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MELDUNG/026: Finanzierbarkeit zielgerichteter Krebstherapien wird bezweifelt (L&P)


L&P Kommunikationsgesellschaft mbH - Dienstag, 23. Februar 2010

Neue Formen der Krebstherapie zu teuer - DGAV bezieht Stellung

Experten der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie bezweifeln die Finanzierbarkeit zielgerichteter Krebstherapien


Berlin, 23.02.10 - Die Kosten für neue Formen der medikamentösen Behandlung von Krebs explodieren. So genannte zielgerichtete Medikamente versprechen eine effektivere Behandlung in der Krebstherapie, doch können diese Medikamente schnell 100.000 Euro und mehr pro Jahr und Patient kosten. Die großen Erfolge in der Heilung von Krebs bleiben bislang aus: Nur einzelne Erkrankungen können durch die Wirkstoffe gelindert werden.

Auch die individualisierte Krebstherapie wird den neuen Therapien zugeordnet. In manchen Krankheitsfällen kann mittels Gendiagnose die spezifische Beschaffenheit der Tumorzellen analysiert werden. Im Anschluss wird dann das passende Medikament für die Behandlung ausgewählt.

Klinische Studien haben jedoch bereits mehrfach gezeigt, dass sich - abgesehen von Ausnahmen - die Lebenszeit der Patienten, die sich im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit befinden, statistisch gesehen nur um zwei oder drei Monate verlängert. Zudem lassen sich diese Therapieformen nur bei bestimmten Krebsarten anwenden.

"Die DGAV begrüßt prinzipiell jeden Fortschritt in der Forschung und die Entwicklung neuer, wirksamer Medikamente. Trotz steigender Investitionen und Umsätze der forschenden Arzneimittelhersteller bleibt ein breiter Erfolg dieser Therapie aus. Daher kommen zu wir dem Schluss, dass die zur Verfügung stehenden Medikamente maßlos überteuert sind", äußert sich Prof. Dr. med. Heinz-Johannes Buhr, Sekretär der DGAV und Direktor der Chirurgischen Klinik I am Benjamin Franklin Krankenhaus der Charité in Berlin zu diesem Thema. Aktuell wird in Deutschland die öffentliche Debatte um die Kosten für zielgerichtete Medikamente nur zögerlich geführt. Aussagen, die die Finanzierbarkeit des medizinisch Möglichen in Frage stellen, ernteten in jüngster Vergangenheit herbe Kritik - sowohl von der Politik als auch von Medizinern.

Prof. Buhr betont außerdem, dass eine Heilung durch die neuen Krebstherapien nicht möglich ist: "Die Allgemein- und Viszeralchirurgen tragen einen großen Anteil an der Heilung von vielen Krebspatienten, da sie die besonders häufig auftretenden Krebserkrankungen der Verdauungsorgane operativ entfernen. Wirkliche Heilung erfolgt nur, wenn die Tumorzellen aus dem Körper vollständig entfernt sind."


HINTERGRUND

Zielgerichtete Krebstherapie

Mit speziellen Wirkstoffen ausgestattete Antikörper sollen Krebs gezielter bekämpfen als es die althergebrachte Chemotherapie alleine vermag. Im Gegensatz zu einer Chemotherapie, bei der nicht nur die Krebszellen im Körper des Patienten, sondern auch die gesunden Zellen angegriffen werden, erkennen die zielgerichteten Medikamente spezielle Merkmale an der Oberfläche des Tumors und "docken" dort an. Einige der Wirkstoffe hemmen dann z.B. die Vermehrung der Krebszellen. Andere unterbrechen Signalwege, die die Krebszellen zum Überleben benötigen. Ausnahmen, die mit dem Medikament Rituximab oder Glivec erzielt wurden, machen diese Form der Krebsmedikamente für die Pharmaindustrie interessant. Onkologen aber sind von vielen anderen Produkten dieser Art nicht überzeugt, da die Lebenszeit der Patienten oft nur um einige Monate steigt. Dagegen steigen die Kosten für diese neuen Formen der Behandlung umso mehr.


Individualisierte Krebstherapie

Von ihr wird gesprochen, wenn zusätzlich die Genome des Patienten sowie des Tumors ermittelt werden, um anhand des Ergebnisses die Auswahl der Medikamente zu bestimmen.


Krebs in der Arzneimittelforschung

Derzeit werden etwa 700 neue Krebsmedikamente entwickelt. Die Onkologie wird zu einem immer größeren Markt für die Pharmaindustrie. Die Analysten des Marktforschungsinstituts IMS Health (http://www.imshealth.de) prognostizieren der Pharmaindustrie bis 2013 einen weltweiten Umsatz mit Krebsmedikamenten in Höhe von 75 Milliarden Dollar.


Über die DGAV

Zweck der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie ist die Förderung des chirurgischen Schwerpunktes Allgemein- und Viszeralchirurgie in Wissenschaft und Praxis, insbesondere durch eine systematische Aus-/Weiter- und Fortbildung. Ebenfalls im Fokus stehen die Mitwirkungen an Maßnahmen zur Qualitätssicherung, Herstellung und Vertiefung der Beziehungen zur übergeordneten Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, zu den anderen chirurgischen Schwerpunkten und zu den Nachbarfächern sowie zu in- und ausländischen Fachgesellschaften mit gleichen Interessen. Gleichzeitig koordiniert die DGAV die Forschung und die Umsetzung deren Ergebnisse in die Praxis.
www.dgav.de


Viszeralchirurgie

Die Viszeralchirurgie (von lat. viscera = Eingeweide) umfasst die operative Behandlung der Bauch-Organe, also des gesamten Verdauungstraktes einschließlich der Speiseröhre, des Magens, des Dünn- und Dickdarmes, des Enddarmes, der Leber, des Pankreas und der Milz. Weiterhin zählen die operative Behandlung der Schilddrüse und der Nebenschilddrüse sowie die Behandlung des Leistenbruchs zur Viszeralchirurgie.


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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. März 2010