Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → FAKTEN

FORSCHUNG/3061: Studie über die Mechanismen des intrazellulären Proteintransports veröffentlicht (idw)


Jacobs University Bremen - 11.03.2014

Professor der Jacobs University veröffentlicht gemeinsame Studie mit Medizin-Nobelpreisträger



Sebastian Springer, Professor für Biochemie und Zellbiologie an der Jacobs University, und Randy Schekman, Gewinner des Nobelpreises für Physiologie oder Medizin 2013 und Professor für Zell- und Entwicklungsbiologie an der UC Berkeley, haben eine gemeinsame Studie über die Mechanismen des intrazellulären Proteintransports veröffentlicht. Mit der Publikation in der Fachzeitschrift 'Traffic' setzen die Wissenschaftler ihre langjährige Zusammenarbeit fort. Bereits 1996 forschte Professor Springer fünf Jahre als Post-Doc in Professor Schekmans Arbeitsgruppe in Berkeley. Die neue Studie der beiden zeigt, wie Zellen die lebenswichtige Verteilung von Proteinen innerhalb des Zellkörpers meistern.

Jede Zelle unseres Körpers muss täglich große Mengen an neuen Proteinen herstellen, um überleben zu können. Während ihrer Synthese werden Proteine mit unterschiedlichen Bestimmungsorten in das sogenannte Endoplasmatische Retikulum (ER) eingebracht, ein Membran-Netzwerk im Inneren der Zelle. So werden beispielsweise Proteinhormone wie Insulin aus der Zelle in den Blutkreislauf abgegeben. Doch wie genau können Proteine aus dem Inneren der Zelle an deren Oberfläche oder in die Blutbahn gelangen? Nach Beendigung ihrer Synthese im ER werden die Proteine in kleine Membran-Vesikel aufgenommen. Die Proteine benutzen diese Vesikel wie Busse, die sie zur nächsten Haltestelle - dem Golgi-Apparat - transportieren. Dieses Zellorganell wiederum arbeitet wie eine Logistikzentrale, in der die verschiedenen Proteine sortiert und zu ihren Bestimmungsorten weitergeleitet werden.

Die speziellen Mechanismen, die den Transport von Proteinen durch die Zelle kontrollieren und gewährleisten, dass jedes Protein an seinen Bestimmungsort gelangt, bilden seit über drei Jahrzehnten Randy Schekmans Forschungsschwerpunkt. Für zahlreiche Erkenntnisse über die Maschinerie des Proteintransports wurde der Amerikaner im vergangenen Jahr gemeinsam mit James Rothman (Yale University) und Thomas Südhof (Stanford University) mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ausgezeichnet. Die vom Nobelkomitee prämierte Forschung hat den streng regulierten 'Fahrplan' eben jener Prozesse aufgedeckt, die die Herstellung, Beladung und Weiterleitung der 'Vesikel-Busse' steuern und damit die Protein-Passagiere zu ihren Bestimmungsorten dirigieren.

Denn üblicherweise finden die Protein-Passagiere nur dann ihren korrekten 'Vesikel-Bus', wenn sie ein molekulares Signal besitzen, welches sich an die Strukturen des Transport-Vesikels binden kann; in etwa so, als würde man dem Schaffner ein Ticket zeigen, um mitfahren zu dürfen.

Sebastian Springer und Nobelpreisträger Randy Schekman haben dem Puzzle nun ein weiteres Teil hinzugefügt. Sie zeigen, dass ein Modellprotein die Transportvesikel auch ohne 'Ticket' benutzen kann, solange es mit mehreren seiner Art zu einer Kette verbunden (oligomerisiert) ist. Das Maß der Protein-Aufnahme ist dabei abhängig vom Maß der Oligomerisierung. Während ein einzelnes Protein-Molekül nur sehr ineffizient in die Transport-Vesikel aufgenommen wurde, war die Inkorporation einer Proteinkette von zwei oder mehr Molekülen deutlich verstärkt.

Die wahrscheinlichste Erklärung dieser Ergebnisse ist eine physikalische 'Vor-Krümmung' der ER-Membran durch die Proteinkette: Diese übt durch Platzmangel eine Kraft aus, die zu einer lokalen Krümmung der Membran führt; die Bildung neuer Transport-Vesikel - inklusive ihrer kettenförmigen Protein-Passagiere - läuft an einer vorgekrümmten Membran deutlich leichter ab als an einer flachen.

Professor Springer erläutert: "Intrazellulärer Proteintransport ist ein lebensnotwendiger Prozess, der durch eine hochkomplexe Verknüpfung von biochemischen Reaktionen und physikalisch-mechanischen Kräften geregelt wird. Fehlfunktionen in der Erkennungs- und Transportmaschinerie von Proteinen können den Tod von Zellen sowie ernsthafte Erkrankungen wie die Alzheimer-Krankheit oder embryonale Missbildungen wie Neuralrohrdefekte hervorrufen. Je mehr wir also über die Mechanismen des Proteintransports in Erfahrung bringen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, diese Krankheiten und Fehlentwicklungen in Zukunft besser verstehen zu können."


Die dargestellten Ergebnisse sind in der aktuellen Online-Ausgabe der Fachzeitschrift 'Traffic' veröffentlicht.

Fragen zu der Studie beantwortet:
Sebastian Springer
Professor of Biochemistry and Cell Biology
E-Mail: s.springer@jacobs-university.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/tra.12157/abstract
Studie in der aktuellen Online-Ausgabe der Fachzeitschrift 'Traffic'

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution698

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Jacobs University Bremen, Andrea Daschner, 11.03.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2014