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MELDUNG/414: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 08.09.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


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Medizinische Hochschule Hannover - 07.09.2011

Medizinische Fachzeitschrift veröffentlicht erste Ergebnisse des neuen HUS-Behandlungskonzeptes

Drei Monate nach der EHEC-Epidemie - Medizinische Fachzeitschrift veröffentlicht erste Ergebnisse des neuen HUS-Behandlungskonzeptes Enge Zusammenarbeit der Wissenschaftler und Ärzte in Greifswald und Hannover hat den Patienten geholfen

Auf dem Höhepunkt der EHEC-Krise Anfang Juni haben Wissenschaftler aus Greifswald und Hannover mit einem neuen Therapieansatz einen Fortschritt bei der Behandlung der schweren HUS-Infektion erzielt. Die Greifswalder Ärzte haben damals vermutet, dass immunologische Abwehrreaktionen und die damit verbundene Bildung von Antikörpern für die schweren Verläufe mit verantwortlich sein könnten. Die Medizinische Hochschule Hannover hat das Behandlungskonzept übernommen und erfolgreich eingesetzt. Die renommierte britische Fachzeitschrift THE LANCET* veröffentlichte diese Woche erstmals die wissenschaftliche Analyse der ersten Therapiestudie bei schweren neurologischen Komplikationen des Hämolytisch Urämischen Syndroms (HUS). "Die Kooperation mit der Medizinische Hochschule Hannover in einer Phase, als es den Patienten wirklich sehr schlecht ging und wir alle extrem unter Druck standen, war einzigartig in der damaligen Ausnahmesituation", betont der Greifswalder Transfusionsmediziner und Gerinnungsexperte Prof. Dr. Andreas Greinacher.

Vor allem Norddeutschland war von Mai bis Juli 2011 dieses Jahres durch eine Häufung von Erkrankungen mit hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) schwer betroffen, verursacht durch ein Bakterium, dem so genannten enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC) des Serotyps O104. Etwa die Hälfte der HUS-Patienten litt an neurologischen Symptomen, die von Erinnerungslücken und Wortfindungsstörungen bis zu anhaltenden Krampfanfällen reichten. Professor Andreas Greinacher von der Universitätsmedizin Greifswald vermutete zu diesem Zeitpunkt aufgrund des klinischen Verlaufs und des zeitlich versetzten Auftretens der Symptome, dass Antikörper die Ursache für die Komplikationen sind.

Vor diesem Hintergrund behandelten die Ärzte der Universitätsmedizin Greifswald und der Medizinischen Hochschule Hannover gemeinsam zwölf Patienten im Alter von 38 bis 63 Jahren mit schwersten neurologischen Ausfällen mit einer Blutwäsche (Immunadsorption), bei der die Antikörper gezielt herausgefiltert werden. Alle Patienten haben die Erkrankung überlebt, zehn zeigten keine neurologischen Symptome mehr und alle Patienten sind trotz Nierenversagen nicht mehr auf eine Dialyse angewiesen. Die behandelnden Ärzteteams in Hannover und Greifswald bewerteten täglich die neurologischen Ausfälle wie Halluzinationen, Sprachstörungen und Krampfanfälle und konnten so einen deutlichen Effekt der Therapie mittels Immunadsorption feststellen. "Der Erfolg war unmittelbar spürbar. Vor der Therapie mittels Immunadsorption hatte weder der Plasma-Austausch (Plasmapherese) noch die Gabe eines Antikörpers (Eculizumab) zu einem durchschlagenden therapeutischen Erfolg geführt", erläutert der hannoversche Nierenspezialist Privatdozent Dr. Jan T. Kielstein. "Die zielgerichtete Entfernung von IgG-Antikörpern aus dem Blut der Patienten mit neurologischen Komplikationen führte zu einer nachweislichen deutlichen Verbesserung."

Beispielhafte Kooperation

Zusätzlich zum HU-Syndrom, das durch den Giftstoff Shigatoxin der EHEC Bakterien verursacht wird und die Niere schädigt, hatten insbesondere die neurologischen Auswirkungen auf das Gehirn wie Bewusstseinsstörungen und Epilepsien zu einer großen Verunsicherung in der Öffentlichkeit und Medizin geführt. Die Antikörper waren entweder gegen das eigene Gewebe des Patienten gerichtet, so genannte Autoantikörper, oder sie sind eine gefährliche Verbindung mit den EHEC-Giften eingegangen, die zu den ernsthaften Gerinnungsproblemen geführt haben. Die Antikörper könnten so die Durchblutung wichtiger Gehirnregionen und der Nebenniere maßgeblich beeinflusst haben. "Obwohl der genaue Mechanismus der Wirkung in den kommenden Monaten noch in weiteren Laboranalysen untersucht werden muss, eröffnen die Erkenntnisse aus dieser gemeinsamen Therapiestudie einen komplett neuen Blickwinkel auf die Krankheitsentstehung", sagt der Greifswalder Wissenschaftler.

Greinacher und Kielstein hoben hervor, dass es insbesondere die beispielhafte schnelle und enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Universitäten und ihren Forschungszentren ermöglicht hat, schwerkranken HUS-Patienten effektiv zu helfen und gleichzeitig eine Erklärung für den ungewöhnlich dramatischen Verlauf der Erkrankung zu finden. Neben den Kliniken hat in Greifswald das Zentrum für Innovationskompetenz für die Erforschung durch Antikörper verursachten Herz-Kreislauf Erkrankungen (ZIK-HIKE) zu diesem Fortschritt beigetragen. Es handelt sich dabei um ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes interdisziplinäres Forschungszentrum
(www.hike-autoimmunity.de).

Weitere Informationen
www.thelancet.com
www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(11)61253-1/fulltext

Lancet 2011
DOI:10.1016/S0140-6736(11)61253-1
THE LANCET ist die führende internationale Wochenzeitschrift für die Krebsforschung, Neurologie und Infektionskrankheiten.

Ansprechpartner
Universitätsmedizin Greifswald
Institut für Immunologie und Transfusionsmedizin
Abteilung Transfusionsmedizin
Leiter: Prof. Dr. med. Andreas Greinacher
Sauerbruchstraße, 17475 Greifswald
E greinach@uni-greifswald.de
www.medizin.uni-greifswald.de

Medizinische Hochschule Hannover
Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen
PD Dr. med. Jan T. Kielstein
Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover
E kielstein@yahoo.com
www.mh-hannover.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution121

Quelle: Medizinische Hochschule Hannover, Stefan Zorn, 07.09.2011


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Technische Universität Dresden - 07.09.2011

Patienten mit ostsächsischen Krankenhäusern zufrieden

Befragung mit 10.000 Teilnehmern ergibt gute Noten für sechs ausgewählte Fachbereiche

Die meisten Patienten sind insgesamt zufrieden mit der Behandlung und Betreuung in den ostsächsischen Krankenhäusern. Im Falle einer weiteren notwendigen Behandlung würden sich circa 80 Prozent der Patienten erneut für die gleiche Einrichtung entscheiden. Hauptprobleme aus Sicht der Patienten sind die Aufklärung über einzunehmende Medikamente und die Vorbereitung auf die Entlassung.

Eine Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Joachim Kugler, Leiter des Lehrstuhls Gesundheitswissenschaften/Public Health der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden, hat unter Zusammenarbeit mit der Sächsischen Zeitung und der AOK Plus, der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse Sachsen, der Innungskrankenkasse classic und der Barmer Ersatzkasse untersucht, wie Patienten ihren Krankenhausaufenthalt einschätzen und welche Aspekte dabei am wichtigsten sind. Die Studienergebnisse erscheinen jetzt in der Fachzeitschrift International Journal for Quality in Health Care (Volume 23 Issue 5 2011) und sind online bereits einsehbar.

Die Wissenschaftler haben Patienten von 39 Krankenhäusern des Direktionsbezirkes Dresden und Döbeln befragt. Unter strenger Beachtung des Datenschutzes wurden Patienten ausgewählt, die in sechs verschiedenen Fachbereichen behandelt wurden: Innere Medizin, Augenheilkunde, Chirurgie, Urologie, Kinder- und Jugendmedizin und Neurologie. Um ein möglichst objektives Bild zu erhalten, wurde auf eine ausgewogene regionale Verteilung geachtet. Auch die Altersstruktur der Versicherten wurde berücksichtigt. Es haben sich circa 10.000 Patienten an der Umfrage beteiligt.

Nur 11 Prozent der Patienten berichteten über Probleme nach der Entlassung wie z.B. Komplikationen oder Schmerzen. Der Großteil der Befragten war mit der Dauer des Krankenhausaufenthaltes zufrieden; nur etwa 10 Prozent schätzen diesen als zu kurz ein. Damit widerlegt die Untersuchung die These, dass nach der Einführung der Fallpauschalen-Finanzierung systematisch zu früh entlassen wird.

Am positivsten beurteilten die Patienten die Freundlichkeit der Krankenschwestern und Ärzte. Den größten Verbesserungsbedarf stellen die Organisation der Entlassung sowie die Aufklärung über einzunehmende Medikamente dar.

Am wichtigsten sind den Patienten die persönliche medizinische Betreuung, die Freundlichkeit des Krankenhauspersonals, die Organisation und der Ablauf von Untersuchungen, die Qualität der Mahlzeiten und die Zimmerausstattung.

Die subjektiven Beurteilungen der Patienten lassen zwar keinen eindeutigen Schluss auf die objektive Behandlungsqualität der untersuchten Krankenhäuser zu. Die Ergebnisse zeigen jedoch, was Patienten am wichtigsten ist und in welchen Bereichen auf Seiten der Krankenhäuser noch Nachholbedarf besteht.

Kontakt:

Technische Universität Dresden
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus
Lehrstuhl Gesundheitswissenschaften/Public Health
Prof. Dr. Joachim Kugler
E-Mail: kugler@gesundheitswissenschaften-dresden.de

Erstautor der Studie:
Tonio Schönfelder, MPH
E-Mail: tonio.schoenfelder@gmx.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution143

Quelle: Technische Universität Dresden, Konrad Kästner, 07.09.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. September 2011