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AUSLAND/2285: Pakistan - Zehn Dollar pro Arztbesuch, Provinzregierung fördert Schwangerenvorsorge (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. Oktober 2015

Pakistan: Zehn Dollar pro Arztbesuch - Provinzregierung fördert Schwangerenvorsorge

von Ashfaq Yusufzai


Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Eine schwangere Frau bei einer Untersuchung im Krankenhaus des Distrikts Bannu in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa
Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

PESHAWAR, PAKISTAN (IPS) - Die Regierung der pakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa zahlt schwangeren Frauen für jede Untersuchung im Krankenhaus umgerechnet etwa zehn US-Dollar. Damit wollen die Behörden die hohe Müttersterblichkeit senken.

"Wir sind sehr glücklich über diese Initiative", sagt Sharif Ahmed, der seine Ehefrau zu Ultraschall- und weiteren Vorsorgeuntersuchungen in eine Gesundheitseinrichtung nahe der Stadt Peshawar begleitet hat. Frauen hätten nun die Chance, Komplikationen während der Schwangerschaft vorzubeugen.

"Vor zwei Jahren hatte meine Frau eine Fehlgeburt. Ich hatte nicht genug Geld für Untersuchungen, die dies hätten verhindern können", erklärt der Arbeiter. Während dieser Schwangerschaft hat das Ehepaar dagegen schon zum zweiten Mal die Gesundheitsstation aufgesucht. Mit den 20 Dollar, die die Ahmeds bisher erhalten haben, konnten sie Fahrtkosten bezahlen, die für sie ansonsten nicht erschwinglich wären.


Viele Schwangere nicht über Risiken aufgeklärt

Khyber Pakhtunkhwa ist eine von vier pakistanischen Provinzen, in denen ein solches Programm eingeführt werden soll. Die Alphabetisierungsrate in Khyber Pakhtunkhwa beträgt nur 29 Prozent und liegt damit unter dem nationalen Durchschnitt, wie Kashif Ahmed, ein für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) tätiger Mediziner, erklärt. Viele Menschen trauten sich aus diesem Grund nicht zum Arzt und seien sich außerdem nicht der Risiken einer Schwangerschaft bewusst.

Mit einem geschätzten Anteil von 275 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten liegt Pakistan laut Ahmed weltweit an dritter Stelle hinter Indien und Nigeria. "Zurzeit geht nur etwa die Hälfte der Frauen in der Provinz zur Schwangerenvorsorge. Lediglich ein Viertel wird nach der Entbindung von einer Fachkraft betreut."

Die Provinzregierung hofft, dass die Geldzahlung schwangeren Frauen einen Anreiz dafür bietet, sich mindestens drei Mal vor der Geburt und zwei Mal nach der Niederkunft untersuchen zu lassen.


Kaum Ärztinnen im Einsatz

Viele Frauen in dem südasiatischen Land scheuen sich auch deshalb vor einem Krankenhausbesuch, weil sie sich nur von Ärztinnen untersuchen lassen wollen. An Medizinerinnen und Krankenschwestern herrscht in Pakistan jedoch ein gravierender Mangel.

Laut dem Leiter der Gesundheitsbehörde von Khyber Pakhtunkhwa, Pervez Kamal, leben die meisten der rund 2,2 Millionen Einwohner der Provinz zudem in abgelegenen ländlichen Gebieten. Selbst Gesundheitseinrichtungen, die eine Grundversorgung bieten, seien für sie schwierig erreichbar. Kamal hofft nun, dass die von der Provinz bereitgestellten Bonuszahlungen diesen Menschen ermöglichen, die Krankenhäuser mit Transportmitteln zu erreichen.

"Wir müssen außerdem dafür sorgen, dass 500 Ärztinnen und Pflegerinnen in den 1.680 Gesundheitsposten in ländlichen Regionen bereitstehen, damit sich Schwangere dort untersuchen lassen", sagt Kamal. Tausende Gesundheitsarbeiterinnen wurden bereits in die Dörfer geschickt, um zu impfen und schwangere Frauen kostenlos zu betreuen. Bis Januar 2015 hätten insgesamt 5.678 Frauen diese Angebote in Anspruch genommen. "Wir sind zuversichtlich, in der Provinz die Zahl der Todesfälle, die mit Schwangerschaften im Zusammenhang stehen, reduzieren zu können."

Kamal berichtet, dass die Behörden intensive Sensibilisierungskampagnen im Radio und Fernsehen durchgeführt haben, um die Bevölkerung über die finanziellen Anreize zu informieren.


Viele Frauen nutzen Angebot der Regierung

Auch die Gynäkologin Shamin Akhtar, die in einem Krankenhaus im Bezirk Mardan in Khyber Pakhtunkhwa arbeitet, hat festgestellt, dass die Initiative der Regierung positive Auswirkungen hat. "Die Zahl der Schwangeren, die zu ambulanten Untersuchungen im Krankenhaus erschienen sind, ist um 50 Prozent gestiegen, seit die Regierung jedes Mal zehn Dollar zahlt." Die Frauen, die Geld und eine +++kostenfreie(n) Behandlung erhielten, hätten davon Verwandten und Nachbarn erzählt, sagt Akhtar. Daraufhin hätten die Patientinnenzahlen stark zugenommen.

Sie habe von einer Frau in ihrer Nachbarschaft von dem Angebot erfahren, sagt die 20-jährige Jehan Bibi, die in das Hospital in Mardan gekommen ist. "Vor zwei Jahren habe ich bereits zu Hause einen Sohn geboren und hatte deshalb viele Probleme. Damals hatte ich kein Geld, um zum Arzt zu gehen, doch inzwischen ist die Situation anders. Die 50 Dollar, die ich für die Untersuchungen erhalte, reichen aus, um die Fahrtkosten zu zahlen", berichtet die junge Frau. "Während meiner ersten Schwangerschaft ließ meine Familie außerdem nicht zu, dass mich ein männlicher Arzt betreute. Nun sind alle zufrieden, weil ich von Frauen untersucht werde." (Ende/IPS/ck/14.10.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/10/pakistan-initiative-seeks-to-improve-maternal-child-care-in-rural-areas

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IPS-Tagesdienst vom 14. Oktober 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Oktober 2015

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