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DEMENZ/184: Forschung - Eine vielversprechende Therapie gegen Alzheimer (idw)


Wissenschaftliche Abteilung, Französische Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland - 12.02.2015

Eine vielversprechende Therapie gegen Alzheimer

Mit der Kombination aus zwei bereits existierenden Arzneimitteln, Acamprosat und Baclofen, gelang es dem französischen Start-up Pharnext, die Symptome der Alzheimer-Krankheit zu verbessern.


Ziel der Forscher war es, die toxischen Auswirkungen des Glutamats zu begrenzen. Glutamat ist ein Botenstoff, der eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer Demenz spielt. Er steuert 70% der Nervenzellen. Beim gesunden Menschen sorgt Glutamat dafür, dass Lern- und Gedächtnisvorgänge stattfinden können. Bei Patienten mit Alzheimer ist die Glutamatkonzentration zwischen den Nervenzellen anhaltend erhöht, die Nervenzellen werden quasi dauererregt. Dadurch können (Lern-) Signale nicht mehr richtig erkannt und weitergeleitet werden. Schließlich kann die Nervenzelle der ständigen Überreizung nicht mehr standhalten, verliert ihre Funktionsfähigkeit und stirbt letztlich ab. Je mehr Nervenzellen auf diese Weise zugrunde gehen, desto ausgeprägter werden die wahrnehmbaren geistigen und alltäglichen Defizite.

Der Körper produziert zu viel Glutamat, wenn sich große Mengen von Beta-Amyloid-Peptid im Gehirn anhäufen. Beta-Amyloide gelten als neurotoxisch und sind als Ablagerungen in Gehirn und Blutgefäßen von Alzheimerkranken zu finden. Ziel der Forscher waren verschiedene Proteine der Nerven- und Herzzellen, deren Glutamatempfindlichkeit sie beeinflussen wollten.

Acamprosat und Baclofen wirken auf den Signalweg des Glutamats in den Neuronen und Herzzellen und schützen sie dadurch vor den Wirkungen des Beta-Amyloid-Peptids. Diese Therapie verbesserte die kognitiven Leistungen von Mäusen und verringerte den Verlust von Nervenzellen sowie die für diese Krankheit typischen Entzündungsmarker. Kein Arzneimittelkandidat konnte bisher so viele Symptome gleichzeitig verbessern.

Bei Menschen verbesserten sich erstmals die kognitiven Leistungen von 30 Patienten nach einem Monat. Bisher konnten solche wesentlichen Verbesserungen der klinischen Symptome bei Alzheimer-Patienten durch keinen Medikamentenkandidaten, der an Mäusen getestet wurde, erreicht werden.

Durch die Bestimmung verschiedener pharmakologischer Ziele mithilfe der Analyse des Signalwegs in den Zellen ist es den Forschern bereits zuvor gelungen, mit einer Kombination aus drei Arzneimitteln das Fortschreiten der Krankheit Morbus Charcot-Marie-Tooth [1] einzudämmen. Das Start-up hat diese beiden Medikamenten-Kombinationen sowie eine weitere gegen Morbus Parkinson patentieren lassen.

Vorteil dieses neuen Therapieansatzes, der sogenannten Pleotherapie [2] ist, dass bereits existierende Medikamente genutzt werden können, wodurch Unbedenklichkeitsversuche und Genehmigungsverfahren für neue Produkte entfallen. Zudem ist es durch die Anwendung von zwei verschiedenen Mitteln mit dem gleichen Ziel möglich, die Dosis der Arzneimittel und somit ihre potenziellen unerwünschten Nebenwirkungen erheblich zu senken.


[1] Häufigste neurogenetische Erkrankung, deren Symptome eine zunehmende Schwäche von Händen und Füßen sind, die sich nach und nach in den Armen und Beinen ausbreitet.

[2] Die Pleotherapie folgt drei Prinzipien: verschiedene Arzneimittel werden gemischt; die Produkte sind bereits vermarktet (und von der Gesundheitsbehörde zugelassen); die Verabreichung geringer Dosen; sie wurde von Prof. Daniel Cohen entwickelt, Gründer des biopharmazeutischen Unternehmens Pharnext.


Weitere Informationen:
Chumakov et al., "Combining two repurposed drugs as a promising approach for Alzheimer's disease therapy", Scientific Reports (2014), doi:10.1038/srep07608

Quelle:
Artikel aus Le Figaro - 21.01.2015
http://sante.lefigaro.fr/actualite/2015/01/21/23284-duo-medicaments-prometteurs-contre-alzheimer

Redakteurin:
Rébecca Grojsman
rebecca.grojsman@diplomatie.gouv.fr


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.wissenschaft-frankreich.de/de/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution688

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Wissenschaftliche Abteilung, Französische Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland, Marie de Chalup, 12.02.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Februar 2015

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