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STUDIE/002: Krankenhäuser missachteten Mengenvorschriften für bestimmte Operationen in den Jahren 2004 bis 2010 (idw)


Universität Witten/Herdecke - 01.09.2014

Krankenhäuser missachten Vorgaben, Krankenkassen interessiert es nicht

Forscher der Universität Witten/Herdecke haben die Mindestmengenvorgaben 2004 bis 2010 untersucht und für wenig wirksam befunden



Forscher der Universität Witten/Herdecke (UW/H) haben in einer Studie überprüft, ob die Krankenhäuser die Mindestmengenvorgaben für bestimmte Operationen in den Jahren 2004 bis 2010 eingehalten haben. Sie mussten dabei feststellen, dass viele Krankenhäuser immer noch Operationen vornehmen, die nach dem Willen des Gesetzgebers nur noch in dafür spezialisierten Kliniken durchgeführt werden sollen. Für Dr. Werner de Cruppé liegt damit nahe, dass auch die Krankenkassen diesen Qualitäts- und Lenkungsmechanismus wenig beachten: "Der Sinn der Regelung ist ja, dass nur noch erfahrene Kliniken bestimmte komplizierte Eingriffe vornehmen. Wir haben aber herausgefunden, dass viele Krankenhäuser sich nicht daran halten." Die Studie ist im "Deutsche Ärzteblatt" vom 18. August 2014 erschienen
(http://www.aerzteblatt.de/archiv/161307/Umsetzung-der-Mindestmengenvorgaben-Analyse-der-Krankenhausqualitaetsberichte-Eine-retrospektive-Studie-der-Jahre-2004-2010)

Dr. de Cruppé, der am Lehrstuhl für Gesundheitssystemforschung der UW/H von Prof. Dr. Max Geraedts forscht, hat die Qualitätsberichte von fast 2.000 Krankenhäusern der Jahre 2004, 2006, 2008 und 2010 ausgewertet. Ihm ging es um sechs mit Mengenvorschriften belegte Eingriffe: komplizierte Operationen an Speiseröhre und Bauchspeicheldrüse, Einbau von Knievollprothesen sowie die Transplantationen von Leber, Niere oder Stammzellen. "Gut die Hälfte aller deutschen Krankenhäuser führen mindestens eine dieser Behandlungen durch. Je nach Eingriffsart dürften aber fünf bis 45 Prozent der Kliniken dies nicht", bringt er ein Ergebnis auf den Punkt. Ein anderes: "Je nach Operation werden damit ein bis 15 Prozent der Patienten in Krankenhäusern behandelt, die die Vorgaben nicht einhalten. Dazu sticht ins Auge, wie punktgenau einige Häuser gerade bei den Nicht-Transplantationen die Hürde so gerade eben überwinden, das lässt einen schon an den Statistiken zweifeln." De Cruppé verweist damit auch auf einen Artikel in der gleichen Zeitschrift, in dem der merkwürdige Zusammenhang zwischen Fallpauschalen und Geburtsgewicht Frühgeborener erwähnt wird. Ergebnis: Auffällig viele Frühgeborene unterschreiten beim Geburtsgewicht die Grenze in den DRGs und bringen dem Krankenhaus so mehr Einnahmen.

"Wir haben bei unserer Studie feststellen müssen, dass im kompletten Zeitraum von 2004 bis 2010, also immerhin sechs Jahre, die Verstöße gegen die Mindestmengenverordnung gleich hoch geblieben sind. Daher müssen wir wohl davon ausgehen, dass die Versorgungsqualität der Patientinnen und Patienten hierdurch nicht wie erhofft positiv beeinflusst wurde."


Weitere Informationen bei
Dr. Werner de Cruppé
werner.decruppe@uni-wh.de


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http://idw-online.de/de/institution226

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Witten/Herdecke, Kay Gropp, 01.09.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. September 2014