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HERZ/1013: Deutscher Herzbericht 2017 - am 17.01.2018 in Berlin vorgestellt (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung
Pressemitteilungen vom 17. Januar 2018

Deutscher Herzbericht 2017

1. Herzrhythmusstörungen: Häufigkeit und Sterblichkeit steigen - Therapiemöglichkeiten immer besser
2. Herzbericht: Herzklappen-Erkrankungen nehmen weiter zu
3. Herzinsuffizienz: Verdoppelung der Betroffenen in den letzten 20 Jahren, Rückgang der Sterbeziffer
4. Häufigkeit von Herzkrankheiten zuletzt ansteigend - Frauen stärker betroffen als Männer
5. Deutscher Herzbericht 2017: Immer weniger Herzinfarkt-Tote dank Fortschritten in der Herz-Medizin


1. Herzrhythmusstörungen: Häufigkeit und Sterblichkeit steigen - Therapiemöglichkeiten immer besser

Herzrhythmusstörungen gehören zu den häufigen Herzerkrankungen mit einem Anstieg der Fallzahlen und der Sterblichkeit. Allein von Vorhofflimmern sind ein Prozent der Bevölkerung betroffen, bei sehr stark steigender Tendenz. Parallel dazu haben sich die medikamentösen, chirurgischen und interventionellen - inklusive Katheter-ablativen - Therapiemöglichkeiten verbessert.

Berlin/Düsseldorf, Mittwoch 17. Januar 2018 - Herzrhythmusstörungen gehören zu den verbreitetsten Herzerkrankungen mit zunehmender Erkrankungshäufigkeit und Sterblichkeit. Unter den vielfältigen Formen von Herzrhythmusstörung ist in Deutschland Vorhofflimmern die häufigste anhaltende Form. Derzeit sind etwa 800.000 Menschen, also rund ein Prozent der Bevölkerung, davon betroffen. Innerhalb der nächsten 50 Jahre wird bei Vorhofflimmern mit einer Verdoppelung der Erkrankungszahlen gerechnet, heißt es im heute in Berlin vorgestellten Herzbericht 2017.

Zwischen den Jahren 2008 und 2016 ist die Zahl der vollstationär behandelten Fälle von Herzrhythmusstörungen um 20,7 Prozent angestiegen (555 pro 100.000 Einwohner), seit dem Jahr 1995 um 103,7 Prozent. "Die Ursache dieser Entwicklung liegt unter anderem in der verbesserten Diagnostik und in den verbesserten therapeutischen Möglichkeit für Patienten mit Herzrhythmusstörungen, allerdings auch in der fortschreitenden Alterung der Bevölkerung", sagt Prof. Dr. Karl-Heinz Kuck, Autor des Rhythmuskapitels "Der Anstieg spiegelt die vermehrte Wahrnehmung der Erkrankung dank besserer diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten in allen Altersgruppen - mit Ausnahme der unter 15-Jährigen - wider."

Sterbeziffern steigen konsequent an, Werte bei Frauen deutlich höher als bei Männern

Die Sterbeziffer stieg in Deutschland seit 1996 tendenziell ununterbrochen an und erreichte 2015 mit 31,5 pro 100.000 Einwohner den bisherigen Höchstwert. Auch bei den Herzrhythmusstörungen lagen die Sterbeziffern der Frauen in allen Bundesländern über jenen der Männer, wobei die Werte von 24 in Berlin bis zu 54 in Bremen reichen. Die Werte der Männer lagen zwischen 14 in Berlin und 36 in Bremen.

Steigende Zahlen bei Untersuchungen und Therapien

Nach einer Hochrechnung aus der DGK-Erhebung für elektrophysiologische Untersuchungen wurden im Jahr 2016 in Deutschland 69.703 (2015: 66.168) dieser Untersuchungen vorgenommen, ein Anstieg von 5,34 Prozent gegenüber dem Jahr davor - allerdings nur weniger als halb so viel wie zwischen den Jahren 2014 und 2015 (13,35 Prozent). "Es ist, wie schon in den vergangenen Jahren, auch weiterhin ein Trend hinsichtlich einer Zunahme der durchgeführten Prozeduren zu beobachten", sagt Prof. Deneke, Kapitelautor und Sprecher der Arbeitsgruppe Rhythmologie der DGK Neben Medikamenten gibt es die therapeutische Möglichkeit einer Katheterablation, mit der krankhafte elektrische Erregungsherde am Herzmuskelgewebe verödet werden. Hochrechnungen zu Folge wurden im Jahr 2016 in Deutschland 81.956 Ablationen durchgeführt, um 7,6 Prozent mehr als im Jahr davor.

Auch die Behandlung mit (kardialen) Rhythmus-Implantaten zählt zu den Säulen der Therapie von Patienten mit Herzrhythmusstörungen. Damit soll vor allem der plötzliche Herztod verhindert werden, an dem in Deutschland jedes Jahr etwa 200.000 Menschen sterben. Im Jahr 2016 wurden in Deutschland im Rahmen der stationären Versorgung von Patienten rund solcher 157.000 Operationen durchgeführt. Von 2015 auf 2016 hat die Zahl der Operationen bei implantierbaren Kardioverter/Defibrillatoren (ICD) um knapp 200 abgenommen, die Zahl der Herzschrittmacher-Eingriffe um etwa 1.000 zugenommen.

"Die Qualität der Versorgung mit kardialen Rhythmusimplantaten hat in Deutschland weiterhin ein hohes Niveau und kann sich mit den beiden europäischen Nachbarn, die belastbare Daten generieren, durchaus messen", bilanziert Prof. Deneke "Dennoch zeigt die seit Jahren hohe Rate an Revisionsoperationen, dass Verbesserungspotenziale vorhanden sind und realisiert werden sollten."

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2. Herzbericht: Herzklappen-Erkrankungen nehmen weiter zu

Herzklappen-Erkrankungen gewinnen durch ihre zunehmende Häufigkeit und steigende Sterblichkeits-Rate immer mehr an Bedeutung. Eine wichtige Mit-Ursache ist die höhere Lebenserwartung: In der Altersgruppe der Über-75jährigen ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten bei Erkrankungen der Herzklappen eine enorme Zunahme um 184,8 Prozent zu verzeichnen. Neben dem konventionellen chirurgischen Herzklappen-Ersatz unter Zuhilfenahme der Herz-Lungen-Maschine hat sich inzwischen mit der Katheter-gestützten Aortenklappen-Implantation (TAVI) eine vergleichsweise schonende, sichere und gut wirksame Behandlungsoption etabliert.

Berlin/Düsseldorf, 17. Januar 2018 - In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist die Zahl von Krankenhausaufnahmen ("stationäre Morbiditätsziffer") wegen Herzklappenerkrankungen um 70,1 Prozent gestiegen - von 69 (1995) auf 117 (2016) pro 100.000 Einwohner Deutschlands. "Dabei ist in der Altersgruppe der Über-75jährigen eine enorme Zunahme um 184,8 Prozent zu verzeichnen. Diesem Anstieg steht ein Rückgang in den meisten anderen Altersgruppen gegenüber", sagt Prof. Dr. Hugo Katus, Präsident der DGK anlässlich der Präsentation des Herzbericht 2017 in Berlin.

Eine Ursache dieser Steigerungsraten ist die insgesamt höhere Lebenserwartung. "Entscheidend ist aber auch, dass es heute dank der interventionellen Kardiologie mit der Katheter-gestützten Aortenklappen- Implantation (TAVI) eine sichere und sehr gut wirksame Behandlungsoption auch für Patienten im fortgeschrittenen Alter gibt, für die es bis vor kurzer Zeit keine Implantationsmöglichkeit mit vertretbarem Risiko gab. Diese Patientengruppe ist allein aufgrund ihrer oft gravierenden Begleiterkrankungen besonders risikoreich."

Steigende Sterbeziffer - Frauen 1,5mal häufiger betroffen als Männer

Das hat auch Auswirkungen auf die Sterblichkeitsrate. In absoluten Zahlen sind im Jahr 2015 in Deutschland 16.987 Patienten an Herzklappenerkrankungen verstorben, was im Bundesdurchschnitt einer Sterbeziffer von 18,9 pro 100.000 Einwohner entspricht - im Jahr 1990 betrug sie noch 10,5.

Dabei finden sich deutliche Geschlechterunterschiede. In allen Bundesländern liegt die Sterbeziffer der Frauen über jener der Männer, ihre Sterblichkeit ist im gesamten Zeitraum seit 1990 konstant etwa 1,5mal so hoch wie bei Männern. "Dieser Unterschied weist darauf hin, dass Patientinnen unabhängig von der regionalen Versorgungsqualität und vermutlich auch unabhängig von der Art der Therapie eine ungünstigere Prognose haben", kommentiert Prof. Dr. Malte Kelm, verantwortlicher Autor des Klappenkapitels. "Möglicher Weise liegt das an einem ungünstigen Risikoprofil, zu dem aber bisher die notwendigen Daten fehlen."

Rasante Entwicklung bei der schonenden Katheter-gestützten Aortenklappen-Implantation

In den vergangenen Jahren ist eine rasante Entwicklung bei den - im Vergleich zu herkömmlichen herzchirurgischen Eingriffen am offenen Herzen - sehr schonenden Katheter-gestützten TAVI zu beobachten, die zunehmend über die Leistenarterie durchgeführt werden. Die Datenbank des Instituts für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) zeigt für das Jahr 2016 in Deutschland insgesamt 17.097 TAVI-Eingriffe, was einen Anstieg von 9,6 Prozent gegenüber dem Jahr davor bedeutet.

"In den ersten Jahren seiner gut zehnjährigen Entwicklung war das TAVI-Verfahren alten Patienten über 75 Jahren mit hohem Risiko für eine konventionelle chirurgische Operation bzw. nicht operablen Patienten vorbehalten", sagt Prof. Kelm. "Neue Studien haben jedoch eine günstige Entwicklung für TAVI auch bei Patienten mit niedrigem Risiko ergeben, zumindest in der 2-Jahres-Nachbeobachtung. TAVI wird zunehmend auch bei jüngeren Patienten mit hohem bis mittlerem Risiko grundsätzlich als Therapie-Option angesehen."

Katheter-Intervention auch an der Mitralklappe

Nach den Erfolgen von TAVI wird derzeit verstärkt versucht, auch andere Herzklappen mittels Herzkatheter zu reparieren oder zu ersetzen. "Für die erste Methode, die eine Katheter-Intervention an der Mitralklappe ermöglicht, liegen inzwischen positive Fünfjahres-Daten vor", berichtet Prof. Katus.

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3. Herzinsuffizienz: Verdoppelung der Betroffenen in den letzten 20 Jahren, Rückgang der Sterbeziffer

Herzinsuffizienz ist heute in Deutschland der häufigste Grund für stationäre Aufenthalte in einem Krankenhaus. Seit 1995 ist eine Steigerung um 101,5 Prozent zu verzeichnen, heißt es im heute vorgestellten Herzbericht 2017. Ursache ist die steigende Lebenserwartung und die Tatsache, dass infolge der Fortschritte der modernen Herzmedizin immer mehr Patienten andere Herzkrankheiten überleben und in einem höheren Lebensalter an einer Herzschwäche erkranken. Die Zahl der Gestorbenen mit Todesursache Herzinsuffizienz hingegen ist in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gefallen.

Berlin/Düsseldorf, Mittwoch 17. Januar 2018 - Die Herzinsuffizienz (Herzschwäche) war 2016 in Deutschland die häufigste Hauptdiagnose der in einem Krankenhaus vollstationär behandelten Patienten. Stationäre Krankenhaus-Einweisungen von Patienten mit Herzinsuffizienz sind im Jahr 2016 mit 518 pro 100.000 Einwohner gegenüber dem Jahr 2015 um 2 Prozent angestiegen, das ist ein Zuwachs von 11.028 Patienten, heißt es im heute in Berlin auf einer Pressekonferenz vorgestellten Herzbericht 2017. Die vollstationäre Hospitalisationsrate ist ein Maßstab für die stationäre Krankenhausinanspruchnahme und ermöglicht Einblicke in den Erkrankungsstand der Bevölkerung. Der Wert bei Frauen lag 2016 mit 525 pro 100.000 Einwohner über jenem der Männer (506).

Von 1995 auf 2016 stieg die vollstationäre Hospitalisationsrate bei Herzinsuffizienz um insgesamt 101,5 Prozent an, was einer Verdoppelung entspricht. "Die vermuteten Ursachen dieser Entwicklung sind vielfältig: zunehmendes Lebensalter, längeres Leben mit der kardialen Grunderkrankung und wirksamere Behandlungsmöglichkeiten", sagt Prof. Dr. Hugo Katus, Präsident der DGK "Die Zunahme bei der Herzinsuffizienz ist, so paradox das auch klingen mag, auch ein Beleg für die positiven Entwicklungen der Herzmedizin in anderen Bereichen. Viele Patienten überleben andere Herzkrankheiten, leben deshalb entsprechend länger, und bekommen in einer späteren Lebensphase eine Herzinsuffizienz."

Sinkende Sterblichkeit trotz steigender Fallzahlen

Die Zahl der Gestorbenen mit Todesursache Herzinsuffizienz ist in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gefallen: Von 65.377 im Jahr 1990 auf 47.414 im Jahr 2015. Dass sie zuletzt von 44.551 (2014) auf 47.414 (2015) wieder etwas angestiegen ist, hat als eine mögliche Ursache die älter werdende Gesellschaft: "Die Sterbeziffer bei Herzinsuffizienz nimmt sowohl bei Männern als auch bei Frauen ab der Altersgruppe der 80- bis unter 85-jährigen deutlich zu. Ihren Höchstwert erreichte sie in der Altersgruppe ab 90 Jahren", sagt Prof. Dr. Georg Ertl, verantwortlicher Autor des Kapitels im Herzbericht.

Behandlungsmöglichkeiten bei Herzinsuffizienz

Ziele der medikamentösen Therapie von Herzinsuffizienz-Patienten sind gemäß den aktuellen Leitlinien die Verringerung der Symptome, das Verhindern einer Einlieferung zur stationären Behandlung und die Verbesserung der Überlebensrate. In fortgeschrittenen Phasen der Erkrankung kann die Implantation von Schrittmachern oder Kardioverter/Defibrillatoren (CRT, ICD) erforderlich werden. Im Jahr 2016 wurden in Deutschland in der stationären Patientenversorgung von Herzinsuffizienz-Patienten insgesamt 23.000 Operationen mit kardialen Rhythmusimplantaten durchgeführt.

"Die Qualität der Versorgung mit CRT-Systemen hat in Deutschland ein hohes Niveau und kann sich mit den Ergebnissen anderer Länder messen", sagt Prof. Dr. Stefan Störk, Koautor des Herzberichtkapitels. Allerdings weise die auch in Deutschland hohe Rate an Revisionsoperationen auf Verbesserungspotenziale hin, die es zu nutzen gelte.

"Das gerade bei Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz sinnvolle Telemonitoring, also Fernüberwachung von Patienten, wird allerdings noch zu wenig eingesetzt", bedauert Prof. Störk. "Das ist nicht zuletzt deshalb so, weil Standards zur Durchführung fehlen und Abrechnungsfragen im stationären und ambulanten Bereich noch nicht gelöst sind."

In noch weiter fortgeschrittenen Krankheitsstadien müssen Behandlungsformen wie Herztransplantation oder mechanische Unterstützungssysteme des Herzens rechtzeitig in Betracht gezogen werden.

Zertifizierung als Heart Failure Unit (HFU)

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung (DGK), die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) und der Bundesverband Niedergelassener Kardiologen (BNK) haben sich die Förderung des Aufbaus qualitätsgesicherter integrierter Versorgungsstrukturen für herzinsuffiziente Patienten zur Aufgabe gemacht. Der organisatorische Zusammenschluss verschiedener Leistungserbringer in einem Herzinsuffizienz-Netzwerk (Heart Failure Network, HF-NET) dient der Umsetzung dieser Ziele.

Diese Netzwerke bestehen aus HFU-Schwerpunktpraxen/-ambulanzen, HFU-Schwerpunktkliniken und überregionale HFU-Zentren. Festgelegt wurden Standards und Qualitätsmerkmale für die stationäre und poststationäre ambulante Versorgung sowie für den Übergang zwischen den Versorgungsebenen. Nach diesen Kriterien können sich interessierte Kliniken und Praxen als Heart Failure Unit zertifizieren lassen.

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4. Häufigkeit von Herzkrankheiten zuletzt ansteigend - Frauen stärker betroffen als Männer

In Umkehr des Trends der beiden vorausgegangenen Jahre gab es 2016 in Deutschland bei den meisten im Herzbericht 2017 berücksichtigten Krankheiten keinen Rückgang, sondern teils deutliche Anstiege der Häufigkeit gegenüber 2015.

Berlin/Düsseldorf, 17. Januar 2018 - "In Umkehr des Trends der beiden vorausgegangenen Jahre gab es 2016 in Deutschland bei den meisten im 'Herzbericht 2017' berücksichtigten Krankheiten keinen Rückgang, sondern - bedingt durch die nun konsequent durchgeführte Altersstandardisierung und damit bessere Vergleichbarkeit - teils deutliche Anstiege gegenüber 2015", berichtet Prof. Dr. Hugo Katus, Präsident der DGK, bei der Präsentation des Deutschen Herzberichts 2017 in Berlin.

Bei den Herzklappenkrankheiten gab es ein Plus von 4,2 Prozent, bei den angeborenen Herzfehlern von 3 Prozent, bei den Herzrhythmusstörungen von 2,6 Prozent, bei der Herzinsuffizienz von 2,5 Prozent, bei den durch Durchblutungsstörungen bedingten ischämischen Herzkrankheiten sowie bei der Angina Pectoris von jeweils 0,3 Prozent. Stabil blieb die Häufigkeit des akuten Herzinfarkts. Maßstab für die Berechnungen ist die Anzahl stationärer Behandlungen ("vollstationäre Hospitalisationsrate") der im Herzbericht ausgewählten Krankheiten, die Hinweise auf den Krankheitsstatus einer Bevölkerung gibt.

Herzkrankheiten machten 2016 insgesamt 1.706.661 (2015: 1.677.103) bzw. 8,5 Prozent aller in diesem Jahr in Deutschland von der Krankenhausdiagnosestatistik erfassten vollstationären Fälle aus. Von den im Herzbericht ausgewählten Diagnosen entfielen 57,9 Prozent auf Männer und 42,1 Prozent auf Frauen.

Steigende Sterbeziffer

Herzkrankheiten sind in Deutschland noch immer die Todesursache Nummer Eins. Auf die für den Herzbericht ausgewählten Diagnosen entfielen insgesamt 23,9 aller im Jahr 2015 Gestorbenen, 46,9 Prozent davon waren Männer und 53,1 Prozent Frauen. Die Sterbeziffer (Gestorbene pro 100.000 Einwohner) betrug bei Männern 256,7 und bei Frauen 282,1). Die Sterbeziffer bei sämtlichen im Deutschen Herzbericht ausgewählten Krankheiten ist 2015 im Vergleich zu 2014 etwas gestiegen (269,6 vs. 256,1). Prof. Katus: "Unter diesen Diagnosen ist die Koronare Herzkrankheit mit Abstand die prognostisch ungünstigste, gefolgt vom akuten Herzinfarkt (Myokardinfarkt) und der Herzinsuffizienz."

Männersache, Frauensache: Große Unterschiede bei der Sterblichkeit

"Wie in den Vorjahren, ist die Sterblichkeit bei Frauen in der Summe aller ausgewählten Diagnosen deutlich höher als bei Männern. Bloß bei den koronaren Herzkrankheiten und beim akuten Herzinfarkt ist die Sterbeziffer der Männer höher als bei Frauen", sagt Prof. Katus. "Die bereits 2012, 2013 und 2014 beobachteten Geschlechterunterschiede in der Sterblichkeit der Herzkrankheiten werden durch die neuen Daten für 2015 bestätigt."

- Die Sterbeziffer bei Herzklappenerkrankungen liegt bei Frauen um 54,8 Prozent über jener der Männer. Prof. Katus: "Dieser Unterschied ist unerwartet groß."
- Die Sterbeziffer bei Herzrhythmusstörungen von Frauen übersteigt jene der Männer um 51,1 Prozent. Prof. Katus: "Dieser Unterschied zuungunsten der Frauen ist unerwartet groß und nicht ohne weiteres erklärlich."
- Die Sterbeziffer bei der Herzinsuffizienz von Frauen übersteigt die der Männer um 64 Prozent. Prof. Katus: "Auch dieser große Unterschied ist nicht ohne weiteres erklärlich."
- Die Sterbeziffer bei angeborenen Fehlbildungen des Kreisaufsystems ist mit 0,6 bei beiden Geschlechtern ähnlich niedrig.
- Bei den Ischämischen Herzkrankheiten übersteigt die Sterbeziffer der Männer mit 169,0 (2014: 161,8) jene der Frauen von 143,5 (2014: 137,1) deutlich.
- Beim akuten Herzinfarkt war die Sterbeziffer bei Frauen um 25,6 Prozent niedriger als bei Männern. Prof. Katus: "Ein ähnlich starker Unterschied in der Sterbeziffer zwischen Männern und Frauen fand sich auch in den Vorjahren. Somit scheinen Männer beim akuten Myokardinfarkt eine ungünstigere Prognose zu haben als Frauen."

Anstieg der Sterblichkeit je nach Alter

Der Anstieg der Sterblichkeit ist bei verschiedenen Diagnosen mit zunehmendem Lebensalter unterschiedlich ausgeprägt. "Bei Männern nimmt die Sterblichkeit an koronarer Herzkrankheit ab dem 65. bis 70. Lebensjahr zu, hingegen steigt die Sterblichkeit bei den übrigen Diagnosen erst ab dem 75. bis 80. Lebensjahr an. Auffällig ist der deutliche Anstieg der Sterblichkeit an der Herzinsuffizienz ab dem 80. bis 85. Lebensjahr. Bei Frauen nimmt die Sterblichkeit an der koronaren Herzkrankheit erst ab dem 75. bis 80. Lebensjahr exponentiell zu, gleiches gilt für die Sterblichkeit an einer Herzinsuffizienz ab dem 80. bis 85. Lebensjahr", berichtet Prof. Katus. "Die schon in den Vorjahren erhobenen Befunde bezüglich der Altersabhängigkeit der Sterblichkeit wurden durch die jetzigen Daten ergänzt und bestätigt."

Sterblichkeit im Ländervergleich

Im Ländervergleich der Sterbeziffern für ischämische Herzkrankheiten und akuten Herzinfarkt haben die östlichen Bundesländer aufgrund ihrer Bevölkerungsstruktur die höchsten Werte. Die höchsten Sterbeziffern haben weiterhin Sachsen-Anhalt, Thüringen und Bremen, die niedrigsten Berlin, Hamburg und Baden-Württemberg.

Die Tendenz der Sterblichkeit bei den Diagnosen koronare Herzkrankheit, akuter Myokardinfarkt und Herzinsuffizienz trifft praktisch auf alle Bundesländer zu.

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5. Deutscher Herzbericht 2017: Immer weniger Herzinfarkt-Tote dank Fortschritten in der Herz-Medizin

Gegenüber dem Beginn der 1990er Jahre verringerte sich 2015 in Deutschland die Herzinfarkt-Sterbeziffer bei Männern um 67,6 Prozent, bei Frauen um 57,3 Prozent. Die Prognose ist bei Männern noch immer weit ungünstiger als bei Frauen. In der Gruppe aller durch atherosklerotische Verengungen der Herzkrankgefäße bedingten Koronaren Herzkrankheiten ist die Erkrankungshäufigkeit in den vergangenen Jahrzehnten rückläufig, die Zahl der vollstationär behandelten Patienten verringerte sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten um 17,9 Prozent. Für diese positive Entwicklung sind die Fortschritte der modernen Herzmedizin maßgeblich mitverantwortlich, insbesondere die schonende Herzkatheter-Technik.

Berlin/Düsseldorf, Mittwoch 17. Januar 2018 - Der Rückgang der Sterblichkeit bei akuten Herzinfarkten zählt zu den beeindruckenden Erfolgen der modernen Herzmedizin. Gegenüber dem Beginn der 1990er Jahre verringerte sich 2015 in Deutschland die Herzinfarkt-Sterbeziffer bei Männern um 67,6 Prozent, bei Frauen um 57,3 Prozent. 1990 verstarben in Deutschland noch 85.625 Menschen an einem Herzinfarkt (48.850 Männer und 36.775 Frauen), was einer Sterbeziffer (Gestorbene je 100.000 Einwohner) von 195,4 bei Männern und von 112,7 bei Frauen entspricht. Bis zum Jahr 2015 verringerte sich die absolute Zahl der an einem Herzinfarkt Verstorbenen auf 49.210 und die Sterbeziffer bei Männern auf 63,3 und bei Frauen auf 48,1.

"Es ist wahrscheinlich, dass die Reduktion der Sterbeziffer beim akuten Herzinfarkt, abgesehen vom Rückgang der Anzahl von Rauchern, auch auf Verbesserungen der präventiven, rehabilitativen und therapeutischen Maßnahmen beruht. Dazu gehört die Notfall-PCI, Stents und Medikamente", erklärt Prof. Dr. Hugo Katus, Präsident der DGK. "Zu nennen sind auch Verbesserungen der Abläufe im Bereich der Rettungskette. Hier gilt der Grundsatz 'Zeit ist Herzmuskel'. An der Verkürzung der Prähospitalzeit im Rettungswagen und der 'Pforte-Ballon-Zeit' im Krankenhaus wird seit Jahren gearbeitet, Die neu entstandenen Herzinfarktnetzwerke haben vermutlich Anteil daran, dass die Überlebensrate beim akuten Herzinfarkt angestiegen ist."

Deutlich schlechtere Prognose bei Männern

"Allerdings ist trotz der ausgeprägteren Abnahme der Sterblichkeit bei Männern deren Prognose beim akuten Herzinfarkt auch im Jahr 2015 immer noch ungünstiger als die Prognose der Frauen mit dem gleichen Ereignis", sagt Prof. Dr. Christian Hamm, Autor des Kapitels, anlässlich des heute in Berlin vorgestellten Herzbericht 2017.

Ausgeprägte Sterblichkeits-Unterschiede zwischen den Bundesländern

Zwischen den einzelnen Bundesländern gibt es bei der Herzinfarkt-Sterblichkeit ausgeprägte Unterschiede in der Häufigkeit. Die höchste Sterblichkeit durch einen akuten Herzinfarkt findet sich, ähnlich wie in den Vorjahren, in den Bundesländern Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und im Saarland.

Genereller Rückgang bei Koronaren Herzkrankheiten

In der Gruppe der durch atherosklerotische Verengungen der Herzkrankgefäße bedingten Koronaren Herzkrankheiten (Angina Pectoris, Herzinfarkt, etc.) ist die Erkrankungshäufigkeit in den vergangenen Jahrzehnten ebenfalls rückläufig. Die Zahl der vollstationär behandelten Patienten ging hier zwischen den Jahren 1995 und 2016 um insgesamt 17,9 Prozent zurück - in der Altersgruppe der Über-75jährigen um 9,5 Prozent, in der Gruppe der 65- bis Unter-75jährigen um 39 Prozent.

Maßgebliche Rolle der Herzkatheter-Technik in Diagnose und Behandlung

Eine maßgebliche Rolle in der Behandlung der koronaren Herzkrankheit inklusive des akuten Herzinfarkts spielt heute die schonende Katheter-Technik. In Deutschland wurden im Jahr 2016 hochgerechnet 897.939 (plus 1,5 Prozent gegenüber 2015) Linksherzkatheter-Untersuchungen durchgeführt und 377.763 (plus 3,5 Prozent) therapeutische perkutane koronare Interventionen (PCI), mit denen das verengte oder verschlossene Gefäß wieder geöffnet wird. Dabei wurden 2016 in Deutschland 339.931 Stents (Fälle) eingesetzt. Diese Mini-Gefäßstützen, mit denen verengte Gefäße offen gehalten werden, können vielen Patienten eine belastende Bypass-Operation ersparen.

"Bei der Zahl der Linksherzkatheter-Messplätze liegt Deutschland seit Jahren in der Spitzengruppe, eine Überversorgung lässt sich allerdings aus den Zahlen nicht ableiten", sagt Prof. Hamm. "Eine Voraussetzung für die Behandlung ist, dass die Indikation für eine Herzkatheter-Untersuchung und gegebenenfalls Intervention gemäß den gültigen Leitlinien erfolgt. Die Analysen zeigen ein leitliniengerechtes Vorgehen in weit über 90 % aller registrierter Fälle"

Chest-Pain-Units: Fortschritt für Patienten mit unklaren Brustbeschwerden

Einen klaren Fortschritt in der Versorgung von Patienten mit unklaren Brustbeschwerden stellen in Deutschland die zertifizierten Chest-Pain-Units (CPUs) dar. Bei entsprechenden Symptomen und Untersuchungsergebnissen werden solche Patienten von den CPUs idealer Weise primär in den Rettungswagen und ohne Verzögerung zur Versorgung mit einem Herzkatheter gebracht. "Ende 2016 waren von der DGK 246 CPUs zertifiziert", sagt Prof. Hamm. "Unter Versorgungsgesichtspunkten ist allerdings die geografische Verteilung der Chest-Pain-Units für weitere Verbesserungen offen. Einfacher entstehen CPUs in den Regionen, die schon relativ gut versorgt sind, noch nicht ausreichend in den Regionen, die einer solchen Versorgung eigentlich bedürfen."


Weitere Informationen finden Sie unter
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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution737

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Prof. Dr. Eckart Fleck, 17.01.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2018

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