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KASSEN/1910: Kassen stellen sich gegen Bezahlung fruchtbarkeitserhaltender Maßnahmen bei Mädchen unter 18 Jahren (idw)


Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs - 30.01.2020

Krankenkassen stellen sich gegen Bezahlung fruchtbarkeitserhaltender Maßnahmen bei Mädchen unter 18 Jahren

G-BA-Richtlinie sieht auch Einschränkungen für die Kostenübernahme fruchtbarkeitserhaltender Maßnahmen bereits vor der vom Gesetzgeber vorgesehenen oberen Altersgrenze vor


Berlin, 30. Januar 2020 - Im Mai letzten Jahres ist ein Gesetz in Kraft getreten, das das Einfrieren von Eizellen, Spermien und Keimzellgewebe zur Kassenleistung macht. Diese sogenannte Kryokonservierung kostet bis zu 4.300 - für junge Frauen und etwa 500 - für junge Männer und musste bisher selbst getragen werden. Dazu kommen Lagerkosten von etwa 300 € pro Jahr. Für die Umsetzung des Gesetzes fehlt bislang die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Jetzt wurden Einzelheiten aus einem Entwurf bekannt.

"Die Politik war von Anfang an für ein Gesetz, das Jugendliche und Kinder einschließt. Niemand wird verstehen, wenn das Einfrieren von Eizellen für ein Mädchen von 18 Jahren bezahlt wird, für die Bettnachbarin mit 17 Jahren aber nicht", sagt Prof. Dr. med. Mathias Freund, Vorsitzender des Kuratoriums der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs.

Begründet wird die Formulierung in der geplanten Richtlinie von den Krankenkassen damit, dass es keine formale Zulassung für die Hormone unter 18 Jahren gibt, die für die Stimulation der Eierstöcke notwendig sind. Damit soll dann der komplette Anspruch auf die Bezahlung bei den Jugendlichen entfallen. In der Praxis werden diese seit den 90er Jahren zugelassenen Medikamente aber bei Mädchen unter 18 Jahren erfolgreich eingesetzt, so eine 2019 veröffentlichte Studie aus den USA. Die amerikanischen Ärzte schließen mit der Feststellung: "Die niedrige Komplikationsrate und die gute Eizellenausbeute sind eine beruhigende Orientierungshilfe für die Ärzte, die junge Frauen beraten sollen?" Das Problem einer fehlenden Zulassung bei Kindern und Jugendlichen ist bei vielen Medikamenten in Fachkreisen gut bekannt. In der Regel werden jedoch flexible Lösungen im Sinne der Patienten gefunden.

"Wir hoffen sehr, dass sich die Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) im Gemeinsamen Bundesausschuss der Meinung ihrer Kollegen aus den USA anschließen werden. Uns ist nicht klar, wieso sich der Verband in dieser Frage auf die Seite der Kassen gestellt hat", erklärt Freund.

Darüber hinaus möchte der GKV-Spitzenverband etliche Patienten an der oberen Altersgrenze aus der Kryokonservierung ausschließen: Die Kryokonservierung soll es nur geben, wenn auch die künstliche Befruchtung noch vor dem Erreichen der Altersgrenze durchgeführt werden kann und wenn ein Erfolg dabei nicht ausgeschlossen ist. Die Altersgrenze für die Kryokonservierung sieht das Gesetz bei Frauen bei 40 Jahren, für Männer bei 50. "Aber wer soll diese Dinge beurteilen und wie?", fragt Freund. "Da ist der Streit doch programmiert, und das trifft die Patienten, wenn sie gerade die Krebsdiagnose erfahren haben und in wenigen Tagen die Therapie beginnen soll. Die Kryokonservierung muss ja vorher durchgeführt werden."

Mit diesem Vorstoß scheint der Verband der Krankenkassen allerdings alleine dazustehen. Leider passt das Vorgehen zu der harten Haltung einiger großer Krankenkassen, die auch in der jetzigen Übergangszeit nicht bereit sind, ihren Mitgliedern bei der Kryokonservierung individuell entgegenzukommen. Aktuelle Informationen zu diesem Thema stellt die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs auf ihrer Website unter der Rubrik "Wissen" bereit.

Die Stiftung will jetzt zusammen mit Betroffenen die Politik ansprechen und hofft auf die Unterstützung der Öffentlichkeit.

Jedes Jahr erkranken in Deutschland nahezu 16.500 junge Frauen und Männer im Alter von 18 bis 39 Jahren an Krebs. Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs ist Ansprechpartnerin für Patienten, Angehörige, Wissenschaftler, Unterstützer und die Öffentlichkeit. Die Stiftungsprojekte werden in enger Zusammenarbeit mit den jungen Patienten, Fachärzten sowie anderen Experten entwickelt und bieten direkte und kompetente Unterstützung für die jungen Betroffenen. Die Stiftung ist im Juli 2014 von der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. gegründet worden. Alle Stiftungsprojekte werden ausschließlich durch Spenden finanziert. Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs ist als gemeinnützig anerkannt.


(Die angegebene Genderform vertritt alle Geschlechter.)


(1) Hipp, H. S., Shandley, L. M., Schirmer, D. A., McKenzie, L., and Kawwass, J. F. Oocyte Cryopreservation in Adolescent Women. J Pediatr Adolesc.Gynecol. 32(4), 377-382. 2019.

(2) https://junge-erwachsene-mit-krebs.de/wissen/kostenubernahme-durch-kassen-und-versicherungen/

Weitere Informationen finden Sie unter
Hipp, H. S., Shandley, L. M., Schirmer, D. A., McKenzie, L., and Kawwass, J. F. Oocyte Cryopreservation in Adolescent Women. J Pediatr Adolesc.Gynecol. 32(4), 377-382. 2019.
https://junge-erwachsene-mit-krebs.de/wissen/kostenubernahme-durch-kassen-und-versicherungen/
(Kostenübernahme durch Kassen und Versicherungen)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution2039

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs - 30.01.2020
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Februar 2020

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