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MELDUNG/515: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 23.02.12 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


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Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald - 22.02.2012

Neubau der Universitätsmedizin Greifswald nach über zehn Jahren vor dem Abschluss

Rahmenbedingungen für universitäre Spitzenmedizin werden schwieriger / Neue Rekordmarke bei der Einwerbung von Forschungsgeldern / Vorstand ruft zu Spenden für krebskranken türkischen Jungen auf

Mit den letzten Umzügen der Innenstadtkliniken im Frühjahr und der Übergabe des Diagnostikzentrums Ende des Jahres steht der komplette Neubau der Universitätsmedizin nach über zehn Jahren vor der Vollendung.

"Mit einem der modernsten Universitätsklinika Deutschlands sind wir gut für die Zukunft aufgestellt, auch wenn die Rahmenbedingungen für eine universitäre Spitzenmedizin immer schwieriger werden", sagte heute der Ärztliche Vorstand und Vorstandsvorsitzende, Prof. Marek Zygmunt, anlässlich des Neujahrsempfanges in der Universitäts- und Hansestadt Greifswald.

Zur traditionellen Jahresauftaktveranstaltung werden neben Ministerpräsident Erwin Sellering auch Wirtschaftsminister Harry Glawe und der Greifswalder Oberbürgermeister, Dr. Arthur König, sowie zahlreiche Gäste aus der Wirtschaft, Politik und Gesellschaft erwartet.

Das Jahr 2011 war geprägt von der Umstellung der Rechtsform. Damit verbunden war eine neue Satzung für die Universitätsmedizin, die im November letzten Jahres vom Bildungsministerium und Aufsichtsrat genehmigt worden ist. "Die strukturelle Neuausrichtung mit mehr Verantwortung und Kompetenzen für die Universitätsmedizin wird sich auszahlen. Die finanziellen Rahmenbedingungen für Universitätsklinika werden immer schwieriger, so dass dieser aufwändige Prozess dringend erforderlich war. Greifswald ist als Maximalversorger und Wissenschaftsstandort gut für die Zukunft aufgestellt", betonte Zygmunt.

Steigende Einnahmen und Patientenzahlen

Auch im vergangenen Jahr verzeichnete die Universitätsmedizin Greifswald steigende Einnahmen und Patientenzahlen. An den 21 Kliniken und 19 Instituten wurden im letzten Jahr so viele Patienten behandelt wie nie zuvor. Insgesamt wurden über 151.219 Patienten im vergangenen Jahr im Universitätsklinikum behandelt (2010: 148.000), davon 36.557 stationär (2010: 36.420). Hierzu zählen auch die rund 242 Patienten in der Tagesklinik für Psychiatrie. Die Universitätsfrauenklinik Greifswald konnte ihr Vorjahresniveau an Geburten mit 809 Geburten nach dem Rekordjahr 2010 (827) fast halten. Eine kleine Sensation gelang den Ärzten fachübergreifend mit dem Extremfrühchen Paulina aus Neubrandenburg, das im Oktober in der 22. Schwangerschaftswoche und mit 480 g eigentlich viel zu früh ins Leben drängte und inzwischen über 5 kg wiegt. In der Medizin gilt die 24. Woche als Überlebensgrenze für zu früh geborene Kinder.

Die Universitätsmedizin hat ihr Profil gestärkt und in vielen Bereichen neue Behandlungsmethoden eingeführt. Die Spezialisierung sichert nicht nur eine hochwertige Versorgung der Menschen in Vorpommern, sondern zieht zunehmend auch Patienten aus anderen Ländern an. "Wir sehen uns in der Verantwortung, neben unserem Leistungsangebot im Rahmen der Maximalversorgung für eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung in der Region auch weitere Leistungen zu übernehmen", erklärte der Ärztliche Vorstand. "Mit der Weiterführung der Kinderklinikabteilung in Anklam sowie neu etablierten kinderchirurgischen Sprechstunden in Pasewalk und Anklam ist der Weg für innovative Lösungen und neue Ansätze in der Vernetzung vor Ort bereits erfolgreich geebnet worden."

Steigender Kostendruck ist größte Herausforderung

"Im vergangenen Jahr erzielte das Hochschulklinikum aus den Krankenhausleistungen einen neuen Rekordumsatz in Höhe von 167 Mio. Euro (2010: 166 Mio. Euro), informierte der Kaufmännische Vorstand Gunter Gotal. Insgesamt beläuft sich der Umsatz des Uniklinikums mit dem Kreiskrankenhaus Wolgast und seinen Verbundunternehmen auf ca. 198 Mio. Euro (2010: 191 Mio. Euro). "Aufgrund der steigenden Kosten sowie außergewöhnlicher Ausgaben werden wir erstmals das Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes nicht erreichen", so Gotal. Ursachen dafür liegen insbesondere in den Tarifsteigerungen für Ärzte, im Umzugsmarathon der Kliniken in den Neubau sowie in einem zu geringen Basisfallwert als Abrechnungsbasis für klinische Leistungen.

Seit 2003 gehörte die Universitätsmedizin Greifswald zu den wenigen Hochschuleinrichtungen, die jedes Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen konnten. "Daran wollen wir künftig wieder anknüpfen. Mit einem umfangreichen Maßnahmepaket zur Stabilisierung der betriebswirtschaftlichen Lage soll dem steigenden Kostendruck nachhaltig entgegengewirkt werden", kündigte der Verwaltungschef an.

"Der Basisfallwert in Mecklenburg-Vorpommern belief sich 2011 auf 2.863 Euro, er zählt damit zu den geringsten im Bundesgebiet, was sich im Vergleich zu anderen Bundesländern wettbewerbsverzerrend auf die Erlössituation auswirkt", machte Gotal deutlich. "Der Basisfallwert steigt in diesem Jahr in MV auf 2.942 Euro, dennoch sind wir von einer einheitlichen Vergütung für gleiche Leistungen noch weit entfernt." So beträgt beispielsweise der höchste Basisfallwert in Rheinland-Pfalz in diesem Jahr 3.175,75 Euro.

Die aktuelle Bettenzahl in Greifswald liegt bei 883, einschließlich der 33 tagesklinischen Plätze in der Onkologie, Schmerzklinik und Psychiatrie. Das Uniklinikum deckt mit Ausnahme von soliden Organtransplantationen und der Herzchirurgie das komplette fachärztliche Spektrum ab (1.003 von insgesamt 1.200 DRGs des Fallkatalogs).

Gegenwärtig arbeiten in der Hochschulmedizin, im Kreiskrankenhaus Wolgast sowie in den 15 Verbundunternehmen 4.548 Mitarbeiter (2010: 4.368), darunter 645 Ärzte, Mediziner im wissenschaftlichen Dienst und Naturwissenschaftler, 1.473 Pflegekräfte sowie 1.168 Mitarbeiter im medizinisch-technischen Dienst, 464 Beschäftigte im Funktionsdienst und 798 weitere Mitarbeiter.

Die Universitätsmedizin gehört damit zu den größten Arbeitgebern der Region. Der Frauenanteil beträgt 74 Prozent und das Durchschnittsalter der Beschäftigten 38 Jahre.

Baugeschehen vor dem Abschluss

Nach über zehn Jahren der Planung und regem Baugeschehen am Campus auf dem Berthold-Beitz-Platz bei laufendem Betrieb werden in diesem Jahr alle größeren Bauvorhaben und Umzüge abgeschlossen, auch wenn weitere Bauprojekte in Planung sind. Rund 300 Millionen Landes- und Bundesgelder sind in den Neubaukomplex geflossen, der Lehre, Forschung und Krankenversorgung an einem Platz vereint.

Auch im vergangenen Jahr wurden zahlreiche fertiggestellte Bauprojekte an die Universitätsmedizin übergeben. Das umfasst den 6. Bettenturm im Juni 2011, den Zentral-OP-Trakt im Sommer sowie den zweiten Bauabschnitt im Nordteil des Klinikneubaus sowie das neue Pharmakologie-Institut (C_DAT) als Neubau von nationaler Bedeutung. Ihre neuen Räumlichkeiten haben die Urologen, die Orthopäden und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen bezogen. Ebenfalls fertig gestellt wurde der Verbindungsgang zwischen HNO-Klinik und Zahnklinik.

Erst kürzlich fand die Übergabe des neuen Forschungshauses als Zentrum für Innovationskompetenz (Forschungscluster III) am Berthold-Beitz-Platz statt und heute wurde ganz in der Nähe das Richtfest für die in Trägerschaft der Universitätsmedizin und Studentenwerk Greifswald gebaute Mensa gefeiert. "Mit der Inbetriebnahme des Diagnostikzentrums Ende dieses Jahres als zentrales Herzstück des neuen Campus werden wir eine Neubauphase abschließen, die ihres gleichen sucht und von vielen Mitarbeitern überdurchschnittliches Engagement erfordert hat", unterstrich Gunter Gotal.

Drittmittelanteil übersteigt erstmals die 20-Millionengrenze

Die Universitätsmedizin hat im vergangenen Jahr erstmals in ihrer Geschichte über 20 Millionen Euro Forschungsgelder zusätzlich eingeworben. "Damit konnten wir die Erfolgskurve im Forschungsbereich der letzten Jahre erneut fortsetzen und mit einem neuen Spitzenwert krönen", freute sich der Wissenschaftliche Vorstand, Prof. Heyo K. Kroemer. Somit stehen den 47,5 Mio. Euro Landeszuschüssen für die Forschung und Lehre (2010: 42,7 Mio. Euro) 20,8 Mio. Euro eingeworbene Drittmittel gegenüber. "Das entspricht einer Aufstockung der Gelder für Wissenschaftsprojekte aus eigener Kraft um fast 50 Prozent."
Die Steigerung der Drittmitteleinwerbung schlägt sich unmittelbar positiv auf die Schaffung von Arbeitsplätzen nieder. So erhöhte sich die Zahl an drittelmittelfinanzierten Arbeitsplätze von 531 in 2010 auf 573 in 2011.

Dieser Erfolg ist vor allem auf die zurzeit laufenden großen, vom Bundesforschungsministerium geförderten Verbundprojekte zurückzuführen. Dazu zählen unter anderem die Study of Health in Pomerania (SHIP) als Bevölkerungslangzeitstudie sowie die Individualisierte Medizin (Greifswald Approach to Individualized Medicine - GANI_MED). Das GANI_MED-Projekt vereinigt alle Fakultäten der Universität Greifswald und trägt damit zu einer völlig neuen universitären Forschungsstruktur bei.

Weitere Schwerpunktbereiche sind das Zentrum für Innovationskompetenz zum Thema "Humorale Immunreaktionen bei kardiovaskulären Erkrankungen" (ZIK-HIKE), der Campus PlasmaMed, Greifswald als Teilstandort des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE) und als Partner des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung. "Das ist selbstverständlich kein Grund für die Universitätsmedizin, sich auszuruhen, sondern Ansporn, neue bzw. Anschlussprojekte zu generieren, um das Gesamtvolumen der Drittmitteleinwerbung mindestens zu halten, wenn nicht sogar weiter zu steigern", sagte Kroemer. "Insbesondere die Beteiligung an den deutschen Zentren für Gesundheitsforschung ist dabei strukturell von Bedeutung."

Ungebrochen ist der Run auf die begehrten Medizinstudienplätze. Bei der Studienortbeliebtheit konnten die Greifswalder Mediziner ihren Vorsprung weiter ausbauen. 2011 haben sich 26 Schulabsolventen mit der 1. Präferenz auf einen Studienplatz an der Medizinischen Fakultät beworben. Mit 3.303 Bewerbern für Greifswald (2010: 3.047) kann nur noch die Berliner Charité einen größeren Ansturm auf die beliebten Studienplätze aufweisen (Charité: 3.472, Hamburg: 2.592, Tübingen: 2.131). Insgesamt absolvieren gegenwärtig 1.758 Studierende ein Medizin- oder Zahnmedizinstudium in Greifswald. Als neuestes Projekt laufen gegenwärtig die Vorbereitungen für eine studentische "Ausbildungsklinik" im Gebäude der alten Hautklinik bzw. Urologie auf Hochtouren.

Wechsel an der Spitze des Vorstandes

Nach drei Jahren findet zum 1. März 2012 an der Spitze der Universitätsmedizin ein Wechsel statt. Der Ärztliche Vorstand und Vorstandsvorsitzende, Prof. Marek Zygmunt, wird sich auch im Auftrag der Landesregierung vielfältigen neuen Aufgaben im Bereich der internationalen Beziehungen und Gesundheitswirtschaft widmen, neben seinen Tätigkeiten als Direktor der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und in der Fakultät. Der Aufsichtsrat hat eine Findungskommission eingesetzt, die die Berufung eines neuen hauptamtlichen Ärztlichen Vorstandes vorbereiten soll. Für die Übergangszeit wird Prof. Andreas Greinacher kommissarisch die Funktion des Ärztlichen Vorstands übernehmen.

Ansprechpartner
Universitätsmedizin Greifswald (UMG)
Vorstandsvorsitzender/Ärztlicher Vorstand
Prof. Dr. med. Marek Zygmunt
Fleischmannstraße 8, 17475 Greifswald
E aerztliches.direktorat@uni-greifswald.de
www.medizin.uni-greifswald.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution65

Quelle: Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Constanze Steinke, 22.02.2012


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Ruhr-Universität Bochum - 22.2.2012, Pressemitteilung Nr. 58

Biobank - Der Mensch als Ganzes

Verbesserte Diagnose durch neue Software / Proteom-Center der RUB kooperiert mit IT-Unternehmen

Mit einer neuen Biodatenbank in Richtung Zukunft: Das Medizinische Proteom-Center (MPC) der Ruhr-Universität Bochum sieht den Menschen in seiner Gesamtheit - von der einzelnen Zelle bis hin zum ganzen Organismus. Die Mitarbeiter des Instituts, das zu den führenden Einrichtungen im Bereich der personalisierten Medizin gehört, analysieren und identifizieren Proteine. Auf diesem Weg gewinnen sie wichtige Erkenntnisse über die zellulären Veränderungen, die bei Erkrankungen auftreten. Bisher entstand dabei eine Datenflut, die zu groß war, um sie sinnvoll zu verwalten. Eine Wissensdatenbank namens CentraXX, auf die das MPC in einer Kooperation mit der Kairos GmbH jetzt Zugriff hat, löst das Problem.

Bessere Diagnosen durch den Vergleich von Biomarkern

Ziel ist es, die Gesamtheit aller Proteine des Gewebes einer Person zu einem festgelegten Zeitpunkt zu bestimmen. Diese Proteinmuster sollen als Biomarker den Vergleich von jungem und altem, gesundem und krankem Gewebe ermöglichen. Dadurch kann man Krankheitszustände besser erkennen und zielgerichteter Behandlungsmaßnahmen entwickeln. CentraXX soll den Umgang mit den so gewonnenen Informationen vereinfachen. "Damit wird die Biobank zur Wissensbasis. Erstmalig ist ein Bezug zwischen Patienten und deren krankheits- und personenspezifischen Parametern durch logisches Verknüpfen über die Wissensdatenbank möglich", sagt Prof. Dr. Helmut E. Meyer, Leiter des MPC.

Verbesserung von Koordination und Therapie

Das IT-System erfüllt zwei verschiedene Aufgaben. Zum einen dient es der Koordination aller beteiligten Ärzte. Diese können alle Patientendaten an einer zentralen Stelle einpflegen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufrufen. Die Identitätsmerkmale des Betroffenen werden hierbei gegen Pseudonyme vertauscht. Darüber hinaus hilft das System bei der Entscheidung für die richtige therapeutische Maßnahme. Alle gespeicherten Informationen werden erfasst und liefern somit die nötige Wissensbasis. "Idealerweise wächst die Faktenbasis mit jeder untersuchten Probe an und führt zu einer sich stetig verbessernden Unterstützung bei der Therapieentscheidung", erläutert Martin Zünkeler, Geschäftsführer der Kairos.

Einsatz in zwei Projekten

Durch die Zusammenarbeit mit dem MPC möchte man CentraXX weiterentwickeln und den Bedürfnissen der Wissenschaftler anpassen. Derzeit setzt das Institut die Datenbank bei zwei verschiedenen Projekten ein: PROFILE und ParkCHIP, beide finanziert vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung. PROFILE befasst sich mit akuten und chronischen Leberkrankungen, ParkCHIP hingegen dient der Entwicklung eines Testverfahrens für das Parkinson-Syndrom. Es geht darum eine bessere Früherkennung zu ermöglichen, Kosten im Gesundheitssektor zu senken und beispielsweise unnötige Transplantationen zu verhindern.

Weitere Informationen
PD Dr. Christian Stephan
Medizinisches Proteom-Center an der Ruhr-Universität Bochum
christian.stephan@rub.de

Angeklickt

Medizinisches Proteom-Center an der Ruhr-Universität Bochum
http://www.medizinisches-proteom-center.de

Kairos-GmbH
Beratung und Systemlösung für das Gesundheitswesen
http://www.kairos-med.de

Prädiktive Biomarker und Drug Targets für das individualisierte Management von Lebererkrankungen
http://www.profile-project.de/

Biomarker-Chip für Parkinson
http://www.pm.ruhr-uni-bochum.de/pm2009/msg00206.htm

Quelle: Dr. Josef Koenig - Ruhr-Universitaet Bochum - Pressestelle - 44780 Bochum


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2012