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ARTIKEL/1494: Erste Landesqualitätskonferenz zur onkologischen Versorgung in Schleswig-Holstein (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Nr. 9/2018, September 2018

Onkologie
Qualität unter der Lupe


Erste Landesqualitätskonferenz zur onkologischen Versorgung in Schleswig-Holstein. Rund 80 Teilnehmer in Bad Segeberg.


Im Juni hat in Bad Segeberg mit über 80 Teilnehmern die erste Landesqualitätskonferenz zur onkologischen Versorgung im Land stattgefunden. Im Schleswig-Holsteinischen Krebsregistrierungsgesetz vom November 2015 und damit in Umsetzung von § 65c SGB V wird eine Erweiterung der verpflichtenden (bis dato) epidemiologischen Krebsregistrierung um klinische Inhalte vorgegeben. Ziel ist es, erweiterte Aussagen zu Entstehung, Diagnose, Behandlung und Verlauf von Krebserkrankungen zu gewinnen, wobei Qualitätskonferenzen integraler Bestandteil der Datennutzung sind. Gesundheitsministerium, Verbände und Fachgesellschaften, Krankenkassen sowie die Anbieter von Leistungen in der Krebsdiagnostik und -therapie erhoffen sich dadurch neue Möglichkeiten der datenbasierten Qualitätssicherung, gezielte Qualitätsförderung und verbesserte gesundheitspolitische Planung. Nicht zuletzt sollen Versorgungsforschung und -transparenz profitieren und Fortschritte für den einzelnen Patienten ermöglicht werden. Strukturen und Arbeitsweisen wurden im Rahmen der Konferenz vorgestellt.

Dr. Andreas Gremmelt, Leiter der Koordinierungsstelle des klinischen Krebsregisters im Kieler Gesundheitsministerium, betonte zu Beginn, dass im Kampf gegen Krebs weiterhin alle Beteiligten gefordert seien, und stellte das Zusammenspiel der beteiligten Institutionen vor. Krebserkrankungen werden auf lange Sicht eine gesamtgesellschaftliche und medizinische Herausforderung bleiben: Sie stehen an zweiter Stelle der Todesursachenstatistik und bedingt durch den demografischen Wandel sind weiter steigende Erkrankungszahlen zu erwarten.

Mirja Wendelken, Leiterin der Vertrauensstelle des Krebsregisters bei der Ärztekammer Schleswig-Holstein, berichtete, dass die initialen Probleme bei der elektronischen Erfassung und Übermittlung der relevanten Daten nach und nach überwunden werden konnten und inzwischen von über 1.100 "Meldern" Daten von mehr als 78.000 Patienten im System hinterlegt seien. Meldeanlässe, Meldewege und die datenschutzkonforme Verarbeitung der Daten vor Weiterleitung an die fachlich-inhaltlich auswertende Registerstelle wurden dargestellt.

Prof. Alexander Katalinic, Direktor des Instituts für Sozialmedizin und Epidemiologie der Universität zu Lübeck und Leiter der Registerstelle, hob besonders die Herausforderungen bei der Zusammenführung der vielen unterschiedlichen Meldungen zu den realen einzelnen Krankheitsfällen und Verläufen hervor. Bei der Zusammenführung der Daten unterschiedlicher Behandler und Einrichtungen zu einem Erkrankungsfall bleibt neben den maschinellen Möglichkeiten der Plausibilitäts- und Übereinstimmungsprüfung eine Menge "Handarbeit" bei der Datenaufbereitung, die profunde Kenntnisse und Zeit erfordert. Ziel ist eine Datenlage, die valide Auswertungen und konsekutiv nützliche und zielführende Aussagen zur Versorgungsqualität ermöglicht. Mit aussagekräftigen Ergebnissen rechnet er ab 2019. Parallel sei dann basierend auf allen Meldungen zu einem Krankheitsfall eine Rückmeldung an den einzelnen Behandler möglich.

"Die Versorgungsqualität soll künftig anhand der Beachtung von Leitlinien und anderer anerkannter Qualitätskriterien transparenter werden."

Dr. Carsten Leffmann, Ärztlicher Geschäftsführer der Ärztekammer Schleswig-Holstein und des Instituts für Ärztliche Qualität in Schleswig-Holstein (IÄQSH), hatte im Auftrag des Ministeriums zuvor eine Expertenarbeitsgruppe moderiert, in der das Konzept zur Durchführung der gesetzlich vorgesehenen Qualitätskonferenzen erarbeitet wurde. Neben Fach- und Organqualitätskonferenzen zur dezidierten Betrachtung der tumorspezifischen Versorgungslandschaft ist auch eine jährliche Landesqualitätskonferenz zur allgemeinen Information über die Aktivitäten vorgesehen. Die Versorgungsqualität soll künftig anhand der Beachtung von Leitlinien und anderer national und international anerkannter Qualitätskriterien transparenter werden. Wo als notwendig erachtet, sollen Möglichkeiten gezielter Qualitätsverbesserungsmaßnahmen aufgezeigt werden. In einem Ausschreibungsverfahren hatte das Land Schleswig-Holstein das IÄQSH mit der Organisation und Durchführung der Qualitätskonferenzen beauftragt.

Dr. Philipp Morakis, Leiter der Geschäftsstelle Qualitätskonferenzen des Krebsregisters Baden-Württemberg, nahm die Teilnehmer zum Abschluss mit auf eine Reise durch einige Jahre Erfahrungen in Baden-Württemberg. Auch dort hatten zunächst Fragen der Datenübermittlung und Datenqualität im Vordergrund gestanden. Inzwischen sind aber mit einem Team von zwölf Mitarbeitern regionale Qualitätskonferenzen etabliert worden, deren Arbeit Früchte trägt: Der intersektorale Dialog hat nach seinen Angaben zugenommen, durch Sensibilisierung hat sich laut Morakis die vollständige und korrekte Datenübermittlung sowie die Akzeptanz für das Verfahren verbessert. Seine Einrichtung und die Qualitätskonferenzen werden nach seiner Beobachtung als Dienstleister für Leistungserbringer wahrgenommen, der "geschützte" Rahmen werde geschätzt und Probleme damit offener und auch selbstkritischer angesprochen. Weiterhin bestünden aber Vorbehalte gegen die Veröffentlichung der Ergebnisse, die auch bei der Arbeit der Qualitätskonferenzen in Schleswig-Holstein berücksichtigt werden müssen.

Die Organisatoren bedankten sich bei den Referenten und Teilnehmern für eine informative und konstruktive Veranstaltung und kündigten regelmäßige Veranstaltungen dieser Art für die Zukunft an. Im kommenden Jahr könnten bereits erste fachlich-inhaltliche Ergebnisse vorgestellt werden.

Alle Präsentationen sind für die Fachöffentlichkeit im geschützten Bereich der Homepage des Instituts für Ärztliche Qualität in Schleswig-Holstein einsehbar. Bei Interesse können Sie die Zugangsdaten abfordern, kurze E-Mail genügt:
info@q-institut-sh.de

(PM/RED)


Info

Ab 2019 kann das klinische Krebsregister voraussichtlich aussagekräftige Ergebnisse zur Versorgungsqualität in Schleswig-Holstein liefern. Dann sind auch Rückmeldungen an den einzelnen Behandler möglich.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 9/2018 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2018/201809/h18094a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
70. Jahrgang, September 2018, Seite 10 - 11
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung
Schleswig-Holstein
Redaktion: Dirk Schnack (Ltg.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Oktober 2018

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