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MELDUNG/578: Sachverständigenrat fordert stärkere Anreize, um Unterversorgung zu vermeiden (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 7/2014

Sachverständigenrat

Gesundheitsweise fordern mehr Anstrengungen



Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) fordert stärkere Anreize, um Unterversorgung zu vermeiden.


"Unsere Analysen zeigen, dass die bisherigen Maßnahmen bei Weitem nicht ausreichend sind, um einer sich abzeichnenden Unterversorgung in strukturschwachen ländlichen Regionen entgegenzuwirken", sagte der SVR-Vorsitzende Prof. Ferdinand Gerlach. Die Gutachter empfehlen deshalb, "deutlich stärkere Anreize für eine Tätigkeit in ländlichen Regionen zu setzen und entschlossene Maßnahmen zum Abbau von Überversorgung in Ballungsgebieten zu ergreifen".

Zu den Maßnahmen zählt u. a. ein Landarztzuschlag: Ärzte in Planungsbereichen mit einem Versorgungsgrad von unter 90 Prozent (Hausärzte) beziehungsweise von unter 75 Prozent (grundversorgende Fachärzte) sollen auf alle Grundleistungen der Regelversorgung einen Zuschlag von 50 Prozent bekommen. Im Gegenzug wird empfohlen, für alle Planungsbereiche mit einem Versorgungsgrad von mehr als 200 Prozent den Aufkauf frei werdender Arztsitze durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) gesetzlich vorzuschreiben.

Eine Ausnahme soll es nur für Psychotherapeuten geben. Der Zuschlag soll nach Vorstellungen des SVR, der sein Gutachten Ende vergangenen Monats an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe überreichte, für zehn Jahre garantiert werden. Finanzieren sollen ihn Ärzte aller Fachgruppen, die nicht in unterversorgten Gebieten tätig sind. Um einzelne KVen nicht zu überfordern, sollte über einen Ausgleichsmechanismus nachgedacht werden.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) zeigte sich wenig angetan vom Vorschlag, Praxen bei bestimmten Versorgungsgraden aufkaufen zu müssen. "Neben dem Versorgungsgrad muss die lokale Versorgungssituation berücksichtigt werden", forderte KBV-Vorstand Regina Feldmann. Bei einer sehr dichten Versorgung hätten KVen und Krankenkassen häufig einen Sonderbedarf festgestellt. "Das heißt: Die zusätzlichen Arztstellen werden auch gebraucht."

Zur Begründung der Aufkauf- und anderer Vorschläge verweist der SVR darauf, dass alle bisherigen Maßnahmen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung die "zunehmende Fehlverteilung der Kapazitäten" zwischen Stadt und Land nicht hätten aufhalten können. "90 Prozent aller Facharztabschlüsse erfolgen aktuell im spezialisierten Bereich, nur noch knapp zehn Prozent im Bereich Innere und Allgemeinmedizin", schreiben die Experten. Schätzungen zufolge müssten aber doppelt so viele Fachärzte für Allgemeinmedizin weitergebildet werden wie derzeit. Um dieses Ungleichgewicht zu verringern, setzen sich die Gesundheitsweisen für eine "curriculäre Stärkung der Allgemeinmedizin im Praktischen Jahr" ein. Medizinische Fakultäten, die das Fach Allgemeinmedizin nachhaltig förderten, zum Beispiel durch freiwillige "Landarzt-Tracks", sollten im Rahmen der Hochschulfinanzierung nachhaltig belohnt werden. Geprüft werden solle zudem, ob ein sechswöchiges Praktikum zur Berufsfelderkundung in Einrichtungen des Gesundheitswesens vor dem Studium eine gewünschte Steuerungswirkung entfalte.

Um einen nahtlosen Übergang zwischen Studium und Weiterbildung für angehende Hausärzte zu garantieren, schlägt der Rat "universitär angebundene Kompetenzzentren zur Weiterbildung Allgemeinmedizin" vor. Zur Finanzierung der genannten Aufgaben spricht er sich für eine "Förderstiftung medizinische Aus- und Weiterbildung" aus, wie sie zuletzt auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung angeregt hatte.

Auch im stationären Bereich bemängelt der Rat ein Ungleichgewicht zwischen Überkapazitäten in Ballungsräumen und den Herausforderungen von bedarfsnotwendigen Krankenhäusern in dünn besiedelten Regionen, die um ihre Existenz kämpfen. (PM/Red)

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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 7/2014 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2014/201407/h14074a.htm

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www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
67. Jahrgang, Juli 2014, Seite 52
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz-Joseph Bartmann (V.i.S.d.P.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. August 2014