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AUSLAND/1918: Haiti - Zugang zu medizinischer Versorgung weiterhin unzureichend (Ärzte ohne Grenzen)


Ärzte ohne Grenzen - Aktivitäten-Update vom 10. Januar 2013

Haiti: Zugang zu medizinischer Versorgung weiterhin unzureichend



Drei Jahre nach dem schweren Erdbeben im Jahr 2010 hat sich das Gesundheitssystem von Haiti noch immer nicht erholt. Ärzte ohne Grenzen betreibt nach wie vor vier Krankenhäuser im Land. Die Kliniken haben improvisierte Einrichtungen ersetzt, die die medizinische Nothilfeorganisation nach dem 12. Januar 2010 errichtet hatte. Lokale Behörden werden die Krankenhäuser auch in naher Zukunft nicht übernehmen. "Der Prozess verläuft viel zu langsam. Die haitianischen Einrichtungen sind geschwächt, Geldgeber haben ihre Versprechen nicht eingehalten, und die Regierung und die internationale Gemeinschaft haben keine klaren Prioritäten gesetzt", sagt Joan Arnan, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Haiti. "Wir sind gekommen, um in der Katastrophe Nothilfe zu leisten, bis der Wiederaufbau in Gang kommt und die Strukturen der öffentlichen Gesundheitsversorgung übernehmen. Leider hat sich in den vergangenen drei Jahren hinsichtlich des Zugangs zu medizinischer Versorgung kaum etwas getan."

Die mangelhafte Reaktion auf die Cholera-Epidemie, die seit dem Jahr des Bebens grassiert, macht die Verzögerungen beim Wiederaufbau des Gesundheitssystems deutlich. Immer wieder bricht die Krankheit aus und im Jahr 2012 hat Ärzte ohne Grenzen in Port-au-Prince und Léogâne mehr als 22.900 Cholera-Patienten behandelt. Nach den Wirbelstürmen Isaac und Sandy stiegen die Cholera-Fälle im vergangenen Herbst weiter an, weil sich die Erreger weiter ausbreiten konnten. Obwohl seit kurzem ein Rückgang festzustellen ist, zählte Ärzte ohne Grenzen Ende 2012 noch immer mehr als 500 Krankheitsfälle pro Woche.

"Die Mehrheit der Bevölkerung hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen, doch ist die Behandlung von Cholera in den wenigen verbliebenen öffentlichen Gesundheitseinrichtungen bislang nicht ausreichend integriert", so Arnan. In der Stadt Léogâne, rund 30 Kilometer außerhalb von Port-au-Prince, haben sich mehrere humanitäre Organisationen wegen zu knapper finanzieller Mittel zurückgezogen. Infolgedessen stieg die Zahl der Patienten bei Ärzte ohne Grenzen. In den Einrichtungen der Organisation in Port-au-Prince zeigt sich ein ähnliches Bild.

Die Stadt Léogâne, die nah am Epizentrum von 2010 liegt, wurde vom Beben größtenteils zerstört und gleicht noch heute einer riesigen Baustelle. Das dortige Container-Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen ist die einzige Einrichtung in der Region, die kostenlose Behandlung anbietet. Neben der Entbindungsstation gibt es eine Notaufnahme und eine chirurgische Abteilung; Kaiserschnitte und die Behandlung von Verletzungen durch Verkehrsunfälle gehören zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen. In einem weiteren Gebäude werden Schwangere und Kinder unter fünf Jahren behandelt.

Während Ärzte ohne Grenzen plant, das Krankenhaus schrittweise an das staatliche Gesundheitswesen in Léogâne zu übergeben, zieht es immer mehr Patienten an. Einige von ihnen kommen sogar aus Port-au-Prince, was den Mangel an adäquater Versorgung auch in der Hauptstadt zeigt. "Das Krankenhaus füllt eine Lücke, die schon vor dem Beben bestand. Die Mehrheit der Haitianer hatte bereits vor dem 12. Januar 2010 keinen Zugang zu medizinischer Versorgung", so Arnan.

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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Januar 2013