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HERZ/539: Depressivität ist wichtiger Risikofaktor für Herzinfarkt (DGPM)


Deutscher Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie - 20.09.2011

Hoffnungslosigkeit, Stress und Belastung schädigen das Herz

Depressivität ist wichtiger Risikofaktor für Herzinfarkt


Berlin - Depressive Stimmung und Hoffnungslosigkeit erhöhen das Risiko für koronare Herzkrankheit (KHK) und verschlimmern ihren Verlauf. Große Studien zeigen, dass allein die Depression das Risiko für einen Herzinfarkt um 64 Prozent erhöht. Depressivität gehört damit zu den fünf wichtigsten Einflussfaktoren für eine KHK. Das liegt zum einen am ungesunden Lebensstil. Forscher haben jetzt auch schädigende immunologische Reaktionen und erhöhte Gerinnungsneigung gemessen. Auf welche Weise die Psyche das Herz schädigt, darüber informiert ein Experte der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) auf einer Pressekonferenz am 21. September 2011 in Berlin.

"Depressivität ist für die Entstehung einer Herzerkrankung ebenso bedeutsam wie es die Risikofaktoren Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, Rauchen und Diabetes Typ 2 sind", betont Professor Dr. phil. Dr. med. Karl-Heinz Ladwig vom Institut für Epidemiologie, Helmholtz-Zentrum München. So habe sich bei 45- bis 70-jährigen Männern die Depressivität in Bezug auf die Gesamtsterblichkeit als ein ähnlich hoher Risikofaktor wie Bluthochdruck erwiesen, so Ladwig. Depressivität kann sich in Zusammenhang mit anderen Faktoren verstärkt negativ auf die Gesundheit auswirken: "Übergewichtige mit einem Body-Mass-Index (BMI) von über 30 zeigen ohne Depressivität kein nennenswert erhöhtes Risiko in der Gesamtsterblichkeit", erläutert Ladwig: "Sind sie depressiv, steigt ihr Sterberisiko um das Dreifache."

Bleibt die Frage, über welche Mechanismen die Depressivität zu einer erhöhten Sterblichkeit führt. "Zwar spielt sicherlich das selbstschädigende Verhalten der Betroffenen eine Rolle. Depressive Patienten gehen nachlässiger mit dem eigenen Körper um als der Nichtdepressive", sagt der Facharzt für Psychosomatische Medizin. Studien zufolge achten depressive Menschen weniger auf ihre Ernährung, sind körperlich weniger aktiv und greifen vergleichsweise häufig zur Zigarette.

"Darüber hinaus sind bestimmte Auswirkungen der Depressivität auf den Körper aber auch direkt messbar", so Ladwig. Untersuchungen zur Herzfrequenz zeigen, dass bei depressiven Menschen das vegetative Nervensystem aus dem Gleichgewicht geraten ist, das die lebenswichtigen Funktionen wie Atmung oder Herzschlag kontrolliert. Zudem reagiert das Gerinnungssystem empfindlicher. "Nicht zuletzt konnte gezeigt werden, dass akute oder chronische Stressreaktionen die Entzündungswerte im Blut erhöhen", sagt der Experte für Psychokardiologie.

Ladwig: "Die Studienergebnisse machen deutlich, wie wichtig es ist, die Depressivität bei Herzpatienten zu berücksichtigen." Schon mit zwei Fragen lasse sich feststellen, ob depressive Symptome vorliegen oder nicht: Haben Sie im letzten Monat oft unter Gefühlen von Niedergeschlagenheit, Depressionen oder Hoffnungslosigkeit gelitten? Haben Sie im letzten Monat oft unter geringem Interesse oder Freudlosigkeit gelitten? "Diese Zeit sollte sich jeder Arzt nehmen", betont Ladwig.



Quellen:

K.H. Ladwig, R.T. Emeny, S. Häfner, M.E. Lacruz:
Depression - Ein nach wie vor unterschätztes Risiko für die Entwicklung und Progression der koronaren Herzerkrankung:
Bundesgesundheitsblatt 2011 (54):59-65, DOI 10.1007/s00103-010-1195-8

K.H. Ladwig, F. Lederbogen, H. Völler, C. Albus, C. Herrmann-Lingen, J. Jordan, V. Köllner, J. Jünger, H. Lange, K. Fritzsche:
Positionspapier zur Bedeutung von psychosozialen Faktoren in der Kardiologie,
Der Kardiologe 2008 (2):274-287, DOI 10.1007/s12181-008-0102-0


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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM)
Deutscher Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Pressestelle
Anne-Katrin Döbler, Christine Schoner
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. September 2011