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MELDUNG/108: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 26.04.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Neues Graduiertenzentrum für Environmental Health
→  Signalübertragung im Körper - synaptische Vesikel werden wiederverwertet

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Technische Universität München - 22.04.2010

Neues Graduiertenzentrum für Environmental Health

Doktoranden der Technischen Universität München (TUM) werden in der Environmental-Health-Forschung künftig von einem eigenen Graduiertenzentrum ausgebildet. Die TUM, das Helmholtz Zentrum München und die Ludwig-Maximilians-Universität haben zu diesem Zweck gemeinsam die Helmholtz Graduate School Environmental Health (HELENA) gegründet. Environmental Health untersucht Erkrankungen, die von Umwelteinflüssen und Lebensstil beeinflusst sind. Doktoranden aus diesem Bereich werden durch HELENA interdisziplinär qualifiziert, intensiv betreut und international vernetzt. Als thematisches Graduiertenzentrum ist HELENA an die TUM Graduate School angebunden.

Environmental-Health-Forschung ist ein hoch aktuelles Feld von herausragender sozioökonomischer Bedeutung. Ohne grundlegende Erkenntnisse der Wechselwirkungen von Humanbiologie und Umwelteinflüssen kann eine Vielzahl an Erkrankungen nicht erfolgreich behandelt werden. Dazu gehören Krankheiten der Atemwege, durch Ernährung und Lebenswandel bedingte Erkrankungen wie Diabetes ebenso wie Krankheiten des Nervensystems.

HELENA deckt die gesamte Breite der Environmental-Health-Forschung mit acht thematischen Feldern ab. Diese reichen von der krankheitsbezogenen Forschung über mechanistische Untersuchungen zu Infektion und Immunität, Neurowissenschaften und Stammzellbiologie, Strahlenbiologie, Epidemiologie sowie Struktur- und Systembiologie bis zu Ecosystems Biology. Das übergeordnete Ziel ist stets der Brückenschlag zwischen Grundlagenforschung und klinischer Anwendung.

Die TUM und das Helmholtz Zentrum München arbeiten seit Jahren in vielen Bereichen erfolgreich zusammen, nicht zuletzt durch mehr als 20 gemeinsame Professuren. Gemeinsam mit der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität bieten sie nun den Doktoranden im Bereich Environmental Health eine einzigartige Infrastruktur und ein inhaltlich strukturiertes Programm für Forschung und Ausbildung. Neben der fachspezifischen Qualifikation bilden interdisziplinäre Seminare einen wesentlichen Baustein. Hier liegen Schwerpunkte auf Bioinformatik und Biomathematik, aktuellen technologischen Entwicklungen oder neuen Arbeitsmethoden. Die Graduierten werden darüber hinaus in der Entwicklung ihrer persönlichen Fähigkeiten begleitet, bei der wissenschaftlichen Selbstständigkeit unterstützt und für den internationalen Arbeitsmarkt gerüstet. Ihre Eigenständigkeit soll nicht zuletzt durch die aktive Mitgestaltung des Kursprogramms und die Wahrnehmung von Organisationsaufgaben gefördert werden.

Dieser umfassende Ansatz entspricht dem Konzept der 2009 gegründeten TUM Graduate School, an die HELENA ebenso wie andere thematische und Fakultäts-Graduiertenzentren der Technischen Universität angebunden ist. Alle durch HELENA betreuten Doktoranden nehmen deshalb auch an einer überfachlichen Veranstaltungsreihe dieser Dachinstitution teil. Dort geht es beispielsweise um Ethik und Verantwortung, kulturelle Kompetenz oder Information und Kommunikation. "Die TUM Graduate School trägt den immer komplexer werdenden Forschungsgegenständen und den sich verändernden Arbeitsmärkten Rechnung", betont TUM-Präsident Wolfgang A. Herrmann.

Die Promotionsverfahren liegen bei den an HELENA beteiligten Universitäten. Dabei werden hohe Standards an die Qualität der Betreuung gelegt, die denen der TUM Graduate School entsprechen. Auf der Grundlage einer schriftlichen Betreuungsvereinbarung werden die einzelnen Graduierten von einem Thesis Committee begleitet. Dieses besteht in der Regel aus einem Betreuer an der TUM, einem Betreuer am Helmholtz Zentrum und einem unabhängigen Berater.

Die TUM-Doktoranden profitieren darüber hinaus von zahlreichen Vorteilen der TUM Graduate School: Mentoren binden sie eng in die internationale Forschungsgemeinschaft ein. Netzwerkveranstaltungen verknüpfen wissenschaftlich-technische Fragestellungen mit Themen gesellschaftlicher und unternehmerischer Relevanz. Und nicht zuletzt verschafft der TUM-Doktorandenkonvent den Graduierten eine Stimme bei der Meinungsbildung innerhalb der Universität.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://portal.mytum.de/gs

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution73

Quelle: Technische Universität München, Dr. Ulrich Marsch, 22.04.2010

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Westfaelische Wilhelms-Universität Münster - 23.04.2010

Münstersche Forscher zeigen - "Recycling-Störung" schadet dem Hirn

Signalübertragung im Körper - synaptische Vesikel werden wiederverwertet

Münster (mfm/tw) - Das menschliche Gehirn besteht aus Milliarden Nervenzellen (Neuronen), die durch hunderte Billionen Synapsen miteinander in Kontakt stehen. An den Synapsen werden Signale von Zelle zu Zelle weitergegeben. Dafür sind winzige Bläschen im Zellinnern, die synaptischen Vesikel, unverzichtbar. Doch diese Vesikel sind knapp - und müssen wiederverwertet werden, um die Signalübertragung reibungslos in Gang zu halten. Eine Forschungsgruppe um Professor Dr. Jürgen Klingauf, Direktor des Instituts für Medizinische Physik und Biophysik der Universität Münster und Leiter einer Arbeitsgruppe am münsterschen Center for Nanotechnology (CeNTech), konnte nun die Beteiligung sogenannter Früher Endosomen am "Recycling" im Gehirn mittels hochauflösender Mikro- und Nanoskopie belegen.

In einer Studie wiesen die Wissenschaftler gemeinsam mit einer Göttinger Gruppe nach, dass die Deaktivierung eines einzigen Proteins bei Mäusen zu schlechterer Koordination von Bewegungen und zu einem schwer gestörten räumlichen Langzeit-Erinnerungsvermögen führt. Die Bedeutung der Endosomen beim Vesikelrecycling wird in der Wissenschaft bereits seit 30 Jahren angenommen, konnte bisher jedoch nicht zweifelsfrei bestätigt werden. Die Studie der Klingauf-Gruppe wurde nun im "EMBO Journal", einer Fachzeitschrift der European Molecular Biology Organisation, veröffentlicht.

Damit Neuronen untereinander und mit anderen Zellen - vor allem Muskelzellen - kommunizieren können, müssen elektrische Signale in chemische Signale umgewandelt werden. Synaptische Vesikel werden im Innern einer Zelle freigesetzt, verschmelzen mit der Zellmembran und setzen dabei chemische Botenstoffe, die Neurotransmitter, frei. Diese Neurotransmitter überwinden den synaptischen Spalt zwischen beiden beteiligten Zellen und lösen an der Außenmembran der nachgeschalteten Zelle wiederum ein elektrisches Signal aus. Dieser Prozess geschieht im gesamten Körper. Anschließend werden die Vesikel wiederverwertet - und zwar sowohl ihre Außenmembranen als auch die enthaltenen Proteine. Wie das genau geschieht, wird seit Jahrzehnten diskutiert. Besonders die Beteiligung der Frühen Endosomen beim Recycling synaptischer Vesikel im Gehirn war bisher umstritten.

Die Wissenschaftler aus Münster und Göttingen schalteten bei Mäusen ein einziges Protein, die gehirnspezifischen sigma-1B-Untereinheit des Adapterprotein-Komplexes AP-1, aus. AP-1 spielt eine Schlüsselrolle bei der Abschnürung von Vesikeln aus Frühen Endosomen und könnte daher auch für die Bereitstellung synaptischer Vesikel wichtig sein. Die Deaktivierung der sigma-1B-Untereinheit führt tatsächlich zu Defekten im Recycling synaptischer Vesikel, was die Beteiligung der Frühen Endosomen nachweist. Dadurch stehen insgesamt weniger synaptische Vesikel für die Signalweiterleitung zur Verfügung - die betroffenen Tiere können ihre Bewegungen schlechter koordinieren und weisen ein schwer gestörtes räumliches Langzeit-Erinnerungsvermögen auf.

Menschen, die an einer bestimmten mit dem X-Chromosom verknüpften Krankheit leiden, zeigen ähnliche Symptome: Sie sind geistig stark behindert, lernen erst mit vier bis sechs Jahren laufen, entwickeln keine verständliche Sprachfähigkeit und benötigen lebenslang umfassende Pflege. Die Forschung könnte entscheidend zum Verständnis dieser Krankheit beitragen - die Ursache für den Defekt wird am sigma-1B-Locus vermutet, also dem Ort auf dem X-Chromosom, wo die Informationen für die Synthese des Gens gespeichert sind.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.nature.com/emboj/journal/vaop/ncurrent/full/emboj201015a.html
Literatur

Literatur:
Glyvuk N et al. (2010):
AP-1/?1B-adaptin mediates endosomal synaptic vesicle recycling, learning and memory.
EMBO Journal 29, 1318 - 1330
doi:10.1038/emboj.2010.15

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution72

Quelle: Westfaelische Wilhelms-Universität Münster, Dr. Christina Heimken, 23.04.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. April 2010