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BILDUNG/690: Gesetzesvorlage gefährdet Ärzteausbildung (idw)


Medizinischer Fakultätentag der Bundesrepublik Deutschland - 24.09.2010

Gesetzesvorlage gefährdet Ärzteausbildung


Am 1. Januar 2011 soll das Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft treten. Das Gesetz gefährdet jedoch in seiner aktuellen Form die Universitätsmedizin und die Ausbildung der Ärzte. Die Gesetzesvorlage bedarf daher dringender Modifikationen.

"Studentische Ausbildung und klinische Versorgung gehören in der Universitätsmedizin untrennbar zusammen, weil nur so gewährleistet werden kann, dass der ärztliche Nachwuchs die neuesten Diagnostik- und Behandlungsmethoden erlernt. Die hohe Qualität des deutschen Gesundheitswesens basiert auf dieser dualen Funktion der Universitätsmedizin", erläutert Professor Dieter Bitter-Suermann, Präsident des Medizinischen Fakultätentages (MFT). "Sehr aufwendige Krankheitsbilder, wie sie gerade an die Universitätskliniken überwiesen werden, können bei Umsetzung des aktuellen Gesetzentwurfs kaum noch kostendeckend behandelt werden. Bei fortschreitender Unterfinanzierung der Universitätsmedizin wird es zu nachteiligen Veränderungen in allen Bundesländern kommen", kritisiert der MFT-Präsident.

Bei Einführung der fallpauschalierten Vergütung (DRG) wurden die Universitätsklinika trotz ihrer besonderen Funktion in der Ausbildung allen anderen Krankenhäusern gleichgesetzt. Dies hat in den letzten Jahren zu einer massiven Ökonomisierung geführt. Bereits jetzt gefährdet die Rationalisierung aller Abläufe in den Universitätsklinika eine sorgfältige Ausbildung, weil die für die klinische Ausbildung benötigte Zeit nicht vergütet wird. Das derzeitig in der Diskussion befindliche Gesetz gefährdet in seiner aktuellen Form die Funktion der Universitätsmedizin. Es ist unter anderem vorgesehen, dass vereinbarte Mehrleistungen im klinischen Bereich nur noch zu 70 Prozent vergütet werden. Bei gleichzeitig steigenden Personal- und Sachkosten kann diese Absenkung nur über Personalreduktionen kompensiert werden. Dies wird unweigerlich dazu führen, dass die Qualität der Ausbildung der Ärzte im klinischen Bereich sinkt, weil die Ressourcen zur Einführung in Diagnostik und Therapie noch weiter beschnitten werden. Außerdem ist zu befürchten, dass die zwangsläufig defizitäre Krankenversorgung durch Mittel aus dem Forschungs- und Lehrebereich subventioniert werden muss, um ausgeglichene Betriebsergebnisse zu erzielen.

"Der Medizinische Fakultätentag fordert eine Änderung des Gesetzes zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung: Die Reduktion der Vergütung vereinbarter Mehrleistungen muss für die Universitätsmedizin aufgehoben werden. Des Weiteren muss darüber diskutiert werden, wie die Hochschulmedizin zukünftig so finanziert wird, dass sie ihren Aufgaben nachhaltig und langfristig gerecht werden kann", sagt Bitter-Suermann.

"Ich kann vor einer noch stärkeren Beschneidung der Hochschulmedizin nur warnen. Sie steht im krassen Gegensatz zu den Systemen in unseren Nachbarländern, wie etwa Holland. Dort wird der für die Ausbildung der Ärzte benötigte zusätzliche klinische Aufwand gesondert finanziell berücksichtigt und die Universitätsmedizin erhält mit einen Innovationszuschlag eine Sondervergütung. Wir brauchen konzeptionelle Veränderungen für die Finanzierung der Hochschulmedizin", mahnt Bitter-Suermann.


Der MFT vertritt die Interessen der 36 Medizinischen Fakultäten Deutschlands:
www.mft-online.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution847


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Medizinischer Fakultätentag der Bundesrepublik Deutschland
Verena Wirwohl, 24.09.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2010