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AUSLAND/1877: Malediven - Bemerkenswerte Fortschritte bei der Aidsbekämpfung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. September 2012

Malediven: Bemerkenswerte Fortschritte bei der Aidsbekämpfung

von Feizal Samath


Kondom-Werbeaktion in Male - Bild: © SHE

Kondom-Werbeaktion in Male
Bild: © SHE

Male, 24. September (IPS) - Dem orthodox-islamischen Inselstaat Malediven ist mit Aufklärungsprogrammen und der Gratisausgabe von Kondomen ein beachtlicher Erfolg im Kampf gegen die Ausbreitung der tödlichen Immunschwächekrankheit HIV/Aids gelungen.

Noch vor wenigen Jahren waren Kondome auf den Malediven nur in Apotheken und bei Vorlage eines Rezepts erhältlich. Wer damals auf der Straße mit einem Kondom in der Tasche angetroffen wurde, musste mit seiner Verhaftung rechnen.

Doch ein Fünf-Jahres-Programm des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM) hat offenbar einen Gesinnungswandel auf dem Inselarchipel im Indischen Ozean herbeigeführt.

Das Programm richtete sich vor allem an den sexuell aktiven Teil der Bevölkerung. Doch vor allem wurden die 110.000 Ausländer angesprochen - mehrheitlich Bangladescher, Inder und Srilanker, die im Straßenbau und in den Luxus-Tourismus-Resorts arbeiten.

"In den vorangegangenen fünf Jahren haben wir eine Menge erreicht", zieht Ivana Lohar, die HIV/AIDS-Projektmanagerin im Malediven-Büro des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP), Bilanz. "Wir sind der Meinung, dass eine weitere Runde globaler Hilfe dafür sorgen würde, den Erfolg zu halten." Das Programm ist im August abgelaufen.


Vor allem Ausländer infektionsgefährdet

Die Herausforderung besteht Lohar zufolge darin, die HIV-Prävalenz trotz der Präsenz von Hochrisiko-Gruppen niedrig zu halten. Bis Dezember 2011 waren nur 15 HIV-Infektionen bei Maledivern gemeldet worden. Demgegenüber wurden 289 ausländische Arbeitskräfte positiv getestet.

Die Gesellschaft für Gesundheitserziehung (SHE), eine lokale Nichtregierungsorganisation, hat im Zentrum der Hauptstadt Male ein neues Freiwilligenberatungs- und Testzentrum aufgemacht, das Einheimische und Ausländer kostenlos berät. SHE hat in den letzten Jahren zudem 40 Arbeitsmigranten als Peer-Group-Berater geschult.

Die Nichtregierungsorganisation bietet darüber hinaus in einer Gesundheitsklinik für sexuelle und reproduktive Gesundheit eine Vielzahl von Hilfsleistungen an. "Wir verteilen die Pille, Kondome und andere Verhütungsmittel und bieten Notfalllösungen an. Wir fragen die Menschen nicht, ob sie verheiratet sind. Wir geben ihnen, was sie wünschen", so die SHE-Programmmitarbeiterin Asna Luthfee. "Auch unterstützen wir diejenigen, deren Testergebnisse positiv ausfallen." Das von SHE und UNDP gemeinsam durchgeführte Programm gilt als regionales Vorzeigemodell.

Mohamed Yahiya, ein Bilanzbuchhalter aus Bangladesch, ist auf den Malediven als HIV-Peer-Group-Berater unterwegs. Wie er berichtet, hat die Regierung in diesem Jahr entschieden, dass Beschäftigte, die sich auf den Malediven mit dem HI-Virus anstecken, im Land bleiben dürfen und kostenlos behandelt werden.

"Zuvor hatten viele aus Angst vor der Abschiebung nicht über ihren HIV- Status gesprochen. Doch mit den neuen Richtlinien der Regierung ist diese Sorge gegenstandslos geworden", erläutert er. Ausländer, die in Malediven arbeiten wollen, müssen sich bei ihrer Ankunft einem Aidstest unterziehen. Wer bei der Ankunft positiv getestet wird, darf nicht einreisen.

Die Anti-Adis-Kampagne hat es nicht immer leicht gehabt. So gab es Druck von Seiten der Öffentlichkeit und religiösen Gruppen, die befürchteten, die Maßnahmen könnten zu sexueller Freizügigkeit führen. "Doch prinzipiell ist die maledivische Gesellschaft offen und sich der Notwendigkeit der sexuellen Aufklärung durchaus bewusst", meint Lohar. "Wir mischen uns nicht in Glaubensfragen ein, sondern betrachten Aids als ein Problem der öffentlichen Gesundheit, das sich negativ auf die Wirtschaft auswirken könnte."

Nach Aussagen eines Sprechers des nationalen Aids-Programms (NAP) - nach geltendem Recht dürfen Staatsbedienstete nicht ihre Namen nennen - haben 2008 und 2009 durgeführte Umfragen gezeigt, dass HIV/Aids-Infizierte noch immer stigmatisiert und diskriminiert werden. Dadurch werde der Kampf gegen die Immunschwäche erschwert.


Für Epidemie anfällig

Eine UN-finanzierte Studie zu HIV/AIDS aus dem Jahre 2008 hat vor allem ungeschützten Sex und nicht sterile Spritzbestecke als Hauptgefahrenherde einer HIV-Infektion identifiziert. Für die Malediven bestehe die Gefahr einer Epidemie, die es dringend im Auge zu behalten gelte, heißt es in dem Bericht. Außerdem wurde empfohlen, den Drogenmissbrauch in Gefängnissen und Rehabilitationszentren sowie riskante sexuelle Verhaltensweisen der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen im Auge zu behalten.

Eine weitere wichtige Projektkomponente war die Durchführung von folkloristischen Veranstaltungen für Migranten, auf denen kostenlose HIV-Aidstests angeboten werden. Bei der letzten Veranstaltung hatten Regierungsagenturen, Botschaften und Hochkommissariate eng zusammengearbeitet. "Die Migranten werden in ihrer Muttersprache informiert", meint Yahiya. "Wenn sie irgendwann einmal in ihr Heimatland zurückkehren, werden sie dieses Wissen mit nach Hause nehmen." (Ende/IPS/kb/2012)


Links:
http://she.org.mv/
http://aidsdatahub.org/dmdocuments/BCC_Strategy_HIV_AIDS_Maldives_2009.pdf
http://www.ipsnews.net/2012/09/maldives-talks-condoms/

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2012