behandlung und des Medizinrechts

Während die medizinische Wissenschaft seit jeher länderübergreifend verstanden worden ist, wurden die Juristerei und damit auch das Medizinrecht lange Zeit von einer zumeist nationalen Anschauung geprägt. Indes ist diese Haltung durch die zunehmende Internationalisierung und Europäisierung der Gesellschaft und des Rechts auch im Medizin- und Arztrecht überholt worden. Man spricht bereits vom sogenannten Patiententourismus und hält ganze Tagungen über dieses Problemfeld ab. Deutsche lassen sich im Urlaub zahnmedizinische Behandlungen zuteilwerden, und noch stärker treten die Kostengründe für die Verlagerung von medizinischen Maßnahmen ins Ausland im Bereich der kosmetischen Operationen in den Vordergrund. Auch nehmen emigrierte Deutsche natürlich oft medizinische Leistungen im Ausland in Anspruch.

Umgekehrt lassen sich in bestimmten Bereichen Ausländer(*) gezielt in Deutschland behandeln. Der Grund für die Einreise nach Deutschland zum Zwecke der medizinischen Behandlung liegt keineswegs allein in der Erschleichung von Sozialleistungen. Vielmehr stehen häufig unzureichende medizinische Ressourcen im Heimatland oder auch ganz einfach ein als unzureichend empfundenes Niveau der medizinischen Qualität hinter dem sogenannten Medizintourismus. Das gilt übrigens nicht nur für Entwicklungs- oder Schwellenländer, sondern als Beispiele haben auch die nordischen Länder gedient. Vor allem aber nimmt die Zahl ausländischer Patienten im Inland ganz einfach ebenso zu wie die Zahl der im Inland lebenden Ausländer. Dieser Befund führt unmittelbar in unser Thema.

(*) Im Folgenden ist bei der allgemeinen Verwendung der männlichen Form auch die weibliche Form gemeint.

Überdies lässt sich die Internationalisierung auch beobachten, wenn man einen Blick auf die Behandlungsseite wirft. Gelegentlich werden Kapazitäten aus dem Ausland zum Zwecke der Lehre, der Fortbildung und der Demonstration oder ganz einfach deshalb im Inland tätig, weil sie vom Patienten herbeigerufen werden. Grenzüberschreitende Aspekte können schließlich die Telemedizin und vergleichbare Erscheinungen mit sich bringen, wenn etwa in Deutschland erhobene Befunde (aufgenommene Bilder) per E-Mail zu einem ausländischen Kollegen zum Zwecke der Erstellung einer Diagnose übermittelt werden. Vor allem aber ist die Abwanderung von deutschen Ärzten ins Ausland, zumeist aufgrund besserer Arbeitsbedingungen, längst ins allgemeine Bewusstsein gerückt. Quasi als Kompensation dafür werden zunehmend ausländische Ärzte in Deutschland eingestellt. Solche Migranten sind dann aber in erster Linie der Behandlungsseite zuzurechnen und übersteigen daher unser Thema.

Erstmals hat sich vor knapp zwei Jahren auch der für die Arzthaftung zuständige VI. Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit einem auslandsbezogenen Sachverhalt beschäftigt. Es ging um ein sogenanntes Distanzdelikt, bei dem Handlungs- und Verletzungserfolgsort auseinanderfallen.[1] Ein Deutscher hatte sich zur Behandlung in die Schweiz begeben. Der dortige Arzt verschrieb Medikamente, wohl ohne den Patienten zureichend aufzuklären. Die Einnahme der Medikamente soll zu schweren Nebenwirkungen geführt haben. Der Patient verklagte den schweizerischen Arzt daraufhin vor deutschen Gerichten in Süddeutschland. Sowohl die Vorinstanzen[2] als auch der BGH bejahten die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte unter dem Aspekt der Tatortzuständigkeit (nach Art. 5 Nr. 3 Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen). Als Tatort ist auch der Erfolgsort angesehen worden, an dem in das geschützte Rechtsgut, nämlich in die Gesundheit und die körperliche Unversehrtheit, eingegriffen wurde.

Der Fall zeigt plastisch, dass sich durchaus auch - selbst aus europäischer bzw. deutscher Sicht - ausländische Gerichte als zuständig ansehen dürfen, wenn zum Beispiel ein Patient in Deutschland von einem Arzt unzureichend aufgeklärt worden ist und wenn sich das Ergebnis der unzureichenden Aufklärung über eine Gesundheitsschädigung im Ausland realisiert. Man denke an in Deutschland lebende Gastarbeiter, die ein vom deutschen Arzt verordnetes Medikament während des Urlaubs in ihrer Heimat einnehmen und - unzureichend aufgeklärt - Gesundheitsschäden erleiden. Zumindest aus der Sicht des europäisierten internationalen Privatrechts, das Auskunft darüber gibt, wessen Staates Recht in Fällen mit Auslandsbezug anzuwenden ist (vgl. Art. 3 EGBGB - Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche), ist freilich in derartigen Fällen trotz der Zuständigkeit (auch) ausländischer Gerichte in aller Regel deutsches Arztvertrags- und Arzthaftungsrecht anzuwenden. Demgemäß hat auch auf den deutsch-schweizerischen Fall im Ergebnis schweizerisches Arzthaftungsrecht zur Anwendung zu kommen. Das folgt aus Art. 4 Abs. 1 lit. b EG-Verordnung 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO)[3] und I aus Art. 4 EG-Verordnung 864/2007 des europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-VO).[4]

Wenigstens in aller Regel, so lässt sich festhalten, ist also deutsches Recht anzuwenden, wenn Patienten in deutschen Kliniken oder von deutschen Ärzten behandelt werden. Dabei kommt es nicht auf die Staatsangehörigkeit der Patienten an. Demgemäß konzentrieren sich die folgenden Ausführungen auf das deutsche Recht. Zudem geht es auch nicht um den sogenannten Patiententourismus, sondern vielmehr um spezifische Probleme von Migranten, die sich nun in Deutschland befinden, die also hier ihren gewöhnlichen Arbeits- bzw. Aufenthaltsort genommen haben.

Eine zweite thematische Eingrenzung ist notwendig. Als Phänomen ist zu beobachten, dass teilweise Eingriffe an Migranten durchgeführt werden, die sich mit unseren ethischen und rechtlichen Vorstellungen schwerlich vereinbaren lassen. Die vielfach diskutierten sogenannten Beschneidungen von Mädchen beziehungsweise jungen Frauen aus den einschlägigen Ländern Afrikas auch hier im Inland sind dafür ein eher trauriges Beispiel. Zurzeit wird rechtspolitisch über einen diesbezüglichen besonderen Straftatbestand diskutiert.[5] Freilich sind solche Eingriffe schon aus standesrechtlichen Gründen untersagt. Ärzte in Deutschland, die sie dennoch vornehmen würden, würde das der Gefahr des Approbationsentzugs und der Strafbarkeit (auch nach bereits geltendem Recht) aussetzen. Demgemäß werden entsprechende Beschneidungen in Deutschland im Allgemeinen nicht von Ärzten durchgeführt, und man kann die betroffenen Jugendlichen auch kaum als Patienten im eigentlichen Sinne bezeichnen, jedenfalls sofern es um den eigentlichen Eingriff und nicht um die Behandlung der Folgen solcher Eingriffe geht.

Im Vordergrund der folgenden Ausführungen stehen vielmehr Patientenrechte im engeren Sinne, also zunächst einmal ein Anspruch auf Behandlung von Migranten überhaupt. Sodann wird insbesondere zu erörtern sein, wie das Selbstbestimmungsrecht ausländischer Patienten über das Mittel der Einwilligung nach Aufklärung sichergestellt werden kann, insbesondere im Hinblick auf sprachbedingte Verständigungsschwierigkeiten. Diese führen zu der weiteren Frage nach der Übernahme von Kosten für einen gegebenenfalls herbeizuziehenden Dolmetscher.

Um eine Antwort auf die Frage geben zu können, ob spezielle Patientenrechte für Migranten zu postulieren sind, ist es zunächst einmal erforderlich, gewissermaßen einen juristischen Befund zu erheben, also den Status quo im Hinblick auf die Patientenrechte von Migranten zu eruieren. Nur daraus kann sich ergeben, ob de lege ferenda[6] korrigierende Maßnahmen des Gesetzgebers angezeigt sind. Derartige spezielle Patientenrechte für Migranten könnten etwa im Rahmen der Kodifikation eines Patientenrechtegesetzes, das vor Kurzem von der SPD-Bundestagsfraktion angeregt worden ist[7] - ähnliche Überlegungen verfolgen dem Vernehmen nach auch andere politische Parteien -, berücksichtigt werden.


Bestandsaufnahme

Anspruch auf Behandlung

Wünscht ein Migrant eine medizinische Behandlung, so steht ihm dies zunächst einmal als gesetzlich versichertem Patienten im Rahmen der Vorschriften des allgemeinen Sozialrechts beziehungsweise des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung zu.

Im Falle einer akut notwendigen Krankenhausbehandlung ist überdies entschieden worden, dass auch ausländische Sozialhilfeempfänger (Asylbewerber) einen Anspruch auf Krankenhilfe haben. Dieser Anspruch kann, selbst wenn der Sozialhilfeträger die Kostenübe rnahme rechtswidrig ablehnt, vom Krankenhausträger im Wege der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den Sozialhilfeträger geltend gemacht werden. Demgegenüber entsteht in Fällen einer unaufschiebbaren Behandlung kein Anspruch des Krankenhausträgers beziehungsweise der Behandlungsseite auf Erstattung der Behandlungskosten gegen den Asylbewerber selbst, weder unter dem Gesichtspunkt eines stillschweigenden Vertragsschlusses durch Einwilligung in den Ein griff noch durch die fragliche Behandlung selbst (als "faktischer" Vertrag) oder unter dem Aspekt einer Geschäftsführung ohne Auftrag.[8] Überhaupt ist in unaufschiebbaren Situationen Hilfe zu leisten; anderenfalls droht eine Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung (§ 323 c StGB - Strafgesetzbuch).

Haben Migranten den Status von Privatpatienten, sind sie also nicht Zwangsmitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung, so müssen sie wie jeder andere Patient auch einen privaten Behandlungsvertrag abschließen, der die Gebühren nach der Gebührenordnung für Ärzte beziehungsweise die allgemeinen Krankenhaustarife auslöst.

Der Patient hat bei alledem das Recht auf freie Arztwahl. Freilich braucht nicht jeder Mediziner jeden Patienten, ausgenommen im Notfall, zu akzeptieren. Indes besteht nach den Krankenhausgesetzen verschiedener Bundesländer Kontrahierungszwang, wenngleich nicht in Bezug auf Wahlleistungen (wie etwa Chefarztbehandlung). Auch wo eine solche Abschlusspflicht der öffentlich-rechtlich organisierten Krankenhäuser nicht ausdrücklich geregelt ist, wird von ihr ausgegangen, weil es typischerweise um lebensnotwendige oder wenigstens lebenswichtige Leistungen geht.[9]

Allerdings besteht weder im privatärztlichen Bereich noch im System der gesetzlichen Krankenversicherung ein genereller Anspruch auf muttersprachliche Behandlung. Das ist in Bezug auf Psychotherapeuten explizit entschieden worden. Dabei soll es auch nicht auf die Anzahl der Versicherten einer bestimmten Herkunft und Sprache in der betreffenden Region ankommen. Angesichts der Vielzahl von Sprachen auf der Welt kann ein solcher Anspruch generell in der Tat nicht realisiert und angenommen werden, will man nicht das Finanzsystem der gesetzlichen Krankenversicherung sprengen. Eine Ungleichbehandlung der verschiedenen Ländergruppen in dem Sinne, dass insoweit einzelne Nationalitäten bevorzugt würden, ist - eher zweifelhaft - sogar mit Art. 3 Abs. 1 und 2 GG (Grundgesetz) als nicht vereinbar angesehen worden.[10]


Die Aufklärung der Patienten

Mit der letztgenannten Entscheidung, die freilich nicht nur die Aufklärung, sondern die Behandlung insgesamt zum Gegenstand hatte, ist ein Schritt in Richtung des nächsten wesentlichen und in der Gerichtspraxis besonders relevanten Bereichs gesetzt worden, nämlich zur Aufklärung der Patienten.[11]

Nach zwar immer wieder ärztlicherseits und zum Teil auch in der juristischen Literatur bestrittener, aber ständiger Rechtsprechung bedarf jede - auch die lege artis[12] durchgeführte - invasive oder medikamentöse Maßnahme am Patienten dessen rechtfertigender Zustimmung.[13] Die Einwilligung in eine medizinische Maßnahme kann der Patient jedoch nur geben, wenn er über ihren Sinn und Zweck aufgeklärt worden ist. Die Aufklärung geht also der Einwilligung voraus und füllt sie ihrem Inhalt nach aus. Bei alledem müssen Arzt und Patient zusammenwirken. Der Kranke hat den Mediziner über seine Beschwerden und seinen Zustand zu informieren. Der Arzt seinerseits muss den Patienten über die Krankheit und Behandlung, deren Aussichten und Gefahren ins Bild setzen.

Die juristische Grundlage der Einwilligung nach Aufklärung ist in Art. 2 Abs. 2 und Art. 1 GG zu sehen. Jedem Menschen, natürlich auch ausländischen Patienten, sind die freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Menschenwürde garantiert. Das kommt in den strafrechtlich und haftungsrechtlich geschützten Rechtsgütern wie Körper, Gesundheit und Freiheit zum Ausdruck, deren Integrität Voraussetzung für die Entfaltung der Persönlichkeit ist. Diese Rechtsgüter stehen allerdings zur Disposition des Rechtsgutsträgers. Hinter den betreffenden Rechtsgütern verbirgt sich damit das Persönlichkeitsrecht des Patienten, der nach eigenem Belieben therapeutische Eingriffe erlauben, aber auch ablehnen kann.

Überdies hat die Aufklärungspflicht ihre Grundlage auch in der Ethik. Denn Information und Zustimmung des Patienten sind in erster Linie ethische Gebote. Der Kranke hat den moralischen Anspruch auf Selbstverwirklichung und Nichttäuschung. Sozialethisch gesehen trifft den Arzt die Aufgabe, die Disposition des Patienten in dessen unter Umständen existenzieller Situation in Erfahrung zu bringen, wozu auch gehört zu ergründen, ob der Patient voll, beschränkt oder überhaupt nicht aufgeklärt werden will. Bei alledem kann jedes grobe Raster gegenüber den im Einzelnen sehr unterschiedlichen Patienten unethisch erscheinen: Der Feinfühlige wird die rücksichtslose Normalaufklärung als Übermaß empfinden, ebenso wie dem Wissbegierigen eine zurückhaltende Grundaufklärung nicht genügen wird, die ihm die Last weiterer Fragen zuschiebt, welche zu stellen er vielleicht nicht einmal in der Lage ist.[14]

Ethik und Recht bieten daher im Grundsatz - wenn man das Spektrum des (ärztlicherseits freilich unbeliebten) Verzichts auf die Aufklärung (Stichwort: Recht auf Nichtwissen)[15] bis hin zum Patientenrecht auf volle Aufklärung bedenkt - auch für Migranten ein zureichendes Maß an Flexibilität. Das ist auch fraglos notwendig. Im Falle von ausländischen Patienten kommen unterschiedliche kulturelle Hintergründe hinzu, die im Aufklärungsgespräch zu berücksichtigen sind. Einerseits mag es sein, dass Migranten mit typischem kulturellen Hintergrund bestimmte Eingriffe generell ablehnen, vor allem aber ist es durchaus auch möglich, dass Migranten aufgrund ihrer Herkunft den außerordentlichen Umfang der Aufklärungspflichten nach deutschem Recht gar nicht kennen und deshalb nicht nur keine weitergehenden Fragen an den Arzt stellen, sondern möglicherweise geradezu den (eventuell fälschlichen) Eindruck erwecken, sie legten auf eine umfassende Aufklärung keinen Wert.

Die umfassende Aufklärung umfasst nach deutschen Maßstäben der Rechtsprechung eine Aufklärung über die Diagnose, über den Verlauf der Krankheit, eine Aufklärung über mögliche Behandlungsalternativen, eine Aufklärung über Risiken und Medikamentenwirkungen, eine Aufklärung über das Risiko der Nichtbehandlung, auch eine Aufklärung über Sicherungsmaßnahmen, die der Patient selbst zu treffen hat, eventuell sogar eine Aufklärung über die unterschiedliche Qualität der Behandlung und die Übernahme der Kosten.[16]

Abgesehen von einem besonderen kulturellen Hintergrund ausländischer Patienten kann in besonderem Maße die Sprachbarriere hinzutreten. Anerkannt ist, dass die Behandlungsseite, also der behandelnde Arzt, über zureichende Deutschkenntnisse verfügen muss. Anderenfalls ist er nicht geeignet, ein Aufklärungsgespräch mit dem Patienten über die Risiken der durchzuführenden Behandlung zu führen. Die bloße Übergabe einer schriftlichen Informationsbroschüre reicht nicht aus.[17] Anders liegt es nur, wenn im Ausnahmefall der (schlecht deutsch sprechende) Arzt und sein Patient dieselbe Sprache sprechen.

Im Übrigen hat auch der ausländische Patient grundsätzlich voll aufgeklärt zu werden. Nicht anders als im Falle deutscher Patienten entfällt die Aufklärungspflicht nur ausnahmsweise ganz oder teilweise dann, wenn der Patient nicht ansprechbar (z.B. bewusstlos) ist, oder wenn für die erforderliche Aufklärung im eben genannten Sinne keine Zeit mehr ist, etwa aufgrund der Unaufschiebbarkeit der medizinischen Maßnahme. In derartigen Fällen kann, allgemeinen Grundsätzen entsprechend, den Umständen gemäß reduziert oder gar nicht aufgeklärt werden. Freilich können dabei deutschsprachige Patienten im zeitlichen Vorteil sein, insbesondere dann, wenn für die Aufklärung eines deutschsprachigen Patienten zwar noch genügend Zeit vorhanden ist, für einen der deutschen Sprache nicht zureichend mächtigen Patienten indes keine Person, die übersetzen kann, verfügbar ist, aber keine Zeit mehr besteht, eine solche Person noch rechtzeitig zu holen. Immerhin ist durch die Verbreitung von Gastärzten und Gastschwestern in deutschen Krankenhäusern insoweit manche Möglichkeit gegeben. Insbesondere empfiehlt es sich, Formulare in den Sprachen der größeren in Deutschland lebenden Ausländergruppen zu entwickeln, auch wenn selbst bei der Behandlung von ausländischen Patienten im Prinzip nicht die bloße Übergabe eines Aufklärungsformulars genügt,[18] sieht man einmal von Eilfällen ab. In Eilfällen ist - soweit möglich - immerhin eine annäherungsweise Erklärung zu versuchen.

Außerhalb von Eilfällen bietet die veröffentlichte Rechtsprechung folgendes Bild: 1993 entschied das Oberlandesgericht (OLG) München, dass die Aufklärung mithilfe einer die Aufklärung übersetzenden Krankenschwester genügt;[19] es ging um die Gebärmutterentfernung wegen eines Karzinoms und die Aufklärung über die Gefahr einer Harnleiterverletzung. Im Falle einer Blinddarmoperation hat das OLG Karlsruhe vor mehr als 20 Jahren gemeint, es entspreche den Anforderungen an eine Aufklärung, wenn der Arzt aufgrund sprachlich bedingter Verständigungsschwierigkeiten des ausländischen Patienten seine Ausdrucksweise dessen Verständnisvermögen anpasst und den sicheren Eindruck hat, dass der Patient ihn verstanden habe.[20] Indes sollte eine derartige Einschränkung oder Reduktion der Aufklärungspflicht nur in Eilfällen angenommen werden. Demgemäß hat das OLG Stuttgart zu Recht judiziert, dass bei der Behandlung eines ausländischen Patienten der Arzt zum Aufklärungsgespräch eine sprachkundige Person hinzuziehen muss, wenn nicht ohne Weiteres sicher ist, dass der Patient die deutschen Erklärungen versteht. Allgemeinen Grundsätzen folgend, liegt für all dies die Beweislast beim Arzt.[21] Ebenso sieht es im Ausgangspunkt das Kammergericht (KG), das hervorgehoben hat, der aufklärungspflichtige Arzt habe notfalls durch Beiziehung eines Sprachmittlers sicherzustellen, dass der ausländische Patient der Aufklärung sprachlich folgen kann.[22] Nicht nur im Rahmen der Aufklärungspflichten, sondern auch im Kontext der Behandlung im engeren Sinn müsse der Arzt sich versichern, dass der Patient in der Lage ist, die für eine ordnungsgemäße Behandlung erforderlichen Angaben zu machen. Anderenfalls könne er die Behandlung ablehnen oder er habe für eine Sprachmittlung zu sorgen. Das KG hat dabei explizit seine frühere Rechtsprechung[23] aufgegeben, wonach der Arzt nicht die Pflicht habe, zur Anamnese bei einem ausländischen Patienten einen Dolmetscher hinzuzuziehen. Vielmehr muss auch nach der neuen Rechtsprechung des KG die Behandlungsseite darlegen und notfalls beweisen, dass der Patient ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist. Dazu gehört der Beweis, dass der Aufgeklärte der Aufklärung auch sprachlich folgen konnte. Der Arzt muss sich also versichern, dass der Patient in der Lage ist, die für eine ordnungsgemäße Behandlung erforderlichen Angaben zu machen und der Aufklärung zu folgen. Anderenfalls muss er (außerhalb von Eilfällen) die Behandlung ablehnen oder für eine Sprachmittlung sorgen.

Allerdings steht ein in Deutschland aufgewachsener Ausländer, der die deutsche Sprache beherrscht, hinsichtlich der Aufklärung über einen medizinischen Eingriff gegebenenfalls einem Deutschen gleich, weil Deutsche gleichfalls nicht immer medizinische Fachausdrücke verstehen. Es kann also durchaus auch Sache des ausländischen Patienten sein, dem Arzt mitzuteilen, wenn er etwas nicht verstanden hat, und um entsprechende Aufklärung zu bitten.[24] Allerdings besteht die Gefahr, eventuell die Mitwirkungsobliegenheit ausländischer Patienten im Übermaß zu betonen, die - wie eingangs erwähnt - vielleicht nicht einmal wissen, wie weit die Aufklärungspflichten nach deutschem Recht reichen - ein Kenntnisrückstand, der zwar auch deutsche Patienten treffen kann, aufgrund des kulturellen Hintergrundes aber wohl typischerweise in weniger ausgeprägtem Maße.

Bei alledem kann der grundsätzlich dem Arzt obliegende Nachweis des Verständnisses der erfolgten Aufklärung eines fremdsprachlichen Patienten auch durch Art und Umfang von dessen eigenen Angaben zu Erkrankung und Vorerkrankungen geführt werden.[25] An den Nachweis des Verständnisses der erfolgten Aufklärung eines fremdsprachigen Patienten, welcher der Behandlungsseite obliegt, werden mithin in der Praxis keine überzogenen Anforderungen gestellt. So wurde eine Arzthaftungsklage wegen unzureichender Eingriffsaufklärung im Hinblick auf einen Schwangerschaftsabbruch abgewiesen, weil die türkische Patientin nach ihrem eigenen Vorbringen während des in Rede stehenden Arztgesprächs niemals den Einwand erhoben hatte, sie könne den Ausführungen bereits sprachlich nicht folgen. Zudem hat sie (bzw. ihr Anwalt) im Prozess weder vorgetragen, dass sie Schwierigkeiten gehabt hätte, ihr Anliegen gegenüber dem behandelnden Arzt zum Ausdruck zu bringen, noch, dass sie sich bei der Konsultierung anderer Ärzte einer dritten sprachkundigen Person bedient hätte.[26] Im Ergebnis ähnlich hat die Rechtsprechung im Rahmen der Beweiswürdigung bemerkt, allein der Hinweis eines Arztes, der Patient sei in der Lage gewesen, im Rahmen der Anamneseerhebung Fragen zu beantworten, reiche zum Beweis der ordnungsgemäßen Aufklärung zwar noch nicht aus; habe der Patient jedoch im Aufklärungsbogen, in den Aufnahmeuntersuchungen sowie im Aufklärungsgespräch den Eindruck erweckt, der deutschen Sprache hinreichend mächtig zu sein, könne es treuwidrig sein, wenn er im Prozess gleichwohl behauptet, die Sprache nicht ausreichend zu beherrschen.[27]

Die Gerichte stehen, wie man auch an dieser Entscheidung erkennen kann, stets im Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Patientenautonomie auch ausländischer Patienten einerseits und andererseits der nachträglichen Behauptung, die Aufklärung doch nicht verstanden zu haben, was den Verdacht eines unvermittelten sprachlichen Fähigkeitsabfalls erst im Prozess nähren mag.

Vorsichtiger ist die Rechtsprechung mit irreversiblen gynäkologischen Maßnahmen umgegangen. So hat das OLG München einen Fall zu entscheiden gehabt, in dem eine 23 Jahre alte Frau aus der Türkei einen Tag vor ihrer zweiten Entbindung mittels Kaiserschnitt plötzlich den Wunsch nach einer gleichzeitig durchzuführenden Sterilisation äußerte.[28] Die Wirksamkeit ihrer Einwilligung in den entsprechenden Eingriff setze - so das OLG München mit Grund - eine eingehende, angesichts von Sprachschwierigkeiten verständliche Darstellung der Konsequenzen der Sterilisation einschließlich ihrer psychosozialen Folgen voraus. Daran fehle es bei einem bloß kurzen Gespräch über die Endgültigkeit der Maßnahme im Stil von "nix Baby mehr" und einer anschließenden Illustration der Operationstechnik. Auch ist im Zusammenhang mit der Sterilisation einer sprachunkundigen Ausländerin hervorgehoben worden, eine unterschriebene Einverständniserklärung in die Durchführung dieser Maßnahme stelle keine wirksame Einwilligung in den Eingriff dar, wenn sich der Arzt zuvor keine Gewissheit über den Sterilisationswunsch der Patientin, etwa durch Rückfrage beim einweisenden Hausarzt oder durch Hinzuziehung eines Dolmetschers, verschafft habe. Die Patientin wollte sich in Wirklichkeit geradezu zur Ermittlung der Ursachen ihrer Kinderlosigkeit behandeln lassen.[29] Auch im Falle der Gebärmutterentfernung einer Italienerin, die der deutschen Sprache nur begrenzt mächtig war, genügte es zur ordnungsgemäßen Aufklärung über die Risiken dieses Eingriffs nicht, ihr einen Aufklärungs- und Anamnesebogen sowie eine 91 Seiten lange Schrift über Operationen in der Frauenheilkunde zu übergeben. Erforderlich wäre vielmehr ein zusätzliches Aufklärungsgespräch gewesen, das insbesondere durch einen im Umgang mit ausländischen Patienten versierten Arzt erfolgte.[30]

Auch ausländischen Patientinnen ist gegebenenfalls nicht anders als im Falle der Behandlung von deutschen Patientinnen die Alternative zwischen Spontangeburt und Schnittentbindung zu erläutern. Im Eilfall lässt sich eine Schnittentbindung wegen Beckenendlage des Kindes allerdings bei nicht behebbaren sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten unter dem Aspekt der mutmaßlichen Einwilligung rechtfertigen.[31] Selbst außerhalb von Eilfällen sind freilich auch bei der Entbindung ausländischer Patientinnen die mit der Entbindung befassten Hebammen und Frauenärzte nicht verpflichtet, Unterlagen anderer Krankenhäuser wegen früherer Geburten beizuziehen oder die Angaben der Eltern durch eine ergänzende Befragung unter Hinzuziehung eines Dolmetschers zu überprüfen. Das gilt jedenfalls, wenn die Behandelnden sich nach den Besonderheiten vorangegangener Entbindungen erkundigt und dabei Einzelheiten erfahren haben, die die Schlussfolgerung erlaubten, die Eltern hätten früher aufgetretene Komplikationen vollständig erwähnt, und wenn keine nennenswerten Verständigungsschwierigkeiten mit den ausländischen Eltern bestanden.[32] Hier zeigt sich, dass eine unzureichende Aufklärung wegen fehlenden Verschuldens der Ärzte nicht zur Haftung führen kann, wenn ganz einfach nicht erkennbar ist, dass der betreffende Patient oder die Patientin die Aufklärung nicht verstanden hat.[33]

Insgesamt mag man zwar in den Nuancen die eine oder andere der referierten Entscheidungen kritisieren. Im Ganzen betrachtet kommt die Judikatur, die zur ärztlichen Aufklärung in Deutschland im internationalen Vergleich außerordentlich streng ist, aber durchaus zu angemessenen Ergebnissen im Einzelfall. Es ist nicht wahrscheinlich, dass durch gesetzgeberische Eingriffe in diesen sehr einzelfallbezogen zu beurteilenden Bereich den beteiligten Interessen besser Rechnung getragen werden könnte. Letztlich handelt es sich um das Problem der Beweiswürdigung, das durch eine generalisierende Regel des Gesetzgebers kaum sinnvoll zu Rechtsklarheit führen wird. Bezeichnend ist eben, dass die referierten Entscheidungen allesamt aus Tatsacheninstanzen stammen. Zudem ist noch einmal der zutreffende und allgemein geteilte Ausgangspunkt der Rechtsprechung hervorzuheben, dass auch im Falle der Aufklärung von ausländischen Patienten die Behandlungsseite die volle Beweislast für eine korrekte Aufklärung und die darauf beruhende Einwilligung trägt.


Dolmetscherkosten

Wie gezeigt, erlegt die deutsche Rechtsordnung der Behandlungsseite die Beweislast für die Einwilligung nach korrekter Aufklärung auf und verlangt hierbei (von den dargelegten Ausnahmen der unaufschiebbaren Behandlungen abgesehen), dass auch ausländische Patienten mit Verständnisschwierigkeiten gegebenenfalls in ihrer eigenen Sprache oder einer Sprache, die sie verstehen, aufgeklärt werden. Daraus ergibt sich zwanglos die Frage nach möglicherweise entstehenden Dolmetscherkosten. Denn nicht in allen Fällen steht Klinikpersonal oder stehen sonstige, vor allem zuverlässige und kostenlose Übersetzer zur Verfügung.[34]

Von den Fällen des Kontrahierungszwangs abgesehen hat jeder Arzt freilich das aus der Vertragsfreiheit folgende Recht, die Behandlung von Patienten abzulehnen, mit denen er aufgrund sprachlich bedingter Verständigungsprobleme nicht oder nicht zureichend kommunizieren kann. Doch wie steht es, wenn die Behandlungsseite (Arzt, Krankenhausträger) aus ethischen oder sonstigen Gründen, gar infolge eines bestehenden Kontrahierungszwangs, mit dem fremdsprachigen Patienten einen medizinischen Behandlungsvertrag schließt?

Zur Beantwortung der damit aufgeworfenen Frage wird man sodann zwischen Sozialhilfeempfängern, gesetzlich versicherten Patienten und Privatpatienten zu unterscheiden haben.


a) Gesetzlich versicherte Patienten und Sozialhilfeempfänger

Für gesetzlich versicherte Patienten wird kaum infrage gestellt, dass anfallende Dolmetscherkosten stets vom Versicherten zu tragen sind, gleich, ob sich der Patient in der Ambulanz des Chefarztes oder auch vollstationär im Krankenhaus behandeln lässt.[35] Auf dieser Linie liegt eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), in der es zwar nicht um fremdsprachliche Probleme, aber um den Ersatz von Kosten für einen Gebärdendolmetscher ging.[36] Gesetzlich Krankenversicherte - so das BSG - können auch dann, wenn eine Verständigung zwischen ihnen und dem Arzt nicht möglich ist, nicht verlangen, dass auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen zur ambulanten Untersuchung in der Behandlung ein Dolmetscher zugezogen wird. Man wird nicht fehlgehen in der Annahme, dass die parallele Frage für Patienten, die der deutschen Sprache nicht zureichend mächtig sind, in der Rechtsprechung kaum anders beantwortet werden würde. Allerdings hatte das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen als Vorinstanz gegenteilig entschieden. Die als Grundlagen herangezogenen §§ 27, 28 SGB V (Sozialgesetzbuch Fünftes Buch) verlangen eine "ärztliche Behandlung" beziehungsweise "Tätigkeiten eines Arztes". Die Tätigkeit von Hilfspersonen soll - so das BSG - nicht unter diese Tatbestandsvoraussetzungen fallen, solange die Fremdleistung nicht vom Arzt angeordnet oder von ihm zu verantworten ist, und diese Tätigkeit der ärztlichen Berufsausübung zuzurechnen ist. Die Tätigkeit von einem Dolmetscher könne der Arzt weder aufgrund seines ärztlichen Fachwissens leisten, noch kontrollieren und somit auch nicht verantworten. Auch liege keine Gesetzeslücke vor. Das Schrifttum ist dieser Entscheidung des BSG eher unkritisch gefolgt.[37]

Aufwendungen für einen Gebärdendolmetscher sind übrigens auch im Bereich der beamtenrechtlichen Beihilfe nicht als erstattungsfähig angesehen worden,[38] wobei deutsche Beamte regelmäßig freilich nicht unter den hier zu erörternden Kreis von Migranten fallen.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat demgegenüber Dolmetscherkosten immerhin als Teil der Krankenhilfe im Sozialhilferecht angesehen.[39] Die Sozialhilfe sei zwar nachrangig, sodass die Möglichkeiten einer unentgeltlichen Sprachvermittlung insbesondere durch Verwandte, Freunde oder sonst Nahestehende auszuschöpfen sei und sich die Hinzuziehung eines Berufsdolmetschers daher auf Ausnahmefälle beschränke. Wenn ein solcher Ausnahmefall vorliege, seien aber entsprechende Kosten der sprachlichen Hilfestellung nicht aus dem Leistungsrahmen der Krankenhilfe (nach dem seinerzeit noch anwendbaren Bundessozialhilfegesetz, heute SGB I) auszunehmen. Die Rechtslage sei insoweit vom SGB-V-Bereich zu unterscheiden. Auch sei dem Sozialhilferecht eine Begrenzung des Leistungsumfangs der Krankenhilfe dahin, dass diese nur in der Höhe gewährt werden kann, in der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Betracht kommen, nicht zu entnehmen.[40] Denn während in der gesetzlichen Krankenversicherung Teilleistungen und damit ein dem Versicherten verbleibender Eigenanteil gerechtfertigt sein möge, ist im Sozialhilferecht die Hilfeleistung so zu bemessen, dass der Hilfebedürftige seinen notwendigen Bedarf tatsächlich in vollem Umfang befriedigen kann. Auf dieser Linie liegend hat auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg entschieden, dass der Träger der Sozialhilfe verpflichtet ist, die Kosten für einen Fremdsprachendolmetscher zur Durchführung einer von der gesetzlichen Krankenkasse getragenen Psychotherapie zu tragen, auch wenn die Krankenkasse die Dolmetscherkosten nicht erstattet.[41]


b) Privat versicherte Patienten

Im Bereich der privaten Krankenversicherung versteht es sich an sich von selbst, dass Dolmetscherkosten nur dann von der privaten Krankenversicherung zu ersetzen sind, wenn entsprechender Versicherungsschutz besteht. Regelmäßig ist das nicht der Fall.[42]

Als Ergebnis lässt sich daher festhalten, dass nach der aktuellen Rechtspraxis weder gesetzlich versicherte noch privat versicherte Patienten von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung die Übernahme von Dolmetscherkosten verlangen können. Sie sind vielmehr prinzipiell selbst verpflichtet, für entsprechende Kosten aufzukommen. Lediglich wenn der Bereich der Sozialhilfe betreten ist, werden entsprechend Kosten übernommen.


Einwilligungsfähigkeit und Einwilligung ausländischer Patienten als Rechtfertigungsgrund im internationalen Haftungsrecht und im internationalen Strafrecht

Ein bislang kaum näher erörtertes Problem (auch) im internationalen Privatrecht der Arzthaftung kann sich aus dem unkoordinierten Zusammenspiel von den Anknüpfungsregeln des internationalen Privatrechts und des internationalen Strafrechts ergeben. Während die Regeln des internationalen Privatrechts ohne Weiteres ausländische Normen für anwendbar erklären können, befassen sich die §§ 3 ff. StGB mit der Anwendung des eigenen Strafrechts, wobei das Tatortprinzip (§ 3 StGB) dominiert. Sowohl die Verweisungen des internationalen Strafrechts[43] als auch diejenigen des internationalen Haftungsrechts[44] erfassen dabei nach jeweils allgemeiner Ansicht die Rechtfertigungsgründe. Eine Sonderanknüpfung von Rechtfertigungsgründen würde die jeweiligen Verweisungen in zu weitreichendem Maße zurückdrängen. Aber auch eine analoge Anwendung der Art. 7, 12 EGBGB in Bezug auf die bloße Einwilligungsfähigkeit an die Staatsangehörigkeit des Einwilligenden kommt weder aus der Sicht des internationalen Strafrechts noch aus der Perspektive des internationalen Privatrechts in Betracht. Zwar könnte sich der Täter im Falle einer analogen Anwendung von Art. 12 EGBGB (entspricht Art 11 EVÜ - Übereinkommen von Rom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, kurz: Europäisches Schuldvertragsübereinkommen, und Art. 13 Rom I-VO) darauf berufen, auf die Regeln der Einwilligungsfähigkeit am Behandlungsort vertraut zu haben, vorausgesetzt freilich, die Behandlungsseite kannte die Einwilligungsunfähigkeit nicht oder sie war ihr zumindest infolge von Fahrlässigkeit nicht bekannt. Denn es bleibt die Frage, was gilt, wenn der Täter von der Einwilligungsunfähigkeit nach ausländischen, über die Regeln des internationalen Privatrechts berufenen Maßstäben wusste und diese von den Maßstäben am Behandlungsort abweichen.

Die Relevanz dieser Fragestellung ergibt sich sofort, wenn man sich vergegenwärtigt, dass insbesondere die Frage der Einwilligungsfähigkeit nicht nur in Deutschland,[45] sondern auch in rechtsvergleichender Betrachtung durchaus uneinheitlich geregelt ist.[46] Ist nach den Regeln des internationalen Privatrechts auf den Vorgang einer medizinischen Behandlung daher etwa ausländisches (z.B. österreichisches) Recht anwendbar, das allein die Entscheidung des Minderjährigen für maßgeblich erachtet, während § 3 StGB auf deutsches Recht verweist, wonach möglicherweise allein die Entscheidung der Eltern maßgeblich ist oder diese wenigstens über das Sorgerecht eine bestimmende Einflussmöglichkeit erhalten, so kann sich die Gefahr eines Normenwiderspruchs ergeben. Im Extremfall verpflichten die über das internationale Privatrecht anwendbaren ausländischen Sachvorschriften den Arzt zu einem medizinischen Eingriff, der ihm nach den Regeln des internationalen Strafrechts als rechtswidrig untersagt ist.

Dass es bei dieser Konsequenz nicht sein Bewenden haben kann, versteht sich von selbst. Die Frage ist daher, wie die Rechtsordnung auf einen entsprechend drohenden Normenwiderspruch zu reagieren hat.[47] Strafgerichtliche oder zivilgerichtliche Entscheidungen fehlen bislang. Da sich das unkoordinierte Nebeneinander des (mittlerweile europäisierten) internationalen Privat- und des (einstweilen rein national geprägten, indes wohl europaweit vom Tatortprinzip dominierten)[48] internationalen Strafrechts auf der Ebene der Auslegung der jeweiligen Rechtsanwendungsbefehle ebenso wenig beheben lässt wie auf der Ebene der schlicht widersprüchlichen Ge- bzw. Verbote, bleibt nur folgender Lösungsweg: Indem das internationale Strafrecht das (typischerweise vom Tatort geprägte) deutsche Strafrecht einschließlich seiner Rechtfertigungsgründe für anwendbar erklärt, werden nach dem Prinzip der Einheit der Rechtsordnung (genauer: dem Prinzip der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung) auch die Rechtfertigungsgründe des Zivilrechts mit berufen; nicht anders steht es umgekehrt aus zivilrechtlicher Perspektive.[49] Da die Regeln des internationalen Privatrechts nun freilich nicht die Rechtfertigungsgründe am Tatort, sondern in einem ausländischen Recht berufen, sollte sich der Delinquent aus strafrechtlicher Perspektive daher auch auf diese (dann ausländischen) Rechtfertigungsgründe (neben den deutschen) berufen können. Der in Österreich wohnhafte, aber vielleicht aufgrund eines Zufalls in Deutschland einen 14-jährigen Österreicher behandelnde Arzt kann sich also durchaus auf die nach österreichischem Recht, das dann international-privatrechtlich anzuwenden wäre, bestehende Einwilligungsfähigkeit seines Patienten berufen, ohne in Sorge davor geraten zu müssen, dass Staatsanwaltschaften oder Strafgerichte in Deutschland dieses Ergebnis nicht tolerierten.

Allerdings ist in Bezug auf die ärztliche Aufklärungspflicht die Auffassung vertreten worden, sie richte sich selbst dann nach dem Recht des Behandlungsortes, wenn die Haftung einem anderen Recht unterliegt, und zwar insbesondere dann, wenn das Ortsrecht strengere Anforderungen aufstellt als das Haftungsstatut.[50] Dieses Ergebnis würde - jedenfalls in Bezug auf die Aufklärung - zu durchaus abweichenden Akzentuierungen führen, weil hierdurch zumindest partiell nicht das gewissermaßen rechtfertigungsfreundlichere, sondern das rechtfertigungsfeindlichere Statut zur Anwendung käme. Indes ist ohnedies sehr umstritten, ob örtliche Verhaltensregeln über die Teilnahme am allgemeinen Verkehr hinaus zu beachten sind und ob dies über streng territoriale Verkehrsregeln hinaus für allgemeine Verhaltensregeln gilt; richtigerweise ist das zu verneinen.[51] Auf dieser Linie liegt es, wenn Art. 17 Rom II-VO eine (bloße) Berücksichtigung von Sicherheits- und Verhaltensregeln I am Ort des haftungsbegründenden Ereignisses vorsieht. Zudem betreffen die Aufklärungspflichten kaum primär innerstaatliches, also gezielt nicht grenzüberschreitendes Verhalten.[52] Denn die Aufklärungspflicht berührt nur das Verhältnis von Arzt und Patient. Ihre Erfüllung hat (anders als etwa Regeln des Straßenverkehrs) keine Auswirkungen auf unbeteiligte Dritte, auch nicht unter dem Aspekt der möglichen Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten.[53]

Indes führt, wie bereits eingangs erwähnt, speziell im Falle der Behandlung von in Deutschland lebenden Migranten durch Ärzte in Deutschland das Kollisionsrecht regelhaft ebenso wie § 3 StGB zur Anwendbarkeit deutschen Rechts, sodass sich in derartigen Konstellationen die Frage kaum stellt. Zweifelhaft kann allenfalls sein, dass der Bundesgerichtshof in Zivilsachen - wohl im Unterschied zur strafgerichtlichen Linie[54] - urteilsfähigen und daher einwilligungsfähigen Minderjährigen lediglich ein Vetorecht gegen einen medizinischen Heileingriff zuerkennt, nicht aber den Minderjährigen allein entscheiden lässt.[55] Damit können umgekehrt aber auch diese - gegebenenfalls über die Regeln des internationalen Privatrechts nach ausländischem Recht - Sorgeberechtigten ihrerseits ein Veto gegen vom ausländischen Minderjährigen gewünschte medizinische Maßnahmen einlegen. Ebenso wie deutsche Eltern werden sie dies aber nur so lange tun können, als nicht ein Missbrauch des Sorgerechts vorliegt. Fremdes Recht, das einen solchen Missbrauch zulassen würde, müsste wegen Verstoßes gegen den ordre public (Art. 6 Satz 2 EGBGB in Verbindung mit Art. 1, 2 GG) abgewehrt werden.[56]

Damit lässt sich ein drohender Konflikt zwischen den Wertungen des internationalen Privat- und Strafrechts bei der Beurteilung der Einwilligungsfähigkeit mit den herkömmlichen Mitteln der Rechtsdogmatik auf der Grundlage des geltenden Rechts in ausreichender Weise vermeiden.


Rechtspolitischer Handlungsbedarf

Unsere bisherigen Überlegungen haben ergeben: In Fällen der Arzthaftung mit Auslandsbezug sind in aller Regel Migranten zumindest von Rechts wegen in Deutschland medizinisch genauso gut zu behandeln und aufzuklären wie Deutsche. Spezielle Regeln für die Art und Weise oder den Umfang der Aufklärung von ausländischen Patienten, die der deutschen Sprache nicht zureichend mächtig sind, drängen sich nach dem Stand der praktizierten Rechtsprechung in Deutschland kaum auf. Das gilt auch für die Frage der Einwilligungsfähigkeit, wenn diese (ausnahmsweise) nach ausländischem Recht zu beurteilen wäre.

Damit verbleibt als eigentliche Frage diejenige nach der Übernahme von Dolmetscherkosten. Immerhin greift in Härtefällen auch hier, wie gesehen, die Sozialhilfe ein. Einen verfassungsrechtlich zwingenden Anspruch auf Übernahme von Dolmetscherkosten über die engen Grenzen des Sozialhilferechts hinaus wird man trotz des engen Bezugs der Aufklärung zum verfassungsrechtlich verankerten Persönlichkeitsrecht der Patienten wohl kaum konstruieren können. Eine Pflicht zur Vorhaltung von Dolmetschern in großen Krankenhäusern mit entsprechendem Einzugsbereich wird man gleichfalls nicht fordern dürfen.

Die rechtspolitische Frage ist gleichwohl, ob Dolmetscherkosten explizit in den Katalog der zu übernehmenden Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherungen aufgenommen werden sollten, also über den engen Bereich der Sozialhilfe hinaus. Anders als im Bereich der Sozialhilfe wird man dabei eine Subsidiarität der Hinzuziehung von Dolmetschern gegenüber angeblich sprachkundigen, zufällig greifbaren Personen (Klinikpersonal, Bekannte oder Angehörige der Patienten) nicht ohne Weiteres postulieren können. Für den Einsatz von Dolmetschern spricht im Zweifel deren größere und zuverlässigere Sprachkompetenz.

Die entgegenstehende Entscheidung des BSG erscheint ohnedies nicht überzeugend.[57] Ein Arzt kann im Rahmen der Anamnese und Aufklärung, die fraglos zu den ärztlichen Tätigkeiten gehören, einen Dolmetscher durchaus anweisen, seine Ausführungen zu übersetzen. Auch lassen sich Dolmetschertätigkeiten als Tätigkeiten von ärztlichen Hilfspersonen begreifen. Übrigens hat der BGH den Begriff des (nach der Definition der Rechtsprechung gleichfalls weisungsabhängigen)[58] Verrichtungsgehilfen gemäß § 831 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) im Arztrecht sehr viel großzügiger verstanden. Es ging um die Tätigkeit eines zum Notfalldienst eingesetzten Arztes, an den die zunächst vom Patienten angerufenen Ärzte per Anrufbeantworter weiterverwiesen hatten. Die erforderliche Weisungsabhängigkeit brauche - so der BGH - "nicht ins Einzelne zu gehen. Verrichtungsgehilfe kann vielmehr jemand auch dann sein, wenn er auf Grund eigener Sachkunde und Erfahrung zu handeln hat. Entscheidend ist nur, dass die Tätigkeit in einer organisatorisch abhängigen Stellung vorgenommen wird. Hierfür genügt es, dass der Geschäftsherr dem Gehilfen die Arbeit entziehen beziehungsweise diese beschränken sowie Zeit und Umfang seiner Tätigkeit bestimmen kann".[59] Das könne sogar dann der Fall sein, wenn ein Arzt mit der Verwaltung der Praxis eines anderen Arztes während dessen vorübergehender Abwesenheit beauftragt ist, obwohl der vor Ort tätige Arzt nach eigener Entschließung und ärztlicher Erkenntnis handelt.

Nun werden die Begriffe der Tätigkeit von ärztlichen Hilfspersonen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung und im Deliktsrecht gewiss von unterschiedlichen Zwecken getragen. Dennoch ließe sich schon nach geltendem Recht eine Dolmetschertätigkeit (in Übereinstimmung mit der Vorinstanz zur Entscheidung des BSG) als Hilfeleistung der ärztlichen Berufsausübung ansehen. Auch ohne verfassungsrechtlich zwingende Notwendigkeit, Dolmetscherkosten dem Bereich der Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zuzurechnen, ist zudem der besondere Grundrechtsbezug der ärztlichen Aufklärung zur Wahrnehmung des Selbstbestimmungsrechts der Patienten zu bedenken. Das und die größere Zuverlässigkeit von amtlich vereidigten Dolmetschern sprechen dafür, entsprechende Dolmetscherkosten in den Katalog der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung mit aufzunehmen. Vorauszusetzen dafür ist, dass ärztlicherseits Zweifel daran verbleiben, ob die Kommunikation, insbesondere die Aufklärung, ohne Verständigungsprobleme verlaufen ist. Jedenfalls würde dadurch das Patientenrecht der Migranten auf Selbstbestimmung besser abgesichert und effektiviert werden.

Gewiss sollten Migranten dazu angehalten werden, möglichst bald die inländische Sprache zureichend zu erlernen. Doch gerade das Umfeld medizinisch notwendig werdender Behandlungen, die oft in existenzielle Situationen führen, ist gewiss keine passende Gelegenheit, um entsprechenden Druck auf diese Personengruppe auszuüben.


Andreas Spickhoff, geb. 1962, Prof. Dr. jur., Jurist, seit 2009 W3-Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Medizinrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an der Georg-August-Universität Göttingen, seit 2010 Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Medizinrecht und Dekan der Juristischen Fakultät.


Anmerkungen

[1] BGH, NJW 2008, 2344.
[2] OLG Karlsruhe, GesR 2007, 316.
[3] ABl. EU L 177/6 vom 4.7.2008.
[4] Näher Spickhoff 2009a.
[5] Siehe Hahn 2010.
[6] Aus dem Lateinischen: vom Standpunkt des zukünftigen Rechts aus.
[7] BT-Drs. 17/907 (dort werden spezielle Patientenrechte für Migranten nicht gefordert, aber auch nicht diskutiert).
[8] OLG Köln, VersR 1995, 1102.
[9] Vgl. Deutsch/Spickhoff 2008, Rn. 96.
[10] SG Hamburg, Urteil vom 10.12.2003, Az. S 27 KA 251/01.
[11] Eingehend dazu Muschner 2002, 50 ff. (Überblick zur Judikatur); Muschner 2003.
[12] Aus dem Lateinischen: nach den Regeln der Kunst.
[13] RGZ 88, 433 (436); BGHZ 29, 46; BGHZ 61, 118 (123); BGH, NJW 1980, 1905 (1906); Spickhoff, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2005, § 823 Anh. I Rn. 52 m.w.N. Anders bei lege artis durchgeführten ärztlichen Heileingriffen z.B. Katzenmeier 2002, 112 ff., 356 ff., 494 ff.; Lilie, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl. 2001, vor § 223 Rn. 3 ff.
[14] Deutsch/Spickhoff 2008, Rn. 247 f.
[15] Dazu etwa Duttge 2010.
[16] Siehe z.B. Spickhoff, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2005, § 823 Anh. I Rn. 119 ff.
[17] AG Leipzig, MedR 2003, 582 mit Anm. Mangelsdorf.
[18] Ebd.
[19] OLG München, VersR 1993, 1488.
[20] OLG Karlsruhe, VersR 1988, 93.
[21] OLG Stuttgart, AHRS 1050/100.
[22] KG, MedR 2009, 47 (Meniskusoperation).
[23] KG, MedR 1999, 226.
[24] So OLG Karlsruhe, MedR 2003, 104.
[25] OLG Nürnberg, MedR 2003, 172.
[26] OLG Frankfurt am Main, VersR 1994, 986.
[27] KG, GesR 2004, 409.
[28] OLG München, VersR 2002, 717.
[29] OLG Düsseldorf, NJW 1990, 771.
[30] OLG Nürnberg, VersR 1996, 372.
[31] OLG Braunschweig, ZfSch 2003, 114 mit Anm. Diehl.
[32] OLG Düsseldorf, ArztR 2001, 108.
[33] Darauf weist mit Grund Muschner 2003, 828 f. hin.
[34] Vgl. auch SG Hamburg, Urteil vom 10.12.2003, Az. S 27 KA 251/01, Rn. 29: "So, wie das System der gesetzlichen Krankenversicherungen durch die Beschränkung auf einen bestimmten Katalog von Behandlungsmethoden gekennzeichnet ist, erscheint die Vernein ung eines Anspruchs auf muttersprachliche psychotherapeutische Behandlungen nicht systemwidrig, während die generelle Bejahung eines solchen Anspruchs schon angesichts der Vielzahl von Sprachen auf der Welt fernliegt [...], und das heißt: Die relativ vielen türkischsprachigen Migranten in Hamburg haben ebenso wenig einen Anspruch auf muttersprachliche psychotherapeutische Behandlung wie Angehörige anderer Sprachkreise [...]."
[35] Andreas 2001.
[36] BSG, NJW 1996, 806.
[37] Mrozynski, in: Wannagat, SGB, Loseblatt (2008), § 28 SGB V Rn. 20; Tollmann, in: Schlegel/Engelmann, juris Praxiskommentar SGB V, 2008, § 28 Rn. 44; Muschner 2002, 174; Andreas 2001, 207; Zipperer, in: GKV-Kommentar SGB V, Loseblatt (Februar 2010), § 28 Rn. 3; Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Bd. 1, Loseblatt (68. Erg.-Lfg. 2010), § 28 SGB V Rn. 7. Zum Teil wird auch - wenig überzeugend - zwischen (ersatzfähigen) "unmittelbaren" und (nicht ersatzfähigen) "mittelbaren" Hilfstätigkeiten unterschieden, wobei Dolmetschertätigkeiten dann als bloß mittelbare Hilfe eingeschätzt werden.
[38] OVG Münster, NVwZ-RR 2008, 271.
[39] BVerwG, NJW 1996, 3092.
[40] So auch BVerwGE 92, 336; BVerwGE 94, 211.
[41] OVG Lüneburg, NdsRpfl 2002, 246.
[42] Vgl. LG Köln, VersR 2008, 525 mit der lapidaren Bemerkung, eine entsprechende Anspruchsgrundlage sei weder aus Vertrag noch aus Gesetz ersichtlich.
[43] Hierzu OLG Köln, MDR 1973, 688; Lackner/Kühl, StGB, 26. Aufl. 2007, vor §§ 3-7 Rn. 1.
[44] Bereits RG, JW 1906, 297 (zur Notwehr); vgl. auch BGH, NJW 1964, 650 (651); Lüderitz, in: Soergel, BGB, 12. Aufl. 1996, Art. 38 EGBGB Rn. 94; Hohloch, in: Erman, BGB, 12. Aufl. 2008, Art. 40 EGBGB Rn. 60; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BGB, 2003, Art. 40 EGBGB Rn. 10 und Anh. zu Art. 42 EGBGB Rn. 106 zur Rom II-VO; Bar 1991, Rn. 714; Wagner, in: AnwaltKommentar BGB, Bd. 1, 2005, Art. 40 EGBGB Rn. 11; im Grundsatz auch Hoffmann, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2001, vor Art. 40 EGBGB Rn. 24.
[45] Zum Streitstand siehe etwa Spickhoff, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2005, § 823 Anh. I Rn. 106 ff.; Deutsch/Spickhoff 2008, Rn. 685 ff., 709 ff.
[46] Zu den unterschiedlichen Regelungen der Einwilligungsfähigkeit allein in Europa siehe Fischer/Lilie 1999, 38 f.
[47] Näher zum Ganzen Spickhoff 2009b, 907 ff.
[48] Ambos 2008, § 3 Rn. 4; Satzger 2008; Jescheck/Weigend 1996, § 18 II 1; Oehler 1983, 177 ff.
[49] Siehe etwa Steffen, in: RGRK-BGB, 12. Aufl. 1989, § 823 Rn. 376; Fikentscher/Heinemann 2006, Rn. 640; im Prinzip ebenso, wenngleich weiter differenzierend Deutsch 1996, Rn. 261 f.
[50] Deutsch 1978, 130; ebenso im Falle der telemedizinischen Behandlung Hoppe 1998, 466.
[51] Ebenso Stoll 1983, 177.
[52] Ebenso Fischer 2006, 785.
[53] Fischer 2006, 787 f.
[54] Dazu etwa Lenckner, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. 2006, vor §§ 32 Rn. 42.
[55] BGH, VersR 2007, 66 = FamRZ 2007, 130.
[56] Die Rechtsprechung bejaht einen Verstoß gegen den ordre public sogar schon dann, wenn das Kindeswohl nicht zureichend geschützt wird; BGH, JZ 1993, 208 mit Anm. Spickhoff; Spickhoff 1989, 264 ff. m.w.N.
[57] BSG, NJW 1996, 806.
[58] BGHZ 103, 298 (303); BGHZ 45, 311 (313); Wagner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5 Aufl. 2009, § 831 Rn. 14; Krause, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 2005, § 831 Rn. 19.
[59] BGH, NJW 2009, 1740.


Literatur

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INHALT

Axel W. Bauer - Vorwort
Maria Böhmer - Gesundheit als Ziel der Integrationspolitik
Oliver Razum - Gesundheit von Migranten: Hintergründe
Ilhan Ilkilic - Medizinethische Aspekte des interkulturellen Arzt-Patienten-Verhältnisses
Theda Borde - Frauengesundheit und Migration: Bedürfnisse - Versorgungsrealität - Perspektiven
Alain Di Gallo - Risiken und Chancen der Migration aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht
Andreas Spickhoff - Spezielle Patientenrechte für Migranten? Juristische und rechtsethische Überlegungen
Bettina Schlemmer - "Migranten ohne Pass" beim Arzt: Realität und politische Konsequenzen
Ulrike Kostka - Die medizinische Versorgung von Migrantinnen und Migranten zwischen Solidarität und Eigenverantwortung


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Quelle:
Dokumentation der Jahrestagung des Deutschen Ethikrates 2010
Migration und Gesundheit - Kulturelle Vielfalt als Herausforderung
für die medizinische Versorgung
© 2010 - Seite 59 - 77
Herausgeber: Geschäftsstelle des Deutschen Ethikrates
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Mai 2011