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MELDUNG/059: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 15.02.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Körpereigener Knorpelersatz: schnell und passgerecht
→  Studie am Tübinger Uniklinikum deckt neuen Wirkmechanismus von Sport bei Depressiven auf
→  Projekt eines größeren Produktionszentrums für Gentherapie-Vektoren in Evry

Raute

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau - 12.02.2010

Körpereigener Knorpelersatz: schnell und passgerecht

BIOSS-Professor erforscht neue Strategie zur Herstellung von Knie-Implantaten

Verletzungen an Gelenkknochen und Knorpeln können gravierende Folgen haben, bis hin zur Arthrose. Die degenerative Veränderung der Gelenkknorpel zählt nicht nur in Deutschland zu den gefürchteten Volkskrankheiten. Prof. Dr. Prasad Shastri ist Experte für Tissue Engineering (TE), die Gewebekonstruktion und Gewebezüchtung aus körpereigenen Zellen. Seit einem Jahr forscht er als Professor für Biofunktionale Makromolekulare Chemie im Exzellenzcluster BIOSS, dem Zentrum für Biologische Signalstudien, an der Universität Freiburg. Mit Kollegen aus Maastricht hat er jetzt einen Weg gefunden, wie günstig und im Schnellverfahren ausreichend körpereigene Knorpelsubstanz hergestellt werden kann.

Oft sind Schäden an den großen Gelenken, wie Knie, Fuß, Hüfte oder Schulter der Anfang eines schmerzhaften und die Beweglichkeit einschränkenden Prozesses. Weil Knorpel nach Abschluss des Körperwachstums nicht mehr nachwachsen, werden Defekte, wie sie durch Unfälle und Abnutzung entstehen, nicht durch neue Knorpelbildung aufgefangen. Gentechnik und Molekularbiologie ermöglichen es heute, gesunde Knorpelzellen zu entnehmen und außerhalb des Körpers unter speziellen Bedingungen zu vermehren. Diese Knorpelgewebe können dann in den Knorpeldefekt eingebracht werden und wachsen dort wieder an. Bislang ist das Reparieren von Knorpel- und Knochenschäden durch körpereigenes Material jedoch schwierig. Das Nachzüchten von körpereigenem Gewebe ist kompliziert und teuer, bis zur gewünschten Funktionsfähigkeit des Implantates dauert es sehr lange. Die Entwicklung dieser neuen Technologie steckt noch in den Kinderschuhen. In dem renommierten US-amerikanischen Fachjournal PNAS erläutern Prof. Shastri und seine Mitautoren eine neue klinische Strategie zur "de novo"- Herstellung von passgerechtem Knorpelgewebe in nur drei Wochen.

Den Wissenschaftlern gelang es, große Knorpelstücke im lebenden Gewebe mittels eines speziellen Verfahrens zu erzeugen. Durch die einfache Zugabe von Agarose-Gel, einem in der Biochemie gebräuchlichen Biomaterial in die Membran von der die Knochenoberfläche bedeckt ist, konnte in diesem Bereich Sauerstoffmangel erzeugt werden. Dieser Sauerstoffmangel (hypoxia) veranlasst und stimuliert die Knorpelentwicklung, so die zentrale These der Arbeit. Die in diesem Bioreaktor hergestellte Knorpelsubstanz wurde ins Knie transplantiert, passte sich dort gut an die neue Umgebung an und zeigte auch nach neun Monaten noch keine Anzeichen von Verkalkung.

Publikation:
Molly M. Stevens, Robert P. Marini, Dirk Schaefer, Joshua Aronson, Robert Langer, and V. Prasad Shastri:
In vivo engineering of organs: The bone bioreactor
PNAS 2005 102:11450-11455
published online before print July 29, 2005
doi:10.1073/pnas.0504705102

Kontakt:
Prof. Dr. Prasad Shastri
Zentrum für biologische Signalstudien (BIOSS)
E-Mail: Prasad.Shastri@bioss.uni-freiburg.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution69

Quelle: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau, Rudolf-Werner Dreier, 12.02.2010

Raute

Universitätsklinikum Tübingen - 12.02.2010

Mens sana in corpore sano?

Studie am Tübinger Uniklinikum deckt neuen Wirkmechanismus von Sport bei Depressiven auf

Ärzte und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Tübingen konnten in einem - von der Landesstiftung Baden-Württemberg geförderten - Projekt nachweisen, dass Ausdauerbelastung eine Ausschüttung von zuvor vermindertem Nervenwachstumfaktor bei wiederkehrenden Depressionen bewirkt. Die Studie zeigt somit einen antidepressiven Wirkmechanismus von Ausdauersport auf. Sie wurde kürzlich im International Journal of Neuropsychopharmacology, 1 - 8, 2010 publiziert.

Mens sana in corpore sano - das berühmte Sprichwort zum gesunden Geist im gesunden Körper ist schon über 2000 Jahre alt und immer noch aktuell. Neuere Forschungen haben gezeigt, dass Ausdauersport bei wiederkehrenden Depressionen hilfreich sein kann. Viele Sportler beschreiben eine Stimmungsaufhellung und Stimmungsstabilisierung durch regelmäßigen Ausdauersport wie Radfahren, Walken oder Schwimmen.

In einem gemeinschaftlichen Projekt unter Förderung der Landesstiftung Baden-Württemberg konnten Ärzte und Wissenschaftler der Tübinger Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, des Geriatrischen Zentrums am Klinikum, der Radiologischen Universitätsklinik und der Medizinischen Universitätsklinik jetzt einen Baustein im Verständnis des bereits seit vielen Jahren beschriebenen antidepressiven Effekts der Ausdauerbelastung nachweisen.

Dazu unterzogen sich in der Studie ältere Menschen mit wiederkehrenden Depressionen einer Ausdauerbelastung über 30 Minuten mit einem Fahrradergometer. Vor und nach der Belastung wurde die Konzentration der Nervenwachstumsfaktors BDNF (brain-derived neurotrophic factor) im Blut gemessen. Im Vergleich zu gesunden, niemals depressiven älteren Frauen war der BDNF-Spiegel vor der Ausdauerbelastung erniedrigt. Bei den depressiven Studienteilnehmern normalisierte sich durch die Ausdauerbelastung der Spiegel des Nervenwachstumsfaktors, der für die Depressionsentstehung eine zentrale Rolle spielt. Damit konnte erstmalig gezeigt werden, dass Ausdauerbelastung bei depressiven Frauen die Konzentration des Nervenwachstumsfaktors normalisiert und dies eine Ursache der stabilisierenden und stimmungsaufhellenden Wirksamkeit des Ausdauersports bei Menschen mit Depressionen sein kann.

Weitere Studien, insbesondere mit Menschen mit beginnenden Gedächtnisstörungen im Alter sind geplant.

Titel der Originalpublikation:

The International Journal of Neuropsychopharmacology Cambridge University Press
© CINP 2010
doi:10.1017/S1461145709991234

Exercise-induced normalization of decreased BDNF serum concentration in elderly women with remitted major depression

Christoph Laske 1; Sabine Banschbach 1; Elke Stransky 1; Sabine Bosch 1; Guido Straten 1, 2; Jürgen Machann 3; Andreas Fritsche 4; Arno Hipp 5; Andreas Niess 5 and Gerhard W. Eschweiler 1, 2

1 Department of Psychiatry and Psychotherapy, University of Tübingen, Germany
2 Geriatric Center, University of Tübingen, Germany
3 Section on Experimental Radiology, University of Tübingen, Germany
4 Department of Endocrinology, Metabolism and Pathobiochemistry, University of Tübingen, Germany
5 Department of Sports Medicine, University of Tübingen, Germany

Ansprechpartner für nähere Informationen:
Universitätsklinikum Tübingen
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
- Prof. Dr. med. Christoph Laske
   christoph.laske@med.uni-tuebingen.de
- Prof. Dr. med. Gerhard W. Eschweiler
   gerhard.eschweiler@med.uni-tuebingen.de
   Osianderstr. 24, 72076 Tübingen

Weitere Informationen finden Sie unter
http://journals.cambridge.org/action/displayJournal?jid=PNP
zum Artikel

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution82

Quelle: Universitätsklinikum Tübingen, Dr. Ellen Katz, 12.02.2010

Raute

Bundesrepublik Deutschland - 12.02.2010

Projekt eines größeren Produktionszentrums für Gentherapie-Vektoren in Evry

Das Forschungsinstitut Généthon [1] baut derzeit auf dem Gelände des Wissenschaftsparks Génopole [2] in Evry ein Zentrum zur Produktion von Gentherapie-Vektoren in großem Maßstab.

In den nächsten Jahren wird die Gentherapie bei immer mehr Krankheiten und Patienten Anwendung finden, wodurch der Bedarf an Vektoren steigt. Diese Vektoren transportieren die therapeutischen Gene und sorgen dafür, dass sie die fehlerhaften Gene der Zelle ersetzen.

In dem 5.000 m² großen Gebäude können 5 bis 10 Mal mehr Vektoren hergestellt werden, als es die aktuellen Kapazitäten des Instituts für Gen- und Zelltherapie (Etablissement de thérapie génique et cellulaire - ETGC) von Généthon ermöglichen. Diese Vektoren werden in der Phase II von Gentherapieversuchen angewandt, in der es darum geht, die Wirksamkeit und die Verträglichkeit der Behandlung zu überprüfen, und in einer eventuellen Versuchsreihe der Phase III soll das Verhältnis Nutzen/Risiko eingeschätzt werden.

Das Produktionszentrum wird mit 27,7 Millionen Euro von der Region Ile-de-France, dem Regionalrat der Essonne und Génopole, und mit 4,7 Millionen Euro vom Französischen Verband für Muskelerkrankungen AFM finanziert. Der AFM wird auch die Betriebskosten übernehmen (jährlich mehrere Millionen Euro). Nach einer Kontrollphase und der Qualitätszertifizierung der Einrichtungen soll die Produktion des Zentrums 2011 im Vollzeitbetrieb laufen.

[1] http://www.genethon.fr/index.php?id=7&L=1
[2] http://www.genopole.fr/?lang=en

Quelle: Pressemitteilung des Französischen Verbandes für Muskelerkrankungen AFM - 22.01.2010
http://www.afm-france.org/ewb_pages/a/actualite_18860.php?xtor=rss-1000011

Redakteurin:
Léna Prochnow
lena.prochnow@diplomatie.gouv.fr

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution688

Quelle: Bundesrepublik Deutschland, Marie de Chalup, 12.02.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Februar 2010