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AUSLAND/1816: Türkei - Schlechte medizinische Versorgung in Gefängnissen (IPPNW)


IPPNW-Presseinformation vom 28.3.2012
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland

Schlechte medizinische Versorgung in Gefängnissen

IPPNW-Ärztedelegation in der Türkei



Eine Ärzte-Delegation der IPPNW kritisiert die Haftgründe nach dem Terrorparagraphen in der Türkei scharf. Die Delegation besucht zur Zeit die hauptsächlich von Kurden bewohnten Gebiete des Landes. Die medizinischen Bedingungen in den Gefängnissen müssten dringend verbessert werden, heißt es in einer an die türkische Regierung gerichteten Resolution.

"Es sind im Moment nach unseren Informationen extrem viele Kurden inhaftiert", erklärt Dr. Helmut Käss, Mitglied der IPPNW-Delegation: "Über 6.000 Gefangene sind in den letzten drei Jahren auf Basis von Terrorgesetzen inhaftiert worden. Laut der türkischen Menschenrechtsorganisation IHD haben diese Menschen keinerlei Gewalt angewendet, sondern sich in einer Weise geäußert, die dem türkischen Staat nicht gefällt."

Die IPPNW-Ärzte beklagen eine massive Diskriminierung der Kurden: So werde die kurdische Sprache bei Gerichtsverhandlungen nicht akzeptiert. Vergangene Woche seien auch mehrere traditionelle kurdische Newroz-Feste verboten worden.

Käss kritisiert außerdem: "Die türkische Parlaments-Mehrheit hat zwei Gesetze zur Erweiterung der Definition von Terrorismus verabschiedet, wonach jeder, der die 'Ziele einer illegalen Organisation verbreitet' oder 'Propaganda für eine illegale Organisation' macht inhaftiert werden kann." Nach Angaben von Dr. Käss ist damit jeder kurdische Politiker ständig der Gefahr einer Inhaftierung ausgesetzt, weil sie oft inzwischen verbotenen Vorgängerparteien angehörten. "16 der etwa 90 kurdischen Bürgermeister saßen am 17. Januar in Gefängnissen, weil sie sich in einer Form geäußert haben, die der türkischen Regierung nicht genehm ist", sagt Käss.

Nach Angaben der 15-köpfigen IPPNW-Delegation erhalten inhaftierte Krebs-Patienten in den Gefängnissen in kurdischen Gebieten eine unzureichende medizinische Versorgung. Das sei mit den Menschenrechten nicht vereinbar. Käss zitiert aus der Resolution an die türkische Regierung: "Wir fordern, dass Todkranke entlassen werden - einerseits, weil sie dann besser medizinisch behandelt werden, und andererseits, weil sie dann auch im Kreis ihrer Angehörigen angemessen sterben können."

Die Ärzte-Delegation der IPPNW wird am Donnerstag nach Deutschland zurückkehren.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 28. März 2012
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Tel. 030/69 80 74-0, Fax: 030/69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. März 2012