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MELDUNG/443: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 26.10.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Reparaturprozesse therapeutisch nutzen
→  Pharmaziestudierende in Greifswald sind beim 1. Staatsexamen bundesweit Spitze
→  Akut oder chronisch? - Langzeitverlauf von Antikörpern gegen Myelin-Protein
      gibt Auskunft über Art demyelinisierender Erkrankungen


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Universität Duisburg-Essen - 24.10.2011

Reparaturprozesse therapeutisch nutzen

Reparaturprozesse im menschlichen Körper verlaufen sehr komplex und lassen sich möglicherweise therapeutisch nutzen. Auf diese Tatsache zielt eine aktuelle Studie, an der Prof. Hemmo Meyer vom Zentrum für Medizinische Biotechnologie der Universität Duisburg-Essen entscheidend mitgewirkt hat. Veröffentlicht wurde sie jetzt in der Online-Ausgabe der renommierten Zeitschrift Nature Cell Biology.

Um zufällig entstehende Schäden im Erbgut (DNS) zu reparieren und schädliche Mutationen zu verhindern, haben menschliche Zellen komplexe Mechanismen entwickelt. Zu diesem Zweck werden zahlreiche Reparatur- und Signalproteine an der Schadensstelle rekrutiert. Gesteuert wird dieser Prozess u.a. durch Modifikation mit kleinen Proteinen.

Prof. Meyer: "Wir konnten nun zeigen, dass Reparaturkomplexe dynamisch sind. Das Protein VCP/p97 zum Beispiel, eine Art Nanomaschine, entfernt nämlich bestimmte Faktoren wieder. Damit werden die Reparaturkomplexe so verändert, dass andere wichtige Faktoren entstehen und genutzt werden können." Medizinisch relevant ist, dass VCP/p97 im Prinzip pharmakologisch gesteuert werden kann.

Daraus ergibt sich eventuell die Möglichkeit, die Wirkung der Strahlentherapie bei Krebserkrankungen zu verstärken. Strahlen verursachen hohe, meist tödliche Schäden in der Erbgutstruktur von Krebszellen. Diese therapeutische Wirkung könnte zusätzlich verstärkt werden, wenn gleichzeitig der üblicherweise einsetzende Reparaturmechanismus mit VCP/p97 pharmakologisch gehemmt würde. Vielleicht kann sogar die Strahlendosis gesenkt werden einschließlich ihrer unerwünschten Nebenwirkungen. Prof. Meyer: "Dies sind allerdings noch sehr theoretische Möglichkeiten. Diese Publikation ist erst der Anfang und zurzeit noch reine Grundlagenforschung."

Weitere Informationen:
http://www.nature.com/ncb/journal/vaop/ncurrent/full/ncb2367.html
Prof. Dr. Hemmo Meyer
hemmo.meyer@uni-due.de

Redaktion:
Beate H. Kostka

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution801

Quelle: Universität Duisburg-Essen, Beate Kostka M.A., 24.10.2011


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Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald - 25.10.2011

Pharmaziestudierende in Greifswald sind beim 1. Staatsexamen bundesweit Spitze

Pharmaziestudierende der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald liegen mit ihren Prüfungsergebnissen beim 1. Staatsexamen im bundesweiten Vergleich auf Platz zwei hinter Freiburg. In den Fächern Biologie und Physik konnten die Studierenden aus Greifswald sogar die jeweiligen Spitzenplätze belegen. Das ist das Ergebnis einer Auswertung der Prüfungen vom Herbst 2011 über alle Fächer hinweg - offiziell bekannt gegeben durch das Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP).

Studierende der Pharmazie in Greifswald finden sich außerdem in den Fächern Chemie und Analytik in den Spitzengruppen wieder, in Chemie nur überrundet durch die Hochschulstandorte Regensburg, Freiburg, und Saarbrücken. Im Fach Analytik hatten nur die Universitätsstandorte Freiburg, Kiel und Hamburg die Nase weiter vorne.

"Diese hervorragenden Ergebnisse sind nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass das Institut für Pharmazie gemeinsam mit den an der Ausbildung der Pharmaziestudierenden beteiligten Einrichtungen große Anstrengungen unternimmt, die Studierenden fachgerecht auf diese Prüfungen vorzubereiten. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit den Instituten für Biochemie und für Physik sowie mit den Abteilungen für Medizinische Mikrobiologie, Anatomie, Physiologie und Immunologie der Universitätsmedizin", so Prof. Christoph Ritter, Geschäftsführender Direktor des Greifswalder Instituts für Pharmazie.

Als besonders wichtig haben sich studentischen Tutorien erwiesen. Hier engagieren sich Studierende aus höheren Semestern, die diese Prüfung bereits erfolgreich abgelegt haben. Sie vermitteln gezielt Prüfungsinhalte an ihre Kommilitonen, die kurz vor der Prüfung stehen. Diese Art der Wissensvermittlung nach dem Motto "Studierende für Studierende" hat sich sehr bewährt und wird zukünftig weitergeführt.

Die ersten großen Leistungsprüfungen für Studierende der Pharmazie finden nach vier Fachsemestern im sogenannten Ersten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung statt. Hier müssen die Studierenden ihre Kenntnisse in den Grundlagenfächern Chemie, Biologie, Physik und Analytik - das ist die Lehre von der Bestimmung von Stoffen - beweisen. Die Prüfungsinhalte werden bundesweit zentral durch das Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) zusammengestellt und die Prüfungen an einem Stichtag an nahezu allen deutschen Universitäten, die das Studienfach Pharmazie anbieten, durchgeführt.

Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Prof. Dr. Christoph Ritter
Institut für Pharmazie
Friedrich-Ludwig-Jahn-Str. 17, 17487 Greifswald
ritter@uni-greifswald.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.impp.de/IMPP2010/Index.php
(IMPP)
http://www.uni-greifswald.de/~pharma/
(Institut für Pharmazie der Universität Greifswald)
http://pharm1.pharmazie.uni-greifswald.de/Klin_Pharm/Homepage/Klinische Pharmazie.htm
(Bereich Klinische Pharmazie)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution65

Quelle: Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Jan Meßerschmidt, 25.10.2011


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Krankheitsbezogenes Kompetenznetz Multiple Sklerose - 25.10.2011

Akut oder chronisch?

Langzeitverlauf von Antikörpern gegen Myelin-Protein gibt Auskunft über Art demyelinisierender Erkrankungen

München, 25.10.2011 - Forscher des Krankheitsbezogenen Kompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS) haben den Nachweis erbracht, dass Multiple Sklerose (MS) und akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM) auf unterschiedlichen immunologischen Profilen basieren. Dazu haben die Wissenschaftler das Blut von Kindern mit ADEM und MS in regelmäßigen Abständen über durchschnittlich 44 Monate hinweg auf Antikörper gegen das sogenannte MOG-Protein untersucht.

"Dabei haben wir festgestellt, dass Antikörper gegen MOG im Blut von Kindern mit ADEM sehr schnell abfielen und vielfach nach ca. zwölf Monaten nicht mehr nachweisbar waren. Bei MS-Kindern hingegen waren sie kontinuierlich vorhanden und stiegen im Krankheitsverlauf teilweise sogar wieder an", erklärt Prof. Dr. Edgar Meinl vom Institut für Klinische Neuroimmunologie der LMU München und Mitglied im KKNMS, der die Studie geleitet hat.

Das Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein (MOG) sitzt am äußeren Rand der Myelinhülle der Nervenfasern im Zentralen Nervensystem (ZNS) und ist daher idealer Kandidat für Autoantikörperangriffe wie sie sich bei MS abspielen. In verschiedenen Tiermodellen konnte bereits nachgewiesen werden, dass Antikörper gegen MOG die Myelinhülle zerstören können. Beim Menschen ist die Präsenz von diesen Antikörpern bisher noch nicht genau verstanden.

MOG-Antikörper als Prognosefaktor?

Eine akut auftretende Entmarkungskrankheit bei Kindern kann der erste Schub einer Multiplen Sklerose sein oder es kann sich um eine ADEM handeln, zu der in der Regel keine weiteren Schübe gehören.

Ziel der aktuellen Untersuchung war es nun, den Langzeitverlauf von MOG-Antikörpern zu untersuchen und zu überprüfen, ob Kinder mit ADEM sich in dieser Hinsicht von Kindern mit MS unterscheiden.

Die KKNMS-Forscher fanden heraus, dass MOG-Antikörper bei etwa einem Viertel der Kinder mit akuter Demyelinisierung nachweisbar waren, besonders häufig bei unter 10-Jährigen. Dabei scheint sich die Immunantwort auf MOG bei vorübergehenden demyelinisierenden Erkrankungen wie ADEM gravierend von jener mit chronischem Verlauf (MS) zu unterscheiden: Bei ADEM-Kindern waren innerhalb eines Jahres keine MOG-Antikörper mehr nachweisbar. Anders bei kindlicher MS: hier blieben die Antikörper über Jahre nachweisbar und stiegen in drei Viertel der Fälle sogar wieder an. "Wir glauben daher, dass der zeitliche Verlauf von MOG-Antikörpern bei Kindern ein geeigneter Prognosefaktor ist, ob sich eine chronische Demyelinisierung des ZNS manifestiert", sagt Meinl.

Großer Unterschied zwischen MS bei Kindern und Erwachsenen

Zu Vergleichszwecken haben die Forscher auch Blutproben von erwachsenen MS-Patienten untersucht. Nur bei 6% der Probanden waren MOG-Antikörper in sehr niedriger Konzentration nachweisbar (bei Kindern: 25%). "Es stellt sich nun die Frage, was passiert, wenn unsere MOG-Antikörper positiven MS-Kinder erwachsen werden. Bleiben die Antikörper weiterhin erhalten, hat das eventuell Konsequenzen für die MS-Therapie. Diese müsste dann bei diesen Patienten eher auf B-Zellen ausgerichtet sein", vermutet Meinl.

Die Langzeit-Blutproben stammen aus einer kanadischen, prospektiven, pädiatrischen Kohortenstudie zu demyelinisierenden Erkrankungen. Weitere Blutproben, die in dieser Studie untersucht wurden, steuerten die Kinderklinik der LMU sowie die KKNMS-Zentren in Göttingen (Kinderklinik der Universitätsmedizin) und München (MPI für Psychiatrie) bei. Die Studie wurde im Rahmen des KKNMS (Forschungsverbund UNDERSTANDMS) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Der vollständige Forschungsbericht ist kürzlich in "Neurology" unter dem Titel "Antibodies to MOG are transient in childhood acute disseminated encephalomyelitis" erschienen (DOI 10.1212/WNL.0b013e318228c0b1).

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.neurology.org/content/77/6/580.abstract?sid=392f5d43-27f5-4272-a928-9efe12323d8e
(Abstract zur Originalpublikation)
http://www.kompetenznetz-multiplesklerose.de
(weitere Informationen zum Netzwerk)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution1457

Quelle: Krankheitsbezogenes Kompetenznetz Multiple Sklerose, Constanze Steinhauser, 25.10.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Oktober 2011