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ALLERGIE/329: Enzym in Pflegeprodukten kann über die Haut Allergien auslösen (idw)


Veterinärmedizinische Universität Wien - 10.04.2015

Enzym in Pflegeprodukten kann über die Haut Allergien auslösen


Papain ist ein wichtiges industrielles protein-abbauendes Enzym. Es wird unter anderem in der Nahrungsmittel- und der Kosmetikindustrie eingesetzt. Kommen Menschen oder Tiere mit Papain in Kontakt, können starke allergische Reaktionen der Haut die Folge sein. Das haben WissenschafterInnen des Messerli Forschungsinstituts der Vetmeduni Vienna, der MedUni Wien und der Universität Wien herausgefunden. Die Studie wurde im Journal of Investigative Dermatology veröffentlicht.

Papain stammt ursprünglich aus der Papaya und wird auch "pflanzliches Pepsin" genannt, nach dem Verdauungsenzym Pepsin im Magen. Erika Jensen-Jarolim, Leiterin der Abteilung für Komparative Medizin am Messerli Forschungsinstitut, untersuchte mit ihrem Team, wie sich Papain direkt auf der Haut von Mäusen und auf Hautzellen in der Petrischale verhält. Die Kosmetikindustrie nutzt Papain beispielsweise in Peelings, um Hautschuppen zu entfernen. Auch für Haustiere gibt es enzymhaltige Shampoos, die das Fell reinigen und es gut bürstbar machen sollen.

Wie Papain Allergien auslöst

Die Haut besteht aus mehreren Schichten, die über enge Verbindungen, die sogenannten "tight junctions", verwoben sind. Die Erstautorinnen Caroline Stremnitzer und Krisztina Manzano-Szalai zeigten gemeinsam mit dem Projektteam, dass Papain diese Zellverbindungen aufspaltet. Direkt auf der Haut führt Papain zum Verlust der Barrierefunktion. "Bereits nach kurzer Einwirkzeit wurden Blutgefäße durchlässiger und Entzündungszellen wanderten ein", erklärt Jensen-Jarolim. Etwa zwei Wochen nach der Behandlung mit Papain fanden die Forschenden in den Mäusen Antikörper gegen Papain. Diese Immunglobuline sind Auslöser der allergischen Reaktion gegen das Enzym. "Bei den behandelten Mäusen kam es also nicht nur zum Verlust der Barrierefunktion der Haut, sondern auch zu einer spezifischen Allergisierung gegen Papain. Die Tiere entwickelten also eine Allergie", betont die Allergie-Expertin Jensen-Jarolim.

Vorsicht geboten bei Produkten mit Papain

Die Eröffnung der Hautbarriere scheint jedoch nicht Voraussetzung für die Allergisierung gegen Papain zu sein. "Das Enzym macht auch allergisch, wenn seine enzymatische Funktion blockiert ist", erklärt Jensen-Jarolim. Das Aufbrechen der Hautbarriere ist laut Expertin wesentlich für das Eindringen anderer Allergene und Bakterien. Bei Mensch und Tier gehen Hauterkrankungen wie die atopische Dermatitis, umgangssprachlich auch Neurodermitis genannt, mit einer erhöhten Hautdurchlässigkeit und Fehlbesiedelung der Haut einher. Neben genetischen Faktoren könnten so auch allergene Enzyme, die von außen auf die Haut aufgebracht werden, zu diesem Krankheitsbild beitragen. Auffällig ist, dass Papain eine große strukturelle Ähnlichkeit mit einem der wichtigsten Allergene der Hausstaub- und Mehlmilbe hat. Die AutorInnen schließen daraus, dass auch die Allergisierung gegen diese Hausstaubmilbenallergene nach demselben Prinzip abläuft. "Menschen mit empfindlicher Haut und Kleinkinder sollten das Enzym (EC-Nummer 3.4.22.2) möglichst meiden und auf die deklarierte Zusammensetzung von Konsumprodukten achten, die gemäß der Richtlinie 2000/13/EG der Europäischen Union geregelt ist", so Jensen-Jarolim.


Service:
Der Artikel "Papain Degrades Tight Junction Proteins of Human Keratinocytes In Vitro and Sensitizes C57BL/6 Mice via the Skin Independent of its Enzymatic Activity or TLR4 Activation" von Stremnitzer Caroline, Manzano-Szalai Krisztina, Willensdorfer Anna, Starkl Philipp, Pieper Mario, König Peter, Mildner Michael, Tschachler Erwin, Reichart Ursula und Jensen-Jarolim Erika wurde im Journal of Investigative Dermatology veröffentlicht.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25705851


Über das Messerli Forschungsinstitut
Das Messerli Forschungsinstitut wurde 2010 mit Unterstützung der Messerli-Stiftung (Schweiz) unter Federführung der Veterinärmedizinischen Universität Wien und in Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien und der Universität Wien gegründet. Es widmet sich der Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung und ihrer Grundlagen in den Bereichen Ethik, vergleichende Medizin sowie Kognition und Verhalten von Tieren. Dabei zeichnet es sich durch einen breiten interdisziplinären Zugang (Biologie, Humanmedizin, Veterinärmedizin, Philosophie, Psychologie, Rechtswissenschaft) und eine starke internationale Ausrichtung aus.
http://www.vetmeduni.ac.at/messerli

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Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen, akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1.300 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls zur Vetmeduni Vienna. Im Jahr 2015 feiert die Vetmeduni Vienna ihr 250-jähriges Bestehen.
http://www.vetmeduni.ac.at

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http://www.meduniwien.ac.at


Wissenschaftlicher Kontakt:
Univ.-Prof. Dr. Erika-Jensen-Jarolim
Komparative Medizin
Messerli Forschungsinstitut - Veterinärmedizinische Universität Wien
Medizinische Universität Wien und Universität Wien
erika.jensen-jarolim@vetmeduni.ac.at

Aussenderin:
Heike Hochhauser
Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna)
heike.hochhauser@vetmeduni.ac.at


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.vetmeduni.ac.at/de/infoservice/presseinformationen/presseinfo2015/papain-jensen/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1560

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Veterinärmedizinische Universität Wien, Heike Hochhauser, 10.04.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. April 2015

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