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MELDUNG/100: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 14.04.10 (idw)


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→  13 neue Gene für Nierenfunktion entdeckt
→  Alarmanlagen des menschlichen Körpers enträtselt

Raute

Europäische Akademie Bozen / European Academy Bozen/Bolzano - 13.04.2010

13 neue Gene für Nierenfunktion entdeckt

Nature Genetics publiziert neue Forschungsergebnisse des Wissenschaftskonsortiums CKDGen

Über 13 Prozent der Bevölkerung in den USA leben mit einer Nierenerkrankung. Allein in Italien hat sich die Zahl der Menschen, die an einer Unterfunktion der Niere leiden, innerhalb der letzten zwanzig Jahre verdoppelt. Weltweit ist die Tendenz steigend. 13 bislang unbekannte Gene, die die menschlichen Nierenfunktionen steuern, wurden nun vom Forschungskonsortium CKDGen (Chronic Kidney Disease Genetics) entdeckt.

CKDGen erforscht insbesondere den genetischen Hintergrund chronischer Nierenerkrankungen. Die Zahlen des Konsortiums, in dem das Institut für Genetische Medizin der Europäischen Akademie Bozen (EURAC) eine führende Rolle spielt, sprechen für sich: 30 epidemiologische Studien, 130 Wissenschaftler aus Europa und den USA, über 90.000 Studienteilnehmer europäischen Ursprungs. Die Forschungsarbeit des Konsortiums wird von Caroline Fox (Harvard Medical School, Boston, USA) koordiniert. Teil des Forschungskonsortiums sind einige der weltweit bedeutendsten epidemiologischen Studien, darunter die Framingham Heart Study, die einen grundlegenden Beitrag in der Erforschung der Risikofaktoren für Herzkreislauf-Erkrankungen geleistet hat.

Für die Genetik ist die neueste Entdeckung des Konsortiums von außerordentlichem Wert, da sie die Grundlage für weiterführende Studien und somit die Voraussetzung für wichtige Fortschritte schafft - sowohl in wissenschaftlicher Hinsicht als auch hinsichtlich der Vorbeugung gegen Nierenerkrankungen. Der Fachartikel ist ab Sonntag, 11. April, auf der Internetseite von Nature Genetics, der wichtigsten Fachzeitschrift für Genetik, einsehbar; die Druckversion erscheint in der Maiausgabe.

Was ist der Hintergrund einer solchen genetischen Forschungsarbeit?

Das menschliche Genom birgt eine Art Handbuch in sich, das die Funktionen unseres Organismus enthält. Gene steuern unsere lebensnotwendigen Funktionen - Veränderungen einzelner Gene können für chronische Erkrankungen verantwortlich sein. Zu wissen, welche Gene mit welchen Funktionsstörungen zusammenhängen, ist wichtig, um herauszufinden, welche Menschen besonders anfällig für entsprechende Erkrankungen sind. Darüber hinaus kann die Vorbeugung gegen Fehlfunktionen der Niere verbessert werden, wenn einzelne Gene mit bestimmten Risikofaktoren assoziiert werden können. Zu den verbreiteten Risikofaktoren für eine Unterfunktion der Niere gehören Diabetes und Bluthochdruck sowie das Rauchen.

Im Rahmen der Studie analysierte jede der 30 am CKDGen-Konsortium beteiligten Forschungsgruppen ihre Daten zunächst eigenständig. In einem weiteren Schritt wurden die Ergebnisse aller Konsortiumsmitglieder zusammengeführt und aufgearbeitet. Ähnliche gemeinsame Entdeckungen zu den Zusammenhängen zwischen bestimmten Genen und der Nierenfunktion konnten auf diese Weise überprüft und im Fall der 13 neu entdeckten Gene bestätigt werden.

Die Zusammensetzung des Konsortiums war hierbei grundlegend für den Erfolg der Studie: die Statistik und Informatik spielten eine tragende Rolle bei dieser Forschungsarbeit.

Vom EURAC-Institut für Genetische Medizin waren

- der Biostatiker Cristian Pattaro
- der Bioinformatiker Christian Fuchsberger
- die Epidemiologin Cosetta Minelli und
- der Institutsleiter Peter Pramstaller
   (in seiner Funktion als Verantwortlicher der GenNova/MICROS-Studie)

federführend an der Forschung beteiligt.

"Die Forschungsarbeit, die wir mit der epidemiologischen Studie GenNova/MICROS im Jahre 2003 aufgenommen haben, hat bisher zu vielversprechenden Ergebnissen geführt, sowohl im neurologischen als auch im kardiovaskulären Bereich - und nun auch im Bereich der Nierenerkrankungen. Ganz besonders freut mich, dass mit Cristian Pattaro und Christian Fuchsberger gleich zwei Erstautoren des Artikels für das renommierte Magazin Nature Genetics aus unserem Institut kommen. Diese herausragende Rolle unserer Mitarbeiter zeigt, dass unser Institut mittlerweile in wichtigen internationalen Forschungsvorhaben leitende Positionen einnehmen kann", unterstreicht Pramstaller.

"Für die genetische Studie zur Nierenfunktion, die wir 2006 begonnen haben, ist die Veröffentlichung in Nature Genetics die krönende Auszeichnung", freut sich Cristian Pattaro vom EURAC-Institut für Genetische Medizin, "Es zeigt sich immer wieder, dass beachtliche Ergebnisse erst nach langer und beharrlicher Arbeit erreicht werden."

Im Vorfeld dieser führenden Position im internationalen Forschungskonsortium CKDGen hat das EURAC-Institut bereits zwei weitere Studien koordiniert, deren Ergebnisse erst kürzlich in der Zeitschrift für Nephrologie Kidney International und der Zeitschrift für Genetik BMC Medical Genetics publiziert wurden.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution999

Quelle: Europäische Akademie Bozen - European Academy Bozen/Bolzano, Laura Defranceschi, 13.04.2010

Raute

Paul-Martini-Stiftung (PMS) - 12.04.2010

Alarmanlagen des menschlichen Körpers enträtselt
Paul-Martini-Preis 2010

Wiesbaden (PMS). Erkenntnisse über die "Alarmanlagen" im menschlichen Immunsystem weisen den Weg zu wirksameren Impfstoffen und neuen Medikamenten gegen Autoimmunkrankheiten. Für wesentliche Beiträge hierzu wurden heute Prof. Dr. med. Veit Hornung vom Universitätsklinikum Bonn und PD Dr. med. Jürgen Ruland von der Technischen Universität München und dem Helmholtz-Zentrum München mit dem Paul-Martini-Preis geehrt. Die Verleihung fand im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) in Wiesbaden statt. Der mit 25.000 Euro dotierte Preis wird jährlich von der Paul-Martini-Stiftung, Berlin, für herausragende Leistungen in der Arzneimittelforschung verliehen.

Das Immunsystem soll den Körper vor Infektionen schützen. Dazu verfügt es über Alarmanlagen, die das Eindringen von Bakterien, Viren oder Pilzen melden und umgehend Abwehrmaßnahmen einleiten. Dabei gibt es weitreichende Parallelen zur Alarmanlage eines Autos: Diese besteht aus Sensoren (etwa Bewegungsmeldern), einem Schaltkästchen und einer Warnsirene. Die menschlichen Alarmanlagen verfügen ebenfalls über Sensoren, nur sind diese winzig klein: Es sind einzelne Moleküle auf und in den Immunzellen, die auf das Erkennen typischer Merkmale von Erregern spezialisiert sind. Schlagen sie an, treten sie in Kontakt mit molekularen Schaltern, die daraufhin eine Art chemische Alarmsirene auslösen. Diese warnt umliegende Zellen durch Verbreitung von Botenstoffe wie Interleukin-1-beta.

Hornung und Ruland haben unabhängig voneinander etliche Sensor- und Schaltmoleküle der Alarmanlagen identifiziert und gezeigt, wie sie zusammenarbeiten.

So entdeckte Prof. Dr. med. Veit Hornung, Professor am Institut für Klinische Chemie und Pharmakologie des Universitätsklinikums Bonn, ein seit langem gesuchtes Sensormolekül und einen zweiten, davon unabhängigen Weg, wie Viren anhand ihres Erbguts erkannt werden. "Damit verstehen wir endlich, wie unsere Zellen die Viren, die z.B. Herpes, Gürtelrose oder Gebärmutterhals-Krebs verursachen, aufspüren und bekämpfen", so Hornung. "Diese Abwehrmechanismen können wir nun mit synthetischen Erbgut-Stückchen gezielt auslösen und gegen Viren und Tumorerkrankungen einsetzen." Das soll in Kürze am Universitätsklinikum Bonn erstmals bei Menschen erprobt werden.

PD Dr. med. Jürgen Ruland, Forschungsgruppenleiter in der 3. Medizinischen Klinik am Klinikum rechts der Isar der TU München und Leiter der Arbeitsgruppe "Signalleitung im Immunsystem" im Helmholtz-Zentrum München, klärte unter anderem auf, wie der Alarm bei Pilzen, Grippeviren und Tuberkulose-Bakterien ausgelöst wird. Diese Erkenntnisse lassen sich u.a. für bessere Impfstoffe nutzen. Denn Impfungen können einen noch verlässlicheren und nachhaltigeren Schutz gegen eine Krankheit hervorrufen, wenn sie den Körper optimal "alarmieren".

Eine gezielte Abschaltung eines Teils der Alarmanlagen wäre hingegen hilfreich zur Behandlung von Lupus. Bei dieser Autoimmunkrankheit löst menschliches Erbmaterial (statt Virenerbgut) einen Fehlalarm und damit eine schwere Entzündung aus. Die genaue Kenntnis der Alarmanlagen dürfte nun die gezielte Entwicklung geeigneter Medikamente erlauben.

Die Paul-Martini-Stiftung

Die gemeinnützige Paul-Martini-Stiftung, Berlin, fördert die Arzneimittelforschung sowie die Forschung über Arzneimitteltherapie und intensiviert den wissenschaftlichen Dialog zwischen medizinischen Wissenschaftlern in Universitäten, Krankenhäusern, der forschenden Pharmaindustrie, anderen Forschungseinrichtungen und Vertretern der Gesundheitspolitik und der Behörden. Träger der Stiftung ist der vfa, Berlin, mit seinen derzeit 45 Mitgliedsunternehmen.

Die Stiftung ist benannt nach dem herausragenden Bonner Wissenschaftler und Arzt Professor Paul Martini (1889 - 1964), in Würdigung seiner besonderen Verdienste um die Förderung und Weiterentwicklung der klinisch-therapeutischen Forschung, die er mit seiner 1932 veröffentlichten "Methodenlehre der therapeutischen Untersuchung" über Jahrzehnte wesentlich geprägt hat.

Die Pressemitteilung, Lebensläufe und Fotos der Preisträger können unter
www.paul-martini-stiftung.de/de/paulmartinipreis/2010.html
abgerufen werden.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.paul-martini-stiftung.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1057

Quelle: Paul-Martini-Stiftung (PMS), Dr. Rolf Hömke, 12.04.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. April 2010