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AIDS/928: Forschung - Geranienextrakte wirksam gegen HIV-1 (idw)


Helmholtz Zentrum München / Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt - 30.01.2014

Geranienextrakte wirksam gegen HIV-1



Neuherberg, 30.01.2014. Extrakte der Geranienpflanze Pelargonium sidoides inaktivieren das HI-Virus vom Typ 1 und verhindern seine Vermehrung in menschlichen Zellen. Sie stellen eine potentielle neue Wirkstoffklasse für die Therapie von AIDS dar, berichten Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals "PLOS ONE".

Wurzelextrakte aus der Heilpflanze Pelargonium sidoides (PS) enthalten Stoffe, die das Humane Immundefizienz Virus Typ 1 (HIV-1) angreifen und es daran hindern, sich zu vermehren. Die Wissenschaftler um Dr. Markus Helfer und Prof. Dr. Ruth Brack-Werner vom Institut für Virologie am Helmholtz Zentrum München (HMGU) sowie Prof. Dr. Philippe Schmitt-Kopplin von der Abteilung Analytische Biogeochemie (BGC) am HMGU haben die antivirale Wirkung der PS-Extrakte in Zellkulturen analysiert. Sie fanden heraus, dass diese Blut- und Immunzellen vor einer Infektion mit HIV-1 schützen. Dabei blockieren die pflanzlichen Substanzen das Andocken der Viren an ihre Wirtszellen und verhindern so ihr Eindringen. Chemische Analysen der Wissenschaftler ergaben, dass die antivirale Wirkung der Geranienextrakte durch Polyphenole vermittelt wird. Aus den Extrakten isolierte Polyphenolmischungen sind hochwirksam gegen HIV-1 und dabei zellschonender als das grobe Extrakt. Pflanzliche Medikamente aus Pelargonium sidoides sind zudem bereits verfügbar und als verträglich und sicher für den Menschen zugelassen.

"Unsere Ergebnisse zur anti-HIV-1-Wirkung von Pelargonium sidoides liefern die ersten Hinweise, dass Geranienextrakte genutzt werden können, um eine neuartige, wissenschaftlich fundierte Pflanzenmedizin gegen HIV-1 zu entwickeln", sagt Arbeitsgruppenleiterin Brack-Werner. "Da PS-Extrakte das Virus auf eine Art und Weise angreifen, die sich von allen bisher klinisch eingesetzten Medikamenten gegen HIV-1 unterscheidet, wäre eine solche Phytomedizin eine wertvolle Ergänzung zu den bereits etablierten Anti-HIV-Therapien. Denkbar ist auch der Einsatz von Geranienextrakten in Ressourcenarmen Gebieten mit beschränktem Zugang zu konventionellen Anti-HIV-1 Medikamenten, da sie einfach herzustellen und sehr haltbar sind." In weiteren Untersuchungen muss nun die Wirksamkeit dieser Extrakte gegen HIV im menschlichen Organismus bestätigt werden.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind weltweit über 35 Millionen Menschen mit HIV infiziert, HIV-1 ist dabei der Haupterreger. Das HI-Virus zerstört Immunzellen des Menschen und führt zum sogenannten erworbenen Immundefizienz-Syndrom (AIDS). HIV/AIDS zählt zu den weltweit zehn häufigsten Todesursachen.

Ziel der Forschung am Helmholtz Zentrum München ist es, neue Ansätze für Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten zu entwickeln. Im Sinne der translationalen Forschung soll das gewonnene Wissen schnellstmöglich auf den Menschen übertragen werden, um konkreten Nutzen für die Gesellschaft zu erbringen.


Weitere Informationen

Original-Publikation:
Helfer, M. et al. (2014), The root extract of the medicinal plant Pelargonium sidoides is a potent HIV-1 attachment inhibitor. PLOS ONE
doi: DOI: 10.1371/journal.pone.0087487

Link zur Fachpublikation:
http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0087487;jsessionid=45989588E197E4F67E74FC14365E554A

Fachlicher Ansprechpartner
Prof. Ruth Brack-Werner, Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Institut für Virologie, Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg - E-Mail: brack@helmholtz-muenchen.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.helmholtz-muenchen.de/aktuelles/pressemitteilungen/2014/pressemitteilung/article/23412/index.html


Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.200 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 34.000 Beschäftigten angehören.
www.helmholtz-muenchen.de

Das Institut für Virologie (VIRO) untersucht Viren, die Menschen chronisch infizieren und lebensbedrohliche Krankheiten hervorrufen können. Der Fokus liegt auf dem AIDS-Erreger HIV, endogenen Retroviren, die in unserer Keimbahn integriert sind, sowie Hepatitis-B- und C-Viren, die Leberzirrhose und hepatozelluläre Karzinome verursachen. Molekulare Studien identifizieren neue diagnostische und therapeutische Konzepte, um diese Virus-Erkrankungen zu verhindern und zu behandeln bzw. die Entstehung von virusinduzierten Tumoren zu vermeiden.
http://www.helmholtz-muenchen.de/en/viro/index.html

Die selbstständige Abteilung Analytische Biogeochemie (BGC) untersucht molekulare Wechselwirkungen von Stoffen in Biogeosystemen. Hochauflösende Methoden der organischen Strukturaufklärung ermöglichen zusammen mit Trennverfahren und mathematischen Methoden eine präzise raum- und zeitauflösende Analyse. Ziel ist es, das Verständnis der molekularen Abläufe in Ökosystemen und die Bestimmung von Biomarkern in Organismen zu verbessern. BGC gehört dem Department of Environmental Sciences an.
http://www.helmholtz-muenchen.de/bgc

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution44

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt
Susanne Eichacker, 30.01.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Februar 2014