Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 1/2017
Krankenhausplan
Chronik oder Gestaltung?
Von Dirk Schnack
Der neue Krankenhausplan hat Ende vergangenen Jahres für Diskussionsstoff gesorgt. Krankenkassen und Opposition sind unzufrieden.
Seit Jahresbeginn hat Schleswig-Holstein einen neuen
Krankenhausplan. Weil die Verbände der Krankenkassen den vom
Gesundheitsministerium vorgelegten Plan abgelehnt hatten, machte die
Landesregierung von ihrem Letztentscheidungsrecht Gebrauch.
Der Plan sieht moderate Anpassungen des Status Quo vor. Die Krankenkassen waren mit dem Ergebnis so unzufrieden, dass sie mit ihrer Kritik schon vor der offiziellen Veröffentlichung vorpreschten. Die Opposition nahm den Ball dankbar auf und nutzte die Diskussion um die Klinikplanung zu einer Generalabrechnung mit der Gesundheitspolitik von Gesundheitsministerin Kristin Alheit (SPD).
Zunächst zu den wichtigsten Änderungen im neuen Krankenhausplan: Die Zahl der Betten sinkt von 15.167 im Jahr 2016 auf 15.020. In den chirurgischen Fächern werden insgesamt 548 Betten abgebaut, in der Inneren Medizin, der Neurologie und Geriatrie kommen insgesamt 430 Betten hinzu. In der Psychiatrie wird die tagesklinische Versorgung gestärkt - hier steht ein Plus von 148 Plätzen. Im Gegenzug werden 121 stationäre Betten abgebaut. Der Bedarf ergibt sich aus einer hochgerechneten Fallzahl, die 2017 in Schleswig-Holstein bei 653.102 liegen soll. Die meisten Fälle werden in der Inneren Medizin (236.567) erwartet, gefolgt von der Chirurgie (136.146) und der Frauenheilkunde (50.122). In der Geriatrie wird mit 21.615 Betten gerechnet. Dort erwartet man auch die längsten Verweildauern (17,5 Tage) nach den psychiatrischen und psychotherapeutischen Abteilungen. Die meisten Planbetten werden deshalb auch der Inneren Medizin (4.456), der Chirurgie (2.610), der Psychiatrie und Psychotherapie (1.846) sowie der Geriatrie (1.151) zugeschlagen. In der Psychiatrie wird die tagesklinische Versorgung gestärkt - hier steht ein Plus von 148 Plätzen. Im Gegenzug werden 121 stationäre Betten abgebaut.
Wie sich die Bettenzahlen in den einzelnen Kreisen verändern, zeigt die nachstehende Tabelle. Dabei können einzelne Kliniken Betten abbauen, auch wenn sich die kreisweite Zahl insgesamt erhöht. Beispiel Kiel: In der Landeshauptstadt sind unter dem Strich 109 Betten mehr als 2016 ausgewiesen. 62 zusätzliche Betten entfallen auf das Städtische Krankenhaus und 59 Betten mehr auf das UKSH, für Lubinus dagegen stehen 48 Betten weniger im Plan.
KRANKENHAUS STANDORT |
PLANBETTEN 2016 |
PLANBETTEN 2017 |
Flensburg Kiel Lübeck Neumünster Dithmarschen Herzogtum-Lauenburg Nordfriesland Ostholstein Pinneberg Plön Rendsburg-Eckernförde Schleswig-Flensburg Segeberg Steinburg Stormarn |
812
2.265
1.957
651
709
589
659
1.537
948
248
1.072
690
1.383
634
863
|
881
2.374
1.988
678
656
555
628
1.540
853
280
898
644
1.411
600
884
|
"Es ist gelungen, die Anzahl der Krankenhausbetten im Land auf einem
guten und nahezu gleichen Niveau zu halten", stellte
Gesundheitsministerin Kristin Alheit (SPD) bei der Vorstellung des
Plans heraus. Sie sprach von einer "soliden und zukunftsfähigen
Arbeitsgrundlage für die nächsten Jahre". Zufrieden waren auch die
Krankenhäuser. Die Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein (KGSH)
nannte den Plan eine "behutsame, aber deutliche" Weiterentwicklung.
Rückendeckung gab es erwartungsgemäß aus der eigenen Partei und von
den Koalitionspartnern. SPD-Gesundheitsexperte Bernd Heinemann sieht
die Landesregierung auf dem "richtigen Weg", um auch künftig eine
bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung sicherzustellen.
Grünen-Politikerin Dr. Marret Bohn erkennt im Klinikplan eine
"wichtige Innovation", weil die Fallzahlen aus der Vergangenheit um
eine "standortscharfe" Prognose für die kommenden Jahre ergänzt worden
seien. Bohn lobte außerdem: "Der Krankenhausplan nimmt auch die
besonderen Erfordernisse im ländlichen Raum in den Blick."
"Die 83 Seiten sind kein Konzept für die nächsten Jahre, sondern eine alleinige Beschreibung des Ist-Zustandes."
Die sozialpolitische Sprecherin der CDU im Landtag, Katja Rathje-Hoffmann, will dagegen am Beispiel der Geburtshilfe eine "Plan- und Hilflosigkeit der Ministerin" erkennen. Statt den Krankenhausplan zur Entwicklung einer Perspektive im Land zu nutzen, halte Alheit mit dem Plan lediglich fest, was die Klinikträger ohnehin schon begonnen hätten. "Die 83 Seiten sind kein Konzept für die nächsten Jahre, sondern eine alleinige Beschreibung des Ist-Zustandes", sagte Rathje-Hoffmann.
Die massivste Kritik kam von Alheits Amtsvorgänger Dr. Heiner Garg (FDP), der in einer Pressemitteilung einen "neuen Tiefpunkt in der Gesundheitspolitik" feststellte und von einer "nicht vorhandenen Gesundheitspolitik der amtierenden Landesregierung durch die völlig unsichtbar gebliebene Gesundheitsministerin" sprach. "Ministerin Alheit hat ganz offensichtlich keine Vorstellung davon, wie sie die Krankenhausstruktur zukunftsfähig gestalten will und zeigt damit ihr Desinteresse an medizinischen Versorgungsfragen", sagte Garg. Er vermisst Antworten auf zentrale Fragen: "Wie viel Zentralisierung und Spezialisierung braucht Schleswig-Holstein? Welche besonderen Bedürfnisse haben Menschen im ländlichen Raum? Wie versorgen wir eine älter werdende Bevölkerung? Wie soll dauerhaft eine gut strukturierte und vernetzte Versorgung bei zurückgehenden Arztzahlen gesichert werden?"
Die Ersatz- und Betriebskrankenkassen sehen in dem Plan eine Bestandsgarantie für die 112 Standorte im Land und vermissen ein Konzept für Konzentrationen, personelle Mindestbesetzungen oder Mindestfallzahlen. Auch sie verwiesen auf die Geburtshilfe und die in den vergangenen Jahren geschlossenen Abteilungen dieser Fachrichtung. Auf die hier erfolgte Konzentration hätten sich die Träger auch wegen der mangelnden Planung nur unzureichend einstellen können; die Standorte, die wegen der Schließungen nun stärker frequentiert werden, zeigen sich nicht immer dafür vorbereitet.
Die KGSH dagegen sieht für viele von den Krankenkassen erwartete Anpassungen noch nicht den richtigen Zeitpunkt gekommen. Diese sollen erfolgen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss und die Selbstverwaltung Vorgaben aus dem Krankenhausstrukturgesetz etwa zu Qualität und Mindestmengen umgesetzt haben.
Für die Finanzierung der Investitionskosten stellen das Land Schleswig-Holstein und die Kommunen im kommenden Jahr voraussichtlich 121,5 Millionen Euro zur Verfügung. Von 2018 bis 2030 soll der Sanierungsstau mithilfe des Impuls-Programms mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 533,8 Millionen Euro abgebaut werden. Wie viel Geld in welchem Jahr fließt und welche Klinikstandorte davon profitieren werden, steht noch nicht fest. Die Abstimmung hierzu soll in der ersten Jahreshälfte zwischen Ministerium, Kommunen und den Planungsbeteiligten stattfinden.
19,5 Mio Euro - um diese Summe soll in diesem Jahr die Krankenhausfinanzierung steigen. Die Gesamtsumme liegt damit bei 121,5 Millionen Euro. Für die Jahre von 2018 bis 2030 werden dann 533,8 Millionen Euro zur Verfügung stehen.
Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 1/2017 im
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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
70. Jahrgang, Januar 2017, Seite 12 - 13
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.
veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Februar 2017
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