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MELDUNG/597: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 05.09.12 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Forschungsförderung für Reproduktionsmedizin
→  Menschliches Immunsystem durch Informatikmodelle durchschauen
→  Pilzinfektionen: Probleme bei der Diagnostik?



Universität Leipzig - 04.09.2012

Forschungsförderung für Reproduktionsmedizin

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat einem Projekt aus der Molekularen Onkologie der Universität Leipzig eine Fördersumme über 296.000 Euro zugesprochen. Untersucht werden darin die Synthese und Funktion des menschlichen Schwangerschaftshormons hCG. Die Erkenntnisse können später für Diagnostik und Therapie in der Reproduktionsmedizin von Bedeutung sein.

In vorangegangenen Arbeiten an der Medizinischen Fakultät konnte die Biochemikerin Dr. Sindy Sohr zusammen mit Prof.Engeland bereits zeigen, dass die Synthese verschiedener Varianten des Schwangerschaftshormons hCG unterschiedlich reguliert wird. Mit der aktuellen DFG-Förderung über eine Laufzeit von drei Jahren kann die Wissenschaftlerin ihre Grundlagenforschung nun vertiefen. Die geplanten Experimente bauen zudem auf den Erkenntnissen zum Schwangerschaftshormon auf, die der inzwischen emeritierte Leipziger Reproduktionsmediziner Prof. Henry Alexander in den vergangenen Jahrzehnten erarbeitet hat.

Der genaue Titel des Projekts von Dr. Sohr lautet "Differentielle Expression und Funktion der humanen beta-Choriongonadotropin-Untereinheiten". Ziel ist es, die molekularen Strukturen der verschiedenen Untereinheiten des Schwangerschaftshormons hCG und deren Funktionen im menschlichen Körper besser zu verstehen. Die Leipziger Wissenschaftler vermuten, dass sie bereits beim Einnisten des befruchteten Eis in der Gebärmutter eine entscheidende Rolle spielen.

Diana Smikalla

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Kurt Engeland
E-Mail: engeland@medizin.uni-leipzig.de
www.engeland-research.de

Dr. Sindy Sohr
E-Mail: sindy.sohr@uniklinik-leipzig.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution232

Quelle: Universität Leipzig, Susann Huster, 04.09.2012

Raute

Gesellschaft für Informatik e.V. - 04.09.2012

Menschliches Immunsystem durch Informatikmodelle durchschauen - GI-Dissertationspreis für J. Textor

Für die beste Informatikdissertation im deutschsprachigen Raum wird in diesem Jahr Dr. rer. nat. Johannes Textor ausgezeichnet, der an der Universität Lübeck zum Thema "Search and Learning in the Immune System: Models of Immune Surveillance and Negative Selection" promoviert hat und derzeit an der Universität Utrecht arbeitet.

Die Arbeit beschäftigt sich mit den T-Zellen des menschlichen Immunsystems. T-Zellen kann man sich als eine Art "Polizeistreife des Körpers" vorstellen: Jede T-Zelle ist spezialisiert auf die Erkennung von ganz bestimmten Antigenen (Krankheitserregern) und patrouilliert ständig durch den Körper, um überall nach diesen Antigenen zu suchen.

Die Arbeit geht zwei verschiedenen Fragen nach: Erstens, wie schaffen es die T-Zellen, ein in den Körper eindringendes Antigen meist nach nur wenigen Stunden zu finden (erster Teil, Stichwort "Immune Surveillance")? Und zweitens, wie schafft es das Immunsystem trotz der riesigen Vielfalt und rasend schnellen Entwicklung der Krankheitserregern in unserer Umwelt einen nahezu vollständigen Schutz aufzubauen (zweiter Teil, Stichwort "Negative Selection")?

Der Beitrag der Arbeit besteht darin, diese beiden Fragen aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten - dem der Informatik. Viele der Probleme, die T-Zellen lösen müssen, sind nämlich auch in der Informatik bekannt: Wie lässt sich ein Problem effizient auf viele kleine Agenten ohne zentrale Kontrolle verteilen? Wie kann ein System auf anormale und potenziell gefährliche Signale zuverlässig reagieren, wenn es diese Signale nie zuvor gesehen hat? Die Arbeit nutzt analytische Werkzeuge aus Gebieten der Informatik wie der Schwarmintelligenz und dem maschinellen Lernens, um genau zu verstehen, wie T-Zellen diese schwierigen Aufgaben lösen.

Die so konstruierten Modelle sind in der Lage, überprüfbare Aussagen über das Verhalten des Immunsystems in bestimmten Situationen zu treffen. So wird beispielsweise ein Modell verwendet, um vorherzusagen, welche Teile der Proteine von Viren (konkret wird HIV betrachtet) vom Immunsystem erkannt werden müssten. Es zeigt sich, dass diese Vorhersagen genauer sind als die aller anderen bislang vorgeschlagenen Erklärungsmodelle. Solche Vorhersagen könnten in der Zukunft Anwendung bei der Entwicklung von Impfstoffen für neuartige Krankheitserreger von Nutzen sein.

Der Dissertationspreis wird jährlich gemeinsam von der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI), der Schweizer Informatik Gesellschaft, der Oesterreichischen Computer Gesellschaft und dem German Chapter of the ACM vergeben und ist mit 5.000 Euro dotiert. Die Auszeichnung findet auf der GI-Jahrestagung INFORMATIK 2012 am 18. September 2012 in Braunschweig statt: www.informatik2012.de.

Weitere Informationen zum Dissertationspreis finden sich unter
http://www.gi.de/wir-ueber-uns/wettbewerbe/gi-dissertationspreis.html

Die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) ist eine gemeinnützige Fachgesellschaft zur Förderung der Informatik in all ihren Aspekten und Belangen. Gegründet im Jahr 1969 ist die GI mit ihren heute rund 20.000 Mitgliedern die größte Vertretung von Informatikerinnen und Informatikern im deutschsprachigen Raum. Die Mitglieder der GI kommen aus Wissenschaft, Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung, Lehre und Forschung.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.gi.de
http://www.gi.de/presse.html
http://www.informatik2012.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:

http://idw-online.de/de/image180435
Simulation der Erkennung von Antigen in einem infizierten Lymphknoten des menschlichen Immunsystems. Die schwarzen Linien zeigen die - im Wesentlichen zufälligen - Bewegungspfade der einzelnen Zellen. Jedesmal, wenn eine Zelle auf Antigen trifft, verlangsamt sich die Bewegung ein wenig. Jeder Kreis in der Abbildung illustriert die Zahl (Kreisfläche) und Geschwindigkeit (Farbe) der Zellen im umgebenden Bereich des simulierten Lymphknotens nach zwei, vier, sechs und acht Stunden Suche. Nach acht Stunden haben alle Zellen das Antigen gefunden und ihre Bewegung entsprechend stark verlangsamt (rote Farben).

http://idw-online.de/de/image180436
GI-Dissertationspreisträger Johannes Textor

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution484

Quelle: Gesellschaft für Informatik e.V., Cornelia Winter, 04.09.2012

Raute

Julius-Maximilians-Universität Würzburg - 04.09.2012

Pilzinfektionen: Probleme bei der Diagnostik?

Infektionen mit Schimmelpilzen können für Patienten mit geschwächtem Immunsystem lebensgefährlich sein. Die Medikamente, mit denen die Pilze bekämpft werden, wirken oft nur bedingt und könnten möglicherweise falsche Diagnosen verursachen. Würzburger Mediziner prüfen, ob das stimmt.

Der Schimmelpilz Aspergillus kommt in der Umwelt sehr häufig vor. So häufig, dass jeder Mensch am Tag mehr als 50 Aspergillus-Sporen einatmet. In Normalfall hält das Immunsystem den Pilz in Schach. Funktioniert es allerdings nicht oder nur eingeschränkt, kann sich eine Infektion entwickeln: Der Schimmelpilz wächst zuerst im Lungengewebe und wird dann invasiv. Das heißt, dass er sich im ganzen Körper ausbreitet und andere Organe wie Nieren, Herz und Gehirn befällt. Für viele Betroffene bedeutet das den Tod.

Die Gefahr einer Schimmelpilz-Infektion, einer Aspergillose, ist besonders groß, wenn das Immunsystem künstlich unterdrückt wird, etwa nach einer Chemotherapie sowie nach Stammzell- oder Organtransplantationen. In den beiden zuletzt genannten Fällen wird das Immunsystem gedämpft, um Abstoßungsreaktionen zu verhindern.

Nach der Transplantation von Stammzellen, zum Beispiel im Zuge einer Blutkrebstherapie, erleidet etwa jeder zehnte Patient eine Schimmelpilz-Infektion. Trotz Behandlung sterben daran 30 bis 70 Prozent der Betroffenen, denn die verfügbaren Medikamente wirken nicht bei jedem Patienten oder die Pilzinfektion wird zu spät erkannt. Unbehandelt verläuft die Infektion so gut wie immer tödlich.

Störung der molekularen Diagnostik?

Angesichts der Lebensgefahr, die von dem Pilz ausgeht, ist es besonders wichtig, den Pilz sehr früh zu erkennen und den Erfolg der Therapie zuverlässig überprüfen zu können: Hat der Patient eine invasive Infektion? Ist der Pilz noch im Körper oder ist er besiegt? Das lässt sich nur mit empfindlichen molekularen Diagnoseverfahren beurteilen.

Doch auf diesem Gebiet könnte es ein Problem geben, wie der Würzburger Biologe Jürgen Löffler sagt: "Wir vermuten schon seit langem, dass die reine Anwesenheit der Anti-Pilz-Medikamente die molekularen Diagnoseverfahren stören und somit falsch negative Befunde zur Folge haben könnte."

Das bedeutet: Der Pilz ist im Patienten noch vorhanden, aber nicht mehr nachweisbar. Wird die Anti-Pilz-Therapie in diesem Fall beendet, kann das tödliche Folgen haben. Auf Nummer sicher gehen und den Patienten einfach weiterbehandeln, ist ebenfalls keine gute Lösung - denn die Medikamente haben teils schwere Nebenwirkungen auf Leber und Nieren.

Förderung durch den "Europe Aspire Award"

Jürgen Löffler leitet eine Forschungsgruppe an der Medizinischen Klinik II der Universität Würzburg. In einem neuen Projekt untersuchen er und sein Team nun, ob die üblicherweise gegen Pilzinfektionen verwendeten Medikamente wie Polyene, Azole und Echinocandine den molekularen Nachweis des Schimmelpilzes Aspergillus tatsächlich stören.

Für dieses Projekt hat Löffler den mit 50.000 Euro dotierten "Europe Aspire Award" der Firma Pfizer zuerkannt bekommen. Der Preis ist für Forschungen vorgesehen, welche die Diagnostik von Pilzinfektionen verbessern helfen.

Kontakt:
PD Dr. Jürgen Löffler
Medizinische Klinik und Poliklinik II
Universitätsklinikum Würzburg
loeffler_j@klinik.uni-wuerzburg.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image180473
Die elektronenmikroskopische Aufnahme zeigt Immunzellen des Menschen und Sporen des Schimmelpilzes Aspergillus.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution99

Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Robert Emmerich, 04.09.2012

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. September 2012