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AUSLAND/2076: Pakistan - HIV-Infektionen durch intravenösen Drogenkonsum, Experten alarmiert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. März 2014

Pakistan: HIV-Infektionen durch intravenösen Drogenkonsum - Experten alarmiert

von Ashfaq Yusufzai


Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Ein Heroinabhängiger am Rande von Peshawar
Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Peshawar, Pakistan, 24. März (IPS) - In Pakistan gibt es derzeit 9.000 offiziell bestätigte HIV/Aids-Infizierte. Selbst wenn diese niedrige Zahl stimmen sollte, ist die Gefahr groß, dass sie durch den zunehmenden intravenösen Drogenkonsum gravierend ansteigen wird.

Einer Untersuchung aus dem letzten Jahr zufolge hängen 420.000 der 180 Millionen Pakistaner an der Nadel. "Heroinabhängige stecken sich durch die Verwendung des gleichen Spritzbestecks an. Wir fürchten, dass sie das HI-Virus an andere übertragen werden", warnt Syed Mohammad Javid vom Nationalen Aids-Kontrollprogramm (NACP) gegenüber IPS.

Die geographische Nähe zu Afghanistan, wo Schlafmohn auf riesigen Landstrichen angebaut wird, wirkt sich zunehmend problematisch auf die pakistanischen Städte aus. Peshawar, die Hauptstadt der Provinz Khyber Pakhtunkhwa im Norden des Landes, gehört dazu.

"Dort wurden 20 Prozent der Heroinkonsumenten HIV-positiv getestet. Das ist wirklich besorgniserregend", meint Javid unter Berufung auf eine Studie, die die Kanadische Entwicklungsbehörde (CIDA) mit dem NACP 2010 durchgeführt hat. Eine Untersuchung zwei Jahre zuvor hatte die Zahl mit 13 Prozent angegeben. Die HIV/Aids-Prävalenz nimmt also zu.

"Die Regierung mag zwar von 9.000 Heroinabhängigen ausgehen, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt jedoch, dass sich die aktuelle Zahl auf mehr als 100.000 beläuft", erklärt der Experte. Das Problem habe sich durch die Entscheidung der Weltbank verschärft, die Gelder für die Betreuung von Drogenabhängigen zugunsten der Überschwemmungsopfer umzuwidmen.


Keine staatlichen Entzugsmöglichkeiten

Abdul Hameed vom WHO hält die dramatische Zunahme der HIV/Aids-Fälle unter jungen Heroinkonsumenten für zutiefst besorgniserregend, zumal es in Pakistan keine offiziellen Entgiftungs- und Rehabilitationsprogramme gibt. Lange Zeit seien die Gesundheitsbehörde und die Geberagenturen davon ausgegangen, dass HIV/Aids kein hausgemachtes Problem sei, sondern von Immigranten aus den Vereinigten Emiraten und anderen Ländern eingeschleppt worden sei.

"Eine WHO-Studie hat jedoch gezeigt, dass HIV/Aids sehr wohl lokal und zwar durch den intravenösen Drogenkonsum erzeugt wird. Das macht den Zugang der Betroffenen zu einer Antiretroviraltherapie dringend erforderlich", unterstreicht Hameed. Pakistan hat in Zusammenarbeit mit der WHO 13 Zentren aufgebaut, in denen 5.000 HIV-Positive mit den lebensverlängernden antiretroviralen Medikamenten versorgt werden.

Laut Oussama Tawil, der die Arbeit der UN-Aids-Organisation (UNAIDS) in Pakistan und Afghanistan koordiniert, hat die Zunahme der Fälle von Heroinabhängigkeit in Peshawar die UN-Organisationen in Alarmbereitschaft versetzt. "Die Zahl der Drogenabhängigen, die sich ihre Spritzen teilen, ist in der Stadt in den letzten drei Jahren von 500 auf 1.800 gestiegen. Ein ähnliches düsteres Bild zeigt sich auch in anderen pakistanischen Städten wie Karachi, Faisalabad, Sukkur, Larkana, Lahore und Rawalpindi." Tawil zufolge gab es 2007 rund 90.000 Fälle von Heroinabhängigen, inzwischen seien es 500.000.

UNAIDS ist derzeit dabei, 20 Entgiftungs- und Rehabilitationszentren einzurichten. Aufgabe lokaler Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wird sein, die Heroinabhängigen auf die Behandlungsmöglichen aufmerksam zu machen. Für diejenigen, die HIV-positiv sind, soll es die Möglichkeit geben, medikamentös versorgt zu werden.

NGOs sind in Peshawar zudem mit der Umsetzung eines Pilotprogramms befasst, durch das Abhängige Zugang zu sterilen Nadeln haben, um die Verbreitung des HI-Virus einzuschränken. Später soll die Initiative auf andere Städte ausgeweitet werden.

Wie aus einer gemeinsamen Untersuchung der staatlichen Rauschgiftkontrollbehörde, des Pakistanischen Statistikamts und des UN-Büros für Drogen- und Kriminalitätsbekämpfung (UNODC) hervorgeht, greifen im Land 4,25 Millionen Menschen zu Drogen.


Cannabis meist konsumierte Droge

Die Untersuchung mit dem Titel 'Drogenkonsum in Pakistan', zeigt, dass Cannabis mit vier Millionen Konsumenten die meist konsumierte Droge in Pakistan ist. Opium und Heroin werden von etwa einem Prozent der Konsumenten eingenommen. Der höchste Heroinkonsum wurde in den Provinzen festgestellt, die an die afghanischen Schlafmohnanbaugebiete angrenzen.

Allein in den letzten zwölf Monaten seien 30.000 Erwachsene in von NGOs betriebenen Entzugszentren behandelt worden, so Mian Zulqernain Amir von der Rauschgiftkontrollbehörde. "Nun, da wir über die Prävalenz und Drogenkonsummuster im Bilde sind, können wir mit den UN und den NGOs angemessene Gegenmaßnahmen ergreifen." (Ende/IPS/kb/2014)


Link:
http://www.ipsnews.net/2014/03/injecting-hiv-pakistan/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. März 2014