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POLITIK/2113: Reformprozess für den Kliniksektor in Schleswig-Holstein - Interview mit Dr. Martin Blümke (SHÄB)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Nr. 3, März 2023

Akute Hilfe gegen Defizite gefordert

Dirk Schnack sprach mit 6K-Vorstandschef Dr. Martin Blümke


KOMMUNALE KLINIKEN. Der 6K-Verbund mit den Kliniken in Kiel, Itzehoe, Neumünster, Bad Bramstedt, Heide und Brunsbüttel sowie Rendsburg und Eckernförde steht vor wichtigen Weichenstellungen. 6K-Vorstandschef Dr. Martin Blümke aus Heide setzt darauf, dass alle Standorte in kommunaler Hand bleiben.


Frage: Die Reformvorschläge für den stationären Sektor liegen auf dem Tisch. Wie fällt Ihre Bewertung aus?

Dr. Matin Blümke: Wir im 6K-Verbund halten eine Reform für notwendig und richtig. Die Auswirkungen, die nach dem ersten Stand möglich wären, können aber nicht gewollt sein. Wenn in der Geburtshilfe in Schleswig-Holstein nur noch zehn Standorte nachbleiben, ist das einfach Blödsinn. Entscheidend wird sein, wie wir zwei Dinge in den laufenden Prozess des Feintunings einbringen, auf die die Vorschläge keine Antwort bieten: Wie schaffen wir wirtschaftliche Sicherheit für die Krankenhäuser und welche Lösungen haben wir für den Fachkräftemangel.

Frage: Welche Auswirkungen ergäben sich denn für die 6K-Kliniken?

Blümke: Das muss man sehr individuell betrachten und es hängt vom jeweiligen Versorgungslevel ab. Im Verbund haben wir uns schon vorher Gedanken darüber gemacht, welche Leistungskomplexe wo angeboten werden sollten. Solche Abstimmungen werden künftig immer wichtiger.

Frage: Welche Leistungskomplexe werden die 6K-Kliniken denn künftig wo anbieten?

Blümke: Das ist noch nicht abschließend besprochen. Konsens ist, dass nicht jede Leistung an jedem Standort vorgehalten werden muss. Andererseits kann man Personal nicht beliebig verschieben. Solche Entscheidungen müssen Schritt für Schritt umgesetzt und richtig kommuniziert werden. Ich nehme wahr, dass die Bevölkerung insgesamt sehr wohl Verständnis dafür hat, wenn nicht jede Klinik zum Beispiel Herzklappen ersetzt und die wenigen Patienten, die es betrifft, dafür weitere Wege auf sich nehmen müssen. Wenn wir die Diskussion über Schwerpunktsetzungen vernünftig führen, können wir alle gestärkt daraus hervorgehen. Wichtig ist, dass die Menschen die Basisversorgung weiterhin in ihrer Nähe wissen. Wer so etwas infrage stellt, erzeugt Aufruhr.

Frage: Welche Erwartungen haben Sie in diesem Zusammenhang an den Bund?

Blümke: Dass er zu einer klaren Aussage kommt auf die Frage: Wie soll die Krankenhausversorgung der Zukunft gewährleistet werden? Dazu gehören Rahmenbedingungen, die wirtschaftliche Stabilität ermöglichen. Ich kann aber nicht nur den Bund in die Pflicht nehmen. Die Reform ist wichtig, aber akut fehlt uns Geld. Nach meiner Kenntnis läuft in diesem Jahr bis auf eine Ausnahme jedes Krankenhaus in Schleswig-Holstein ins Minus. Ich sehe das Land und die Krankenkassen in der Pflicht, etwas dagegen zu tun. Das Land ist für die Investitionskosten zuständig und hat jahrelang zu wenig getan. Das hat zum Defizit beigetragen, das jetzt ausgeglichen werden müsste. Die Krankenkassen sind für die Finanzierung des laufenden Betriebs zuständig. Der ist aufgrund der deutlich gestiegenen Preise nicht mehr kostendeckend. Für die 6K-Kliniken verbleiben trotz weitreichender Hilfszusagen nicht refinanzierte Inflationsbelastungen im Sachkostenbereich in Höhe von rund zehn Millionen Euro.

Frage: Und die Erwartungen an die Kommunalpolitik?

"Für das Machbare braucht es eine gute Kommunikation zwischen Klinikleitung und Kommune."
Dr. Martin Blümke

Blümke: Die Kommunalpolitik hat häufig noch falsche Vorstellungen über das, was notwendig und was machbar ist. Es ärgert mich, dass in diesem Zusammenhang immer nur über Geld gesprochen wird. Für die Schließungen von Abteilungen ist das oft nicht der Grund. Viele Kliniken haben einfach nicht mehr genug Personal für die Betreuung der Patienten - das spielt in der öffentlichen Diskussion meist keine Rolle. Für das Machbare braucht es eine gute Kommunikation zwischen Klinikleitungen und Kommune.

Frage: Der Landrat des Kreises Rendsburg-Eckernförde, Dr. jur. Rolf-Oliver Schwemer, hat sich im Zuge der langen Diskussion über imland skeptisch darüber geäußert, ob Kommunen noch die richtigen Träger für Krankenhäuser unter den heutigen Herausforderungen sind. Teilen Sie diese Einschätzung?

Blümke: Nein, das halte ich für eine Fehleinschätzung. Die finanziellen Probleme wären sicherlich auch in anderer Trägerschaft aufgetreten. Kommunen haben immer wieder bewiesen, dass sie gute Klinikträger sind.

Frage: Zwei Kliniken aus dem 6K-Verbund stehen derzeit in einem Bieterverfahren. Was wird aus Ihrem Verbund, wenn hier private Träger zum Zuge kommen?

Blümke: Für beide Standorte haben nach meiner Einschätzung andere 6K-Kliniken gute Chancen für einen Einstieg. Das Städtische Krankenhaus Kiel hat sich um imland beworben und das FEK Neumünster um das Klinikum Bad Bramstedt. Das wären aus meiner Sicht die besten Lösungen und wir setzen darauf, dass alle Standorte in kommunaler Trägerschaft bleiben.

Frage: Sind die Erwartungen der Menschen an die Krankenhäuser immer gerechtfertigt?

Blümke: Die Bevölkerung erwartet oft mehr, als wir leisten können. Eine Vollversorgung mit allem Drum und Dran inklusive Nachsorge können wir nicht sicherstellen. Dazu sind wir einfach nicht in der Lage. Familie, Kranken- und Pflegekassen sind gefordert, können die Erwartungen aber aus unterschiedlichen Gründen ebenfalls nicht erfüllen. Verbesserungen wären möglich, wenn unser System Anreize für eine bessere sektorenübergreifende Kooperation setzt.

Dirk Schnack: Vielen Dank für das Gespräch.

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Nr. 3, März 2023
76. Jahrgang, Seite 18-19
Herausgeber: Ärztekammer Schleswig-Holstein
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
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E-Mail: info@aeksh.de
Internet: www.aeksh.de
 
Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 31. März 2023

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