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AUSLAND/1891: Indien - Hepatitis B bei Exil-Tibetern verbreitet - Impfkampagnen wenig erfolgreich (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. Oktober 2012

Gesundheit: Hepatitis B bei Exil-Tibetern verbreitet - Impfkampagnen wenig erfolgreich

von Katie Lin


Exil-Tibeter leiden auffällig häufig an Hepatitis - Bild: © Katie Lin/IPS

Exil-Tibeter leiden auffällig häufig an Hepatitis
Bild: © Katie Lin/IPS

Dharamsala, Indien, 24. Oktober (IPS) - Die Zentrale Tibetische Verwaltung (CTA) mit Sitz in der nordindischen Stadt Dharamsala setzt sich vorwiegend mit politischen Problemen auseinander. Doch in diesem Jahr hat sie erstmals den Welthepatitistag am 28. Juli anerkannt und damit ihre Entschlossenheit demonstriert, entschieden gegen die Ausbreitung der hoch infektiösen Krankheit unter den im Exil lebenden Tibetern vorzugehen.

"Wir haben alle unsere Gesundheitszentren angewiesen, den Welthepatitistag zu beachten und die Öffentlichkeit für Hepatitis B zu sensibilisieren", sagte CTA-Gesundheitsminister Tsering Wangchuk. Seit 2002 lässt die Behörde alle tibetischen Kinder unter fünf Jahren impfen. Schwangeren werden kostenlose Untersuchungen angeboten.

Trotz Bemühungen im Kampf gegen das Virus ist die Krankheit weit verbreitet. Zahlen zu betroffenen Exil-Tibetern liegen allerdings nicht vor. Kunchok Dorjee, der als Allgemeinmediziner im Delek-Krankenhaus in Dharamsala arbeitet, geht wie die CTA-Gesundheitsbehörde davon aus, dass über acht Prozent der Exil-Tibeter erkrankt sind.

Nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht man von einer hohen Verbreitung einer Krankheit, wenn mehr als acht Prozent der Bevölkerung betroffen sind. Der Mittelwert liegt bei zwei bis acht Prozent, eine niedrige Verbreitung bei unter zwei Prozent.

Laut Kunchok tragen mehrere Faktoren zu der hohen Verbreitung unter den Exil-Tibetern bei, unter anderem die politische Lage in China. Seit 1959 sind mehr als 128.000 Tibeter vor der Repressionspolitik Chinas geflohen, das Tibet kontrolliert.

"In Tibet ist es schwer, etwas zu tun", räumt Kunchok ein. "Wir konnten keine Impfkampagne durchführen, weil das Land in den vergangenen Jahrzehnten schwere Zeiten durchgemacht hat. Gesundheitsversorgung ist nicht die oberste Priorität." Daher kämen zahlreiche Tibeter nach Indien, die nicht geimpft seien. Viele von ihnen würden positiv auf Hepatitis B getestet.

Obwohl die Exil-Regierung sich bemüht, die Ansteckungsraten durch Impfkampagnen und gesundheitliche Aufklärung zu senken, wissen viele Menschen nicht, auf welchen Wegen sich das Virus weiterverbreitet. Ähnlich wie der Erreger der Immunschwächekrankheit AIDS wird Hepatitis B durch den Kontakt mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten einer infizierten Person übertragen. "Bei den Menschen, die über Hepatitis B informiert werden, regt sich Unbehagen, vor allem wenn sie erfahren, dass das Virus durch sexuelle Kontakte übertragen wird", sagt Kunchok. Betroffene erhielten jedoch Unterstützung von anderen Leidensgenossen.


Kinder im Schulalter stark gefährdet

Wie der Mediziner erklärt, wird die Krankheit zumeist durch Zufallskontakte in endemischen Regionen übertragen. Am stärksten seien Schulkinder gefährdet, die in beengten Verhältnissen lebten. Auch Mönche und Nonnen seien betroffen. Viele Kinder würden bei der Geburt durch ihre Mütter angesteckt, sagte er. Die Krankheit zeige im weiteren Verlauf nicht unbedingt akute Symptome.

Hepatitis B greift auch deshalb so rasch um sich, da sich viele Tibeter Rasiermesser teilen. Sensibilisierungskampagnen haben Kunchok zufolge jedoch dazu beigetragen, dass diese Gewohnheiten abnehmen und die Ansteckungsraten in den vergangenen Jahren zurückgegangen sind.

Dennoch sind noch viele Schwierigkeiten zu überwinden. Zum einen zeigt der Impfstoff nur in 95 Prozent der Fälle Wirkung gegen ein Virus, das 50 bis 100 Mal infektiöser ist als HIV und außerhalb des menschlichen Körpers bis zu sieben Tage überleben kann. In einer Kultur, in der die Menschen eng zusammenleben und täglich weitere nicht geimpfte Exilanten eintreffen, sind die Gefahren einer Infektion erheblich größer.

"Hepatitis B ist ein Problem der öffentlichen Gesundheit, und ich glaube, dass eine Sensibilisierung der Bevölkerung die Lösung dafür ist", erklärte Kunchok. Es sei Sache der tibetischen Exil-Regierung, Informationskampagnen zu unterstützen und auch die Nachsorge der Patienten zu organisieren.

Nach Schätzungen der WHO sind weltweit etwa zwei Milliarden Menschen mit dem Hepatitis-B-Virus infiziert. Davon sind schätzungsweise 360 Millionen chronisch krank und in Gefahr, Leberzirrhose oder Leberkrebs zu entwickeln. Drei Viertel der Weltbevölkerung leben in Gebieten, in denen ein hohes Ansteckungsrisiko besteht. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.who.int/topics/hepatitis/en/
http://www.ipsnews.net/2012/10/tibetan-exiles-report-high-rates-of-hepatitis-b/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Oktober 2012