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KASSEN/791: Kurznachrichten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 23.03.2011 (KBV)


KBV-Kompakt - Kurznachrichten aus der KBV vom 23. März 2011


→  Eckpunkte für Patientenrechtegesetz liegen vor
→  Krankenkassenchefin erntet Kritik für geplanten Wechsel zu Pharmaverband
→  Forschungspreis zur Rolle der Ärzteschaft in der Zeit des Nationalsozialismus verliehen
→  Müller: Patienten können von Teamarbeit der Gesundheitsberufe profitieren
→  KV Brandenburg unterstützt Kostenerstattung in unterversorgten Regionen
→  Arztpraxen in Sachsen können Lesegeräte für neue Gesundheitskarte anschaffen
→  Neue Honorarmodelle zum geplanten Versorgungsgesetz gefordert
→  Neuorganisation des Bereitschaftsdienstes in Rheinland-Pfalz
→  GBA schränkt Verordnungsfähigkeit von Harn- und Blutzuckerteststreifen ein
→  Welttuberkulosetag: Erreger werden immer resistenter

Raute

___Aus Berlin___

Eckpunkte für Patientenrechtegesetz liegen vor

Die KBV sieht in einem jetzt vorliegenden Eckpunktepapier zum geplanten Patientenrechtegesetz einen sinnvollen Vorstoß. "Wir begrüßen, dass die Bundesregierung die Rechte der Patienten stärken und ihre Beteiligung in der Selbstverwaltung ausbauen will. Der Patient steht im Mittelpunkt der Gesundheitsversorgung", sagte KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller.

Die geplanten Maßnahmen sehen unter anderem vor, dass die Krankenkassen künftig innerhalb von vier Wochen Anträge für Reha-Maßnahmen bearbeiten sollen. Die in jedem Bundesland bisher unterschiedlich geregelten Schlichtungsverfahren bei ärztlichen Behandlungsfehlern sollen vereinheitlicht werden - unter der Beteiligung von Patientenvertretern. Bei groben Behandlungsfehlern und Schäden, die nach einer Routinebehandlung auftreten, muss der Arzt seine Unschuld beweisen. Ein Entschädigungsfonds für Opfer von Behandlungsfehlern, den Zöller angekündigt hatte, ist jedoch nicht vorgesehen.

Auch die Bundesärztekammer (BÄK) und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) äußerten sich zustimmend. "Ich sehe in Zöllers Vorschlag einen weisen Versuch, einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Patienten und der behandelnden Ärzte herbeizuführen", erklärte BÄK-Präsident Dr. Frank-Ulrich Montgomery. "Wir freuen uns darüber, dass die Patientenrechte jetzt gestärkt und in einem eigenen Gesetz gebündelt werden sollen", sagte der Pressesprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz. Er betonte jedoch: "Da, wo das Gesetz neue Aufgaben für die Krankenkassen vorsieht oder bestehende ausweitet, müssen diese auch finanziert werden."

(Pressemitteilung der KBV, 23. März; Die Welt, 23. März; Statement des GKV-Spitzenverbandes, 22. März)


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Krankenkassenchefin erntet Kritik für geplanten Wechsel zu Pharmaverband

Der bevorstehende Wechsel der Vorstandsvorsitzenden der Barmer GEK, Birgit Fischer, zum Verband forschender Arzneimittelhersteller (VFA) sorgt für Kritik. Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Prof. Karl Lauterbach, legte ihr nahe, den SPD-Vorstand zu verlassen, dem sie seit 2001 angehört. Aus der Union hieß es vom CDU-Gesundheitsexperten Jens Spahn: "Eine linke Sozialdemokratin wird oberste Pharmalobbyistin. Das ist so, als würde Trittin Chef des Atomkonzerns E.on." Die FDP-Gesundheitsexpertin Ulrike Flach sagte, die Pharmabranche werde nicht mehr ernst genommen, wenn sie sich mit Fischer den "schlimmsten Feind" ins Haus hole. Fischer wurde 2007 stellvertretende Vorstandsvorsitzende der damaligen Barmer Ersatzkasse. Seit Anfang 2010 ist sie Vorstandsvorsitzende der Krankenkasse, die seit der Fusion mit der Gmünder Ersatzkasse die größte Krankenkasse in Deutschland ist. Am 1. Mai wechselt Fischer zum VFA, wo sie die Aufgabe der Hauptgeschäftsführerin übernimmt.

(Frankfurter Rundschau, 18. März; Pressemitteilung der Barmer GEK, 17. März)

Raute

___Aus KBV und KVen___

Forschungspreis zur Rolle der Ärzteschaft in der Zeit des Nationalsozialismus verliehen

Bereits zum dritten Mal haben das Bundesgesundheitsministerium (BMG), die Bundesärztekammer (BÄK) und die KBV den mit 10.000 Euro dotierten Forschungspreis zum Thema Ärzte im Nationalsozialismus verliehen. Preisträgerin dieses Jahres ist die Stuttgarter Ärztin Susanne Rueß. Anhand von Einzelschicksalen hat sie in ihrer Dissertation das an jüdischen Ärzten begangene Unrecht in und nach der NS-Diktatur beschrieben. Die Arbeit sei nicht nur ein herausragendes Gedenkbuch, das die Opfer aus der Anonymität heraushole. Es sensibilisiere auch die nachwachsende Ärztegeneration dafür, dass Zivilcourage möglich und ein bleibendes Thema ärztlicher Ethik sei. Das befand die Jury, die sich aus Vertretern des Zentralrats der Juden in Deutschland, des Bundesverbandes Jüdischer Ärzte und Psychologen in Deutschland sowie aus Vertretern des BMG, der BÄK und der KBV zusammensetzte. Neben Rueß erhalten drei weitere geschichtswissenschaftliche Arbeiten in diesem Jahr den Forschungspreis: von Hansjörg Ebell zum 70. Jahrestag des Approbationsentzugs aller jüdischen Ärztinnen und Ärzte, eine Lokalstudie zum Schicksal jüdischer Ärzte in Hamburg von Anna von Villiez sowie ein Forschungsprojekt von Rebecca Schwoch über Strukturen der Verfolgung jüdischer niedergelassener Ärzte sowie die Kontinuitäten und Brüche im Denken und Handeln der organisierten Ärzteschaft in Berlin.

(Gemeinsame Pressemitteilung von BMG, BÄK und KBV, 23. März)


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Müller: Patienten können von Teamarbeit der Gesundheitsberufe profitieren

"Wir sind für eine sinnvolle Arbeitsteilung, die die Pflegekräfte genauso einbezieht wie die Medizinischen Fachangestellten. Die Gesamtverantwortung bleibt beim Arzt. Er kann aber Aufgaben auf Medizinische Fachangestellte und Pflegekräfte übertragen. Davon können alle Beteiligten, auch die Patienten, profitieren." Das hat der Vorstand der KBV, Dr. Carl-Heinz Müller, anlässlich der Beratungen über die Heilkundeübertragungs-Richtlinie im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) gesagt. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit für Modellvorhaben eröffnet und damit eine Diskussion zur Übertragbarkeit von ärztlichen Tätigkeiten auf Pflegekräfte ausgelöst. Wir fordern den Gesetzgeber auf, den Partnern des Bundesmantelvertrages - der KBV und dem Spitzenverband der Krankenkassen - eine Richtlinienkompetenz zu übertragen, um die delegationsfähigen Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung zu bestimmen. Alle Beteiligten der Gesundheitsversorgung haben das eine Ziel: den Patienten optimal zu versorgen", sagte der KBV-Vorstand.

(Pressemitteilung der KBV, 17. März)


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KV Brandenburg unterstützt Kostenerstattung in unterversorgten Regionen

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Brandenburg, Dr. Hans-Joachim Helming, hat die jüngsten Vorschläge des Bundestagsabgeordneten Lars Lindemann (FDP) zur regelhaften Einführung der Kostenerstattung in unterversorgten Regionen begrüßt. "Die Finanzierung aller diagnostischen und therapeutischen Leistungen in unterversorgten Regionen, das heißt, ohne Mengenbegrenzung und Budgetierung, wäre ein Anreiz für junge Ärzte, sich in diesen Gebieten für eine ambulante ärztliche Tätigkeit zu entscheiden", argumentierte Helming.

(Pressemitteilung der KV Brandenburg, 21. März)


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Arztpraxen in Sachsen können Lesegeräte für neue Gesundheitskarte anschaffen

Sachsens Arztpraxen können ab April mit Lesegeräten für die neue elektronische Gesundheitskarte (eGK) ausgestattet werden. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Sachsen, die gesetzlichen Krankenkassen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung haben eine Rahmenvereinbarung zur Finanzierung der eGK beschlossen. Darin werden detaillierte Fristen und Verantwortlichkeiten festgeschrieben. Demnach bekommen Ärzte und Zahnärzte eine Pauschale bei der rechtzeitigen Bestellung vor der Einführung zum 1. Oktober 2011. Die Krankenkassen erstatten 355 Euro für stationäre und 280 Euro für mobile Lesegeräte sowie 215 Euro für installationsbedingte Aufwendungen.

(Pressemitteilung der KV Sachsen, 22. März)


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Neue Honorarmodelle zum geplanten Versorgungsgesetz gefordert

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Bayerns fordert im Zuge der Beratungen zum geplanten Versorgungsgesetz, die regionalen Besonderheiten in Fragen der Vergütung in der ambulanten Versorgung adäquat abzubilden. Der Vorstand der KV verlangt daher von der Politik, den KVen in den Regionen zu ermöglichen, neue Honorarmodelle zusätzlich zum Kollektivvertrag zu erproben. Dies soll im Rahmen von Selektivverträgen oder Kostenerstattungsmodellen geschehen. Die KV Baden-Württemberg betonte ebenfalls die Notwendigkeit, mehr auf die Bedürfnisse vor Ort einzugehen. Neben der Honorarverteilung hat der Vorstandvorsitzende der KV, Dr. Norbert Metke, insbesondere auf die Bereiche Bedarfsplanung, Mengenbegrenzung und die Erprobung alternativer Versorgungsmodelle hingewiesen.

(Pressemitteilung der KV Bayerns, 17. März; Pressemitteilung der KV Baden-Württemberg, 21. März)


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Neuorganisation des Bereitschaftsdienstes in Rheinland-Pfalz

Der Bereitschaftsdienst in Rheinland-Pfalz soll einheitlicher organisiert werden. Aktuell existieren noch ländliche Gegenden, in denen sich Ärzte regional selbst abstimmen und gegenseitig vertreten. Eine Bereitschaftsdienstzentrale (BDZ) soll im Zuge der Neuorganisation diese kollegiale Vertretung nach und nach ablösen. Ziel ist es, die Versorgung, insbesondere in ländlichen Bereichen, langfristig sicherzustellen. Die BDZ soll demnach möglichst an einem Krankenhaus eingerichtet werden, damit die weiterführende Diagnostik gewährleistet ist. Um ein wirtschaftliches Konzept zu verwirklichen, werden die Betriebskosten aller BDZ durch eine Umlage solidarisch von jedem niedergelassenen Arzt in gleicher Höhe getragen. Derzeit betreibt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz 36 BDZ in eigener Trägerschaft. Die unter anderer Trägerschaft geführten Einrichtungen sollen mittelfristig von der KV übernommen werden.

(Pressemitteilung der KV Rheinland-Pfalz, 17. März)

Raute

___Aus den Verbänden___

GBA schränkt Verordnungsfähigkeit von Harn- und Blutzuckerteststreifen ein

An Diabetes mellitus Typ 2 erkrankte Patienten, die nicht insulinpflichtig sind, verlieren ihren Anspruch auf Harn- und Blutzuckerteststreifen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Es sei denn, sie leiden an Blutzuckerschwankungen, weshalb häufigere Selbstkontrollen des Blutzuckerspiegels mithilfe von Teststreifen sinnvoll sind. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) beschlossen und beruft sich auf eine Nutzenbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Demnach hätten nicht insulinpflichtige Patienten, die orale Antidiabetika einnehmen, keinen Vorteil von einer Selbstmessung. Mit Besorgnis hat der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) auf die Entscheidung reagiert. Hunderttausende gesetzlich krankenversicherte Diabetiker seien betroffen. Ihnen werde das wichtigste Instrument zum Selbstmanagement ihrer Erkrankung aus der Hand genommen, beklagte VDGH-Geschäftsführer Dr. Martin Walger. Er appellierte an das Bundesgesundheitsministerium (BMG), den Beschluss zu stoppen. Der Pressesprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, sagte: "Die Blut- und Urinzuckerselbsttestung nützt vor allem den Herstellern solcher Teststreifen." Die Entscheidung des GBA halte er für richtig. Der Beschluss zur Verordnungseinschränkung von Harn- und Blutzuckerteststreifen tritt im Juli in Kraft, falls ihn das BMG nicht beanstandet.

(Pressemitteilung des GBA, 17. März; Pressemitteilung des VDGH, 17. März; Statement des GKV-Spitzenverbandes, 17. März)

Raute

___Außerdem___

Welttuberkulosetag - Erreger werden immer resistenter

Anlässlich des Welttuberkulosetages am 24. März machen Forscher auf die immer resistenter werdenden Erreger der Krankheit aufmerksam. Zwar ist die Zahl der Neuerkrankungen in Deutschland rückläufig, dennoch infizieren sich mehrere Tausend Menschen jährlich. Besonders gefährdet sind vor allem Kinder sowie Menschen mit einem geschwächten Immunsystem. Gut ein Drittel der Lungentuberkulosen gehöre inzwischen zu einer besonders ansteckenden Form, wie das Robert Koch-Institut (RKI) berichtet. Multiresistente Erreger sind oft die Folge von Therapieabbrüchen. Daher sollte laut Dr. Thomas Suermann, Präventionsbeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KV), eine begonnene Behandlung mit Antibiotika auf keinen Fall vorzeitig beendet werden. "Der Patient sollte immer mit seinem behandelnden Arzt sprechen, um Fragen zum Behandlungsablauf und der Medikamenteneinnahme zu klären", betont Suermann. Für eine bessere Kontrolle der Krankheit fordert der Präsident des RKI, Reinhard Burger, mehr Fortbildung für Ärzte sowie bessere Informationen zur Aufklärung der Bevölkerung.

(Pressemitteilung der KV Niedersachsen, 21. März; Pressemitteilung des RKI, 21. März; Ärzte Zeitung online, 21. März)


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Quelle:
Newsletter KBV-Kompakt vom 23. März 2011
Herausgeber: Kassenärztliche Bundesvereinigung
Impressum: http://www.kbv.de/8.html
Redaktion: Dezernat Kommunikation der KBV
Telefon: 030 / 4005 - 2203, Fax: 030 / 4005 - 27 2203
E-Mail: info@kbv.de
Internet: www.kbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. März 2011