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FORSCHUNG/2465: Mitochondrien-Genom mutiert bei Reprogrammierung (MPG)


Max-Planck-Gesellschaft - 26. Juli 2011

GENETIK | MEDIZIN | ZELLBIOLOGIE
Mitochondrien-Genom mutiert bei Reprogrammierung

In humanen induzierten pluripotenten Stammzellen stoßen Max-Planck-Forscher auf genetische Veränderungen im Genom der Zellkraftwerke


Induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) sind wahre Multitalente: Sie sind in der Lage, fast alle Zelltypen nachzubilden und daher vielversprechend im Kampf gegen Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson. Doch wäre ihr Einsatz nicht ungefährlich: So können sich während der Reprogrammierung von Körperzellen in iPS-Zellen krankheitsauslösende Mutationen ins Erbgut einschleichen. Das Genom der Mitochondrien - der zellulären Eiweißfabriken - ist dabei besonders gefährdet. Das haben nun Forscher am Berliner Max-Planck-Institut für molekulare Genetik herausgefunden. Im Mitochondrien-Genom von iPS-Zellen stießen die Wissenschaftler auf Mutationen. Da solche genetischen Veränderungen Krankheiten auslösen können, sollten die Zellen vor einem klinischen Einsatz daraufhin getestet werden.

Darstellung von Mutationen im Mitochondrien-Genom von iPS-Zellen - Foto: © MPI für molekulare Genetik

Mutationen im Mitochondrien-Genom von iPS-Zellen
Foto: © MPI für molekulare Genetik

Auf induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) ruhen viele Hoffnungen: Da sie für jeden Menschen individuell hergestellt werden können, sollen sie etwa die Entwicklung von maßgeschneiderten Therapien ohne das Risiko von Abstoßungsreaktionen ermöglichen. Auch für Medikamenten-Screenings sind iPS-Zellen vielversprechend, da Forscher aus ihnen unterschiedliche Gewebetypen züchten können, um daran die Wirkung von Substanzen zu testen. Über das Verfahren der "zellulären Reprogrammierung" lassen sich iPS-Zellen aus erwachsenen Körperzellen gewinnen. Die Methode ist ethisch unbedenklich, da keine Embryonen zerstört werden.

Doch bergen die vielversprechenden Zellen auch Gefahren: Während der Umprogrammierung der Körperzellen können krankheitsauslösende Mutationen auftreten. Das genetische Material in den Mitochondrien ist generell besonders anfällig für Veränderungen im genetischen Code. Bisher war jedoch nicht erforscht, ob solche Mutationen infolge der Reprogrammierung auftreten.

Eine Zusammenarbeit zwischen zwei Arbeitsgruppen am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin hat nun im Mitochondrien-Genom von iPS-Zellen nach Mutationen gefahndet. Die Arbeitsgruppe von James Adjaye hat kürzlich herausgefunden, dass sich die Mitochondrien im Zuge der Reprogrammierung verjüngen. Jetzt konnte dieselbe Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit der Next Generation Sequencing-Arbeitsgruppe von Bernd Timmermann zeigen, dass bei allen reprogrammierten Zellen genetische Veränderungen im Mitochondrien-Genom vorhanden sind, die in den Ursprungszellen nicht vorhanden waren. Das Ausmaß der Mutationen variierte dabei stark zwischen den einzelnen überprüften iPS-Zellinien. Die Veränderungen betrafen in allen Fällen einzelne Buchstaben im genetischen Code.


Publikationsreferenz
Alessandro Prigione, Björn Lichtner, Heiner Kuhl, Eduard A. Struys, Mirjam Wamelink, Hans Lehrach, Markus Ralser, Bernd Timmermann, James Adjaye
Human Induced Pluripotent Stem Cells Harbor Homoplasmic and Heteroplasmic Mitochondrial DNA Mutations while Maintaining Human Embryonic Stem Cell-Like Metabolic Reprogramming
Stem Cells, 5 July 2011, doi: 10.1002/stem.683

Ansprechpartner

Dr. James Adjaye
Max-Planck-Institut für molekulare Genetik, Berlin
E-Mail: adjaye@molgen.mpg.de

Dr. Alessandro Prigione
Max-Planck-Institut für molekulare Genetik, Berlin
E-Mail: prigione@molgen.mpg.de


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Quelle:
MPG - Presseinformation vom 26. Juli 2011
Herausgeber:
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juli 2011