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MELDUNG/086: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 24.03.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Mukoviszidose - Chronische Infektionen besser verstehen
→  Analytica Forschungspreis für Arbeiten über den Einfluß von microRNAs
      auf die Proteinproduktion von Krebszellen
→  MHH-Forscher klären, welche Wirtszellproteine Freisetzung von Aids-Erregern blockieren

Raute

Universität Basel - 23.03.2010

Chronische Infektionen besser verstehen

Mukoviszidose ist eine der am häufigsten angeborenen Stoffwechselerkrankungen beim Menschen. Ein Team von Basler Wissenschaftlern hat nun herausgefunden, dass ein bestimmter Bakterientypus eine entscheidende Rolle beim chronischen Infektionsverlauf der Krankheit spielt. Die Forschungsergebnisse, die in der Fachzeitschrift "PLoS Pathogenes" veröffentlicht wurden, liefern neue Ansatzpunkte für eine antibakterielle Chemotherapie.

Patienten mit Mukoviszidose oder zystischer Fibrose leiden häufig unter chronischen Entzündungen der Lunge, die das Lungengewebe dauerhaft schädigen und dadurch die Hauptursache für den tödlichen Ausgang der Krankheit sind. Haupterreger im späteren Stadium der Erkrankung sind Bakterien der Spezies Pseudomonas aeruginosa. Da die Lunge der meisten Betroffenen eine chronische Besiedelung mit diesem Bakterium aufweist, ist vor allem die Bekämpfung dieses Krankheitserregers wichtig. Allerdings können mit klassischen Antibiotika nicht alle Erreger in der Lunge abgetötet werden, was zum chronischen Verlauf der Infektion führt.

Studien haben gezeigt, dass im späten Stadium der Erkrankung, die mit einer verschlechterten Lungenfunktion einhergeht, gehäuft eine Variante von P. aeruginosa, Small Colony-Variants (SCVs) genannt, auftritt. Dieser Typus zeichnet sich durch ein stark verlangsamtes Wachstum und die Bildung einer Hülle aus Zuckerpolymeren aus, in die sich die Bakterien einschliessen. Diese Hülle verhindert einen effektiven Angriff des körpereigenen Abwehrsystems.

Einer Gruppe von Wissenschaftlern vom Biozentrum der Universität Basel und vom Universitätsspital Basel unter der Leitung von Prof. Urs Jenal gelang es nicht nur zu zeigen, wie SCV-Varianten entstehen, sondern auch, wie diese zum chronischen Verlauf der Krankheit beitragen. Die Schlüsselrolle dabei spielt ein bakterieller Botenstoff namens zyklisches-dimeres-GMP, der nun als neuer Angriffspunkt für eine antibakterielle Chemotherapie genutzt werden soll.

Die Erkenntnisse der Basler Forscher sind ein erster und wichtiger Schritt bei der Bekämpfung von chronisch verlaufenden bakteriellen Infektionen wie der Mukoviszidose.

Originalbeitrag
Malone JG, Jaeger T, Spangler C, Ritz D, Spang A, et al. (2010)
YfiBNR Mediates Cyclic di-GMP Dependent Small Colony Variant Formation and Persistence in Pseudomonas aeruginosa
PLoS Pathog 6(3): e1000804.
doi: 10.1371/journal.ppat.1000804

Weitere Auskünfte
Prof. Urs Jenal, Biozentrum der Universität Basel
E-Mail: urs.jenal@unibas.ch

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.plospathogens.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.ppat.1000804
Abstract

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/pages/de/image112071
Zellen des körpereigenen Abwehrsystems (rot-blau) gelingt es nicht, die Ansammlung von Bakterien - SCVs (grün) in der Lunge aufzulösen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution74

Quelle: Universität Basel, MA Reto Caluori, 23.03.2010

Raute

Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch - 23.03.2010

Analytica Forschungspreis für Dr. Matthias Selbach vom MDC

Der Biologe Dr. Matthias Selbach vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch ist in München mit dem Analytica Forschungspreis 2010 ausgezeichnet worden. Dr. Selbach erhielt den mit 25.000 Euro dotierten Preis "für seine Arbeiten über den Einfluß von microRNAs auf die Proteinproduktion von Krebszellen". Die Auszeichnung wurde dem Forscher auf der Messe "Analytica 2010" in München am 23. März 2010 überreicht. Den Preis vergibt die Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie e. V (GBM), das Preisgeld stiftet das Gesundheitsunternehmen Roche.

Proteine steuern praktisch jede Zellaktivität: Gleichgültig ob sie Sauerstoff transportieren, Muskeln bewegen oder Nahrung verdauen - Proteine führen fast alle biologischen Prozesse aus. Der Bauplan für Proteine ist in den Genen gespeichert. Doch obwohl alle Körperzellen dieselben Gene haben bilden sie ganz unterschiedliche Proteine. Wie wird die Herstellung spezieller Proteine reguliert? Das mussten Forscher bisher mühsam für jedes Protein einzeln untersuchen.

Jetzt haben Dr. Selbach und seine Mitarbeiter in ihrem Berliner Labor eine neue Methode entwickelt, mit der sie die Produktion von tausenden Proteinen gleichzeitig messen können. Sie markieren dazu Aminosäuren, die Bausteine der Proteine, mit stabilen Isotopen. Die Zellen bauen die markierten Aminosäuren in die Proteine ein. Anschließend quantifizieren die Wissenschaftler die Proteinsynthese mithilfe eines Massenspektrometers.

Erst seit wenigen Jahren ist bekannt, dass sogenannte microRNAs bei der Regulation von Genen eine wichtige Rolle spielen. MicroRNAs sind kleine Bruchstücke von Ribonukleinsäure (englisch abgekürzt RNA), einer chemischen Verwandten der DNA. Sie bestimmen damit auch mit, welche Proteine die verschiedenen Zellen produzieren. Schlägt die Regulation fehl, können viele Krankheiten entstehen. Forscher versuchen deshalb weltweit Methoden zu entwickeln, um zu erkennen, welche microRNAs in Körperzellen aktiv sind und welche Proteine sie steuern.

Aber welche Proteine steuert nun eine microRNA? Um das herauszufinden haben sich die Forschergruppen von Dr. Selbach und Prof. Nikolaus Rajewsky am Max-Delbrück-Centrum zusammengetan. Mit Hilfe der neuen analytischen Methode konnten die Forscher erstmals systematisch den Einfluss der microRNAs auf die Produktion von Proteinen messen.

Sie fanden heraus, dass eine einzige microRNA die Bildung von hunderten von Proteinen steuern kann. Auf diese Weise können microRNAs das Verhalten menschlicher Zellen programmieren. Da in Krebszellen andere microRNAs aktiv sind als in gesunden Zellen, gelten microRNAs als aussichtsreiche Kandidaten für Diagnostik und Therapie. Die Erkenntnisse könnten daher möglicherweise in Zukunft von großer Bedeutung sein.

Matthias Selbach, geboren 1971 in Düsseldorf, studierte in Münster, machte seine Doktorarbeit im Max-Planck-Institut (MPI) für Infektionsbiologie in Berlin und promovierte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Anschließend arbeitete er im "Center for Experimental Bioinformatics" der Universität von Süddänemark in Odense sowie am MPI für Biochemie in Martinsried. Seit 2007 leitet er im MDC in Berlin-Buch die Arbeitsgruppe "Zelluläre Signalwege und Massenspektrometrie".

Weitere Informationen finden Sie unter
- www.gbm-online.de
- http://www.roche.de/.
- www.roche.de/biotechnologe
- http://www.mdc-berlin.de/de/news/2008/20080729-feinsteuerung_der_proteinproduktion_durch_/index.html
- http://www.mdc-berlin.de/de/research/research_teams/intrazellul_re_signalwege_und_massenspektrometrie/index.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution672

Quelle: Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch, Barbara Bachtler, 23.03.2010

Raute

Medizinische Hochschule Hannover - 23.03.2010

MHH-Forscher klären, welche Wirtszellproteine Freisetzung von Aids-Erregern blockieren
Tetherin bremst die Freisetzung des AIDS-Erregers, CAML hat aber keinen Einfluss

- Hoffnung auf neue Therapieansätze
- Veröffentlichung im Magazin Nature Medicine

Humane Immundefizienz-Viren (HIV) befallen das Immunsystem, um sich im menschlichen Körper zu vermehren. Sie schleusen ihr Erbgut in die Immunzellen ein und bringen sie dazu, sowohl das Erbgut des Aids-Erregers zu vervielfältigen als auch die Virushülle zu produzieren. So können die neu gebildeten Viren die Wirtszelle verlassen - der Aids-Erreger ist freigesetzt. Bisher wurden in wissenschaftlichen Veröffentlichungen zwei Proteine beschrieben, die in der menschlichen Zelle diesem Prozess entgegenwirken: Sowohl dem so genannten Tetherin als auch dem 'calcium-modulating cyclophilin ligand' (CAML) wurden antivirale Wirkungen zugeschrieben. Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) um Professor Dr. Stefan Pöhlmann, Institut für Virologie, und Professor Dr. Georg Behrens, Klinik für Immunologie und Rheumatologie, überprüften gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität Ulm diese Annahme. Sie fanden heraus, dass das Protein Tetherin die Freisetzung des AIDS-Erregers aus infizierten Zellen blockiert, CAML aber keinen Einfluss auf die HIV-Freisetzung hat. Die Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse in der renommierten Fachzeitschrift Nature Medicine. Erstautorin ist Annika Kühl vom MHH-Institut für Virologie und der Klinik für Immunologie und Rheumatologie.

"Das gesicherte Wissen darum, welches Protein die Ablösung neuer Viren von infizierten Zellen bremsen kann, bietet einen wichtigen Ansatzpunkt für zukünftige Therapien gegen AIDS", sagt Professor Pöhlmann. Die Arbeiten der Forscher wurden von der Deutschen AIDS Gesellschaft und dem PhD-Programm "Molekulare Medizin" der MHH gefördert.

Weitere Informationen:
Professor Dr. Stefan Pöhlmann
Institut für Virologie
poehlmann.stefan@mh-hannover.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution121

Quelle: Medizinische Hochschule Hannover, Stefan Zorn, 23.03.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. März 2010